ZWÖLFTES KAPITEL

Kurz vor 6 Uhr morgens war Kommissar Lebel wieder in seinem Büro, wo er Inspektor Caron vorfand, der, müde und überanstrengt aussehend, in Hemdsärmeln an seinem Schreibtisch saß. Vor ihm lag eine Anzahl Notizzettel, die mit handschriftlichen Vermerken bedeckt waren. Im Büro hatten gewisse Veränderungen stattgefunden. Auf dem halbhohen Karteischrank war eine Kaffeemaschine installiert, die das köstliche Aroma frisch gebrauten Kaffees verbreitete. Ein Turm ineinandergeschobener Pappbecher, eine Büchse mit Kondensmilch und eine Tüte Zucker standen griffbereit daneben. Diese Dinge waren noch im Lauf der Nacht aus der Kantine im Keller heraufgeschickt worden.

In der Ecke zwischen den beiden Schreibtischen war ein Feldbett aufgestellt, auf dem eine rauhe Wolldecke lag. Der Papierkorb war geleert und neben den Sessel an der Tür gestellt worden.

Das Fenster stand noch immer offen, und der blaue Dunst der unzähligen Zigaretten, die Caron geraucht hatte, trieb in die kühle Morgenluft hinaus. Jenseits des Flusses färbte das erste Licht des heraufkommenden Tages die Türme von St-Sulpice mit einem schwachen rosa Widerschein.

Lebel trat an seinen Schreibtisch und ließ sich in seinen Sessel fallen. Er war seit vierundzwanzig Stunden auf den Beinen und sah ebenso übermüdet aus wie Caron.

«Nichts«, sagte er.»Ich habe alles durchgesehen, was an Unterlagen über die letzten zehn Jahre vorhanden ist. Der einzige politische Killer aus dem Ausland, der jemals hier zu operieren versuchte, war Degueldre, und der ist tot. Wir hatten ihn in der Kartei, weil er zur OAS gehörte. Rodin wird vermutlich einen Mann ausgesucht haben, der mit der OAS nichts zu tun hat, und damit war er gut beraten. Von den einheimischen Sorten abgesehen, hat es in den letzten Jahren insgesamt nur vier auf Kontraktbasis arbeitende Berufsmörder gegeben, die in Frankreich ins Geschäft zu kommen versuchten, und drei davon haben wir. Der vierte sitzt irgendwo in Afrika lebenslänglich hinter Gittern. Im übrigen waren das allesamt Killer aus der Unterwelt. Das Format, den Präsidenten der Republik Frankreich aufs Korn zu nehmen, hatte keiner von denen. Ich habe mit Bargeron von der Zentralkartei gesprochen, und dort ist man bereits dabei, eine lückenlose Überprüfung zu veranstalten. Aber ich vermute schon jetzt, daß dieser Mann in unseren Akten nicht zu finden sein wird. Das hat Rodin bestimmt zur Bedingung gemacht, als er ihn engagierte.«

Caron steckte sich eine weitere Gauloise an, stieß den Rauch aus und seufzte.

«Dann müssen wir also von den ausländischen Polizeiarchiven ausgehen?«

«Genau das. Ein Mann seines Kalibers muß schließlich irgendwo Erfahrungen gesammelt und seine Meisterschaft erworben haben. Er würde kaum zur internationalen Spitze zählen, wenn er nicht auf eine Serie erfolgreich absolvierter Jobs verweisen könnte. Vielleicht keine Präsidenten, aber doch wichtige Männer, einflußreiche Figuren aus dem öffentlichen Leben und keine Unterweltbosse. Also muß irgendwo schon einmal irgendwer auf ihn aufmerksam geworden sein. Welche Anrufe haben Sie vorgemerkt?«

Caron nahm einen Zettel zur Hand, auf dem eine Anzahl Namen untereinander geschrieben und links daneben die für die Gespräche jeweils vorgesehene Uhrzeit angegeben war.

«Diese sieben sind angemeldet«, sagte er.»Sie fangen um

7 Uhr 10 mit dem Leiter der Mordkommission beim FBI an. In Washington ist es dann l Uhr morgens. Um 7 Uhr 30 kommt Brüssel an die Reihe, danach Amsterdam um 7 Uhr 45 und schließlich Bonn um 8 Uhr 10. Das Gespräch mit Johannesburg ist für

8 Uhr 30 angemeldet, und anschließend, um 9 Uhr, ist Scotland Yard dran. Den Schluß macht Rom um 9 Uhr 30.«

«Werde ich jedesmal mit dem Leiter der Mordkommission verbunden?«fragte Lebel.

«Ja, oder dem Leiter der Abteilung, die der Mordkommission entspricht. Bei Scotland Yard ist es Mister Anthony Mallinson, Assistant Commissioner (Crime). Bei der Londoner Polizeibehörde gibt es offenbar keine Mordkommission. In den anderen Fällen ja mit Ausnahme von Südafrika. Ich habe Van Ruys nicht erreichen können. Statt seiner werden Sie mit Assistant Commissioner Anderson sprechen.«

Lebel dachte einen Augenblick nach.

