NEUNTES KAPITEL

Am späten Vormittag des gleichen Tages saß der Minister des Inneren an seinem Schreibtisch und starrte düster aus dem Fenster seines Arbeitszimmers in den sonnenbeschienenen runden Innenhof hinunter. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes sah man das schmiedeeiserne Portal mit dem Wappen der Republik Frankreich, und dahinter lag die Place Beauvau, in deren Mitte ein Polizist den ihn umtosenden Strom des Verkehrs aus der rue Faubourg St-Honore und der Avenue de Marigny regelte.

Aus der rue Miromesnil und der rue des Saussaies, den anderen beiden Straßen, die auf den Platz mündeten, brachen auf seinen Pfiff weitere Verkehrsströme hervor, schössen über die Place Beauvau hinweg und verebbten. Der Polizist schien die fünf tödlichen Pariser Verkehrsströme zu dirigieren wie ein Torero den Stier — selbstbewußt, überlegen und würdevoll. M. Roger Frey beneidete ihn um die Überschaubarkeit seiner Aufgabe und das gelassene Selbstvertrauen, mit dem er sie meisterte.

An dem schmiedeeisernen Portal des Ministeriums standen zwei Gendarmen und bewunderten die Virtuosität ihres in der Mitte des Platzes postierten Kollegen. Sie trugen ihre umgehängten Maschinenpistolen auf dem Rücken und blickten, ihrer gesicherten Laufbahn mit dem festen Gehalt und ihres Platzes an der warmen Augustsonne gewiß, durch das schützende schmiedeeiserne Gitter in die Außenwelt hinaus. Der Minister beneidete auch sie um die Schlichtheit ihres Lebens und ihrer Ambitionen.

Er hörte Papier rascheln und wandte sich auf seinem Drehstuhl wieder dem Schreibtisch zu. Durch den breiten Tisch von ihm getrennt, schloß der Mann, der ihm gegenübersaß, das Dossier und legte es vor den Minister auf den Schreibtisch. Die beiden Männer blickten einander stumm an. In der Stille waren nur das Ticken der feuervergoldeten Uhr auf dem Kaminsims und die gedämpft von der Place Beauvau herüberdringenden Straßengeräusche zu hören.

«Nun, was halten Sie davon?«

Kommissar Jean Ducret, Chef der persönlichen Sicherungsgruppe Präsident deGaulles, war einer der hervorragendsten Experten Frankreichs in allen Fragen der Staaatssicherheit, darunter insbesondere solchen, die den Schutz einer einzelnen hochgestellten Person vor Mordanschlägen betrafen. Da war der Grund, weshalb er diese Stellung innehatte, und das war auch der Grund, warum bis zu jenem Zeitpunkt sechs bekanntgewordene Mordverschwörungen gegen den Präsidenten entweder fehlgeschlagen waren oder rechtzeitig aufgedeckt werden konnten.

«Rolland hat recht«, sagte er schließlich. Seine Stimme war sachlich und unbeteiligt, als gäbe er das zu erwartende Ergebnis eines Fußballspiels bekannt.»Wenn seine Vermutungen zutreffen, stellt die Verschwörung in der Tat eine ungewöhnlich ernste Bedrohung dar. Alle Karteien und Listen der französischen Sicherheitsbehörden wie auch das ganze Netz der in die OAS eingeschleusten Agenten wären angesichts eines Außenseiters — noch dazu eines Ausländers —, der ohne Freunde und Kontakte, ganz allein und nur auf sich selbst gestellt, arbeitet, nutzlos. Wie Rolland ganz richtig schreibt«- er schlug die letzte Seite des vom Chef des Aktionsdienstes verfaßten Berichts auf und las laut daraus vor —,»handelt es sich um den >denkbar gefährlichsten Plan<, den man sich nur vorstellen kann.«

Roger Frey fuhr sich mit der Hand durch das kurzgeschnittene eisengraue Haar und drehte sich auf seinem Stuhl wieder dem Fenster zu. Er war ein Mann, den so leicht nichts aus der Ruhe brachte, aber am Vormittag dieses 11. August war er beunruhigt. In den langen Jahren, in denen er sich als ergebener Anhänger de-Gaulles um dessen Sache verdient machte, hatte er sich den Ruf erworben, daß hinter der Intelligenz und der liebenswürdigen Verbindlichkeit, die ihm zu dem Ministersessel verhelfen hatten, ein harter Mann steckte. Die strahlendblauen Augen, deren Blick von gewinnender Wärme zu eisiger Kälte wechseln konnte, die Männlichkeit des gedrungenen Oberkörpers mit den breiten Schultern und das gutgeschnittene, von rücksichtsloser Willenskraft zeugende Gesicht, das die bewundernden Blicke nicht weniger Frauen auf sich zog, welche die Gesellschaft mächtiger Männer zu schätzen wußten, alles das diente Roger Frey nicht als Ersatz für ein fehlendes Wahlprogramm.

In den alten Zeiten, als die Gaullisten sich noch gegen die feindselige Haltung der Amerikaner, die Indifferenz der Briten, die Ambitionen der Giraudisten und die Skrupellosigkeit der Kommunisten durchsetzen mußten, hatte er seinen politischen Nahkampfstil entwickelt. Irgendwie hatten sie es geschafft, und zweimal innerhalb von achtzehn Jahren war der Mann, dem sie folgten, aus dem Exil zurückgekehrt, um die Macht in Frankreich wieder zu übernehmen. Und in den letzten beiden Jahren war der Kampf neuerlich ausgebrochen, diesmal gegen die Männer, die dem General zweimal den Weg zur Macht geebnet hatten. Bis vor wenigen Minuten hatte der Minister geglaubt, daß dieser letzte Kampf zu Ende ginge und sich die Feinde abermals in ohnmächtigem Haß und hilfloser Wut geschlagen geben würden.

Jetzt wußte er, daß es noch nicht ausgestanden war. Ein magerer, fanatischer Oberst in Rom hatte einen Plan ausgeheckt, der das ganze Gebäude des Staates zum Einsturz bringen konnte, wenn er den Tod eines einzigen Mannes herbeiführte.

Es gab Länder — das hatte Großbritannien vor achtundzwanzig Jahren bewiesen und sollte Amerika noch im gleichen Jahr ebenfalls beweisen —, deren Institutionen stabil genug waren, um sie den Tod ihres Präsidenten oder die Abdankung ihres Königs überstehen zu lassen.

Aber Roger Frey war sich des Zustands der Institutionen Frankreichs im Jahre 1963 nur allzu bewußt, um sich keiner Täuschung darüber hinzugeben, daß der Tod des Präsidenten nichts anderes als den Auftakt für Putsch und Bürgerkrieg bedeuten konnte.

«Nun«, bemerkte er schließlich, ohne den Blick von dem in gleißendem Sonnenlicht daliegenden Innenhof zu wenden,»er muß informiert werden.«

Der Polizeibeamte schwieg. Es gehörte zu den Vorzügen, die der Beruf eines Spezialisten mit sich brachte, daß man seine Arbeit verrichtete und die wichtigen Entscheidungen denen überließ, die dafür bezahlt wurden, sie zu treffen. Der Minister wandte sich ihm wieder zu.

