SIEBTES KAPITEL

Während der Schakal in Brüssel seine Einkäufe tätigte, hatte Viktor Kowalsky mit den Schwierigkeiten zu kämpfen, die sich ergeben, wenn man in einem Land, dessen Sprache man nicht spricht, eine internationale Fernsprechauskunft erhalten will.

Da er nicht Italienisch sprach, wandte er sich hilfesuchend an die Angestellten des Hotelempfangs, und nach einigem Hin und Her gab schließlich einer von ihnen zu erkennen, daß er ein wenig Französisch könne. Mühsam versuchte Viktor ihm klarzumachen, daß er einen Mann in Marseille, Frankreich, anzurufen wünsche, aber die Telephonnummer nicht wisse.

Ja, den Namen und die Adresse kannte er. Der Name war Grzybowski. Der Italiener verstand den Namen nicht und bat Kowalsky, ihn aufzuschreiben. Das tat Kowalsky, aber der Italiener, der nicht glauben mochte, daß irgendein Name mit drei Konsonanten beginnen könne, sprach ihn, in der Meinung, das von Kowalsky geschriebene» z «solle ein» i «sein,»Grib…«aus, als er das internationale Fernamt in der Leitung hatte. Im Marseiller

Fernsprechverzeichnis gebe es keinen Josef Grobowski, ließ das Telephonfräulein am anderen Ende der Leitung den Italiener wissen. Der Hotelangestellte wandte sich an Kowalsky und erklärte ihm, eine Person dieses Namens existiere nicht.

Weil er jedoch ein gewissenhafter Mann war und darauf bedacht, einem Ausländer behilflich zu sein, buchstabierte er den Namen noch einmal laut, um sicherzugehen, daß er ihn richtig verstanden hatte.

«£a n'existepas, monsieur. Voyons… G, r, i…«»Non, g, r, z — «, unterbrach Kowalsky. Der Hotelangestellte sah ihn fragend an. »Excusez-moi, monsieur. G, r, z? G, r, z, y?«»Qui«, bestätigte Kowalsky.»G, R, Z, Y, B, O, W, S, K, I. «Der Italiener zuckte mit den Achseln und ließ sich nochmals die Telephonvermittlung geben.

«Verbinden Sie mich bitte mit der internationalen Fernsprechauskunft.«

Innerhalb von zehn Minuten hatte Kowalsky Jo-Jos Telephonnummer, und eine halbe Stunde später war die Verbindung hergestellt. Die Stimme des Ex-Legionärs in Marseille war schlecht zu verstehen, weil es in der Leitung knackte, und Jo-Jo schien die schlimme Nachricht, die er seinem Freund brieflich hatte zukommen lassen, nur zögernd zu bestätigen.

Ja, er sei froh, daß Kowalsky anrief, er habe seit drei Monaten versucht, seine Adresse ausfindig zu machen.

Ja, das mit der Krankheit der kleinen Sylvie stimme unglücklicherweise. Sie sei immer schwächer und dünner geworden, und als schließlich ein Arzt die Krankheit diagnostiziert hatte, schon bettlägerig gewesen. Jetzt läge sie nebenan im Schlafzimmer der Wohnung, von der aus Jo-Jo telephonierte. Nein, es sei nicht die gleiche Wohnung, sie hätten sich eine neuere und größere genommen. Was? Die Adresse? Jo-Jo nannte sie Kowalsky, der sie sich, die Zunge zwischen den gespitzten Lippen, aufschrieb.

«Wie lange geben ihr die Quacksalber noch?«brüllte er in den Hörer. Nachdem er seine Frage dreimal wiederholt hatte, schien Jo-Jo sie begriffen zu haben. Es entstand eine lange Pause. »Allo? allo?« rief Kowalsky, als keine Antwort kam.»Eine Woche, vielleicht auch zwei oder drei«, sagte Jo-Jo. Ungläubig starrte Kowalsky in die Muschel, legte dann wortlos den Hörer auf die Gabel und stolperte aus der Telephonzelle.Nachdem er die Gebühren für das Gespräch bezahlt hatte, holte | er die Post ab, ließ den Deckel des an sein Handgelenk geketteten — Stahletuis zuschnappen und ging ins Hotel zurück. Zum erstenmal seit vielen Jahren waren seine Gedanken in Aufruhr geraten, und es gab niemanden, bei dem er sich zur Entgegennahme von Befehlen hätte melden können, die das Problem mit Gewalt gelöst haben würden.

In seiner Wohnung in Marseille — es war dieselbe, in der er schon immer gelebt hatte — legte Jo-Jo den Hörer auf, als ihm klar wurde, daß Kowalsky eingehängt hatte. Er drehte sich um und sah, daß die beiden Männer vom Aktionsdienst, von denen jeder einen 45er-Polizei-Spezial-Colt in der Hand hielt, sich nicht vom Fleck gerührt hatten. Die Waffe des einen war auf Jo-Jo, die des anderen auf dessen Frau gerichtet, die mit aschfahlem Gesicht auf dem Sofa saß.

