3

In diesem Sommer begann die eigentliche Ausbildung der Jungen. Sie waren von Anfang an gleich behandelt worden, und so war auch Marcus in der Führung eines komplexen, wenn auch vergleichsweise kleinen Landgutes unterrichtet worden. Das offizielle Latein, das ihnen schon von Geburt an eingetrichtert worden war, wurde weitergelehrt, und zusätzlich umfasste ihr Unterricht berühmte Schlachten und Kriegstaktiken. Sie lernten ebenso, Menschen zu führen, wie mit Geld und Schulden umzugehen. Als Suetonius im darauf folgenden Jahr wegging, um Offizier in einer afrikanischen Legion zu werden, hatten Gaius und Marcus bereits mit griechischer Rhetorik und der Kunst des Disputs angefangen. Dinge, die sie brauchen würden, falls sie später als junge Senatoren je einen Bürger nach dem Gesetz anklagen oder verteidigen wollten.

Obwohl die dreihundert Senatsmitglieder nur zweimal im Mondmonat zusammenkamen, blieb Gaius’ Vater immer länger und länger in Rom, während die Republik sich mit ihren Kolonien und dem stetigen Wachstum von Macht und Wohlstand abmühte. Die einzigen Erwachsenen, die Gaius und Marcus monatelang zu Gesicht bekamen, waren Aurelia und die Lehrer, die das Haupthaus bei Morgengrauen betraten und es abends mit in den Taschen klingenden Denarii in Richtung Sonnenuntergang wieder verließen. Auch Tubruk war immer um sie und wachte mit freundlicher Hand aus dem Hintergrund über die Jungen, auch wenn er ihnen keinen Unfug durchgehen ließ. Vor Suetonius’ Abreise war der alte Gladiator die fünf Meilen zum Nachbarhof gelaufen und hatte elf Stunden, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, auf die Erlaubnis gewartet, den ältesten Sohn des Hauses zu sehen. Er hatte Gaius nicht verraten, was er dabei erfahren hatte, doch war er mit einem Lächeln zurückgekommen und Gaius mit seiner großen Hand durchs Haar gefahren, bevor er zu den Ställen hinunterging, um nach den neuen Stuten zu sehen, die gerade rossig wurden.

Von allen Unterrichtsstunden gefielen Gaius und Marcus die bei Vepax am meisten. Vepax war ein junger Grieche, ein hoch aufgeschossener und schmaler junger Mann in seiner Toga. Er kam immer zu Fuß zum Gut, und bevor er wieder in die Stadt zurückging, zählte er sorgfältig die Münzen, die er verdient hatte. Jede Woche kamen sie zwei Stunden in einem kleinen Raum zusammen, den Gaius’ Vater für den Unterricht bereitgestellt hatte. Es war ein karges Zimmer mit Steinplatten auf dem Fußboden und schmucklosen Wänden. Wenn die anderen Tutoren Verse von Homer oder lateinische Grammatik herunterleierten, zappelten die Jungen oft ungeduldig auf ihren Holzbänken herum oder schweiften in Gedanken ab, bis es der Lehrer merkte und sie mit energischen Hieben seines Rohrstocks wieder in die Gegenwart holte. Die meisten waren sehr streng und ließen so gut wie nichts durchgehen, weil sich ihre Aufmerksamkeit nur auf diese beiden Schüler richtete. Eines Tages hatte Marcus seinen Schreibstift dazu benutzt, ein Schwein mit Gesicht und Bart eines Tutors zu malen. Gerade als er es Gaius zeigen wollte, wurde er erwischt und musste die Hand für den Rohrstock ausstrecken. Die drei scharfen Schläge taten entsetzlich weh.

Vepax dagegen hatte keinen Rohrstock. Das Einzige, was er immer dabeihatte, war ein schwerer Stoffsack voller Tontafeln und Figuren. Einige davon waren rot, andere blau, um die verschiedenen Parteien zu markieren. Zur verabredeten Stunde hatte er immer schon die Bänke an einer Seite des Zimmers zusammengeschoben und seine Figuren aufgestellt, um eine berühmte Schlacht aus der Vergangenheit nachzustellen. Nachdem sie seinen Unterricht ein Jahr genossen hatten, bestand die wichtigste Aufgabe der Jungen darin, die Struktur der Aufstellung wiederzuerkennen und die beteiligten Generäle zu benennen. Sie wussten, dass Vepax sich nicht auf römische Schlachten beschränkte. Manchmal standen die winzigen Pferde und Legionärsfiguren auch für das Land der Parther, das alte Griechenland oder Karthago. Da sie wussten, dass Vepax selbst Grieche war, drängten die Jungen ihn immer wieder, ihnen auch die Schlachten Alexanders zu zeigen. Die Legenden um ihn und das, was er schon in so jungen Jahren erreicht hatte, begeisterten sie. Anfangs hatte Vepax noch gezögert, denn er wollte nicht in den Verdacht geraten, die Geschichte seines eigenen Volkes zu bevorzugen, doch schließlich ließ er sich doch überreden und stellte jede große Schlacht nach, von der noch Aufzeichnungen und Karten existierten. Für die griechischen Kriege brauchte Vepax nie nachzuschlagen, weil er jede Figur aus dem Gedächtnis führen konnte.