«Bien. Merci, Commissaire. Dann werde ich den Präsidenten noch heute nachmittag um eine Audienz ersuchen und ihn unterrichten. «Die Stimme des Innenministers klang lebhaft und entschlossen.»Ich brauche Sie nicht erst zu bitten, absolutes Stillschweigen über diese Angelegenheit zu wahren, bis ich Gelegenheit gehabt habe, dem Präsidenten die Lage darzulegen, und er darüber entschieden hat, wie er die Sache gehandhabt wissen will. «Kommissar Ducret stand auf und verließ das Arbeitszimmer des Innenministers, um in sein keine hundert Schritte entferntes, auf der anderen Seite der rue Faubourg St-Honore gelegenes Büro im Palast zurückzukehren. Wieder allein, las der Innenminister nochmals den Bericht durch. Er bezweifelte nicht, daß Rollands Einschätzung der Lage zutreffend war, und Ducrets übereinstimmende Beurteilung ließ ihm für eine lavierende Handhabung der Angelegenheit keinen Spielraum. Die Gefahr war da, sie war ernst, unabwendbar, und der Präsident mußte ins Bild gesetzt werden.

Widerstrebend drückte er auf eine Taste der Haussprechanlage und verlangte den Generalsekretär im Elysee-Palast. Innerhalb einer Minute klingelte das rote Telephon neben der Haussprechanlage. Er nahm den Hörer ab.»Monsieur Foccart, s'il vousplatt.« Nach wenigen Sekunden meldete sich die trügerisch sanfte Stimme eines der mächtigsten Männer Frankreichs. Roger Frey erklärte kurz, was er wollte und warum es ihm so dringlich sei, den Präsidenten zu sprechen.»So rasch wie möglich, Jacques… Ja, ich weiß, Sie müssen erst nachsehen. Ich warte. Rufen Sie mich bitte zurück, sobald Sie können.«

Der Anruf kam nach einer Stunde. Die Audienz war auf 4 Uhr am selben Nachmittag festgesetzt worden; sobald der Präsident seine Siesta gehalten hatte, würde er für Frey zu sprechen sein. Eine Sekunde lang war der Minister versucht, darauf hinzuweisen, daß das, was er dem Präsidenten zu sagen hatte, wichtiger als dessen Siesta sei, aber er besann sich eines Besseren. Wie jedermann im Gefolge des Präsidenten wußte er, daß es nicht ratsam war, sich mit dem glattzüngigen Beamten anzulegen, der jederzeit das Ohr des Präsidenten hatte und dem Vernehmen nach eine private Kartei mit intimen Informationen angelegt hatte, deren Existenz, obschon niemand Genaues darüber wußte, die Gemüter außerordentlich beunruhigte.

Zwanzig Minuten vor vier verließ der Schakal nach einer der köstlichsten und kostspieligsten Fischmahlzeiten, die auf Meeresfrüchte spezialisierte Londoner Gastronomen zu bieten haben, Cunningham's in der Curzon Street. Schließlich, so sagte er sich, als er in die South Street einbog, war es aller Wahrscheinlichkeit nach auf einige Zeit hinaus sein letzter Lunch in London gewesen, und er glaubte Grund genug gehabt zu haben, diesen Anlaß zu feiern.

Im gleichen Augenblick bog eine aus dem schmiedeeisernen Portal des französischen Ministeriums des Innern kommende schwarze DS-19-Limousine in die Place Beauvau ein. Durch Zurufe seiner das Portal bewachenden Kollegen aufmerksam gemacht, stoppte der in der Mitte des Platzes postierte Polizist den aus den angrenzenden Straßen flutenden Verkehr und salutierte dann mit ruckartiger Geste.

Nach hundert Meter steuerte der Citroen auf den steingrauen Portikus vor dem Elysee-Palast zu. Auch hier hatten die diensttuenden Gendarmen vorsorglich den Verkehr angehalten, um der Limousine den zum Einbiegen in die enge Durchfahrt benötigten Platz zu sichern. Die Posten der Garde Republicaine, die zu beiden Seiten des Portals vor ihren Schilderhäuschen standen, legten grüßend die weißbehandschuhte Rechte an das Magazin ihrer Karabiner, als sie den Wagen des Ministers passieren ließen. Im inneren Torbogen sperrte eine locker gespannte Kette die Durchfahrt in den Vorhof des Palastes. Der diensttuende Inspektor — einer von Ducrets Leuten — schaute kurz in den Wagen und nickte dem Minister zu, der seinerseits ihm zunickte. Auf einen Wink des Inspektors wurde die Kette abgehängt. Sie fiel zu Boden, und der Citroen fuhr knirschend über sie hinweg. Jenseits des etwa vierzig bis fünfzig Meter breiten, mit braunem Kies bestreuten Hofs erhob sich die Fassade des Palastes. Robert, der Chauffeur des Innenministers, lenkte den Wagen nach rechts und fuhr ihn im

Gegenuhrzeigersinn um den Hof herum vor die sechs Granitstufen, die zum Eingang hinaufführten.

Einer der beiden befrackten und mit silbernen Ketten behängten Palastdiener öffnete die Tür. Roger Frey eilte die Stufen hinauf und wurde an der Spiegelglastür vom dienstältesten Kammerdiener empfangen. Einen Augenblick lang mußte der Minister im Vestibül unter dem an einer langen goldenen Kette von der gewölbten Decke herabhängenden Kronleuchter warten, während der Diener seine Ankunft über das links der Tür auf einem Marmortisch stehende Haustelephon dem diensthabenden Offizier meldete. Als er den Hörer auflegte, lächelte er dem Minister kurz zu und schritt ihm in seinem gewohnten, würdevoll gemessenen Tempo über die teppichbedeckten Granitstufen voran. Im ersten Stock überquerten sie den kurzen, breiten Treppenabsatz, von dem aus sich das Vestibül überblicken ließ, und blieben vor einer Tür zur Linken des Treppenabsatzes stehen. Der Diener klopfte leise. Auf das gedämpft vernehmbare »Entrez« hin öffnete er die Tür und trat zurück, um den Minister in den Salon des Ordonnances eintreten zu lassen. Dann schloß er geräuschlos die Tür und begab sich gemächlichen Schrittes wieder treppabwärts in das Vestibül zurück.

Durch die großen Südfenster auf der gegenüberliegenden Seite des Salons flutete Sonnenlicht herein und badete den Teppich in warmem Gold. Eines der vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster stand offen, und aus dem Park des Palastes war das Gurren einer Waldtaube zu hören. Der Lärm des Verkehrs auf den keine fünfhundert Meter entfernten, durch mächtige Linden und Buchen dem Blick jedoch gänzlich entzogenen Champs Elysees war zu einem bloßen Murmeln gedämpft und kaum lauter als die gurrende Taube. Wie immer, wenn er sich in einem der nach Süden gelegenen Räume des Elysee-Palastes aufhielt, hatte Roger Frey, der in» der Großstadt geboren und aufgewachsen war, das Gefühl, er befände sich in einem irgendwo im Herzen des Landes versteckten Schloß. Der tosende Verkehr der rue Faubourg St-Honore zur anderen Seite des Palastes war nur mehr eine Erinnerung. Diensthabender Offizier war an diesem Tag Oberst Tesseire. Er erhob sich hinter seinem Schreibtisch.