«Ausgezeichnet«, sagte er dann.»Er ist mir sogar lieber als Van Ruys. Wir haben einmal einen Fall gemeinsam bearbeitet. Bleibt die Frage der Verständigung. Drei von ihnen sprechen Englisch.

Ich nehme an, daß nur der Belgier Französisch spricht. Die anderen werden sicherlich Englisch sprechen, wenn es sein muß…«»Dietrich, der Deutsche, spricht Französisch«, bemerkte Caron.»Gut. Mit den beiden, die Französisch sprechen, rede ich dann persönlich, und in den anderen fünf Fällen werden Sie als Dolmetscher fungieren. Kommen Sie, es wird Zeit.«

Es war zehn Minuten vor sieben, als der Polizeiwagen mit den beiden Detektiven vor dem grünen Portal in der engen rue Paul Valery hielt, in der sich damals die Pariser InterpolZentrale befand.

In den folgenden drei Stunden sprachen Lebel und Caron von der Fernmeldezentrale im Kellergeschoß aus per Funktelephon mit den höchsten Funktionären der Kriminalbehörden von sieben Ländern der westlichen Welt. Lebel machte sich keine Illusionen darüber, daß die Leiter der Mordkommissionen errieten, was er wohl andeuten, aber nicht aussprechen durfte. Es gab in Frankreich nur eine einzige Persönlichkeit, die als das Opfer eines Berufsmörders der internationalen Spitzenklasse in Betracht kam.»Ja, selbstverständlich«, lautete die Antwort ohne Ausnahme.»Wir werden sämtliche Karteien durchkämmen. Ich will versuchen, Sie noch im Lauf des Tages zurückzurufen. Oh, und übrigens — viel Glück, Claude!«

Als Lebel den Hörer des Funktelephons zum letztenmal auflegte, fragte er sich, wie lange es noch dauern mochte, bis die Außenminister und schließlich auch die Regierungschefs der sieben Länder sich darüber klar wurden, was auf dem Spiel stand. Lange gewiß nicht mehr.

Selbst ein Polizist war verpflichtet, seinen politischen Vorgesetzten Vorkommnisse dieser Größenordnung zu melden. Er nahm jedoch an, daß die Minister Stillschweigen bewahren würden. Über alle politischen Differenzen hinweg gab es schließlich auch gemeinsame Interessen, welche die Machthaber der ganzen Welt miteinander verbanden. Sie alle waren Mitglieder des gleichen Klubs — des Klubs der Mächtigen. Gegen gemeinsame Feinde hielten sie allemal zusammen, und was könnte für jeden einzelnen von ihnen bedrohlicher sein als die Existenz eines politischen Meuchelmörders? Dessenungeachtet war sich Lebel durchaus bewußt, daß die Presse, falls sie von seinen Ermittlungen auch nur das geringste erfuhr, die Nachricht schon morgen in die Weltöffentlichkeit hinausposaunen und er ein für allemal erledigt sein würde.Die einzigen, die ihm ernsthaft Sorge bereiteten, waren die Briten. Wenn es eine Sache gewesen wäre, deren Kenntnis auf die Beamten zweier Kriminalbehörden beschränkt bleiben könnte, hätte er keinen Grund zur Besorgnis gehabt. Aber er wußte, daß Mallinson seine Vorgesetzten würde informieren müssen. Es lag gerade erst sechs Monate zurück, daß Charles de Gaulle England den Eintritt in den Gemeinsamen Markt brüsk verwehrt hatte, und seit der am 23. Januar vom General abgehaltenen Pressekonferenz hatte sich das britische Auswärtige Amt — das hatte selbst ein so unpolitischer Kopf wie Lebel mitbekommen — in seinen durch politische Korrespondenten ausgestreuten Verlautbarungen über den Kurs des französischen Staatspräsidenten nicht gerade enthusiastisch geäußert. Würden die Engländer die Gelegenheit wahrnehmen, sich an dem alten Mann zu rächen? Lebel starrte gedankenverloren auf den jetzt stummen Funktelephonapparat. Caron sah ihn fragend an.

«Kommen Sie«, sagte der kleine Kommissar schließlich,»gehen wir frühstücken. Im Augenblick gibt es ohnehin nichts, was wir sonst noch tun könnten.«

Mit nachdenklich gerunzelter Stirn legte Assistant Commissioner Anthony Mallinson den Hörer auf und verließ die Fernmeldezentrale, ohne von dem grüßenden jungen Polizeibeamten, der hereingekommen war, um seinen Dienst anzutreten, Notiz zu nehmen. Noch immer stirnrunzelnd, ging Mallinson in sein geräumiges, aber spärlich möbliertes Büro hinauf, dessen Fensterfront einen panoramaartigen Ausblick über die Themse bot.