Er nannte den Jungen die Namen der Generäle und der Schlüsselfiguren jeder Auseinandersetzung und erklärte ihnen die politischen und geschichtlichen Hintergründe, insofern sie einen direkten Bezug zu diesem Tag hatten. Für Marcus und Gaius erweckte er die kleinen Tonfigürchen zum Leben, und jedes Mal, wenn die zwei Stunden mit ihm um waren, sahen sie sehnsüchtig zu, wie er sie langsam und sorgfältig wieder in seine Taschen packte.

Eines Tages, als sie zum Unterricht erschienen, war fast der ganze kleine Raum mit den Tonfiguren voll gestellt. Eine riesige Schlacht war aufgebaut worden, und Gaius zählte schnell die blauen Figuren, dann die roten und multiplizierte sie im Kopf, so wie er es von seinem Mathematiklehrer gelernt hatte.

»Sag mir, was du siehst«, forderte Vepax Gaius mit ruhiger Stimme auf.

»Zwei Streitkräfte, eine mit mehr als fünfzigtausend Mann, die andere mit fast vierzigtausend.

Die rote ist ... die rote ist die römische Seite, wenn man die schwere Infanterie betrachtet, die vorne in Legionsquadraten aufgestellt ist. Sie wird auf dem rechten und linken Flügel von der Kavallerie unterstützt, aber die blaue Kavallerie, die ihnen gegenübersteht, ist genauso stark. Auf der blauen Seite stehen Schleudern und Speerwerfer, aber ich sehe keine Bogenschützen, also sind die Angriffe mit Wurfgeschossen nur über eine sehr kurze Reichweite wirkungsvoll. Die Armeen scheinen fast ebenbürtig zu sein, also dürfte es eine langwierige und schwierige Schlacht werden.«

Vepax nickte. »Die rote Seite ist tatsächlich die römische. Ausnahmslos hoch disziplinierte, erfahrene Kriegsveteranen. Was wäre, wenn ich euch sage, dass die blaue Seite eine gemischte Gruppe aus Galliern, Spaniern, Numidern und Karthagern ist? Wäre das bezeichnend für den Ausgang der Schlacht?«

Marcus’ Augen leuchteten interessiert auf. »Es würde bedeuten, dass wir hier Hannibals Streitmacht vor uns haben. Aber wo sind seine berühmten Elefanten? Hast du keine Elefanten in deiner Tasche?« Marcus blickte erwartungsvoll zu dem schlaffen Stoffsack hinüber.

»Es ist tatsächlich Hannibal, dem die Römer hier gegenüberstehen. Aber bei dieser Schlacht hier waren die Elefanten schon tot. Später hat er neue aufgetrieben und sie als fürchterliche Angriffswaffe eingesetzt, aber hier musste er ohne sie auskommen. Er hat zwei Legionen weniger, und seine Truppen sind bunt zusammengewürfelt, wohingegen die römische Streitmacht einheitlich ist. Welche anderen Faktoren könnten den Ausgang der Schlacht noch beeinflussen?« »Die landschaftlichen Gegebenheiten«, rief Gaius. »Steht er auf einem Hügel? Dann könnte seine Reiterei .«

Vepax winkte sanft ab.

»Die Schlacht wurde in einer Ebene geschlagen. Es war ein kühler, klarer Tag. Hannibal hätte eigentlich verlieren müssen. Wollt ihr sehen, wie er gewonnen hat?«

Gaius starrte auf die vielen Figuren. Alles sprach gegen die blauen Truppen. Verwirrt blickte er auf.

»Dürfen wir die Figuren umstellen, während du erklärst?«

Vepax lächelte. »Natürlich. Heute brauche ich euch sogar beide, um die Schlachtreihen so zu bewegen, wie sie sich damals bewegt haben. Du führst die römische Seite, Gaius. Marcus und ich, wir übernehmen Hannibals Truppen.«

Lächelnd sahen sich die drei über die Reihen der Tonfiguren hinweg an.

»Die Schlacht von Cannae, vor einhundertsechsundzwanzig Jahren. Jeder Mann, der in dieser Schlacht gekämpft hat, ist inzwischen zu Staub zerfallen, jedes Schwert ist verrostet, aber die Lektionen sind immer noch da, um gelernt zu werden.«

Gaius wurde klar, dass Vepax sämtliche Tonsoldaten und Pferde, die er besaß, mitgebracht haben musste, um diese Schlacht nachzustellen. Obwohl jede einzelne Figur für fünfhundert Männer stand, nahmen sie den Großteil des zur Verfügung stehenden Raumes ein.