«Monsieur le Ministre… «

«Colonel…« Frey deutete mit einer Kopfbewegung nach links auf die geschlossenen Doppeltüren mit den vergoldeten Türgriffen.»Werde ich erwartet?«

«Aber selbstverständlich, Monsieur le Ministre.« Tesseire durchquerte den Raum, klopfte kurz an einer der Doppeltüren, öffnete sie und blieb auf der Schwelle stehen.

«Der Minister des Inneren, Monsieur le President. «

Gedämpft waren Laute der Zustimmung von drinnen zu hören. Tesseire trat einen Schritt zurück, lächelte dem Minister zu, und Roger Frey ging an ihm vorbei in Charles deGaulles privates Arbeitszimmer. In diesem Raum, das hatte er stets empfunden, gab es nichts, was nicht auf irgendeine Weise etwas über den Mann aussagte, der die Dekoration und das Mobiliar selbst ausgesucht hatte. Rechter Hand befanden sich die drei hohen, eleganten Fenster, die wie diejenigen des Salon des Ordonnances auf den Garten hinausgingen. Im Studio war ebenfalls eines von ihnen geöffnet, und auch hier war wieder das Gurren der Taube hörbar.

Irgendwo unter diesen Linden und Buchen waren Männer postiert, die Maschinenpistolen trugen, mit denen sie aus einer Pik-As-Karte noch im Schlaf aus zwanzig Meter Entfernung das As herausschießen konnten. Aber wehe demjenigen unter ihnen, der sich von den Fenstern des ersten Stocks aus sehen ließ. Im und um den Palast herum war der Zorn sprichwörtlich, mit dem der Mann, den sie im Ernstfall fanatisch verteidigen würden, auf jedwede zu seinem Schutz getroffene Maßnahme reagierte, die ihm zu Ohren kam oder sein Privatleben zu beeinträchtigen drohte. Das war das schwerste Kreuz, das Ducret zu tragen hatte, und niemand beneidete ihn um die Aufgabe, einen Mann zu schützen, der jede Form von persönlichem Schutz als seiner unwürdig und daher unzumutbar empfand.

Vor die Wand mit den verglasten Bücherregalen zur Linken war ein Louis-XV-Tisch gerückt, auf welchem eine Louis-XIV-Uhr stand. Den Boden bedeckte ein Savonnerie-Teppich, der aus der königlichen Teppichweberei in Chaillot stammte und über dreihundert Jahre alt war. Die Weberei, hatte ihm der Präsident einmal erklärt, war ehedem eine Seifenfabrik gewesen, und auf diesen Umstand sei der Name zurückzuführen, den die dort hergestellten Teppiche seither trugen. Es gab nichts in diesem Raum, was nicht einfach, nichts, was nicht würdig und geschmackvoll war, und vor allem nichts, was nicht die Größe Frankreichs illustrierte. Und das, so meinte Roger Frey, schloß auch den Mann hinter dem Schreibtisch ein, der sich jetzt erhob, um ihn mit der ihm eigenen ausgesuchten Höflichkeit zu begrüßen.

Dem Minister fiel wieder ein, daß Harold King, Wortführer der in Paris akkreditierten britischen Journalisten und einziger zeitgenössischer Angelsachse, der sich zu den persönlichen Freunden Charles de Gaulles zählen durfte, ihm gegenüber einmal bemerkt hatte, seinen persönlichen Eigenarten und Angewohnheiten nach gehöre der Präsident nicht ins zwanzigste, sondern ins achtzehnte Jahrhundert. Seither hatte er jedesmal, wenn er seines Herrn und Meisters ansichtig wurde, vergeblich versucht, sich eine hochgewachsene Gestalt in Seide und Brokat vorzustellen, die dieselben Gesten zeremonieller Höflichkeit vollführte. Die Gedankenverbindung leuchtete ihm wohl ein, aber die anschauliche Vorstellung entzog sich ihm. Zudem konnte er die wenigen Male nicht vergessen, wo sich der Große Alte Mann, zornig wegen irgendeines Vorkommnisses, das sein Mißfallen erregt hatte, eines Kasernenhofjargons von derart kraftvoller Drastik bedient hatte, daß die Mitglieder seines Kabinetts vor Verblüffung sprachlos waren.

Wie Roger Frey sehr wohl wußte, gehörte die Frage, welche Maßnahmen er als der für die Sicherheit der Institutionen Frankreichs und damit auch und vor allem für die des Präsidenten verantwortliche Minister treffen zu müssen glaubte, zu den Themen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine solche Reaktion hervorriefen. Sie hatten über diese Frage nie offen miteinander gesprochen, und vieles, was Frey in jener Hinsicht anordnete, mußte heimlich ausgeführt werden. Wenn er an das Dossier dachte, das er in der Aktenmappe trug, und an das Ansuchen, das er dem Präsidenten würde vortragen müssen, bekam er es fast mit der Angst zu tun. »Mon cher Frey.« Die hochgewachsene, dunkelgrau gekleidete Gestalt war hinter dem großen Schreibtisch hervorgetreten. Zur Begrüßung wurden beide Hände ausgestreckt. »Monsieur le President, mes respects. « Er schüttelte die ihm gereichte Hand. Zumindest schien Le Vieux guter Laune zu sein. Frey wurde zu einem der beiden mit Beauvais-Tapisserie bespannten Empirestühle geleitet, die vor dem Schreibtisch standen. Nachdem er seiner Pflicht als Hausherr dem Gast gegenüber in so liebenswürdiger Weise genügt hatte, kehrte Charles de Gaulle hinter den Schreibtisch zurück und nahm dort Platz. Mit den Fingerspitzen beider Hände das polierte Holz der Schreibtischplatte berührend, lehnte er sich zurück.

«Ich höre, mein lieber Frey, daß Sie mich in einer dringenden Angelegenheit sprechen wollen. Nun, was haben Sie mir zu sagen?«

Roger Frey holte tief Luft. Der Tatsache wohl bewußt, daß de Gaulle langatmige Reden, sofern sie nicht von ihm selbst stammten, nicht schätzte, erklärte er kurz und bündig, weshalb er gekommen war. Während er sprach, wurde die Haltung des ihm gegenübersitzenden Mannes immer abweisender. Er lehnte sich weiter und weiter zurück, schien zusehends größer zu werden und blickte dabei an seiner alles beherrschenden Nase entlang zu dem Minister hinüber, als sei eine unangenehme Substanz von einem bislang geschätzten Diener in sein Arbeitszimmer eingeschleppt worden. Roger Frey war sich jedoch bewußt, daß sein Gesicht für den Präsidenten, der seine Kurzsichtigkeit bei öffentlichen Gelegenheiten zu verbergen pflegte, indem er — es sei denn, er las eine Rede ab — grundsätzlich keine Brille trug, schon aus der Entfernung von zweieinhalb Meter nur noch ein verschwommener Fleck sein konnte.

Der Innenminister beendete seinen Monolog, der kaum länger als eine Minute gedauert hatte, indem er Rollands und Ducrets Kommentare erwähnte, und schloß mit der Bemerkung:»Ich habe den Bericht von Rolland in meiner Aktenmappe.«

Über den Tisch hinweg streckte der Präsident stumm seinen Arm danach aus. Frey holte den Bericht hervor und reichte ihn hinüber.

