Den ganzen Vormittag bringt Philipp nichts zustande. Mit den Ellbogen auf den Knien sitzt er auf der Vortreppe, von wo aus er die Auffahrt und die stadtseitige Anflugschneise der Tauben überblicken kann. Er ißt Champagnerpralinen, die seine Großmutter zu ihrem letzten, dem dreiundneunzigsten Geburtstag geschenkt bekommen hat. Zwischendurch liest er, versuchsweise, unkonzentriert, zunächst in Zoo oder Briefe nicht über die Liebe, später in den Stanisläusen. Korrekt: Der alte und der junge und der kleine Stanislaus, ein Buch, das Philipp in seiner Kindheit sehr gemocht hat und von dem er nicht weiß, wie es in den Fundus seiner Großeltern geraten ist. Lese ich eben die Stanisläuse, sagt er zu sich. Oder ich schreibe ein Buch: Glanz und Elend der Stanisläuse.
Nachmittags lungert er eine Weile mit einem belegten Brot in der Diele herum. Er kann sich aber nicht dazu durchringen, nochmals in den Dachboden hinaufzusteigen, um dort die Tauben zu vertreiben. Die Tauben: die ihn demoralisieren und ihm jede Lust an der Arbeit nehmen. Nicht daß seine Moral sonderlich gut oder seine Lust sonderlich groß wäre. Doch es würde Hoffnung bestehen. Er kommt über die erste Stufe nicht hinaus. Lange steht er am unteren Treppenabsatz und versucht, sich weniger miserabel zu fühlen. Er streicht mechanisch über die von vielen Händen polierte Kanonenkugel. Er fragt sich, ob je ein Familienmitglied über die Herkunft der Kanonenkugel Bescheid wußte. Kann doch sein, daß das Haus fertig gekauft wurde oder die Kugel erst beim Aushub für den Keller zum Vorschein kam, wie es auch sein kann, daß die Kugel aus einem Theaterdepot stammt. Auch eine Kanonenkugel hat das Anrecht auf ein Schicksal, das nicht zwangsläufig ereignisreich ist, zum Beispiel, daß sie nie zum Einsatz kam, nie etwas anderes als getragen oder gerollt wurde und schließlich als Zierstück in einem großbürgerlichen Stiegenhaus endete. Ein völlig ruhmloser Lebenslauf. Es gäbe auch andere Varianten. Man denke an diesen Grafen, der über viele Jahre in monotoner Arbeit an einer Kanonenkugel feilte, Woche für Woche, Jahr für Jahr, bis die Kanonenkugel so klein war, daß sie in die Pistole des Mannes paßte. Daraufhin, als wäre die Konzentrierung des Kalibers der einzige Grund und das Ziel der langwierigen Feilerei gewesen, schoß sich der Graf die ehemalige Kanonenkugel mit der Pistole in den Kopf. Gut Ding braucht Weile. Ja, ja. Braucht es das? Lohnt sich der ganze Aufwand? Die endlose Feilerei?
Auch in den Dachboden hochzusteigen und bestätigt zu finden, was er bereits weiß, käme Philipp hochgradig sinnlos vor. Das bringt nichts, sagt er sich. Gleichzeitig wendet er sich dem Telefon zu und ruft die Firma an, bei der er den Abfallcontainer bestellt hat. Im anfänglichen Überschwang hat er vereinbart, daß der Container alle drei Tage geleert werden soll. Doch die riesige Mulde steht nach wie vor ungenutzt da.
Philipp kreist in der Warteschleife, und während dort eine instrumentale Version von Mais Que Nada ertönt, füllt sich sein Kopf mit einem Wirbel aus Schwierigkeiten, auf die er in den letzten Tagen gestoßen ist. Neben dem Dachboden machen ihm die alten Möbel zu schaffen, sie sind verleimt oder mit Krampen versehen, und die Schrauben stecken entweder nur zur Zierde in ihren ausgenudelten Löchern, oder sie sind so vermurkst, daß kein Schraubendreher mehr greift. Philipp hat am Vortag stundenlang daran herumgebastelt auf der Suche nach einem Weg, wie er es fertigbringen könnte, die Möbel aus dem Haus zu schaffen. Bei manchen Möbeln gelang es ihm nicht einmal, sie von der Stelle zu rücken.