»Gaius, du bist Aemilius Paulus und Terentius Varro, die beiden erfahrenen römischen Heerführer. Du marschierst Reihe für Reihe direkt auf den Feind zu und erlaubst keine Umwege oder Nachlässigkeit in der Disziplin. Deine Infanterie ist hervorragend geschult und müsste sich gegen die Reihen ausländischer Schwertkämpfer bestens behaupten können.«

Nachdenklich rückte Gaius die Infanterie Gruppe um Gruppe nach vorne.

»Jetzt unterstütze sie mit deiner Kavallerie, Gaius. Sie darf nicht zurückbleiben, sonst kann deine Flanke angegriffen werden.«

Gaius nickte und setzte die kleinen Tonpferde so, dass sie der schweren Kavallerie unter Hannibals Befehl gegenüberstanden.

»Marcus, unsere Infanterie muss standhalten. Wir werden vorstoßen und direkt auf den Gegner treffen, und unsere Kavallerie beschäftigt die ihre an den Flügeln und hält sie dort auf.«

Wortlos und mit gesenkten Köpfen bewegten alle drei die Figuren, bis die beiden Armeen entsprechend verschoben waren und sie sich direkt gegenüberstanden. Gaius und Marcus stellten sich das Schnauben der Pferde und die durch die Luft gellenden Schlachtrufe vor.

»Und jetzt sterben die Männer«, murmelte Vepax. »Unsere Infanterie gibt jetzt in der Mitte nach, weil sie auf den bestausgebildeten Feind trifft, dem sie jemals gegenübergestanden hat.« Seine Hände flogen schnell nach vorne und setzten eine Figur nach der anderen auf eine neue Position, und er befahl den Jungen, seinen Anweisungen eilig zu folgen.

Auf dem Boden vor ihnen drängten die römischen Legionen Hannibals Mitte zurück, die vor ihnen zurückwich und kurz davor war, die Flucht zu ergreifen.

»Sie können nicht standhalten«, flüsterte Gaius. Die Legionen drängten immer weiter nach vorne, und er sah, wie der große, sichelförmige Bogen sich immer tiefer wölbte. Er hielt inne und überschaute das ganze Feld. Die Kavallerie stand immer noch am gleichen Ort und war in eine blutige Stellungsschlacht mit dem Feind verwickelt. Sein Unterkiefer klappte auf, als er sah, wie Marcus und Vepax weiter die Figuren umstellten, denn plötzlich wurde ihm der Plan klar.

»Ich würde nicht weiter vorrücken«, sagte er und Vepax hob mit fragendem Gesichtsausdruck den Kopf.

»Jetzt schon, Gaius? Dann hast du eine Gefahr erkannt, die weder Paulus noch Varro gesehen haben, bis es zu spät war. Rücke mit deinen Männern weiter vor, wir müssen die Schlacht zu Ende spielen.« Es bereitete ihm offensichtlich Vergnügen, Gaius jedoch irritierte es maßlos, dass er Spielzüge weiterführen sollte, die zur Vernichtung seiner Armee führen mussten.

Die Legionen marschierten durch die Truppen der Karthager hindurch, und der Feind ließ sie ein. Er fiel schnell und ohne Hast zurück und verlor so wenig Männer wie möglich an die vorrückende Linie. Hannibals Truppen bewegten sich vom hinteren Ende des Feldes zu den Seiten und ließen die Falle immer größer werden. Wie Vepax ihnen erklärte, war das gesamte römische Heer nach wenigen Stunden an drei Seiten vom Feind umgeben, der sich auch hinter dem eingedrungenen Keil langsam zusammenschloss, bis es in der von Hannibal erdachten Falle saß. Die römische Kavallerie wurde noch immer von gleichwertigen Kräften zurückgehalten, und die letzte Szene brauchte nur wenig Erklärung, um das grauenhafte Geschehen vollends zu verdeutlichen.

»Die meisten Römer konnten nicht kämpfen, weil sie in der Mitte ihrer eigenen, engen Formationen gefangen waren. Hannibals Männer töteten den ganzen Tag lang und schnürten die Falle immer enger zu, bis keiner mehr am Leben war. Die Vernichtung nahm ein Ausmaß an, das es weder vorher noch hinterher je wieder gegeben hat. Bei den meisten Schlachten bleiben viele am Leben, zumindest diejenigen, die am Ende noch fliehen können. Aber diese Römer hier waren von allen Seiten eingeschlossen und konnten nirgendwohin fliehen.«

Die beiden Jungen waren eine Weile ganz still und prägten die grausigen Einzelheiten ihrem Verstand und ihrer Fantasie ein.

»Für heute ist unsere Zeit um, ihr beiden. Nächste Woche zeige ich euch, was die Römer aus dieser und den anderen Niederlagen, die Hannibal ihnen zugefügt hat, gelernt haben. In Cannae sind sie zwar sehr fantasielos vorgegangen, aber sie haben dann einen neuen Heerführer gefunden, der für seinen Ideenreichtum und seinen Wagemut berühmt war. Vierzehn Jahre später traf er in der Schlacht von Zama auf Hannibal, und diesmal ging die Sache völlig anders aus.« »Wie hieß der Mann?«, fragte Marcus aufgeregt.