Für ihn gab es nicht den geringsten Zweifel. Die französische Polizei hatte von irgendwoher einen Tip bekommen, daß sich ein eminent gefährlicher Berufsmörder auf freiem Fuß und vermutlich auf dem Weg nach Frankreich befand. Wie Lebel vorausgesehen hatte, bedurfte es keines besonderen Scharfsinns, um sich auszurechnen, wer im August 1963 in Frankreich als Zielscheibe eines Killers dieser Sorte einzig und allein in Betracht kam. Dem altgedienten Polizeibeamten Mallinson war Lebels mißliche Lage durchaus gegenwärtig.»Armes Schwein«, sagte er halblaut, während er auf den träge dahinfließenden Strom hinabblickte.»Sir?«fragte sein persönlicher Assistent, der ihm in das Arbeitszimmer gefolgt war, um die eingegangene Post auf den Nußbaumtisch seines Chefs zu legen.

«Nichts. «Als der Assistent das Zimmer verlassen hatte, starrte Mallinson weiterhin unverwandt aus dem Fenster. Wieviel Verständnis er für Claude Lebel auch aufbringen mochte, der sich vor die fast unlösbare Aufgabe gestellt sah, seinen Präsidenten schützen zu müssen, ohne eine offizielle Großfahndung in Gang setzen zu dürfen — er, Mallinson, hatte seine eigenen Vorgesetzten. Früher oder später würde er sie über das heute morgen an ihn ergangene Ansuchen unterrichten müssen. In einer halben Stunde begann die tägliche Besprechung der Abteilungsleiter. Sollte er es bei dieser Gelegenheit erwähnen?

Er entschied sich dafür, es nicht zu tun. Es würde genügen, dem Commissioner ein formelles, aber privates Memorandum zuzuleiten, in welchem er Lebels Ansuchen kurz umriß. Der Hinweis auf die Diskretion, mit der die Sache behandelt werden mußte, würde in jedem Falle erklären, warum er die Angelegenheit nicht bei der morgendlichen Konferenz zur Sprache gebracht hatte. Inzwischen konnte es nicht schaden, wenn er die Ermittlung in die Wege leitete, ohne die Gründe hierfür anzugeben. Er nahm hinter seinem Arbeitstisch Platz und drückte auf einen Knopf der Haussprechanlage, die auf seinem Schreibtisch stand.

«Sir?«meldete sich die Stimme seines Assistenten aus dem Vorzimmer.

«Kommen Sie doch bitte auf einen Augenblick zu mir herüber, John.«

Mit dem Notizblock in der Hand trat der Detektivinspektor ein.

«John, ich möchte, daß Sie zur Zentralkartei gehen und sich gleich an Chief Superintendent Markheim wenden. Sagen Sie ihm, es handele sich um ein persönliches Ansuchen von mir, für das ich ihm aber im Augenblick noch keine Gründe nennen könne. Bitten Sie ihn, die Dossiers aller Berufsmörder zu überprüfen, von denen man weiß, daß sie sich in Großbritannien aufhalten…«

«Berufsmörder, Sir?«Der Assistent sah aus, als habe ihn der Assistant Commissioner aufgefordert, die Akten aller polizeilich gemeldeten Marsmenschen zu überprüfen.

«Jawohl, Berufsmörder. Keine Unterweltfiguren, von denen man entweder weiß oder denen zuzutrauen ist, daß sie irgendwann einmal ein Mitglied einer rivalisierenden Gangsterbande umgelegt haben, sondern politische Meuchelmörder, John. Männer, die imstande sind, einen von erfahrenen Sicherheitsbeamten beschützten Politiker oder Staatsmann gegen Geld umzubringen.«»Das klingt aber mehr nach der Stammkundschaft des Sicherheitsdienstes,

Sir.«

«Ja, ich weiß. Ich will die ganze Sache ohnehin an Special Branch abgeben. Aber vorher müssen wir eine gründliche Routineüberprüfung veranlassen. O ja, fast hätte ich es vergessen: Bis Mittag möchte ich die Auskunft erhalten haben, O.K.?«

«Ja, Sir. Ich werde mich sofort darum kümmern.«

Fünfzehn Minuten später nahm Assistant Commissioner Mallinson auf seinem gewohnten Platz an der morgendlichen Besprechung teil.

In sein Büro zurückgekehrt, überflog er die Post, schob sie dann zur Seite und ließ sich von seinem Assistenten eine Schreibmaschine bringen. Er setzte einen kurzen Bericht an den Commissioner auf, in dem er sowohl den Anruf, der ihn am frühen Morgen in seinem Haus erreichte, als auch das Gespräch erwähnte, das um 9 Uhr über das Interpol-Netz geführt worden war, und Lebels Ansuchen näher erklärte. Dann schloß er das MemorandenFormblatt, dessen unteren Teil er freigelassen hatte, in seiner Schreibtischlade ein und wandte sich der täglichen Routinearbeit zu.

Kurz vor zwölf erschien der Assistent.