«Hunde«, sagte Jo-Jo voller Haß.»Scheißkerle.«

«Kommt er?«fragte einer der beiden Männer.

Er hat nichts davon gesagt. Er hat einfach eingehängt«, sagte der Pole.

Die schwarzen Knopfaugen des Korsen starrten ihn unverwandt an.

«Er muß kommen. Wir haben unsere Anweisungen.«

«Nun, Sie haben es doch gehört. Ich habe gesagt, was Sie wollten. Es muß ihm einen Schock versetzt haben. Er hat einfach eingehängt. Ich konnte ihn nicht daran hindern.«

«Es wäre besser für Sie, wenn er käme, Jo-Jo«, wiederholte der Korse.

«Er wird kommen«, sagte Jo-Jo resigniert.»Wenn er kann, wird er kommen, wegen des kleinen Mädchens.«

«Gut. Dann haben Sie Ihre Rolle ausgespielt.«

«Dann machen Sie, daß Sie hier herauskommen«, brüllte Jo-Jo.»Lassen Sie uns in Ruhe. «Der Korse stand auf, behielt aber die Pistole in der Hand. Der zweite Mann blieb, den Blick unverwandt auf die Frau gerichtet, sitzen.

«Wir gehen«, sagte der Korse,»aber Sie kommen beide mit uns. Wir können nicht zulassen, daß Sie hier in der Gegend herumquatschen oder in Rom anrufen. Das werden Sie doch einsehen, was, Jo-Jo?«

«Wohin bringen Sie uns?«

«In ein hübsches kleines Hotel in den Bergen, wo es viel Sonne und frische Luft gibt. Wird Ihnen guttun, Jo-Jo.«»Für wie lange?«fragte der Pole dumpf.»So lange, wie es nötig ist. «Der Pole starrte zum Fenster auf das Gewirr der Gassen und Fischstände hinaus, das sich hinter der Postkartenkulisse des Alten Hafens versteckt.

«Gerade jetzt ist die Touristensaison auf dem Höhepunkt. Die Züge sind voll. Der August bringt uns mehr ein als der ganze Winter. Das wird uns auf Jahre hinaus ruinieren.«

Der Korse lachte, als fände er diese Vorstellung besonders belustigend.

«Sie müssen es als Gewinn und nicht als Verlust betrachten, Jo-Jo. Sie tun es schließlich für Frankreich, Ihre Wahlheimat.«

Der Pole fuhr herum.»Ich scheiße auf die Politik. Es ist mir egal, wer an der Macht ist und welche Partei alles auf den Kopf stellen will. Aber Leute wie Sie kenne ich. Mein ganzes Leben lang habe ich sie immer wieder getroffen. Ein Typ wie Sie würde auch für Hitler oder Mussolini oder die OAS arbeiten, wenn für Sie dabei etwas herausspringt. Für jeden würden Sie arbeiten. Die Regierungen wechseln, aber solche Hunde wie Sie bleiben immer die gleichen — «schrie er und hinkte auf den Mann mit der Pistole zu, deren kurzläufige Mündung unverändert auf ihn gerichtet war.»Jo-Jo«, schrie die Frau.»Jo-Jo, je t'enprie. Laisse le.« Der Pole vestummte und starrte seine Frau an, als sei er sich ihrer Gegenwart erst jetzt bewußt geworden. Er sah nacheinander alle drei im Zimmer Anwesenden an, deren Augen auf ihn gerichtet waren — die seiner Frau mit beschwörendem, die der Geheimdienst-Gorillas mit kaltem Blick. Anschuldigungen, die doch nichts änderten, waren sie gewohnt. Der Ranghöhere der beiden deutete zum Schlafzimmer.

«Los, packen Sie jetzt Ihre Sachen. Sie zuerst, dann die Frau.«»Was wird mit Sylvie? Sie kommt um vier aus der Schule, und dann ist niemand da, um sie hereinzulassen«, klagte die Frau. Der Korse starrte noch immer ihren Mann an.»Unsere Leute werden sie von der Schule abholen. Wir haben schon alles arrangiert. Die Direktorin ist unterrichtet worden, daß die Großmutter im Sterben liegt und die ganze Familie ans Totenbett gerufen wurde. Alles wird sehr diskret gehandhabt. Also los, beeilen Sie sich jetzt. «Jo-Jo zuckte mit den Achseln, warf seiner Frau einen letzten Blick zu und ging, gefolgt von dem Korsen, ins Schlafzimmer, um zu packen. Seine Frau zerknüllte ihr Taschentuch zwischen den Fingern. Nach einer Weile blickte sie auf.

«Was — was werden sie mit ihm machen?«fragte sie den anderen Aktionsdienst-Agenten. Er war jünger als der Korse und stammte aus der Gascogne.

«Mit Kowalsky?«

«Mit Viktor, ja.«

«Ein paar Herschaften wollen mit ihm sprechen. Das ist alles.«

Eine Stunde später saßen die Grzybowskis im Fond eines großen Citroen, der sie in ein abgelegens Gebirgshotel im Vercors brachte.