»Er hatte mehr als nur einen Namen. Sein richtiger Name lautete Publius Scipio, aber wegen der Schlachten, die er gegen Karthago gewann, wurde er als Scipio Africanus bekannt.«

Als Gaius auf seinen zehnten Geburtstag zuging, war aus dem Kind ein athletischer, geschickter Knabe geworden. Er konnte mit allen Pferden des Gutes umgehen, selbst mit den schwierigen, die eine starke Hand brauchten. Sie schienen sich unter seiner Berührung zu beruhigen und reagierten willig auf ihn. Nur ein einziges Pferd wollte ihn einfach nicht im Sattel lassen. Gaius wurde elf Mal abgeworfen, bis Tubruk das Tier schließlich verkaufte, bevor dieser Machtkampf eines schönen Tages noch einen der beiden umbrachte.

In Abwesenheit von Gaius’ Vater war Tubruk bis zu einem gewissen Umfang für die Geldgeschäfte des Gutes verantwortlich. Er entschied darüber, wo der Reingewinn aus Getreide und Vieh am besten angelegt war. Obwohl dies bereits ein großer und ungewöhnlicher Vertrauensbeweis war, erstreckte sich Tubruks Befugnis nicht darauf, die Kämpfer für die Unterrichtung der Jungen in Kriegskunst einzustellen. Diese Entscheidung musste vom Vater getroffen werden, weil diesem sämtliche Aspekte der Erziehung oblagen. Nach römischem Recht hätte Gaius’ Vater die Jungen sogar erdrosseln oder in die Sklaverei verkaufen dürfen, wenn sie sein Missfallen erregten. Seine Macht über den gesamten Haushalt war absolut, und jeder tat gut daran, sein Wohlwollen nicht aufs Spiel zu setzen.

Zur Geburtstagsfeier seines Sohnes kam Julius nach Hause. Tubruk ging ihm zur Hand, als er bei einem Bad im Mineralwasserbecken den Staub der Reise abwusch. Obwohl er zehn Jahre älter war als Tubruk, trug sein sonnengebräunter Körper die Jahre mühelos, während er durchs Wasser glitt. Als sich ein Schwall heißes Wasser aus einer Leitung in das ruhige Wasser des Beckens ergoss, stieg Dampf in kleinen Schwaden auf. Tubruk registrierte im Stillen den guten Gesundheitszustand seines Herrn und freute sich darüber. Geduldig wartete er, bis Julius sein ausgiebiges Bad beendet hatte und auf den Marmorstufen neben der Zuflussleitung ruhte, wo das Wasser seicht und am wärmsten war.

Julius lehnte sich gegen den kühlen Beckenrand und hob die Brauen. »Berichte«, forderte er Tubruk auf und schloss die Augen.

Tubruk stand steif da, führte die Gewinne und Verluste des letzten Monats auf und hielt dabei den Blick starr auf die hintere Wand gerichtet. Er sprach frei von kleinen Problemen und Erfolgen, ohne auch nur einmal auf seine Notizen zurückgreifen zu müssen. Schließlich kam er zum Ende seines Berichts und wartete schweigend. Nach einer Weile öffneten sich die Augen des einzigen Mannes, der ihm je Arbeit gegeben hatte, ohne ihn zu besitzen. Sie fixierten ihn mit einem Blick, der von der Wärme des Wassers nicht weich geworden war.

»Wie geht es meiner Frau?«

In Tubruks Gesicht regte sich kein Muskel. War es sinnvoll, diesem Mann zu sagen, dass es seiner Gemahlin noch schlechter ging? Sie war einmal eine sehr schöne Frau gewesen, bevor die Geburt ihres Sohnes sie für Monate an den Rand des Todes gebracht hatte. Seit Gaius zur Welt gekommen war, schien sie nur noch unsicher gehen zu können, und das Haus war nicht mehr von ihrem Lachen erfüllt, auch schmückte sie es nicht mehr mit Blumen, die sie früher selbst draußen in den Feldern gepflückt hatte.

»Lucius kümmert sich sehr gut um sie, aber es geht ihr nicht besser . Ich musste die Jungen ein paar Tage von ihr fern halten, als ihr Zustand wieder über sie kam.«

Julius’ Gesicht wurde hart und in einer von der Wärme angeschwollenen Ader an seinem Hals begann das Blut zu pulsieren, das ihm vor Zorn in den Kopf stieg.

»Können die Ärzte denn gar nichts tun? Sie nehmen meine Aurei ohne Skrupel an, aber jedes Mal, wenn ich meine Frau sehe, geht es ihr schlechter!«

Tubruk presste die Lippen bedauernd aufeinander. Er wusste, dass man manche Dinge einfach so hinnehmen musste, wie sie waren. Die Peitsche saust nieder und schmerzt, und man muss geduldig warten, bis sie nicht mehr herniedersaust.