«Superintendent Markheim hat eben angerufen«, sagte er.»Im Archiv existiert keine Kriminalakte, die auf die Beschreibung paßt. Siebzehn auf Kontraktbasis arbeitende Killer, allesamt aus der Unterwelt, Sir; zehn im Zuchthaus und sieben in Freiheit. Aber sie arbeiten ausschließlich für die organisierten Gangsterbanden, entweder hier in London oder in den anderen großen Städten. Der Super sagt, daß keiner von ihnen für einen Attentatsjob gegen einen Politiker auf Staatsbesuch in Betracht kommt. Auch er schlägt vor, daß Sie sich an Special Branch wenden, Sir.«

«Gut, John, ich danke Ihnen. Das ist alles, was ich wissen wollte.«

Als der Assistent das Zimmer verlassen hatte, holte Mallinson das angefangene Memorandum aus der Schreibtischlade und spannte es nochmals in die Maschine ein.

Auf den freigebliebenen unteren Teil schrieb er:»Das Zentralarchiv meldete auf Anfrage, daß keine Akten oder Unterlagen vorhanden seien, die der von Kommissar Lebel übermittelten Beschreibung des Tätertyps entsprechen. Daraufhin wurde das Ermittlungsersuchen an den Leiter des Sicherheitsdienstes weitergereicht.«

Er unterschrieb das Memorandum und steckte das Original in einen Umschlag, den er an den Commissioner adressierte. Eine Kopie legte er im Geheimkorrespondenz-Ordner ab, den er wieder im Safe einschloß. Die zweite Kopie steckte er in die Innentasche seines Jacketts.

Auf den Notizblock, der auf seinem Schreibtisch lag, kritzelte er eine Nachricht, die folgenden Wortlaut hatte:»An: Kommissar Claude Lebel, Stellvertretender Generaldirektor, Police Judiciaire, Paris. Von: Assistant Commissioner Anthony Mallinson, A. C. Crime, Scotland Yard, London.

Meldung: Auf ihre anfrage in hiesigem Zentralarchiv erfolgte durchsicht einschlägiger kriminalakten ergab keinerlei anhalt für derartige und bekannte person stop ansuchen wurde Sicherheitsdienst zu weiterer ermittlung zugeleitet stop mallinson. Datum: 12. 8. 63.«

Es war gerade halb eins durch. Er nahm den Hörer auf, wartete, bis die Vermittlung sich meldete, und ließ sich mit Assistant Commissioner Dixon, dem Leiter des Sicherheitsdienstes, verbinden.»Hallo, Alec? Tony Mallinson. Können Sie eine Minute für mich erübrigen?

Würde ich sehr gern, aber es geht nicht. Werde meinen Lunch auf ein Sandwich reduzieren müssen. Ist mal wieder einiges los hier. Nein, ich wollte Sie nur kurz gesprochen haben, bevor Sie gehen. Gut, ich komme dann gleich hinauf.«

Auf seinem Weg durch das Vorzimmer legte er seinem Assistenten das an den Commissioner adressierte Kuvert auf den Tisch.»Ich gehe nur rasch zu Dixon 'rauf. Schicken Sie das hier bitte an das Büro des Commissioner, John. Persönlich. Und sehen Sie zu, daß diese Meldung so bald wie möglich abgeht. Am besten, Sie tippen sie selbst ab.«

«Yessir. «Mallinson schaute dem Assistenten, der seinen Bericht an Lebel las, über die Schulter.»John…«»Sir?«

«Reden Sie bitte nicht darüber.«»Nein, Sir.«»Mit niemandem.«»Kein Wort, Sir.«

Mallinson lächelte ihm kurz zu und verließ das Büro. Sein Assistent las die für Lebel bestimmte Nachricht ein zweites Mal, dachtean die Erkundigungen im Zentralarchiv, die er in Mallinsons Auftrag veranlaßt hatte, reimte sich den Rest selbst zusammen und wurde blaß. Mallinson blieb zwanzig Minuten bei Dixon und brachte ihn auf diese Weise um seinen Lunch, den er im Klub hatte einnehmen wollen. Er überreichte dem Chef des Sicherheitsdienstes die zweite Kopie seines an den Commissioner gerichteten Memorandums. Im Begriff zu gehen, wandte er sich, die Hand schon auf der Türklinke, nochmals zu Dixon um.