Charles de Gaulle nahm die Lesebrille aus der Brusttasche seines Anzugs, setzte sie sich auf die Nase, schlug das Dossier auf und begann zu lesen. Als habe sie gemerkt, daß dies nicht der rechte Augenblick sei, hatte die Taube aufgehört zu gurren. Roger Frey blickte auf die Bäume hinaus, dann auf die für elektrisches Licht umgearbeitete Tischlampe aus Messing, die neben dem Tintenlöscher auf dem Schreibtisch stand. Es war eine kostbare Flam-beau-de-Vermeil-Lampe aus der Restaurationszeit. Tausende von Stunden lang hatte sie in den fünf Jahren der Präsidentschaft de Gaulles die Staatsdokumente erhellt, die über diesen Schreibtisch gewandert waren.

General de Gaulle las ungemein rasch. Er hatte die Lektüre des Rolland-Berichts in drei Minuten beendet, faltete ihn sorgsam zusammen, legte die Hände übereinander und fragte:»Nun, mein lieber Frey, was erwarten Sie von mir?«

Zum zweitenmal holte Roger Frey tief Luft und stürzte sich in eine rasche Aufzählung der Maßnahmen, die er zu treffen beabsichtigte. Zweimal benutzte er die Wendung:»Meiner Auffassung nach, Monsieur le President, wird es zur Abwendung dieser Gefahr unumgänglich sein…«In der dreiunddreißigsten Sekunde seines Vortrags verwendete er die Floskel:»Im Interesse Frankreichs…«

Weiter kam er nicht. Der Präsident schnitt ihm das Wort ab.»Im Interesse Frankreichs, mein lieber Frey, kann es gewiß nicht liegen, den Präsidenten der Republik vor der Drohung eines jämmerlichen Mietlings zurückweichen zu sehen, der«- er machte eine Pause, in der seine Verachtung für den unbekannten Attentäter den Raum zu füllen schien —»noch dazu ein Ausländer ist.«

Roger Frey begriff, daß er verloren hatte. Wie jemand, der Wert darauf legt, beim Zuhörer keinerlei Zweifel über den von ihm vertretenen Standpunkt aufkommen zu lassen, sprach der Präsident, ohne sich — wie Frey befürchtet hatte — zu erregen, klar und unmißverständlich. Einzelne Wendungen drangen bis zu Oberst Tes-seire, der bei geöffnetem Fenster im benachbarten Raum saß:

«La France ne saurait accepter… la dignite et la grandeur assujetties aux miserables menaces d'un… d'un CHACAL…«

Zwei Minuten später verließ Roger Frey den Präsidenten. Er nickte Oberst Tesseire zu, durchquerte den Salon des Ordonnances und ging die Treppe zum Vestibül hinunter.

Dieser Mann — dachte der Diener, der den Minister über die Steinstufen zum wartenden Citroen geleitete und dem davonfahrenden Wegen nachblickte — hat Sorgen. Was Le Vieux wohl von ihm gewollt haben mag? — Da er jedoch seinen Dienst bereits seit zwanzig Jahren im Elysee-Palast verrichtete, blieb sein Gesicht so reglos und unwandelbar wie dessen Fassade.»Nein, so geht das nicht. Der Präsident war in diesem Punkt absolut unnachgiebig. «Roger Frey wandte den Blick vom Fenster seines Arbeitszimmers weg, um ihn auf den Mann zu richten, dem seine Bemerkung galt. Unmittelbar nach seiner Rückkehr aus dem Elysee-Palast hatte er seinen chef de cabinet — den Chef seines persönlichen Stabes — zu sich bestellt. Alexandre Sanguinetti war Korse und ebenfalls ein fanatischer Anhänger de Gaulles. Als der Mann, dem in den vergangenen zwei Jahren ein Großteil der mit der Überwachung und Leitung der französischen Sicherheitskräfte verbundenen Detailarbeit vom Innenminister delegiert worden war, hatte er sich einen Ruf erworben, der entsprechend der jeweiligen politischen Auffassung des Beurteilers wie auch seiner Einstellung zu den staatsbürgerlichen Rechten sehr unterschiedlich interpretiert wurde. Bei der extremen Linken war er wegen der kurzentschlossen von ihm angeordneten Mobilisierung der CRS-Anti-Aufruhr-Kommandos und der brutalen Kampfmethoden verhaßt und gefürchtet, die diese 45 000 paramilitärischen Schläger anwendeten, sobald sie sich einer Straßendemonstration gegenübergestellt sahen.

Die Kommunisten nannten ihn möglicherweise deswegen einen Faschisten, weil gewisse Praktiken, mit denen es ihm gelungen war, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, an diejenigen erinnerten, welche sich jenseits des Eisernen Vorhangs im Paradies der Werktätigen bewährt hatten. Die extreme Rechte haßte ihn nicht weniger. Sie bediente sich ihrerseits der gleichen Argumente der Unterdrückung von Demokratie und Freiheit wie die Kommunisten — dies vermutlich jedoch nur deswegen, weil die Wirksamkeit seiner rigorosen Maßnahmen den Zusammenbrach von Gesetz und Ordnung verhindert hatte, der ihr als willkommener Vorwand für einen auf die Wiederherstellung eben dieser Ordnung abzielenden Putsch von rechts gedient haben würde.

Und die breite Öffentlichkeit lehnte ihn ab, weil sie von den drakonischen Maßnahmen, die in seinem Amt beschlossen worden waren — Straßensperren, Ausweiskontrollen an allen wichtigen Straßenkreuzungen und die brutale Niederknüppelung jugendlicher Demonstranten durch die Schlagstöcke der CRS, wie sie auf zahllosen in der Presse veröffentlichten Photos dokumentarisch festgehalten worden war — unmittelbar betroffen wurde. Die Presse hatte ihn bereits zum »Monsieur Anti-OAS« gestempelt und verunglimpfte ihn mit Ausnahme der wenigen gaullistischen Blätter aufs massivste.

Wenn der Ruf, der bestgehaßte Mann Frankreichs zu sein, ihn beunruhigte, so verstand er es doch, sich dies nicht anmerken zu lassen. Die Gottheit seiner privaten Religion residierte im Elysee-Palast, und in dieser Religion fungierte Alexander Sanguinetti als leitender Kopf der Kurie. Er blickte finster auf die Schreibunterlage vor ihm, auf welcher der den RollandBericht enthaltende Aktenordner lag.

«Das ist unmöglich. Unmöglich. Er ist unmöglich. Wir müssen sein Leben schützen, und er läßt uns nicht. Ich könnte diesen Mann dingfest machen, diesen Schakal. Aber Sie sagen mir, wir dürfen keine Gegenmaßnahmen treffen. Was sollen wir tun? Darauf warten, daß er losschlägt? Bloß herumsitzen und warten?«

Der Minister seufzte. Er hatte von seinem chef de cabinet keine andere Reaktion erwartet, aber das machte ihm die Aufgabe nicht leichter. Er setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch.