Der Schakal verbrachte das Wochenende an der See. Er kaufte sich eine Badehose, sonnte sich am Strand von Zeebrügge, badete mehrmals und durchstreifte die kleine Hafenstadt, um die einst britische Matrosen und Soldaten verzweifelt gekämpft hatten. Möglicherweise hätten sich einige der bärtigen alten Männer, die auf der Mole saßen und ihre Angeln nach Seebarschen auswarfen, auf Befragen an das Blutbad, das hier vor sechsundvierzig Jahren stattgefunden hatte, erinnert. Aber er fragte sie nicht danach. Die einzigen englischen Stimmen, die man an diesem Tag am Strand hören konnte, waren die einiger englischer Familien, die die Sonne genossen und dabei ihre in der Brandung badenden Kinder im Auge zu behalten versuchten.

Am Sonntagmorgen packte er seine Koffer und fuhr gemächlich durch die flämische Landschaft. Er schlenderte in den engen Gassen von Brügge und Gent umher, aß in Damm im Siphon-Restaurant ein über dem Holzfeuer gebratenes Steak und fuhr am Nachmittag nach Brüssel zurück. Bevor er sich schlafen legte, bat er darum, anderntags frühzeitig mit Kaffee am Bett geweckt zu werden, bestellte sich ein Lunchpaket zum Mitnehmen und erklärte, daß er in die Ardennen zu fahren beabsichtige, um dort das Grab seines während der letzten deutschen Offensive zwischen Bastogne und Malmedy gefallenen Bruders zu besuchen. Der Empfangschef zeigte sich ungemein mitfühlend und gelobte, daß der Schakal sich darauf verlassen könne, zum Antritt seiner Pilgerfahrt rechtzeitig geweckt zu werden.

In Rom verbrachte Kowalsky ein weit weniger erholsames Wochenende. Er trat seinen Wachdienst, zu dem er bei Tage als Wachhabender am Empfangstisch im achten Stock und in der Nacht als Posten auf dem Dach des Hotels eingeteilt war, pünktlich an. In der wachfreien Zeit schlief er nur wenig und lag zumeist in seinem an einem schmalen Gang im achten Stockwerk gelegenen Zimmer auf dem Bett, rauchte und trank den herben Rotwein, der für die acht der Leibwache angehörenden Ex-Legionäre gallonenweise angeliefert wurde. Den Vergleich mit dem algerischenpinard, der in der Feldflasche jedes Legionärs zu gluckern pflegte, hielt der saure italienische rosso nicht aus, fand Kowalsky. Aber er war besser als gar nichts. Wie immer, wenn es weder Befehle von oben gab, die ihm die Verantwortung abnahmen, noch gültige Dienstanweisungen, die ihm die Entscheidung leichtmachten, brauchte er sehr lange,um zu einem Entschluß zu kommen. Aber am Montagmorgen hatte er sich entschieden. Er würde nicht lange fort sein, vielleicht nur einen Tag, möglicherweise auch zwei Tage, sollte es mit den Anschlüssen nicht klappen. In jedem Fall war es etwas, was geschehen mußte. Er würde dem patron hinterher alles erklären. Er zweifelte nicht daran, daß der patron ihn verstehen würde, ob schon er bestimmt wütend wäre. Er hatte auch erwogen, dem Obersten alles zu erzählen und ihn um achtundvierzig Stunden Urlaub zu bitten. Aber er war sich ganz sicher, daß der Oberst, obwohl er ein beliebter Offizier war, der zu seinen Männern hielt, wenn sie in Schwierigkeiten geraten waren, ihn nicht gehen lassen würde. Er würde die Sache mit Sylvie nicht verstehen, und Kowalsky wußte, daß er sie ihm nicht erklären könnte. Er konnte nie etwas mit Worten erklären. Er seufzte tief, als er am Montagmorgen in aller Frühe aufstand, um die Wache abzulösen. Der Gedanke, daß er sich zum erstenmal in seinem Leben als Legionär unerlaubt von der Truppe entfernen würde, beunruhigte ihn außerordentlich.

Der Schakal stand zur gleichen Zeit auf. Er duschte und rasierte sich und machte sich anschließend über das ausgezeichnete Frühstück her, das auf einem Tablett neben seinem Bett stand. Dann holte er den Koffer mit dem zerlegten Gewehr aus dem Schrank und umwickelte jedes Einzelteil sorgfältig mit mehreren Lagen Schaumgummi, um die er eine Schnur band. Die Pakete kamen zuunterst in seinen Rucksack, darüber packte er die Farbtöpfe und Pinsel, die Drillichhose und das Holzfällerhemd, die Socken und die Stiefel. Das Einholnetz verstaute er in einer der äußeren Taschen des Rucksacks, die Patronen in der anderen.