«Entschuldigen Sie, Alex, aber diese Geschichte scheint mir wirklich mehr auf Ihrem als auf unserem Gebiet zu liegen. Wenn Sie mich fragen, würde ich allerdings meinen, daß es hier bei uns vermutlich nichts und niemanden dieses Kalibers gibt und es daher mit einer gründlichen Durchsicht der Akten getan sein dürfte. Geben Sie Lebel so oder so bitte möglichst rasch Bescheid. Ich muß sagen, daß ich ihn um diesen Job wahrhaftig nicht beneide. «Assistant Commissioner Dixon vom Special Branch, zu dessen Aufgaben es unter anderem gehörte, alle Sonderlinge und Psychopathen — von den unzähligen verbittert im englischen Exil lebenden Ausländern ganz zu schweigen —, denen es einfallen mochte, einen auf Staatsbesuch in Großbritannien weilenden ausländischen Politiker umbringen zu wollen, sicherheitsdienstlich zu überwachen, empfand die Unmöglichkeit dessen, was von Lebel erwartet wurde, sogar noch krasser. Einheimische und durchreisende Politiker vor Fanatikern und Verrückten zu schützen war ' schon schwierig genug. Das eigene Staatsoberhaupt als Objekt wiederholter Attentatsversuche zu wissen, die von einer Organisation kampferprobter Ex-Soldaten geplant und ausgeführt wurden, war weit schlimmer. Und doch hatten die Franzosen es geschafft, mit der OAS fertig zu werden, und als Fachmann zollte ihnen Dixon dafür hohen Respekt. Aber das Engagement eines ausländischen Killers war eine andere Sache. Einen Vorteil freilich brachte sie, von Dixons Standpunkt aus gesehen, dennoch mit sich: Sie engte den Kreis möglicher Täter so weit ein, daß sich seine Vermutung, in den Dossiers des Sicherheitsdienstes gäbe es keinen Engländer vom Kaliber des gesuchten Mannes, als zutreffend erweisen mußte.

Als Mallinson gegangen war, las Dixon die Kopie des Memorandums. Dann bestellte er seinen persönlichen Assistenten zu sich.»Rufen Sie bitte Kriminal-Superintendent Thomas an und sagen Sie ihm, daß ich ihn um —»er warf einen Blick auf seine Armbanduhr und überschlug rasch, wieviel Zeit die Einnahme einer verspäteten Mittagsmahlzeit in Anspruch nehmen würde —»Punkt zwei Uhr gern hier in meinem Büro sprechen möchte.«

Kurz nach zwölf Uhr landete der Schakal auf dem Brüsseler National-Flughafen. Er deponierte seine drei Koffer in einem Schließfach des Flughafengebäudes und nahm lediglich die Reisetasche, die außer seinen Toilettenartikeln den Gips, die Wattepackungen und Binden enthielt, mit in die Stadt. Am Hauptbahnhof entlohnte er den Taxifahrer und ging zur Gepäckaufbewahrung.

Der Fiberkoffer mit dem Gewehr stand noch immer auf dem Regal, auf das der Schakal den Mann hinter dem Tresen ihn vor einer Woche hatte stellen sehen. Er wies den Gepäckschein vor und bekam den Koffer ausgehändigt.

Unweit des Bahnhofs fand er ein schmuddeliges kleines Hotel von der Sorte, wie sie auf der ganzen Welt in der näheren Umgebung von Hauptbahnhöfen anzutreffen sind. Er mietete ein Einzelzimmer für die Nacht, zahlte den geforderten Preis mit dem belgischen Geld, das er am Flughafen eingewechselt hatte, im voraus und trug den Koffer selbst in sein Zimmer hinauf. Nachdem er die Tür abgeschlossen hatte, ließ er das Waschbecken vollaufen, legte Gipstüten und Bandagen bereit und machte sich an die Arbeit. Es dauerte länger als zwei Stunden, bis der Gipsverband getrocknet war. Den schweren, unförmigen Fuß hochgelegt, saß er die Zeit ab, rauchte seine Filterzigaretten und blickte auf das Gewirr rußiger Dächer hinaus, das die Aussicht, die sich vom Fenster seines Zimmers aus bot, beherrschte. Dann und wann prüfte er mit dem Daumen, ob der Gips schon hart geworden war, und beschloß jedesmal, noch ein wenig länger zu warten, bevor er mit dem verbundenen Fuß auftrat.

Der Fiberkoffer, der das Gewehr enthalten hatte, war geleert. Die restlichen Bandagen packte er für den Fall, daß sich die Notwendigkeit etwaiger Ausbesserungen ergab, zusammen mit dem übriggebliebenen Gipspulver in die Reisetasche. Als er schließlich zum Aufbruch bereit war, schob er den billigen Koffer unter das Bett, überprüfte das Zimmer nochmals auf irgendwelche verräterischen Spuren, die er zurückgelassen haben mochte, schüttelte den Inhalt des Aschenbechers aus dem Fenster und trat auf den Gang hinaus.Er stellte fest, daß der Gipsverband ihn ohnehin zwang, auf durchaus glaubwürdige Weise zu humpeln, und ihn damit aller diesbezüglichen Sorge enthob. Am Fuß der Treppe angekommen, bemerkte er erleichtert, daß der schmierige, verschlafen aussehende Portier sich nicht in seiner Loge, sondern offenbar in dem dahinter befindlichen Raum aufhielt, dessen mit einer Milchglasscheibe versehene Tür offenstand.

Nachdem er sich mit einem raschen Blick zur Haustür vergewissert hatte, daß nicht ausgerechnet in diesem Augenblick jemand hereinkam, steckte der Schakal seinen Arm durch den Griff seiner Reisetasche, ließ sich auf alle viere nieder und kroch rasch über den gekachelten Boden zum Ausgang. Wegen der sommerlichen Hitze stand die Haustür offen, und auf der obersten der drei Stufen, die auf die Straße hinausführten, konnte sich der Schakal wieder aufrichten, ohne in das Blickfeld des Portiers zu geraten.