«Hören Sie, Alexandre. Erstens steht es noch nicht absolut fest, ob der Rolland-Bericht zutrifft. Es handelt sich lediglich um seine eigene Auswertung der wirren Reden dieses — Kowalsky, der inzwischen verstorben ist. Vielleicht täuscht Rolland sich. Die Ermittlungen in Wien sind noch nicht abgeschlossen. Ich habe deswegen mit Gibaud gesprochen, und er erwartet den Bescheid für heute abend. Aber man muß zugeben, daß es unrealistisch wäre, zu diesem Zeitpunkt im ganzen Land Jagd auf einen Ausländer machen zu wollen, von dem uns nur der Deckname bekannt ist. Abgesehen davon handelt es sich um seine Weisung — nein, seine strikte Order. Ich wiederhole sie, damit hierüber bei keinem von uns irgendwelche Unklarheiten herrschen. Die Sache darf unter keinen Umständen publik werden, es darf keine Großfahndung stattfinden, und außerhalb unseres engsten Mitarbeiterkreises darf keinerlei Andeutung darüber gemacht werden, daß Gefahr im Verzug ist. Der Präsident ist der Meinung, daß die Presse, sofern wir ihr gegenüber auch nur das Geringste verlauten ließen, dies als gefundenes Fressen betrachten, die Weltöffentlichkeit hämisch reagieren und jede zusätzliche Sicherheitsmaßnahme, die wir treffen, sowohl hier als auch außerhalb unseres Landes nur als ein unwürdiges Schauspiel auffassen würde, in dem der Präsident der Republik Frankreich sich vor einem einzelnen Mann — und noch dazu einem Ausländer — zu verstecken sucht. Genau dies aber wird er unter keinen Umständen — ich wiederhole: unter keinen Umständen! — zulassen. Tatsächlich«- der Minister unterstrich ' mit erhobenem Zeigefinger die Bedeutung dieses Punktes —»hat er mir deutlich zu verstehen gegeben, daß Köpfe rollen würden, falls durch unsere Behandlung der Angelegenheit irgendwelche Einzelheiten bekanntwerden oder auch nur vage Andeutungen an die Öffentlichkeit dringen sollten. Glauben Sie mir, eher ami, ich habe ihn kaum je so unzugänglich gesehen.«

«Aber das Veranstaltungsprogramm«, protestierte Sanguinetti,»muß auf jeden Fall abgeändert werden. Er darf nicht mehr in der Öffentlichkeit erscheinen, bis der Mann gefaßt ist. Er muß unbedingt…«

«Er wird nichts absagen. Programmänderungen sind ganz ausgeschlossen, auch solche um eine Stunde oder auch nur um eine Minute. Die ganze Angelegenheit muß unter absoluter Geheimhaltung gehandhabt werden.«

Zum erstenmal seit der Aufdeckung der Verschwörung in der Ecole Militaire im Februar, die zur Verhaftung und Verurteilung der Beteiligten geführt hatte, fühlte sich Alexandre Sanguinetti wieder auf den Punkt zurückgeworfen, von dem er ausgegangen war. In den letzten beiden Monaten hatte er bei der Bekämpfung der Bankraub- und Einbruchwelle schon geglaubt, daß das Schlimmste überstanden sei. Die Auflösungserscheinungen, die der OAS-Apparat unter der doppelten Einwirkung des Aktionsdienstes von innen und der Polizei- und CRS-Kräfte von außen zu zeigen begann, hatten ihn zu dem vorschnellen Schluß verleitet, die Raubüberfälle stellten nichts anderes als die letzten Zuckungen der Geheimarmee dar, bei denen eine Handvoll noch nicht dingfest gemachter Strolche und Abenteurer sich noch einmal austobte, um sich die nötigen Gelder für ein lebenslanges Exil zu verschaffen.

Aber die letzte Seite von Hollands Bericht machte deutlich, daß die ungezählten Doppelagenten, die Rolland in die OAS hatte einschleusen können, wo es ihnen gelungen war, in die höchsten Dienstränge aufzusteigen, durch die Anonymität des Mörders außer Gefecht gesetzt worden waren. Und infolge der simplen Tatsache, daß der Schakal Ausländer war, waren auch die von den Sicherheitsbehörden geführten Karteien über alle einer bestehenden oder früheren Verbindung zur OAS verdächtigten Staatsbürger nutzlos.

«Was sollen wir denn tun, wenn es uns nicht erlaubt ist zu handeln?«

«Ich habe nicht gesagt, daß es uns verboten sei zu handeln«, verbesserte Frey ihn.»Ich sagte lediglich, wir dürfen nicht in aller Öffentlichkeit handeln. Die ganze Sache muß geheim bleiben und entsprechend gehandhabt werden. Es gibt also nur eine einzige Möglichkeit für uns: Die Identität des Mörders muß durch geheimzuhaltende Erkundigungen ermittelt, er selbst, wo immer er sich aufhält — sei es in Frankreich oder außerhalb des Landes —, aufgespürt und dann sofort unschädlich gemacht werden.«

«… und sofort unschädlich gemacht werden. Das, meine Herren, ist der einzige Weg, den wir beschreiten können.«

Der Minister des Inneren überblickte die im Beratungsraum seines Ministeriums tagende Versammlung, um die volle Bedeutung seiner Worte auf sie einwirken zu lassen. Er selbst mitgezählt, waren insgesamt vierzehn Männer um den Konferenztisch versammelt.

Der Minister stand am oberen Ende des Tisches. Neben ihm zu seiner Rechten saß sein chef de cabinet, zu seiner Linken der Polizeipräfekt, die oberste politische Instanz der Polizeikräfte Frankreichs.

Zur Rechten Sanguinettis wiederum saßen General Guibaud, Chef des SDECE, und Oberst Rolland, Chef des Aktionsdienstes und Verfasser des Berichts, von dem jedem Konferenzteilnehmer ein Exemplar ausgehändigt worden war. Ferner Kommissar Ducret von der persönlichen Sicherungsgruppe des Präsidenten und der Oberst der Luftwaffe Saint Clair de Villauban aus dem Stab des Elysee-Palastes, ein fanatischer Gaullist, dem in der engeren Umgebung des Präsidenten nachgesagt wurde, daß ihn ein nicht minder fanatischer persönlicher Ehrgeiz auszeichne.

Links von Maurice Papon, dem Polizeipräfekten, saßen Maurice Grimaud, Generaldirektor der Sürete Nationale, und die Leiter der fünf Abteilungen, aus denen die Sürete besteht. Obschon von Romanschreibern und Krimiautoren gern als schlagkräftigste aller das Verbrechen bekämpfenden Organisationen gefeiert, stellt die Sürete Nationale nur eine sehr kleine, personell schwach besetzte Dienststelle dar, die den fünf Kriminalabteilungen, welche die eigentliche Arbeit leisten, vorgesetzt ist. Die Aufgaben der Sürete sind, ganz ähnlich wie die der ebensooft irreführend beschriebenen Interpol, verwaltungstechnischer Art, und die Sürete beschäftigt nicht einen einzigen Detektiv in ihrem Stab.Der Mann, dessen persönlichem Kommando die gesamten Polizeikräfte der französischen Republik unterstellt waren, saß unmittelbar neben Maurice Grimaud. Es war Max Fernet, der Direktor der Police