Manchmal riss Aurelia ihre Kleider in Fetzen und kauerte dann in einer Ecke, bis sie der Hunger aus ihren Gemächern trieb. An anderen Tagen dagegen war sie fast wieder wie die Frau, die er kennen und schätzen gelernt hatte, als er auf das Gut gekommen war. Auch damals schon hatte sie manchmal über längere Zeit zerstreut und abwesend gewirkt. Manchmal redete sie von der Ernte, und dann ganz plötzlich, als habe noch eine andere Stimme gesprochen, neigte sie lauschend den Kopf. Dann war sie auf einmal ganz woanders und beachtete einen nicht mehr, als hätte man den Raum schon längst verlassen.

Ein weiterer Schwall heißes Wasser unterbrach die zähe Stille und Julius seufzte wie entweichender Dampf.

»Man sagt, die Griechen seien auf dem Feld der Medizin sehr bewandert. Stell einen von ihnen ein und schick diese Narren weg, die ihr so wenig helfen können. Wenn einer von ihnen behauptet, wir würden es allein seinen Künsten verdanken, dass es ihr nicht schlechter geht, lass ihn auspeitschen und wirf ihn hinaus auf die Straße, die zur Stadt führt. Versuche es mit einer Hebamme. Frauen verstehen einander oft besser, als wir Männer es können. Sie haben so viele Gebrechen, die Männer nicht kennen.«

Die blauen Augen schlossen sich wieder, und es war als schlösse sich die Tür eines Ofens. Ohne die ihm innewohnende Persönlichkeit hätte der Körper im Wasser der jedes anderen Römers sein können. Julius hielt sich aufrecht wie ein Soldat; schmale weiße Linien erinnerten an die Wunden vergangener Kämpfe. Er war kein Mann, den man verärgern sollte und Tubruk wusste, dass er im Senat den Ruf hatte, sehr aufbrausend zu sein. Julius hatte nur wenige Eigeninteressen, diese jedoch verteidigte er mit aller Schärfe. Dadurch fühlten sich die Mächtigen nicht durch ihn gestört und waren zugleich zu faul, ihn in den Bereichen herauszufordern, für die er sich stark machte. So gedieh auch das Landgut prächtig, und sie würden die teuersten ausländischen Ärzte anstellen können, die Tubruk auftreiben konnte. Das Geld war vergeudet, dessen war er sicher, doch wozu war Geld denn sonst da, wenn nicht, es für Dinge auszugeben, die man für notwendig erachtete?

»Ich möchte einen Weinberg an den Südhängen anlegen. Der Boden dort ist ideal für einen guten Rotwein.«

Sie sprachen die Geschäfte des Gutes durch. Tubruk machte sich keine Notizen. Nach Jahren des Berichtens und Diskutierens brauchte er das nicht mehr. Zwei Stunden nachdem Julius nach Hause gekommen war, lächelte er endlich.

»Du hast gute Arbeit geleistet. Wir machen gute Geschäfte und bleiben stark.«

Tubruk nickte und erwiderte das Lächeln. Während des ganzen Gesprächs hatte sich Julius nicht ein einziges Mal nach seiner Gesundheit und seinem Wohlergehen erkundigt. Sie wussten beide, dass man nur über ernste Probleme redete und kleine Sorgen mit sich selbst ausmachte. Es war eine Vertrauensbeziehung, nicht zwischen Gleichgestellten, sondern zwischen einem Dienstherren und jemandem, dessen Kompetenz er respektierte. Tubruk war zwar kein Sklave mehr, aber er blieb ein Freigelassener. Nie würde er das volle Vertrauen eines Freigeborenen genießen.

»Da ist noch etwas anderes, etwas Persönlicheres«, fuhr Julius fort. »Es wird Zeit, meinen Sohn in der Kriegskunst zu unterweisen. Ich bin von meinen Pflichten als Vater etwas abgelenkt worden, aber es gibt keine größere Herausforderung an die Talente eines Mannes als die Erziehung seines Sohnes. Ich will stolz auf ihn sein und fürchte zugleich, dass meine häufige Abwesenheit, die eher noch zunehmen dürfte, den Jungen zerbrechen könnte.«

Bei diesen Worten nickte Tubruk erfreut. »In der Stadt gibt es viele Experten, Ausbilder für Knaben und junge Männer aus wohlhabenden Familien.«

»Nein. Die kenne ich. Einige davon sind mir empfohlen worden. Ich habe sogar selbst die Ergebnisse einer solchen Ausbildung inspiziert und Stadtvillen besucht, um mir die junge Generation anzusehen. Ich war nicht sehr beeindruckt, Tubruk. Ich habe junge Männer gesehen, die von diesen neuen, philosophischen Lehren infiziert sind, bei denen zu viel Wert auf die Ausbildung des Geistes gelegt wird und zu wenig auf die des Körpers und des Herzens. Was nutzt die Fähigkeit, mit Logik zu spielen, wenn dann die verkümmerte Seele vor Problemen und Entbehrungen zurückschreckt? Meiner Ansicht nach bringt diese Mode in Rom nichts als Schwächlinge hervor, mit ein paar Ausnahmen vielleicht. Ich will, dass Gaius von Leuten unterrichtet wird, auf die ich mich verlassen kann. Von dir, Tubruk. Niemandem sonst würde ich eine so wichtige Aufgabe anvertrauen.«

Tubruk rieb sich mit besorgter Miene das Kinn.