Er humpelte mühsam die Stufen hinunter und die Straße entlang bis zur nächsten Ecke, an der sie eine Hauptverkehrsstraße kreuzte. Innerhalb einer halben Minute hatte ihn ein Taxifahrer erspäht, der ihn zum Flughafen zurückbrachte.

Dort meldete er sich am Alitalia-Schalter und wies seinen Paß vor. Das Mädchen lächelte freundlich.

«Schauen Sie doch bitte nach, ob Sie ein auf den Namen Duggan ausgestelltes Ticket nach Mailand vorliegen haben, das vor zwei Tagen von London aus gebucht wurde«, sagte er.

Sie sah die Liste mit den Buchungen für die Nachmittagsmaschine nach Mailand durch, die in anderthalb Stunden startete.

«Stimmt«, sagte sie strahlend.»Mister Duggan. Das Ticket ist gebucht, aber noch nicht bezahlt. Wollen Sie das gleich erledigen?«

Der Schakal zahlte wiederum bar, erhielt sein Ticket und wurde darauf hingewiesen, daß der Flug in einer Stunde abgerufen werden würde. Mit Hilfe eines Gepäckträgers, der vom Gipsfuß des Schakals viel Aufhebens machte, holte er seine drei Koffer aus dem Schließfach und gab sie bei der Gepäckaufnahme der Alitalia ab. Nachdem er die Paßkontrolle passiert hatte, verbrachte er die bis zum Start verbleibende Zeit damit, in dem an die Abflughalle angrenzenden Restaurant ein spätes, aber ausgezeichnetes Mittagessen einzunehmen.

Eine Bodenhosteß half ihm beim Einsteigen in den Bus, der die Fluggäste zur Maschine beförderte, und als er unter allseitigen

Bekundungen der Besorgnis und des Mitgefühls die Treppe erklommen hatte, wurde er von der charmanten italienischen Stewardeß mit einem besonders herzlichen Lächeln belohnt und zu einem unmittelbar hinter dem Cockpit befindlichen Platz geleitet, der es ihm erlaubte, das Bein mit dem Gipsverband bequem auszustrecken. Die mitfliegenden Passagiere waren ungemein bemüht, beim Betreten der Kabine nicht gegen seinen in Gips gelegten Fuß zu treten, während der Schakal sich im Sitz zurücklehnte und tapfer lächelte.

Um 16 Uhr 15 hob die Maschine von der Startbahn ab und erreichte bald die für ihren Nonstopflug nach Mailand vorgesehene Reiseflughöhe.

Als Superintendent Bryn Thomas gegen 15 Uhr das Büro des Assistant Commissioner verließ, fühlte er sich schlechtweg hundsmiserabel. Auch wenn seine Sommererkältung nicht die schwerste und hartnäckigste gewesen wäre, die ihn jemals geplagt hatte, würde ihm der Auftrag, der ihm soeben aufgehalst worden war, den Tag gründlich verdorben haben.

Wie immer am Montag war der Vormittag verheerend gewesen. Zunächst hatte er erfahren, daß einer seiner Leute von einem Mitglied der sowjetischen Handelsdelegation, das er hätte beschatten sollen, abgehängt worden war; und gegen Mittag hatte er eine interne Beschwerde von MI-5 erhalten, in der seine Abteilung höflich ersucht wurde, die Sowjetdelegation nicht länger zu behelligen — ein unmißverständlicher Hinweis darauf, daß MI-5 der Ansicht war, die ganze Angelegenheit solle doch besser ihnen überlassen bleiben.

Der Montagnachmittag begann unter noch fataleren Vorzeichen. Es gibt kaum etwas, was einem Polizeibeamten, ob er nun dem Sicherheitsdienst angehört oder nicht, unheimlicher ist als das Gespenst des politischen Meuchelmörders. Aber bei dem Auftrag, den ihm sein Vorgesetzter soeben erteilt hatte, existierte noch nicht einmal ein Name, von dem er hätte ausgehen können.

Obschon die Liste der notorisch Verdächtigen alles andere als lang sein würde, machte ihre Aufstellung eine zeitraubende Überprüfung aller Karteikarten, Strafregister und Dossiers politischer Unruhestifter, Umstürzler, Konspiranten und — anders als bei der Kriminalpolizei — sogar solcher Personen erforderlich, die der vorerwähnten Tatbestände bloß verdächtig waren. Es gab nur einen einzigen Lichtblick bei der ganzen Geschichte: Wie Dixon gesagt hatte, mußte der Mann als professioneller Killer auf seinem Spezialgebiet ein As und also nicht dem üblichen Kleinvieh zuzurechnen sein, das dem Sicherheitsdienst vor und während jedes Besuches eines ausländischen Staatsmannes das Leben zur Hölle macht.