Er wählte eines seiner üblichen gestreiften Hemden, wie sie 1963 Mode waren, und entschied sich für einen taubengrauen leichten Sommeranzug und schwarze Mokassins von Gucci. Eine gestrickte schwarze Krawatte vervollständigte das Ensemble. Den Rucksack in der Linken tragend, ging er zu seinem auf dem Parkplatz des Hotels abgestellten Wagen hinunter und schloß ihn im Kofferraum ein. An der Rezeption ließ er sich das Lunchpaket aushändigen, nickte dem Empfangschef, der ihm eine gute Fahrt wünschte, freundlich zu und verließ das Hotel. Um 9 Uhr hatte er Brüssel hinter sich gelassen und jagte auf der alten E 40 in Richtung Namur. Die strahlende Sonne, unter der sich das flache Land ringsum zu erwärmen begann, ließ bereits erkennen, daß es ein brennendheißer Tag werden würde. Auf seiner Straßenkarte war die Entfernung bis Bastogne mit vierundneunzig Meilen angegeben, und er würde noch ein paar weitere Meilen fahren müssen, um südlich der kleinen Stadt in den Hügeln und Wäldern einen geeigneten Platz zu finden. Er schätzte, daß er die hundert Meilen bis zum Mittag spielend geschafft haben würde, und drehte den Simca-Aronde kräftig auf, als er ihn in der wallonischen Ebene neuerlich in eine lange, flache Gerade lenkte.

Noch bevor die Sonne ihren Höchststand erreichte, hatte er Namur und Marche durchfahren und näherte sich Bastogne. Hinter der kleinen Stadt, die 1944 von General von Manteuffels Tiger-Panzern zerschossen worden war, bog er in die nach Süden in eine zunehmend hügelige Landschaft führende Straße ein. Der Wald wurde dichter, die kurvige Straße immer häufiger von großen Ulmen und Buchen verdunkelt und schließlich nur noch selten von einzelnen zwischen den Bäumen einfallenden Sonnenstrahlen zerschnitten.

Etwa sieben Kilometer hinter Bastogne fand der Schakal einen schmalen Weg, der in den Wald führte, und nach weiteren anderthalb Kilometern einen vom Weg abzweigenden Pfad, der sich im Waldinneren verlor. Er bog in ihn ein und brachte den Wagen nach ein paar Metern hinter dichtem Buschwerk zum Halten. Er rauchte eine Zigarette und lauschte dem Ticken des abkühlenden Motors, dem Windhauch, der in den oberen Ästen spielte, und dem entfernten Gurren einer Wildtaube.

Schließlich stieg er aus, öffnete den Kofferraum und legte den Rucksack auf die Kühlerhaube. Stück für Stück wechselte er die Kleidung, legte den makellosen taubengrauen Anzug sorgfältig zusammengefaltet auf den Rücksitz und schlüpfte in die Drillichhose. Er fand es warm genug, ohne Jacke zu gehen, und er vertauschte Hemd und Krawatte mit dem Holzfällerhemd. Zuletzt entledigte er sich seiner eleganten Stadtschuhe und Socken, zog die Wollstrümpfe an und schlüpfte in die kurzen Stiefel, in die er die Aufschläge seiner Drillichhose steckte.

Dann packte er die Einzelteile des Gewehrs aus und setzte es Stück für Stück zusammen. Den Schalldämpfer steckte er in eine Hosentasche, das Zielfernrohr in die andere. Er entnahm der Munitionsschachtel zwölf Patronen und ließ sie in die linke Brusttasche seines Hemdes gleiten, das noch immer in Seidenpapier gewickelte einzelne Explosivgeschoß in die rechte. Als das Gewehr zusammengesetzt war, legte er es auf die Kühlerhaube und holte die Melone aus dem Kofferraum, die er, bevor er am Abend zuvor in sein Hotel zurückgekehrt war, an einem Obststand gekauft und über Nacht im Wagen gelassen hatte. Er verschloß den Kofferraum, steckte die Melone zusammen mit dem Farbtopf, den Pinseln und dem Jagdmesser in den leeren Rucksack, schloß den Wagen ab und ging in den Wald. Es war kurz nach zwölf.

Innerhalb von zehn Minuten hatte er eine langgestreckte, schmale Lichtung gefunden, die von einem bis zum anderen Ende freie Sicht gewährte. Er lehnte das Gewehr an einen Baumstamm, schritt hundertdreißig Meter ab und suchte sich dann einen Baum, von dem aus das zurückgelassene Gewehr sichtbar war. Er entleerte den Rucksack, löste die Deckel von den beiden Farbtöpfen und machte sich an die Arbeit. Rasch hatte er den oberen und den unteren Teil der Melone braun und die Mitte der Frucht rosa übermalt. Mit dem Finger zeichnete er Augen, Nase, Bärtchen und Mund in die noch nasse Farbe.