— Was kann ich für Sie tun? fragt die Stimme einer jungen Frau am anderen Ende der Leitung.
Philipp ermahnt sich, daß es allgemein für richtig angesehen wird, daß in jedem Augenblick nur die Tatsachen zählen und selbst die nicht für lange. Also beantwortet er die Frage nüchtern und zielstrebig: Der Abfallcontainer, den man ihm geliefert habe, müsse aufgrund von Umständen, die nicht vorhersehbar gewesen seien, bis auf weiteres nicht geleert werden. Er (Philipp Erlach) werde sich in einigen Tagen wieder melden.
— Ich habe es eingegeben, sagt die Frau.
— Vielen Dank. Auf Wiedersehen.
— Auf Wiederhören, sagt die Frau.
Erleichtert plumpst Philipp auf die Vortreppe. Dort nutzt er den durch das Telefonat gewonnenen Freiraum zum gründlichen Nachdenken. Eigentlich will er sich die weitere Vorgehensweise beim Ausräumen des Hauses zurechtlegen. Doch seine Gedanken gleiten rigoros ab, und er malt sich aus, was er anfangen wird, wenn er mit dem Ausräumen und Wegwerfen fertig ist.
Es müßte schön sein, wenn das Haus leer wäre und nicht nur leer, sondern ausgeputzt, ausgewaschen, ausgekratzt, alle Fenster offen. Durchzug würde herrschen. Und in alle Zimmer würde er Schreibtische stellen, in jedes Zimmer einen Schreibtisch, für jede Person auf dem Klassenfoto einen Schreibtisch. Er würde die Lebensläufe der Kinder synchron entwerfen wie Anatoli Karpow im Schach gleichzeitig gegen sieben oder zehn Großmeister antritt: einen Rumänen, zwei Ukrainer, einen Franzosen, einen Amerikaner, eine Ungarin, eine Chinesin, einen Aserbaidschaner.
Im ersten Raum des Kellers würde der mächtigste Schreibtisch aufgebaut, für die Lebensgeschichte eines Großvaters mit nur schwer bestimmbarer Anzahl an Ur-Präfixen. Eine große Tischlampe wäre erforderlich, damit Philipp die halb zerfallenen Papiere, die auf dem Schreibtisch ausgebreitet lägen, sichten und auswerten könnte. Besagter Vorfahre wäre zu Zeiten der zweiten Türkenbelagerung als Kundschafter in Diensten der kaiserlichen Armee gestanden und während eines Ausritts in die Hände der muselmanischen Belagerer gefallen. Die Türken würden ihm eine Kanonenkugel, die am Vortag einen Neffen des Heerführers erschlagen hätte, in den Bauch eingenäht und ihn dergestalt zu seinem Kaiser zurückgeschickt haben. Der Kundschafter, der zuvor nur seiner Karriere gedient hätte, würde sich nun einen beachtlichen Ruf als Frauenheld erwerben, um mit Hilfe der stets jungen Mädchen wenigstens in den Nächten das latente Gefühl von Kälte im Unterleib zu lindern. Der Mann wäre wegen seiner besonderen Wetterfühligkeit geachtet gewesen und gälte heute als Begründer der systematischen Temperaturaufzeichnungen für die Hauptstadt des Kaiserreichs, Wien: Stanislaus Xaver Sterk. Er ist einer der Männer, die auf dem Klassenfoto im Hintergrund stehen, links neben der Glasvitrine mit den ausgestopften Tieren, der ältere der beiden: der Herr Klassenlehrer.
Rechts neben der Vitrine steht der Vikar. Es sieht aus, als würde die Wildkatze mit ihren das Blitzlicht reflektierenden Glasaugen einen Überraschungsangriff auf ihn planen: Stanislaus Baptist Sterk. Er wäre der Ururgroßvater des Autors, Bediensteter der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn zu Wien und gleichfalls ein Weiberheld, weil in Familienromanen von fernen Vorfahren nie viel anderes bekannt wird, als daß sie große Weiberhelden waren. Für Stanislaus Baptist wäre der Schreibtisch im Kellerraum neben dem Raum mit dem Schreibtisch für Stanislaus Xaver vorgesehen. Eine grüne Schreibunterlage trüge viel schlecht geordnetes, cremefarbenes Papier, auf dessen Grundlage sich bis in den Wortlaut hinein die Audienz beim Kaiser rekonstruieren ließe, zu der Stanislaus Baptist wegen einer nützlichen Erfindung 1847 geladen worden wäre.