Er rief zwei junge Kriminalinspektoren an, von denen er wußte, daß sie an einer kriminalwissenschaftlichen Studie arbeiteten, deren Dringlichkeitsgrad niedrig eingestuft war, und eröffnete ihnen, daß sie alles stehen- und liegenlassen und sich umgehend in seinem Büro einfinden sollten. Ihre Einweisung durch ihn fiel wesentlich kürzer aus als die, welche Dixon ihm hatte zuteil werden lassen. Er beschränkte sich darauf, ihnen lediglich zu erklären, wonach sie suchen sollten, aber nicht, warum. Die Vermutung der französischen Polizei, daß ein solcher Mann es darauf abgesehen haben könne, General de Gaulle umzubringen, brauchte nicht unbedingt mit der Durchsicht der Archive und Dossiers von Scotland Yards Sicherheitsdienst in Verbindung gebracht zu werden.

Die drei Männer räumten alle Papiere und Akten von den Tischen und gingen an ihre Arbeit. Kurz nach 18 Uhr setzte die Maschine des Schakals zur Zwischenlandung auf dem Mailänder Flughafen Linate an. Die Stewardeß war ihm beim Verlassen des Flugzeugs behilflich, und eine der Bodenhostessen geleitete ihn über das Vorfeld zum nahe gelegenen Flughafengebäude. Bei der Zollkontrolle machten sich dann mit Zinsen und Zinseszinsen die Mühen bezahlt, die er aufgewendet hatte, um die den Koffern entnommenen Einzelteile des Gewehrs zu einem vergleichsweise unverdächtigen Gerät zusammenzusetzen, wie es Gehbehinderten als Stütze zu dienen pflegt. Die Paßkontrolle war eine reine Formalität, aber als das Förderband zu laufen begann und die ersten Gepäckstücke vor den Zollbeamten abgestellt wurden, setzte das Risiko ein.

Der Schakal winkte einen Gepäckträger herbei, der die drei Koffer ergriff und sorgfältig ausgerichtet nebeneinanderstellte. Der Schakal setzte seine als Handgepäck mitgeführte Reisetasche ab, humpelte schwerfällig zu einer Bank hinüber und nahm Platz. Einer der Zollbeamten trat auf ihn zu.

«Signor, ist dies das gesamte Gepäck, das Sie bei sich haben?«»Äh, ja. Die drei Koffer und die kleine Reisetasche.«

«Haben Sie etwas zu deklarieren?«

«Nein, nichts.«

«Sie sind auf Geschäftsreise, signor?«

«Nein, ich wollte eigentlich Ferien machen. Aber es scheint, daß der Urlaub zum großen Teil für die Genesung drauf gehen wird. Ich möchte aber unbedingt an die Seen reisen.«

Der Zollbeamte blieb ungerührt.

«Kann ich bitte Ihren Paß sehen, signor?«

Der Schakal reichte ihn dem Italiener, der ihn aufmerksam durchblätterte und dann wortlos zurückgab.

«Bitte öffnen Sie diesen hier.«

Er deutete auf einen der beiden größeren Koffer. Der Schakal holte seinen Schlüsselring aus der Tasche und schloß ihn auf. Der Gepäckträger hatte den Koffer zuvor flach hingelegt, um dem gehbehinderten Fluggast behilflich zu sein. Glücklicherweise war es der Koffer, der die Kleidungsstücke für den fiktiven dänischen Geistlichen und den amerikanischen Studenten enthielt. Der Zollbeamte schenkte dem dunkelgrauen Anzug, weißen Hemd, Unterzeug und schwarzen Schuhwerk wie auch der Windjacke, den Blue jeans, Sneakers und Socken, die er lüpfte, keine Beachtung. Das dänische Buch interessierte ihn ebenfalls nicht. Den Umschlag zierte ein Farbphoto von Notre-Dame, und der dänische Titel unterschied sich von der entsprechenden englischen Schreibweise zuwenig, als daß es dem Zollbeamten aufgefallen wäre. Er entdeckte auch nicht den sorgfältig vernähten Schlitz im Kofferfutter, das die falschen Papiere enthielt. Eine eingehendere Überprüfung hätte sie mit Sicherheit zutage gefördert, aber es handelte sich nur um die übliche flüchtige Kontrolle, die erst dann verschärft worden wäre, wenn der Zollbeamte irgend etwas gefunden hätte, was sein Mißtrauen weckte. Die vollzähligen Einzelteile eines zusammensetzbaren Scharfschützengewehrs befanden sich einen knappen Meter von ihm entfernt, auf der anderen Seite des Tresens, aber er schöpfte keinen Verdacht. Er drückte den Kofferdeckel zu und bedeutete dem Schakal mit einer Geste, daß er ihn wieder schließen könne. Dann versah er alle vier Gepäckstücke mit einem raschen Kreidestrich und lächelte nach getaner Arbeit dem Engländer freundlich zu.