Judidaire. Neben ihrem gewaltigen Hauptquartier am Quai des Orfevres, das so viel größer ist als das in unmittelbarer Nachbarschaft des Innenministeriums, in der rue des Saussaies, gelegene der Sürete, unterhält die Police Judiciaire siebzehn regionale Zentralen, das heißt eine in jedem der siebzehn städtischen Polizeidistrikte Frankreichs. Diesen unterstehen die in insgesamt 453 Städten stationierten Polizeikräfte, die ihrerseits in 74 Zentralkommissariate, 253 Wahlbezirkskommissariate und 126 örtliche Polizeiposten gegliedert sind. Das gesamte Organisationsnetz umfaßt 2000 Städte und Ortschaften Frankreichs. In ländlichen Gebieten und auf Fernverkehrsstraßen obliegt die Aufrechterhaltung von Gesetz und Ordnung der Gendarmerie Nationale und den Gendarmes Mobiles, der Verkehrspolizei. Aus Gründen der. Effektivität benutzen Gendarmen und agents de police in manchen Gebieten dieselben Einrichtungen, Unterkünfte und Anlagen. Die Gesamtstärke der Max Fernet unterstehenden Police Judiciaire betrug im Jahre 1963 rund 20000 Mann.

Links von Fernet saßen die Chefs der anderen vier Sektionen der Sürete: des Bureau de Securite Publique, der Renseignements Generaux, der Direction de la Surveillance du Territoire und des Corps Republicain de la Securite.

Die erstgenannte dieser Sektionen, das B SP, war vor allem für den Schutz öffentlicher Gebäude, Kommunikationseinrichtungen, Fernverkehrsstraßen und allen sonstigen Staatseigentums vor Sabotage oder Beschädigung zuständig. Die zweite, die RG oder Zentralkartei, fungierte als das Gedächtnis der anderen vier Sektionen; in ihrem Archiv verwahrte sie viereinhalb Millionen Dossiers über sämtliche Individuen, die der französischen Polizei seit deren Gründung angezeigt worden waren. Alphabetisch geordnet sowohl nach den Namen der betreffenden Personen als auch nach den Vergehen oder Verbrechen, deren sie verurteilt oder lediglich verdächtig waren, füllten die Dossiers Regale von insgesamt nahezu neun Kilometer Länge. Die Namen von Zeugen, die in Strafprozessen ausgesagt hatten, waren wie die von freigesprochenen Angeklagten ebenfalls erfaßt. Obschon das Karteisystem seinerzeit noch nicht auf Computer umgestellt worden war, rühmten sich die Archivare, innerhalb von Minuten sämtliche Einzelheiten eines vor Jahren in irgendeinem Provinznest verübten Giftmords oder die Namen aller Zeugen beibringen zu können, die in einem von der Presse weitgehend unbeachtet gebliebenen Prozeß aufgetreten waren.

Außer den Dossiers wurden die Fingerabdrücke sämtlicher Personen, die sich in Frankreich jemals dieser Prozedur hatten unterziehen müssen, hier verwahrt, ferner zehneinhalb Millionen Meldezettel einschließlich aller in französischen Hotels außerhalb von Paris ausgefüllten Anmeldeformulare. Sie mußten in verhältnismäßig kurzen Abständen vernichtet werden, um Platz für die gewaltige Anzahl alljährlich neu hinzukommender Meldezettel zu machen. Einzig die in Pariser Hotels ausgefüllten Anmeldungen wurden nicht den RG weitergeleitet; sie gingen direkt an die Prefecture de Police.

Die DST, deren Chef drei Stühle von Fernet entfernt am Konferenztisch saß, war und ist Frankreichs Spionageabwehr und als solche auch für die Überwachung französischer Häfen, Flughäfen und Grenzstationen verantwortlich. Bevor die Lande- und Grenzübertrittskarten aller nach Frankreich einreisenden Personen in die Archive wandern, werden sie an Ort und Stelle vom DST-Offizier überprüft und diejenigen unerwünschter Personen mit Karteireitern versehen.

Aus Platzgründen saß der Chef des CRS, jener 45 000 Mann starken Spezialeinheit, die Alexandre Sanguinetti im Verlauf der letzten beiden Jahre in so unpopulärer Weise eingesetzt hatte, am unteren Ende des Konferenztisches. Den Platz zwischen ihm und dem am unteren Ende der rechten Seite des Tisches sitzenden Oberst Saint Clair wurde von einem großen, korpulenten Mann eingenommen, dessen Pfeifenrauch den Geruchssinn des aristokratischen Luftwaffen-Obersten zu seiner Linken offenkundig beleidigte. Der Minister hatte Max Fernet ausdrücklich gebeten, ihn zur Sitzung mitzubringen. Es war Kommissar Maurice Bouvier, Chef der Brigade Criminelle der PJ.

«Das also ist die Situation, der wir uns gegenübersehen, meine Herren«, fuhr der Innenminister fort.»Sie alle haben nun den Bericht gelesen, der vor Ihnen liegt. Und Sie haben von mir gehört, welche beträchtlichen Einschränkungen der Präsident uns um der Würde Frankreichs willen bei unseren Anstrengungen, diese Gefahr für seine Person abzuwenden, zur Auflage macht. Ich betone nochmals, daß absolute Geheimhaltung sowohl bei derDurchführung der Ermittlungen als auch bei allen weiterhin zu unternehmenden Schritten oberstes Gebot sein muß. Überflüssig zu sagen, daß Sie alle ohne Ausnahme zu striktem Stillschweigen verpflichtet sind und mit keiner außerhalb dieses Raums befindlichen Person, sofern sie nicht inzwischen offiziell in den Kreis der Mitwisser einbezogen wurde, über diese Angelegenheit sprechen dürfen. Ich habe Sie hergebeten, weil ich davon ausgehe, daß wir, was immer wir auch unternehmen, auf die Unterstützung und die Hilfsmittel aller hier vertretenen Abteilungen angewiesen sein werden und ich Sie als die Chefs dieser Abteilungen über die absolute Vorrangigkeit dieser Angelegenheit nicht im Zweifel lassen möchte. Ihr hat jederzeit Ihre uneingeschränkte persönliche Aufmerksamkeit zu gelten. Mit Ausnahme solcher Aufgaben, die den mit ihr verfolgten Zweck nicht erkennen lassen, dürfen keine im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit sich ergebenden Aufträge an Untergebene delegiert werden.«

Der Minister schwieg einen Augenblick. Zu beiden Seiten des Konferenztisches nickten einige der Herren nachdenklich. Andere hatten den Blick auf den Sprecher oder auf das vor ihnen liegende Dossier gerichtet. Am unteren Ende des Tisches starrte Kommissar Bouvier zur Decke hinauf und entließ aus dem Mundwinkel heraus kleine Rauchwölkchen. Der neben ihm sitzende Luftwaffen-Oberst zuckte bei jedem neuerlichen Rauchausstoß leicht zusammen.

«Und jetzt«, fuhr der Minister fort,»darf ich Sie um Ihre Vorschläge bitten. Oberst Rolland, haben Ihre Nachforschungen in Wien irgendwelche Resultate ergeben?«

Der Chef des Aktionsdienstes sah von seinem eigenen Bericht auf und warf dem General, der den SDECE leitete, einen raschen Seitenblick zu, ohne von ihm jedoch durch ein Nicken ermuntert oder ein Stirnrunzeln gewarnt zu werden.