Um das Kunstwerk nicht zu verwischen, steckte er das Messer in den oberen Teil der Melone und praktizierte sie so in das Einkaufsnetz. Die Maschen verbargen weder die Form der Melone noch die auf sie gezeichneten Umrisse. Schließlich rammte er das Messer etwa einen Meter neunzig über dem Boden in den Baumstamm und hängte den Griff der Netztasche darüber. Vor der dunklen Borke des Baums nahm sich die rosa und braun bemalte Melone wie ein auf groteske Weise freischwebender menschlicher Kopf aus. Der Schakal trat zurück und betrachtete sein Werk. Auf hundertdreißig Meter Entfernung würde es seinen Zweck erfüllen. Er schloß die beiden Farbtöpfe und schleuderte sie, so weit er konnte, in den Wald hinein, wo sie geräuschvoll im dichten Unterholz landeten. Die Pinsel steckte er mit den Haaren nach oben in den Boden und trampelte die Erde fest, bis nichts mehr von ihnen zu sehen war. Dann nahm er den Rucksack auf und ging zum Gewehr zurück.

Der Schalldämpfer ließ sich mühlelos über die Mündung streifen und so lange um den Lauf drehen, bis er festsaß. Das Zielfernrohr rastete in den längs der Oberseite des Laufs eingekerbten Nuten ein. Er zog den Riegel zurück und legte die erste Patrone in die Kammer ein. Durch das Fernrohr blickend, suchte er den gegenüberliegenden Rand der Lichtung nach seinem aufgehängten Ziel ab. Als er es fand, war er überrascht, wie groß und deutlich es erschien. Er konnte die Maschen des Einkaufsnetzes, die sich um die Melone spannten, und die auf ihr mit ein paar Strichen angedeuteten Gesichtszüge so gut erkennen, als sei das Ziel nicht weiter als dreißig Meter von ihm entfernt.

Er lehnte sich gegen einen Baum, um ruhiger visieren zu können, und schaute wieder durch das Fernrohr. Die beiden gekreuzten Linien schienen nicht völlig übereinzustimmen, und er drehte an den Einstellschrauben, bis das Kreuz gänzlich zentriert war. Dann zielte er sorgfältig auf die Mitte der Melone und drückte ab. Der Rückstoß war schwächer, als er erwartet hatte, der schallgedämpfte Schuß kaum laut genug, um auf der anderen Seite einer stillen Straße gehört zu werden. Mit dem Gewehr unter dem Arm ging er wieder zum hundertdreißig Meter entfernten Ende der Lichtung und untersuchte die Melone. Die Kugel hatte die Schale der Frucht am rechten oberen Rand gestreift und Teile des Einkaufsnetzes zerrissen, bevor sie in den Baumstamm eingedrungen war. Der Schakal marschierte zurück und feuerte, ohne die Einstellung des Zielfernrohrs zu verändern, ein zweites Mal.

Das Ergebnis war das gleiche, mit einem Unterschied von nur anderthalb Zentimetern. Nach zwei weiteren Schüssen, bei denen er die Einstellschrauben des Fernrohrs nicht berührte, war er überzeugt, daß er richtig gezielt, die Optik ihn jedoch zu hoch und leicht nach rechts hatte abkommen lassen. Er stellte die Schrauben entsprechend ein.

Beim nächsten Schuß kam er nach links unten ab. Um ganz sicher zu gehen, begab er sich nochmals zum jenseitigen Rand der Lichtung und betrachtete das Einschußloch. Die Kugel hatte das auf die Melone gemalte Gesicht unterhalb des linken Mundwinkels durchschlagen. Der Schakal gab noch drei weitere Schüsse mit unveränderter Einstellung des Fernrohrs ab, die allesamt dieselbe Gegend trafen. Schließlich drehte er die Schrauben um eine Winzigkeit zurück.

Der neunte Schuß ging mitten durch die Stirn, auf die er auch gehalten hatte. Wiederum machte er sich auf den Weg zum Ziel und holte diesmal ein Stück Kreide aus der Tasche, um die von den vorangegangenen Schüssen getroffenen Partien zu markieren — die Streifschüsse oben rechts, die Einschüsse links neben dem Mund und das saubere Loch in der Mitte der Stirn.

Von da ab traf er nacheinander je ein Auge, die Nasenwurzel, die Oberlippe und das Kinn. Dann drehte er die Melone so, daß sich ihm das» Profil «des aufgemalten Kopfes bot, und erzielte mit den letzten sechs Schüssen Treffer in der Schläfengegend, der Ohrmuschel, der Wange, im Genick, im Unterkiefer und im Hinterkopf.

Mit dem Gewehr zufrieden, merkte er sich die Position der Einstellschrauben des Teleskops, holte eine Tube Balsaholzzement aus der Tasche und spritzte die klebrige Flüssigkeit auf die beiden Schraubenköpfe und die sie unmittelbar umgebende Bakelitfläche. Eine halbe Stunde und zwei Zigarettenlängen später war der Zement hart geworden und die Optik, der Sehschärfe des Schakals entsprechend, genau auf eine Entfernung von hundertdreißig Meter eingestellt.

Aus der anderen Brusttasche holte er das Explosivgeschoß hervor, wickelte es aus dem Seidenpapier und legte es in die Kammer ein. Er zielte mit besonderer Sorgfalt auf das rosa bemalte Zentrum der Melone und drückte ab.