Kaiser:
So hat man sich ein Gewitter über einem meiner Kronländer vorzustellen?
Stanislaus Baptist:
Über Austerlitz, wo kaiserliche Hoheit von Gottes Gnaden König von Böhmen sind.
Kaiser:
Was allseits bekannt ist.
Stanislaus Baptist:
Verzeihung, Majestät. Dort beliebte am 22. Juli dieses Jahres ein heftiges Gewitter niederzugehen.
(Kaiser gibt mit der Hand Zeichen zum raschen Weiterreden.)
Stanislaus Baptist:
Ein Blitz fuhr in die Telegraphenleitung Ihrer durchlauchtesten Majestät, und die so gefangene Elektricität pflanzte sich über viele Kilometer nach Wien fort, wo dies- und jenseits der Donau Kaiserwetter herrschte.
Kaiser:
Kurios, woher der liebe Herrgott das viele Wetter nimmt.
Stanislaus Baptist:
Die Leitungsdrähte sangen und knisterten wie sonst nie. Plötzlich wurden alle unbenutzten Apparate der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn zu Wien, hierselbst, in Bewegung gesetzt, mit lautem Knallen sprangen kräftige Funken zwischen den Metallteilen der Bedienungstastaturen über, Drähte wurden zum Schmelzen gebracht, so daß der Gesang darin erstarb. Dem justament in Floridsdorf mit Telegraphieren beschäftigten Stanislaus Baptist Sterk, mir selbst, wurde ein so heftiger Schlag versetzt, daß er mit berganstehendem Haar vom Stuhl rücklings in einen offenen Schrank mit Akten flog.
Kaiser:
Oha! Oha! Er ist ein kräftiger Kerl, der Sterk. Man möchte nicht hinter ihm gestanden haben.
(Kaiser lacht auf eine gönnerisch langsame Art, Stanislaus Baptist lacht mit seinem Kaiser, ebenfalls verhalten, als wolle er seinen Kaiser imitieren. Der Kaiser gibt mit Handgeste Zeichen zum Fortfahren. Stanislaus Baptist orientiert sich anhand eines mitgebrachten Merkblattes, das er aus seiner Weste zieht, über das weiter zu Sagende.)
Stanislaus Baptist:
Um solcherlei Gefahren von den Telegraphendiensten Ihrer Majestät in Hinkunft abzuwenden, hat besagter Stanislaus Baptist Sterk, ich selbst, eine Vorrichtung konstruiert, die imstande ist, die galvanische Elektricität, welche zum Telegraphieren sich herbeiläßt, den Apparaten zuzuführen, die störende Gewitterelektricität aber unschädlich in die Erde zu leiten.
Kaiser:
So hat sich der Stanislaus Sterk selbst zu einem Erfinder eines Telegraphen-Blitzableiters hochgeschwungen.
Stanislaus Baptist:
Auf der Basis, daß Gewitterelektricität lieber Unterbrechungen in der Leitung überspringt, als etwa durch sehr geringfügige Drähte sich fortpflanzt, während galvanische Elektricität auch der geringfügigsten metallischen Leitung folgt, so diese nur ununterbrochen ist.
Kaiser:
Bravo, bravo, lieber Sterk! Er ist ein tüchtiger Untertan, eine Zierde für das Vaterland!
(Der Kaiser gibt seinem Sekretär Anweisung über drei Golddukaten zur Auszahlung an Stanislaus Baptist Sterk. Stanislaus Baptist Sterk empfängt die Dukaten mit untertänigstem Dank. Dann schiebt er sich rückwärts zur Tür, sich auf dem Weg dorthin vielfach in Richtung seines Kaisers verbeugend.)
(Ende der Szene.)