General Guibaud, der den halben Tag damit verbracht hatte, dem Leiter der Abteilung R 3/W esteuropa wegen Rollands Eigenmächtigkeit, das Wiener Büro für seine Ermittlungen einzuschalten, die Hölle heiß zu machen, starrte unverwandt vor sich auf die Tischplatte.

«Ja«, sagte der Oberst.»Heute vormittag haben zwei unserer Agenten in Wien in der Pension Kleist Ermittlungen angestellt. Sie hatten Photos von Marc Rodin, Rene Montclair und Andre Casson bei sich. Die Zeit reichte nicht mehr, ihnen Bilder von Viktor Kowalsky — im Wiener Archiv befinden sich keine — per Funk zu übermitteln. Der Portier der Pension behauptete, zumindest zwei der abgebildeten Männer wiederzuerkennen. Mit Hilfe eines Trinkgeldes konnte er veranlaßt werden, die zwischen dem 12. und dem 18. Juni — dem Datum, an welchem die drei OAS-Chefs gemeinsam das Hotel in Rom bezogen- im Gästebuch vorgenommenen Eintragungen nachzuschlagen. Schließlich meinte er, sich an Rodins Gesicht als das des Mannes zu erinnern, der unter dem Namen Schulze am 15. Juni ein Zimmer bestellt hatte. Der Portier sagte, Schulze habe dort am Nachmittag des gleichen Tages eine Art Geschäftsbesprechung abgehalten, die Nacht in dem Zimmer verbracht und sei am nächsten Morgen abgereist.

Er erinnerte sich, daß Schulz in Begleitung eines sehr großen, mürrischen Mannes erschien und am Vormittag den Besuch zweier weiterer Männer erhielt. Die beiden Besucher könnten Casson und Montclair gewesen sein. Er war sich nicht sicher, aber einen von ihnen glaubte er auf jeden Fall schon einmal gesehen zu haben.

Der Portier sagte, die Männer seien den ganzen Tag über auf dem Zimmer geblieben, mit Ausnahme einer halben Stunde am späten Vormittag, während der Schulze und der Riese — so nannte er Kowalsky — die Pension verlassen hatten. Keiner von ihnen ging zum Essen aus, und am Mittagstisch der Pension nahmen sie auch nicht teil.«

«Haben sie denn überhaupt den Besuch von einem fünften Mann bekommen?«fragte Sanguinetti ungeduldig. Rolland fuhr fort, in gleichmäßigem Tonfall zu berichten:

«Im Laufe des Abends gesellte sich ihnen noch ein weiterer Mann zu, der etwa eine halbe Stunde lang blieb. Der Portier sagt, daß er sich gut daran erinnere, weil der Mann so rasch zur Tür hereingekommen und die Treppe hinaufgegangen sei, daß er keine Gelegenheit hatte, ihn zu sehen. Er glaubte zunächst, es müsse sich um einen Pensionsgast handeln, der seinen Schlüssel nicht abgegeben hatte. Aber als der Mann die Treppe hinaufeilte, habe er gerade noch einen Zipfel seines Mantels sehen können. Wenige Augenblicke später sei der Mann in die Halle zurückgekehrt. Wegen des Mantels war sich der Portier ganz sicher, daß es derselbe Mann gewesen sei. Der Mann habe sich von ihm über das auf dem Empfangstisch stehende Telephon mit dem von Schulze gemieteten Zimmer 64 verbinden lassen, zwei Sätze auf französisch gesprochen, eingehängt und sei dann hinaufgegangen. Nach einerhalben Stunde habe er dann, ohne ein Wort zu sagen, die PensioiJ verlassen. Etwa eine Stunde später seien die beiden anderen Besucher einzeln fortgegangen. Schulze und der Riese seien über Nacht' geblieben und anderntags nach dem Frühstück abgereist.

Die einzige Beschreibung, die der Portier von dem abendlichen? Besucher geben konnte, war: hochgewachsen, Alter unbestimmt,Gesichtszüge offenbar regelmäßig, trug Sonnenbrille, sprach fließend französisch und hatte blondes, nach hinten gekämmtes, ziemlich langes Haar.«

«Könnte man den Portier nicht dazu bringen, uns bei der Anfertigung einer Zeichnung von dem Mann zu helfen?«fragte Papon, der Polizeipräfekt.

Rolland schüttelte den Kopf.

«Meine — unsere Agenten haben sich als Wiener Kriminalbeamte ausgegeben. Glücklicherweise könnte man den einen wirklich für einen Österreicher halten. Aber eine solche Maskerade läßt sich nicht unbegrenzt lange durchführen. Der Mann mußte am Empfangstisch befragt werden.«

«Wir brauchen unbedingt eine bessere Beschreibung«, protestierte der Leiter der Zentralkei.»Ist denn kein Name erwähnt worden?«

«Nein«, sagte Rolland.»Was Sie soeben gehört haben, ist das Ergebnis einer dreistündigen Befragung. Jeder einzelne Punkt ist wieder und wieder durchgenommen worden. An mehr erinnert er sich nicht. Eine bessere Beschreibung kann er nicht geben.«

«Warum schnappen Sie ihn sich nicht einfach wie Argoud, damit er uns hier in Paris ein Bild von diesem Killer anfertigt?«wollte Oberst Saint Clair wissen.

Der Minister schüttelte den Kopf.

«Ausgeschlossen. Wir stehen mit dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik wegen der Argoud-Entführung noch immer auf Kriegsfuß. So etwas mag einmal funktionieren, aber nicht ein zweites Mal.«

«Sollte es in einem so ernsten Fall wie diesem nicht doch möglich sein, einen Hotelportier unauffälliger verschwinden zu lassen als seinerzeit Argoud?«meinte der Chef des DST.

«Es erscheint mir in jedem Fall zweifelhaft«, wandte Max Fernet ein,»ob das rekonstruierte Porträt eines Mannes, der eine Sonnenbrille trägt, von großem Nutzen sein kann. Nur sehr wenige solcher Bilder, die aufgrund eines nicht sonderlich bemerkenswerten Vorfalls gezeichnet wurden, der zwanzig Sekunden gedauert hat und zwei Monate zurückliegt, sehen dem Verbrecher ähnlich, wenn er schließlich festgenommen wird. Die meisten dieser Bilder könnten ebensogut eine halbe Million beliebiger anderer Leute darstellen, und manche sind ausgesprochen irreführend.«

«Abgesehen von Kowalsky, der tot ist und alles gesagt hat, was er wußte — viel war es nicht —, gibt es nur vier Männer, denen die Identität dieses Schakals bekannt ist«, sagte Kommissar Ducret.»Einer davon ist er selbst, und die anderen drei halten sich in einem Hotel in Rom auf. Wie wäre es, wenn man versuchte, einen von ihnen herzuschaffen?«

Wieder schüttelte der Minister den Kopf.

«Meine Anweisungen sind auch in diesem Punkt ganz eindeutig. Menschenraub kommt nicht mehr in Frage. Die italienische Regierung würde in eine ernste Krise geraten, wenn dergleichen wenige Schritte von der Via Condotti entfernt vorfiele. Ganz abgesehen davon bestehen begründete Zweifel an der technischen Durchführbarkeit eines solchen Unternehmens. General?«

General Guibaud hob den Blick.