Als sich der blaue Rauch von der Mündung des Schalldämpfers verzogen hatte, lehnte der Schakal das Gewehr an den Baumstamm und ging zum aufgehängten Einkaufsnetz hinüber. Schlaff und fast leer hing es von dem Baum herab, dessen Borke von Einschüssen durchsiebt war. Die Melone, die von zwanzig Bleikugeln getroffen worden war, ohne dabei ihre Form zu verlieren, war jetzt zerplatzt. Teile waren durch die Maschen des Einkaufsnetzes gepreßt worden und lagen jetzt verstreut im Gras umher. Ihr Saft und ihre Kerne troffen von der Baumrinde herab. Die restlichen Klumpen ihres Fruchtfleisches klebten im unteren Teil des Einkaufsnetzes, das wie ein erschöpftes Skrotum vom Griff des Jagdmessers herabhing.

Er nahm das Netz und warf es in ein nahes Gebüsch. Daß es einmal als Ziel gedient hatte, war den zerfetzten Fruchtfleischresten, die es enthielt, nicht anzusehen. Der Schakal riß das Messer aus der Borke und steckte es in das Lederfutteral zurück. Dann nahm er sein Gewehr auf und schlenderte zum Wagen.

Dort umwickelte er alle Einzelteile wieder sorgfältig mit Schaumgummi, bevor er sie zusammen mit den Stiefeln, den Wollsocken, dem Hemd und der Drillichhose in den Rucksack packte. Er zog sich die Stadtkleidung an, schloß den Rucksack im Kofferraum ein und aß gemächlich die mitgebrachten Sandwiches zum Lunch.

Als er satt war, steuerte er den Wagen im Rückwärtsgang aus dem Waldpfad heraus, fuhr den Weg, der zur Straße führte, hinunter und bog dann nach links in Richtung Bastogne, Namur und Brüssel ein. Kurz nach 18 Uhr war er wieder im Hotel, und nachdem er den Rucksack auf seinem Zimmer deponiert hatte, ging er noch einmal in die Halle hinunter, um beim

Empfangschef die Rechnung für den Leihwagen zu begleichen. Dann verbrachte er eine Stunde damit, das Gewehr sorgfältig zu reinigen und zu ölen. Den Koffer, in den er die Einzelteile legte, schloß er wieder im Garderobenschrank ein. Später am gleichen Abend — er hatte inzwischen gebadet und diniert — warf er den Rucksack, das restliche Bindfadenknäuel und diverse Schaumgummistreifen in eine städtische Mülltonne und zwanzig leere Patronenhülsen in ein Gully.

Am selben Montag, dem 5. August, fand sich Kowalsky wiederum auf dem Hauptpostamt in Rom ein und erbat die Hilfe eines französisch sprechenden Beamten. Diesmal ging es ihm um einen Anruf beim Alitalia-Auskunftsschalter, wo er die Abflugzeiten der in dieser Woche zwischen Rom und Marseille verkehrenden Maschinen zu erfahren wünschte. Wie sich herausstellte, war es für den Montagflug bereits zu spät, denn die Maschine startete in einer Stunde vom Flughafen Fiumicino, und ihm blieb nicht mehr genügend Zeit, um sie noch zu erreichen. Der nächste Direktflug fand am Mittwoch statt. Nein, andere Gesellschaften, die Marseille direkt anflogen, gab es nicht. Dann also den Mittwochflug? Gewiß. Abflug um 11 Uhr 15, Ankunft in Marseille auf dem Flughafen Marignane kurz nach 12 Uhr. Rückflug am Donnerstag. Eine Person? Hin- und Rückflug? Gewiß, und der Name? Kowalsky nannte den Namen, auf den die Papiere, die er bei sich trug, ausgestellt waren.

Er wurde aufgefordert, sich am Mittwoch eine Stunde vor Abflug am Alitalia-Schalter in Fiumicino einzufinden. Als der Postbeamte den Hörer auflegte, nahm Kowalsky die abholbereiten Briefe entgegen, schloß sie in sein Stahletui und ging ins Hotel zurück.

Am nächsten Vormittag traf der Schakal ein letztesmal mit Goossens zusammen. Er rief ihn vor dem Frühstück an, und der Büchsenmacher schätzte sich, wie er sagte, glücklich, ihm mitteilen zu können, daß die Arbeit fertiggestellt sei. Ob er Monsieur Duggan um 11 Uhr erwarten dürfe? Und Monsieur möge doch bitte daran denken, die zur letzten Anprobe benötigten Gegenstände mitzubringen.

Den kleinen Attachekoffer in einem größeren Fiberkoffer bei sich führend, den er am gleichen Morgen bei einem Trödler erstanden hatte, war der Schakal wiederum eine halbe Stunde vor der vereinbarten Zeit zur Stelle. Dreißig Minuten lang beobachtete er die Straße, in welcher der Büchsenmacher wohnte, bevor er sich zu Goossens Haus begab. Der Belgier ließ ihn ein, und er ging ohne Zögern vor ihm in das kleine Büro. Goossens folgte ihm, nachdem er die Haustür verschlossen hatte, und schloß auch die Bürotür hinter sich.