«Grazie, signor. Ich wünsche recht gute Erholung!«

Der Gepäckträger winkte ein Taxi herbei. Er wurde mit einem großzügigen Trinkgeld belohnt, und wenig später fuhr der Taxi-chauffeur den Schakal in raschem Tempo in die Mailänder Innenstadt. Um diese Stunde, zu der sich das Heer der Büroangestellten zur Heimfahrt rüstete, erreichte der Lärm des Straßenverkehrs seinen absoluten Höhepunkt. Der Schakal bat den Taxifahrer, ihn am Hauptbahnhof abzusetzen.

Dort nahm er sich wiederum einen Dienstmann und humpelte ihm zur Gepäckaufbewahrungsstelle nach. Im Taxi hatte er die Stahlschere aus der Reisetasche geholt und in seine Jackentasche gesteckt. Die Reisetasche und zwei Koffer gab er bei der Gepäckaufbewahrung ab, den dritten, den die Kleidungsstücke — darunter der für Andre Martin vorgesehene französische Militärmantel und die anderen Sachen — keineswegs gänzlich füllten, behielt er. Nachdem er den Gepäckträger entlohnt hatte, humpelte er zur Bedürfnisanstalt für Männer hinüber, wo er feststellen mußte, daß in der langen Reihe von Waschbecken nur eines in Betrieb war. Er stellte den Koffer ab und wusch sich umständlich die Hände, bis der einzige andere Benutzer die Bedürfnisanstalt verlassen hatte. Der Schakal schloß sich rasch auf einem der Klosetts ein, stellte den Fuß auf den Toilettensitz und säbelte zehn Minuten lang an dem Gipsverband herum, bis dieser aufbrach und die darunter befindlichen Wattelagen sichtbar wurden, die dem Fuß die verdickte Form eines in Gips gelegten Gelenkbruchs verliehen hatten. Als die letzten Gipsreste von seinem Fuß entfernt waren, zog er sich die seidene Socke und den leichten Mokassin an, den er mit Leukoplaststreifen an der Innenseite seiner Wade befestigt hatte, solange der Fuß in Gips gewesen war. Er sammelte die umherliegenden Wattelagen und Gipsreste auf und warf sie in das Klosettbecken. Nach zweimaligem Abziehen war alles weggespült.

Dann legte er den Koffer auf den Klosettsitz und bettete das Bündel leichter Stahlröhren, in denen sich das Gewehr befand, in die Falten des Militärmantels. Er zog die Innengurte fest, um zu verhindern, daß der Kofferinhalt durcheinandergeschüttelt wurde, und schloß den Deckel. Ein Blick durch die vorsichtig geöffnete Tür zeigte ihm, daß zwei Männer an den Waschbecken standen und zwei weitere an den anderen Becken. Der Schakal verließ das Klosett, wandte sich nach rechts zur Tür und war die Stufen zur Bahnhofshalle schon hinaufgeeilt, bevor noch einer der Männer ihn auch nur bemerkt hatte.

Da er sich der Gepäckaufbewahrungsstelle nicht als sportlichelastischer, gesunder Mann präsentieren konnte, nachdem er sie erst vor kurzem als Krüppel verlassen hatte, winkte er einen Dienstmann heran, erklärte ihm, er sei in großer Eile und müsse so rasch wie möglich Geld umwechseln, seine Koffer abholen und ein Taxi bestellen. Er drückte dem Mann seinen Gepäckschein nebst einer Tausendlirenote in die Hand und deutete zur Gepäckaufbewahrungsstelle hinüber. Er selbst, erklärte er, werde in der Wechselstube zu finden sein, wo er seine englischen Pfunde in Lire umzutauschen gedenke.

Der Italiener nickte glücklich und machte sich auf den Weg, um das Gepäck abzuholen. Der Schakal ließ sich den Gegenwert der letzten 20 Pfund, die ihm verblieben waren, in italienischer Währung auszahlen und hatte das Bündel knisternder großer Scheine gerade eingesteckt, als der Träger mit den restlichen drei Gepäckstücken zurückkehrte. Zwei Minuten später saß er bereits in einem Taxi, das die Piazza Duca d'Aosta in lebensgefährlichem Tempo überquerte, um ihn zum Hotel Continentale zu befördern.

In der pompösen Hotelhalle wandte er sich an den Empfangschef.

«Haben Sie das Zimmer für Duggan reservieren lassen, das vor zwei Tagen telephonisch von London aus bestellt wurde?«

Gegen 20 Uhr duschte und rasierte sich der Schakal in dem zu seinem Zimmer gehörenden Bad. Zwei seiner Koffer standen sorgsam verschlossen im Kleiderschrank, der dritte, der seine eigenen Kleidungsstücke enthielt, lag geöffnet auf dem Bett, und der leichte navyblaue Sommeranzug, den er an diesem Abend tragen würde, hing an der Schranktür. Den taubengrauen Anzug hatte er dem Zimmerkellner zum Aufbügeln mitgegeben. Da der morgige Tag- der 13.August- anstrengend sein würde, nahm sich der Schakal vor, nach dem Dinner schon frühzeitig sein Zimmer aufzusuchen.

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