Obwohl er Freude an diesen Entwürfen hat, ist Philipp unsicher, ob sie ihm weiterhelfen. Vielleicht sind es ja doch nur Spinnereien, die sich auf nichts gründen, eine Art von bizarrem Wassertreten, nicht gänzlich passiv, aber auch nicht sonderlich produktiv. Oder destruktiv.
— Alles Floskeln, die dich vor einer ernsthaften Auseinandersetzung bewahren sollen, sagte Johanna jüngst bei ähnlicher Gelegenheit.
Beim Gedanken an Johanna fühlt Philipp sich unbehaglich. Er legt sein Notizbuch zur Seite und steht von der Vortreppe auf, um sich ein wenig abzulenken. Zunächst probiert er, ob ihm an der sehr stabil gebauten Teppichstange ein Hüftumschwung gelingt. Gelingt ihm nicht, obwohl er sein Bestes gibt. Lediglich das Blut schießt ihm in den Kopf. Er führt Klimmzüge aus, aber auch Klimmzüge bringt er nur sehr zapplige zustande. Fünf. Und als er seinen Körper inspiziert, nackt vor dem Garderobenspiegel Verrenkungen macht, muß er feststellen, daß an ihm nicht viel dran ist. Alles eine Frage der Betrachtungsweise, sagt er nach einer Weile und macht Liegestütze. Das ist ihm aber auch zu blöd, er läßt es wieder und vertritt sich die Beine ums Haus. Er zieht mit den Schuhen Spuren durch den Kies des Vorplatzes, in den die Auffahrt mündet und wo eine staubige Wärme aufsteigt. Er schneidet ein gutes Dutzend gelber und gelboranger Tulpen, die nach dem Tod seiner Großmutter von allein gekommen sind. Er arrangiert die Tulpen in einer großen Vase und stellt die Vase in eines der Küchenfenster, an dem er angesichts der milden Witterung beide Flügel öffnet. Er bohrt auch die dringend benötigten Löcher in die Sitzflächen der an der Gartenmauer postierten Stühle, damit die Sitzflächen, in deren Mulden Regenwasser stehenbleibt, nicht restlos durchfaulen. Er wagt neuerliche Blicke zu den Nachbarn, entdeckt aber wieder niemanden, keine Menschenseele. Einen der Stühle, durch den er am Vortag eingebrochen ist, zertrümmert er und wirft ihn in den Abfallcontainer. Geeigneter Ersatz findet sich im Nähzimmer. Philipp versieht auch diesen Stuhl mit einem Loch am tiefsten Punkt der Sitzfläche. Zufrieden, etwas getan zu haben, kehrt er zur Vortreppe zurück. Dabei flucht er über die ständige Abwesenheit der Nachbarn und sagt sich, wie schön es doch ist, etwas zu haben, über das man fluchen kann, ohne ein schlechtes Gewissen bekommen zu müssen.
Dies und einige weitere Ausführungen notiert er in sein aktuelles Heft und belästigt damit auch einen Freund, der ihn anruft, um sich zu erkundigen, ob er (Philipp Erlach) untergetaucht sei, ob der Grund, daß Philipp nichts mehr von sich hören lasse, der sei, daß er bis zu den Ellbogen in Arbeit stecke, ob er noch lebe oder ob man schön langsam anfangen solle, auf einen Kranz roter Rosen zu sparen.
— Nein, nein und ja, ja, erwidert Philipp.
Der Freund, ein schriftgelehrter Mensch, gibt zu bedenken, daß der Teufel ebenfalls Bibelzitate verwendet habe, als er Jesus in der Wüste versuchen wollte. Der Freund holt in verschiedene Richtungen aus. Philipp bringt zwischendurch ein paar höfliche Lacher an, was aber ein Fehler ist, weil das Gespräch damit nur unnötig verlängert wird. Am Ende will der Freund einen Besuch ankündigen. Aber Philipp sagt ganz offen, daß er sich von Besuchen und der Gefahr, eingeladen zu werden, möglichst fernhalte. Der Freund tut so, als enttäusche ihn die Auskunft. Dann will er wissen, woran Philipp im Moment gerade sitze.