«Keine weiteren Schwierigkeiten?«fragte der Engländer.»Nein. Ich glaube, jetzt haben wir es geschafft. «Hinter seinem Arbeitstisch holte der Belgier eine Anzahl dünner Stahlröhren bevor, die in Hüllen aus grobem Leinen steckten. Die Röhren waren matt poliert und sahen aus, als seien sie aus Aluminium. Goossens legte sie nebeneinander auf den Tisch und bat den Schakal, ihm den Attachekoffer mit dem zerlegten Gewehr zu reichen.

Stück für Stück ließ er die Gewehrteile in die Röhren gleiten. Alles paßte auf den Millimeter genau ineinander.

«Wie sind die Zielübungen verlaufen?«erkundigte er sich, ohne seine Tätigkeit zu unterbrechen.»Sehr zufriedenstellend.«

Als Goossens das Zielfernrohr zur Hand nahm, bemerkte er, daß die Einstellschrauben mit Balsaholzzement verklebt waren.

«Es tut mir leid, daß ich so kleine Schrauben nehmen mußte«, sagte er.»Mit genauen Markierungen arbeitet es sich angenehmer, aber das Fernrohr wäre niemals in der Röhre unterzubringen gewesen, wenn ich die Schrauben in ihrer ursprünglichen Größe belassen hätte. «Er steckte es in die hierzu vorgesehene Stahlröhre, in die es haargenau paßte. Als auf diese Weise alle fünf Teile des Gewehrs unsichtbar geworden waren, sagte Goossens:

«Die Abzugszunge und die fünf Explosivgeschosse mußte ich woanders unterbringen. «Er wies seinem Kunden die mit schwarzem Leder gepolsterte Schulterstütze vor und zeigte ihm, daß sie mit einem Rasiermesser aufgeschlitzt worden war. Er steckte die Abzugszunge in die

Polsterung und schloß die Öffnung mit schwarzem Isolierband. Dann holte er einen runden schwarzen Gummipfropfen von etwa vier Zentimeter Durchmesser aus der Schublade. Oben aus dem Propfen ragte ein Stahlstift heraus, der mit einem Schraubengewinde versehen und von fünf in das Gummi gebohrten gleich großen Löchern umgeben war. In jedes der Löcher steckte der Belgier ein Geschoß, von dem nur das flache Messingzündhütchen sichtbar blieb.»Wenn der Pfropfen am unteren Ende der letzten Stahlröhre befestigt ist, sind die Patronen sicher versteckt, und das Gummi läßt das Ganze noch echter aussehen«, erklärte er.

Der Engländer schwieg.

«Was halten Sie davon?«fragte der Belgier, und in seiner Stimme schwang ein Ton ängstlicher Besorgnis mit.

Wortlos nahm der Schakal eine Röhre nach der anderen zur Hand, um sie zu prüfen. Er schüttelte sie, aber da die Röhren innen mit einer doppelten Lage Flanellstoff ausgekleidet waren, löste die Erschütterung keinerlei Geräusch aus. Die längste Röhre war fünfzig Zentimeter lang; sie enthielt den Lauf und den Verschluß des Gewehrs. Die Länge der anderen betrug je etwa dreißig Zentimeter; in ihnen steckten die obere und untere Strebe der Schulterstütze, der Schalldämpfer und das Zielfernrohr. Die Schulterstütze selbst mit dem in ihr befindlichen Abzug wie auch der Gummipfropfen, der die Geschosse enthielt, bildeten selbständige Teile. Daß es sich um das Gewehr eines Mörders, ja überhaupt um eine Waffe handelte, war dem Ganzen nicht anzusehen.

«Perfekt«, sagte der Schakal und nickte.»Genau das, was ich wollte. «Der Belgier war erfreut. Als Fachmann auf seinem Gebiet wußte er ein Lob genauso zu schätzen wie jeder Laie, und es war ihm klar, daß dieser Kunde in seinem Gewerbe ebenfalls zur Spitzenklasse gehörte.

Der Schakal steckte die Stahlröhren in die Hüllen, umwickelte sie nochmals sorgfältig mit Sackleinwand und packte sie dann in seinen Fiberkoffer. Den Attachekoffer mit den für die Einzelteile vorgesehenen eingebauten Kästchen gab er dem Büchsenmacher zurück.»Den brauche ich nicht mehr. Das Gewehr bleibt jetzt in diesem Koffer, bis ich Gelegenheit habe, es zu benutzen.«

Er holte die restlichen 200 Pfund, die er dem Belgier noch schuldete, aus der Brieftasche und legte sie auf den Tisch.

«Ich glaube, damit wäre alles erledigt.«

Der Belgier steckte das Geld ein.»Ja, Monsieur, es sei denn, Sie hätten noch weitere

Wünsche, bei denen ich Ihnen dienlich sein

könnte.«

«Nur einen«, entgegnete der Engländer.»Daß Sie die kleine Predigt nicht vergessen, die ich Ihnen vor vierzehn Tagen über die Weisheit des Schweigens hielt.«

«Ich habe jedes Wort behalten, Monsieur«, sagte der Belgier leise.