«Die Art und das Ausmaß der Sicherheitsvorkehrungen, die Rodin und seine Anhänger zu ihrem Schutz getroffen haben, schließen laut den Berichten meiner Agenten, die sie ständig unter Beobachtung halten, ein derartiges Vorgehen auch unter praktischen Gesichtspunkten aus. Acht Ex-Legionäre, ausnahmslos erstklassige Leute — oder vielmehr sieben, wenn Kowalsky nicht ersetzt worden ist-, sind ständig einsatzbereit. Alle Aufzüge, Treppenflure, Feuertreppen und auch das Dach werden ständig bewacht. Ein Feuergefecht, bei dem Gasgranaten und Maschinenpistolen verwendet werden müßten, wäre vermutlich unumgänglich, um auch nur einen von ihnen lebend herauszuholen. Selbst dann wären die Chancen, den Mann außer Landes zu bringen, außerordentlich gering. Die Grenze ist mehr als fünfhundert Kilometer entfernt, und die Italiener würden zweifellos alle ihnen verfügbaren Polizei- und Militäreinheiten mobilisieren, um die Entführung zu verhindern. Wir haben einige der besten Experten der Welt für Dinge dieser Art unter unseren Leuten. Sie halten es für praktisch undurchführbar, es sei denn im Rahmen einer regelrechten militärischen Kommandoaktion.«

Wieder breitete sich Schweigen in dem Konferenzraum aus.»Nun, meine Herren«, sagte der Minister,»irgendwelche anderen Vorschläge?«

«Dieser Schakal muß aufgespürt werden. Soviel steht fest«, bemerkte Oberst Saint Clair. Einige der Konferenzteilnehmer wechselten stumme Blicke, und da und dort zog man die Brauen hoch.

«Soviel steht allerdings fest«, murmelte der Minister.»Was wir hier versuchen, ist, einen Weg zu finden, wie das innerhalb der uns auferlegten Beschränkungen geschehen soll, und auf dieser Basis können wir dann am besten entscheiden, welche der hier vertretenen Abteilungen zur Wahrnehmung dieser Aufgabe am geeignetsten erscheint.«

«Der Schutz des Präsidenten der Republik«, verkündete Saint Clair großsprecherisch,»muß zuletzt, wenn alle anderen versagt haben, der persönlichen Sicherungsgruppe des Präsidenten und seinem engsten Stab obliegen. Wir werden unsere Pflicht zu tun wissen, das versichere ich Ihnen, Herr Minister.«

Kommissar Ducret warf dem Obersten einen Blick zu, der ihn, wenn er hätte töten können, leblos vom Stuhl hätte sinken lassen.»Weiß er denn nicht, daß Le Vieux ihn gar nicht hört?«brummelte Guibaud Rolland zu.

Roger Frey hob den Blick, um dem Höfling aus dem Elysee-Palast in die Augen zu sehen, und demonstrierte, warum er Minister war.»Der Oberst Saint Clair hat natürlich vollkommen recht«, erklärte er.»Wir alle werden unsere Pflicht tun. Und ich bin mir ganz sicher, der Oberst ist sich darüber im klaren, daß den verantwortlichen Leiter der Abteilung, die mit der Zerschlagung der Verschwörung beauftragt wird und ihre Aufgabe nicht erfüllt oder bei der Ausführung ihres Auftrags Methoden anwendet, die entgegen dem ausdrücklichen Wunsch des Präsidenten in der Öffentlichkeit Aufsehen erregen, schärfste Mißbilligung treffen wird. «Die Drohung schwebte geballter über dem langen Konferenztisch als der blaue Rauch aus Bouviers Pfeife. Saint Clairs schmales, blasses Gesicht war noch blasser geworden, und seinen Augen war Beunruhigung anzusehen.

«Wir alle hier sind uns der begrenzten Möglichkeiten der Sicherungsgruppe des Präsidenten bewußt«, stellte Kommissar Ducret nüchtern fest.»Wir versehen unseren Dienst in der unmittelbaren Umgebung des Präsidenten. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die gestellte Aufgabe viel zu weitreichend ist, als daß sie von meinem Stab ohne Vernachlässigung seiner regulären Pflichten wahrgenommen werden könnte.«

Niemand widersprach, denn jeder der anwesenden Abteilungsleiter wußte, daß der Chef der Sicherungsgruppe die Wahrheit ausgesprochen hatte. Aber auch keiner von ihnen wünschte seinerseits das Auge des Ministers auf sich zu ziehen. Roger Frey sah in die Runde und ließ den Blick schließlich auf der rauchverhüllten massigen Gestalt Kommissar Bouviers am unteren Ende des Tisches ruhen.

«Was meinen Sie, Bouvier? Sie haben sich noch nicht geäußert.«

Der Detektiv nahm die Pfeife aus dem Mund, brachte es fertig, einen letzten übelriechenden Schwaden beizenden Rauchs direkt in Oberst Saint Clairs Gesicht wehen zu lassen und begann mit ruhiger Stimme wie jemand zu sprechen, der ein paar simple Fakten aufzählt, die ihm gerade durch den Kopf gegangen sind.

«Herr Minister, der SDECE kann diesen Mann nicht durch seine Agenten in der OAS ausfindig machen, weil ja nicht einmal die OAS weiß, wer er ist. Der Aktionsdienst kann ihn nicht unschädlich machen, weil er nicht weiß, wen er unschädlich machen soll. Die DST kann ihn nicht an der Grenze festnehmen, weil sie nicht weiß, welche Person sie abfangen soll. Und die RG können uns keine dokumentarische Information über diesen Mann liefern, weil sie keine Ahnung haben, nach welchen Dokumenten sie suchen sollen. Die Polizei kann ihn nicht festnehmen, weil sie nicht weiß, wen sie festnehmen soll, und das CRS kann ihn nicht jagen, weil es keinen Schimmer hat, wen es jagen soll. Die gesamte Organisation der Sicherheitskräfte Frankreichs ist machtlos, weil ihr ganz einfach ein Name fehlt. Mir scheint daher, daß die erste Aufgabe, ohne deren Lösung alle anderen Vorschläge sinnlos bleiben, darin zu bestehen hat, diesem Mann einen Namen zu geben. Mit einem Namen bekommt er ein Gesicht und mit dem Gesicht einen Paß, und mit einem Paß können wir ihn dingfest machen. Aber den Namen herauszubekommen, und das unter strikter Geheimhaltung, ist reine Detektivarbeit.«

Er verstummte wieder und klemmte sich neuerlich die Pfeife zwischen die Zähne. Was er gesagt hatte, stimmte jeden der an dem Konferenztisch sitzenden Männer nachdenklich. Keiner vermochte begründete Einwände dagegen zu erheben. Sanguinetti nickte stumm.»Und wer, Kommissar, ist der beste Detektiv in Frankreich?«fragte der Minister schließlich. Bouvier überlegte ein paar Sekunden lang und nahm dann die Pfeife wieder aus dem Mund. »Messieurs, der beste Detektiv Frankreichs ist mein eigener Stellvertreter, Kommissar Claude Lebel.«

«Lassen Sie ihn holen«, sagte der Minister des Inneren.

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