»Ich kann die Fähigkeiten, die ich als Soldat und Gladiator erlernt habe, nicht unterrichten, Herr. Ich weiß zwar sehr viel, aber ich weiß nicht, wie man dieses Wissen weitergibt.«

Julius furchte ärgerlich die Stirn, doch er drang nicht weiter in ihn, denn Tubruk widersprach niemals leichtfertig.

»Dann verwende unterdessen Zeit darauf, ihn ausdauernd und hart wie Stein zu machen. Lass ihn jeden Tag stundenlang laufen und reiten, so lange, bis er mich vertreten kann. Wir werden andere finden, die ihm beibringen, wie man tötet und Männer in der Schlacht kommandiert.«

»Was ist mit dem anderen Knaben, Herr?«

»Marcus? Was soll mit ihm sein?«

»Bilden wir ihn auch aus?«

Julius zog die Brauen noch ein Stück weiter zusammen und starrte einen Augenblick ganz in der Vergangenheit versunken vor sich hin.

»Ja, das habe ich seinem Vater versprochen, als er starb. Seine Mutter war nie in der Lage, sich um das Kind zu kümmern. Als sie davonlief, hat das den alten Mann praktisch umgebracht. Sie war von Anfang an zu jung für ihn. Soweit ich gehört habe, ist aus ihr letztlich nicht mehr geworden als eine gehobene Dirne in einem der inneren Bezirke. Also bleibt der Junge in meinem Haus. Ich nehme an, er und Gaius sind immer noch Freunde?«

»Wie Zwillingsähren. Sie sind ständig in Schwierigkeiten.«

»Damit ist jetzt Schluss. Von jetzt an werden sie lernen, was Disziplin ist.«

»Ich sorge dafür, dass sie es begreifen.«

Gaius und Marcus lauschten draußen an der Tür. Vor Begeisterung über das, was er gehört hatte, leuchteten Gaius’ Augen hell. Grinsend drehte er sich zu Marcus um, doch beim Anblick des blassen Gesichts und der zusammengepressten Lippen seines Freundes verschwand sein Lächeln sofort wieder.

»Was ist denn los, Marcus?«

»Er hat gesagt, meine Mutter sei eine Hure«, stieß dieser hervor. Marcus’ Augen funkelten sehr gefährlich, und Gaius schluckte rasch eine vorschnelle, scherzhaft gemeinte Erwiderung hinunter. »Er hat nur gesagt, dass er das gehört hat. Das ist nur ein Gerücht. Bestimmt ist sie keine.«

»Man hat mir gesagt, sie sei tot. So wie mein Vater. Dabei ist sie weggelaufen und hat mich zurückgelassen.« Die Augen des Jungen füllten sich mit Tränen. »Ich hoffe, sie ist wirklich eine Hure. Ich hoffe, sie ist eine Sklavin und krepiert an Lungenfäule.« Dann drehte er sich um und rannte mit verzweifelt und unkontrolliert herumwirbelnden Armen und Beinen davon.

Gaius seufzte und verwarf die Idee, ihm nachzulaufen, sofort wieder. Marcus würde wahrscheinlich hinunter in die Stallungen flüchten und sich dort ein paar Stunden im Stroh und in der Dunkelheit verkriechen. Wenn man ihm in solchen Momenten zu nahe kam, gab es nur böse Worte, oder es flogen sogar Fäuste. Ließ man ihn dagegen in Ruhe, beruhigte er sich mit der Zeit von ganz allein. Seine Stimmung schlug dann immer sehr rasch um, weil sein unsteter Geist sich bald wieder mit anderen Dingen beschäftigte.

So war Marcus eben. Es hatte keinen Sinn, ihn ändern zu wollen. Gaius presste seinen Kopf wieder an den Spalt zwischen Tür und Rahmen, um zu hören, was die beiden Männer noch so alles über seine Zukunft sagten.

». zum ersten Mal ohne Ketten, so sagt man. Das wird ein großartiges Spektakel werden. Ganz Rom wird da sein. Nicht alle Gladiatoren haben sich als Sklaven auf Zeit verpflichtet. Manche haben sich freigekauft, sind aber so gut, dass man sie mit Goldstücken zurückgelockt hat. Angeblich will sogar Renius kommen.«

»Renius? Er muss doch inzwischen schon uralt sein! Der hat schon gekämpft, als ich selbst noch ein junger Mann war«, murmelte Julius ungläubig.