Um die Beantwortung der Frage zu umgehen, erwähnt Philipp die Champagnerpralinen, die, wie er mutmaßt, schon mehrfach den Besitzer gewechselt haben, wahrscheinlich im selben Geschenkpapier. Das Ablaufdatum ist seit gut zwei Jahren überschritten, die Oberfläche der Schokolade hat ihren Glanz eingebüßt und ist von weißlichem Film überzogen. Philipp erzählt von der Kanonenkugel und dem ausdauernden Grafen. Doch das ist ebenfalls ein Fehler, schon sein zweiter. Oder dritter? Denn der Freund korrigiert ihn, Jan Potocki, der polnische Graf und Autor der Handschrift von Saragossa, habe nicht das Kaliber einer Kanonenkugel minimiert, sondern an einer Verzierung seines Samowars gefeilt.
— Um es genau zu sagen, an einer Eichelverzierung dieses Samowars.
— Ist nicht möglich, sagt Philipp.
— Kein Zweifel, insistiert der Freund: Während Potocki mit Freunden Tee getrunken hat. Von einer Kanonenkugel kann nicht die Rede sein.
— Ausgerechnet. Ein Samowar. Eine Eichelverzierung.
Doch was der Freund sagt, klingt überzeugend, er hat, wie er behauptet, das ganze Buch gelesen, beide Bände, das Vorwort, das Nachwort und weiß der Kuckuck was noch, während Philipps Quellen diffus sind (wie die der Donau). Alles mutmaßlich und nichts gewiß. Er kann sich nur darauf hinausreden, daß Potocki gegen die Ungenauigkeit bestimmt nichts einzuwenden hätte.
— Ernsthafte Arbeit, so oder so, sagt Philipp und bringt das Gespräch zu einem raschen Ende.
Im stillen und aus Gründen, die mit den Fakten nichts zu tun haben, steht Philipps Entschluß, auf der Version mit der Kanonenkugel zu beharren, in dem Moment ohnehin schon fest; als kleine Huldigung an die Gebrechlichkeit der Welt, die jeder sich zusammenbaut. Der Gedanke an das beharrliche Feilen ist anschließend zwar nicht mehr derselbe, weil Fakten das Hartnäckigste sind, was man sich vorstellen kann. So sagt man. Es bekümmert Philipp, daß auch diese Geschichte nicht wahr ist oder in Wahrheit nicht so, wie er es will. Aber er leistet Widerstand, er stemmt sich dagegen.
Und später, als er wieder auf der Vortreppe sitzt (gegen die Sonne blinzelt, auf einen Anruf von Johanna wartet, der er keinesfalls zuvorkommen will), hat er sogar einen lichten Moment. Da versöhnt er sich mit all diesen Kleinigkeiten, die so sehr ins Gewicht fallen. Da fühlt er sich einen Moment lang erhaben über den trostlosen Ehrgeiz der Faktentreue. Denn auf der Vortreppe gehört alles ihm. Dort ist er alleiniger Besitzer des Wetters, der Liebe, des polnischen Grafen, aller Tauben auf dem Dach und einer großen Einsamkeit. Er sagt sich: Wenn einer mit einem Ballon über dem Haus stünde und in meine Länderei schaute, was würde er dann von mir denken? Er würde hoffentlich einen sehr günstigen Eindruck von mir gewinnen, und ohne darauf bestehen zu wollen, ist doch anzunehmen, daß ich (trotzdem bleibt das wichtigste Wort) ausreichend Anlaß gäbe, von ihm beneidet zu werden.
Und während er so brütet und während er sich wünscht, daß Johanna besagte Ballonfahrerin wäre auf der Suche nach dem Wetter von morgen, fällt die Asche seiner Zigarette, an der er, wie meistens, in sehr unregelmäßigen und langen Abständen zieht, von selbst. Er schiebt die Asche mit der Schuhspitze dort, wo eine Assel kauert, in eine Mulde, wo die verputzte Oberfläche der untersten Stufe abgeschilfert ist.
Im Rauch des letzten Zuges legt er dem jungen Stanislaus folgende Worte in den Mund:
— Fragen kann man sich vieles. Es ist auch schön, daß man manches denken kann. Aber das ist auch schon wieder alles.