Er hatte wieder Angst. Würde ihn dieser elegant gekleidete, gepflegte Killer jetzt kaltmachen wollen, um sich seines Schweigens zu versichern? Gewiß nicht. Bei den Ermittlungen, die ein solcher Mordfall nach sich zöge, würden die wiederholten Besuche, die der hochgewachsene, blonde Engländer diesem Haus abstattete, der Polizei zur Kenntnis kommen, noch ehe der Schakal eine Gelegenheit hatte, das Gewehr zu benützen, das er jetzt in einem Fiberkoffer trug.

Der Engländer schien seine Gedanken gelesen zu haben. Er lächelte flüchtig.

«Sie brauchen sich nicht zu beunruhigen. Ich habe nicht die Absicht, Ihnen auch nur ein Haar zu krümmen. Ich nehme an, daß sich ein Mann von Ihrer Intelligenz gegen die Möglichkeit, von einem seiner Kunden ermordet zu werden, abzusichern weiß. Vielleicht durch einen Anruf, der innerhalb einer Stunde fällig ist? Oder den Besuch eines Freundes, falls der Anruf nicht erfolgt? Möglicherweise auch durch einen Brief, der bei einem Rechtsanwalt hinterlegt und im Falle Ihres plötzlichen Todes zu öffnen ist?Sie umzubringen, würde für mich nicht so viele Probleme lösen, wie es Probleme aufwerfen würde.«

Der Belgier war sprachlos. Er hatte in der Tat bei einem Anwalt einen Brief hinterlegt, der im Fall seines Todes geöffnet werden sollte. Darin wurde die Polizei instruiert, unter einem bestimmten Stein im Garten nach einer Kassette zu suchen, in der sich eine Liste der Besucher befand, die er im Laufe des betreffenden Tages erwartet hatte. Die Liste pflegte er täglich neu aufzustellen. An diesem Dienstag war auf ihr lediglich ein einziger Kunde vermerkt, der seinen Besuch angesagt hatte, ein schlanker, hochgewachsener Engländer, der sich Duggan nannte und seinem Äußeren nach wohlhabend zu sein schien. Es war ganz einfach eine Art Lebensversicherung.

Der Engländer beobachtete ihn kalt.

«Das hatte ich mir gedacht«, sagte er.»Sie können sich sicher fühlen. Aber ich werde sie umbringen, wenn Sie irgend jemandem gegenüber meine Besuche bei Ihnen erwähnen oder auch nur ein Wort über das verlieren, was Sie für mich angefertigt haben. Für Sie habe ich aufgehört zu existieren, sobald ich dieses Haus verlasse.«

«Das ist mir völlig klar, Monsieur. Tatsächlich entspricht es den Vereinbarungen, die ich mit allen meinen Kunden zu treffen pflege. Ich darf hinzufügen, daß ich meinerseits die gleiche Diskretion von Ihnen erwarte. Deswegen habe ich auch die Seriennummer auf dem Lauf Ihres Gewehrs mit Säure unkenntlich gemacht. Auch ich muß mich schützen.«

Der Engländer lächelte.»Dann haben wir uns verstanden. Guten Tag, Monsieur Goossens.«

In der nächsten Minute war die Tür hinter ihm ins Schloß gefallen, und der Belgier, der so viel von Waffen verstand und so wenig vom Schakal wußte, seufzte erleichtert und ging in sein Büro zurück, um das Geld nachzuzählen.

Der Schakal wollte nicht von den Angestellten seines Hotels mit dem Fiberkoffer gesehen werden und fuhr daher, obschon es Zeit zum Lunch war, im Taxi direkt zum Hauptbahnhof, wo er den Koffer in der Gepäckaufbewahrung abgab. Den Gepäckschein verwahrte er im inneren Fach seiner schlanken Eidechsenleder-Brieftasche.

Er aß im Cygne teuer und gut zu Mittag, um das Ende der Planungs- und Vorbereitungsphase in Frankreich und Belgien zu feiern, und ging dann in das Amigo zurück, wo er packte und seine Rechnung beglich. Als er das Hotel verließ, trug er den gleichen, vorzüglich geschnittenen Glencheck-Anzug, in dem er gekommen war. Seine beiden Vuitton-Koffer wurden von einem Hausdiener zum wartenden Taxi hinuntergeschafft. Der Schakal war um 1600 Pfund ärmer, besaß aber dafür ein Gewehr, das wohlverpackt in einem unauffälligen Koffer in der Gepäckaufbewahrung des Bahnhofs lag, sowie drei hervorragend gefälschte Ausweise, die er in einer Innentasche seines Anzugs verwahrte.

Die Maschine nach London flog kurz nach 16 Uhr von Brüssel ab. Auf dem Londoner Flughafen wurde einer seiner Koffer, der ohnehin nichts enthielt, was er hätte verbergen müssen, oberflächlich durchsucht. Gegen 19 Uhr duschte er in seiner Wohnung, und anschließend ging er auswärts essen.

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