»Vielleicht braucht er das Geld. Einige der Männer leben aufwändiger, als es ihr Beutel erlaubt, wenn du mich verstehst. Ruhm erlaubt einem zwar, viele Schulden machen, aber am Ende muss man doch alles zurückzahlen.«

»Vielleicht kann man ihn anstellen, damit er Gaius unterrichtet. Ich erinnere mich, dass er zumindest früher Schüler angenommen hat. Aber das ist schon lange her. Ich kann gar nicht glauben, dass er wieder kämpft. Du besorgst also vier Karten. Ich bin jetzt richtig neugierig geworden, und den Jungen wird ein Ausflug in die Stadt mit Sicherheit Spaß machen.«

»Gut. Aber lass uns warten, bis die Löwen mit dem alten Renius fertig sind, bevor wir ihm eine Stellung anbieten. Er ist bestimmt billiger, wenn er ein wenig Blut gelassen hat«, sagte Tubruk trocken.

»Und noch billiger, wenn er tot ist. Ich würde ihn ungern fallen sehen. In meiner Jugend konnte ihm niemand das Wasser reichen. Ich habe gesehen, wie er bei Schaukämpfen gegen vier oder fünf Männer gleichzeitig angetreten ist. Einmal haben sie ihm sogar die Augen verbunden, bei einem Kampf gegen zwei Männer! Er hat sie mit zwei Hieben niedergestreckt.«

»Ich habe gesehen, wie er sich auf diese Kämpfe vorbereitet hat. Das Tuch, das er benutzt hat, hat genug Licht durchgelassen, sodass er die Umrisse seiner Gegner erkennen konnte. Das genügte ihm. Aber immerhin glaubten seine Gegner, er sei blind.«

»Nimm eine prall gefüllte Börse mit, um Ausbilder anzuwerben. Der Zirkus ist zwar der richtige Ort, um solchen Leuten zu begegnen, aber ich brauche dein erfahrenes Auge, um ihre Verfassung und ihre Ehrenhaftigkeit einzuschätzen.«

»Selbstverständlich, Herr. Noch heute Abend schicke ich einen Boten los, der die Karten auf Kosten des Gutsvermögens abholt. Gibt es sonst noch etwas?«

»Nur meinen Dank. Ich weiß, wie umsichtig du dieses Anwesen führst. Während meine Senatskollegen sich Sorgen machen müssen, weil ihr Wohlstand langsam dahinschwindet, kann ich ganz beruhigt sein und über ihre missliche Lage nur lächeln.« Julius stand auf, und die beiden schüttelten sich die Hände mit jenem Griff um das Handgelenk des anderen, den alle Legionäre lernten.

Voller Freude spürte Tubruk die Kraft, die noch immer in dieser Hand lag. Der alte Stier hatte noch ein paar gute Jahre vor sich.

Gaius entfernte sich eilig von der Tür und rannte in die Stallungen zu Marcus. Auf halbem Wege blieb er stehen und lehnte sich gegen eine kühle, weiße Wand. Und wenn Marcus immer noch wütend war? Nein, bestimmt würde ihn die Aussicht auf einen Zirkusbesuch - noch dazu mit Löwen ohne Ketten! - aus seinem Kummer reißen. Mit frischem Elan und die Sonne im Rücken rannte er den Abhang zu den aus dunklem Holz und Kalkputz erbauten Wirtschaftsgebäuden hinunter, in denen die Zugpferde und Ochsen des Gutes untergebracht waren. Von irgendwoher hörte er seine Mutter seinen Namen rufen, doch das kümmerte ihn ebenso wenig wie ein schriller Vogelschrei. Es war ein Laut, der über ihn hinwegschwemmte, ihn jedoch nicht berührte.

Die beiden Jungen fanden den Kadaver des Raben nahe der Stelle, wo sie ihn zuerst gesehen hatten, am Waldrand des Anwesens. Steif und dunkel lag er im feuchten Laub. Marcus sah ihn zuerst. Der Fund ließ ihn seinen Zorn und seine Niedergeschlagenheit schlagartig vergessen. »Zeus«, flüsterte er. »Tubruk hat ja gesagt, dass er krank ist.« Er ging neben dem Weg in die Hocke und streckte die Hand aus, um die immer noch glänzenden Federn zu streicheln. Gaius kniete sich neben ihn. Die Kühle des Waldes schien sie beide zu gleicher Zeit zu durchdringen, und Gaius fröstelte leicht.

»Erinnerst du dich? Raben sind ein schlechtes Omen«, murmelte er.

»Zeus nicht. Er hat nur nach einem Platz zum Sterben gesucht.«

Aus einer plötzlichen Eingebung heraus hob Marcus den toten Vogel auf und hielt ihn so, wie er ihn damals beim Fang gehalten hatte. Der Unterschied stimmte die beiden Jungen traurig. Aller Kampfgeist war verschwunden, und der Kopf hing schlaff herunter, als würde er nur noch von der Haut gehalten. Der Schnabel stand offen und die Augen waren nur noch ausgetrocknete, leere Vertiefungen. Marcus strich mit dem Daumen über die Federn.

»Wir sollten ihn verbrennen. Ihm ein ehrenhaftes Begräbnis geben«, schlug Gaius vor. »Soll ich in die Küche zurückrennen und eine Öllampe holen? Dann können wir ihm einen Scheiterhaufen bauen und etwas Öl darüber gießen. Das wäre doch ein guter Abschied für ihn.«

Marcus nickte zustimmend und legte Zeus vorsichtig auf den Boden.

»Er war ein Kämpfer. Er hat mehr verdient, als einfach so zu verfaulen. Hier gibt es jede Menge trockenes Holz. Ich bleibe hier und baue den Scheiterhaufen.«

»Ich beeile mich«, rief Gaius bereits im Wegrennen. »Denk dir ein paar Gebete oder so was aus.« Er rannte zurück zum Haus, und Marcus blieb mit dem Vogel allein. Eine seltsame Feierlichkeit überkam ihn, als führe er einen religiösen Ritus aus. Langsam und sorgfältig sammelte er dürre Äste und schichtete sie zu einem viereckigen Haufen auf. Zuunterst legte er dickere, schon lange abgestorbene Äste und schichtete kleine Zweige und trockenes Laub darüber. Er hielt es für angebracht, nichts zu überstürzen.

Als Gaius zurückkam, war im Wald alles still. Auch er ging jetzt langsam und hielt die Hand schützend vor die kleine Flamme, die auf dem öligen Docht der alten Küchenlampe hervorzüngelte. Marcus saß auf dem trockenen Weg, und Zeus’ schwarzer Körper lag bereits auf einem ordentlich aufgeschichteten Haufen aus trockenem Holz.

»Ich muss aufpassen, dass die Flamme nicht ausgeht, während ich das Öl über den Scheiterhaufen gieße, deshalb kann sie plötzlich auflodern. Wir sagen die Gebete besser jetzt gleich.«

Es wurde langsam dunkel. Der flackernde gelbe Lampenschein schien kräftiger zu werden und erhellte ihre Gesichter.

»Jupiter, Herr über alle Götter, lass diesen Vogel wieder in der Unterwelt fliegen. Er war ein Kämpfer, und er ist frei gestorben«, betete Marcus mit leiser, aber fester Stimme vor dem Kadaver des Raben.

Gaius schickte sich an, das Öl auszugießen. Er hielt den Docht mit der kleinen Flamme zur Seite, goss das Öl aus und tränkte Vogel und Holz mit der zähen Flüssigkeit. Dann erst hielt er die Flamme an den Scheiterhaufen.

Eine Zeit lang geschah nichts, nur ein schwach pfeifendes Geräusch war zu hören. Dann jedoch breitete sich wie als Antwort darauf eine Flamme aus, die mit kränklichem Schein aufflackerte. Die Jungen standen einfach da, bis Gaius die Lampe neben sich auf den Weg stellte. Sie sahen interessiert zu, wie die Federn Feuer fingen und mit furchtbarem Gestank verbrannten. Die Flammen leckten über den Körper, das Körperfett qualmte und verbrannte im Feuer. Sie warteten geduldig.

»Wir könnten die Asche am Ende einsammeln und sie beerdigen, oder sie im Wald oder im Fluss verstreuen«, flüsterte Gaius.

Marcus nickte wortlos.

Um das Feuer anzufachen, goss Gaius das restliche Öl aus der Lampe darüber und löschte so ihr schwaches Licht ganz. Die Flammen des Scheiterhaufens flackerten erneut auf. Die meisten Federn waren schon verbrannt, bis auf die rund um den Kopf und den Schnabel. Sie schienen besonders hartnäckig zu sein.

Schließlich war auch der letzte Rest Öl verbrannt und das Feuer sank zu einem Haufen glühender Asche zusammen.

»Ich glaube, wir haben ihn gebraten«, flüsterte Gaius. »Das Feuer war nicht heiß genug.«

Marcus nahm einen langen Stock und stieß den Kadaver an, der jetzt mit Holzasche bedeckt, aber immer noch als Rabe zu erkennen war. Der Stock schob dieses qualmende Etwas versehentlich ganz aus der Glut heraus, und Marcus versuchte erfolglos, es wieder in den Gluthaufen zurückzurollen.

»Das bringt nichts. Wo bleibt denn da die Würde?«, sagte er ärgerlich.

»Hör mal, mehr können wir im Moment nicht tun. Wir decken ihn einfach mit Laub zu.«

Die beiden Jungen trugen ganze Arme voller Laub zusammen, und bald war der verschmorte Rabe vor Blicken geschützt. Auf dem Weg zurück zum Anwesen wechselten sie kein Wort, aber ihre ehrfürchtige Stimmung war verflogen.

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