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Nicht von Hauptmann Hastings selbst erzählt


Inspektor Crome hörte sich die aufgeregten Aussagen von Mr. Leadbitter an.

«Glauben Sie mir, Inspektor! Mir bleibt fast das Herz stehen, wenn ich daran denke. Er muss tatsächlich während der ganzen Vorstellung neben mir gesessen haben!»

Inspektor Crome, den das Benehmen von Mr. Leadbitters Herzen nicht im Mindesten zu interessieren schien, unterbrach den fassungslosen Erzähler.

«Augenblick! Wie also war es genau? Dieser Mann ging gegen Ende des Films hinaus…»

«Not a Sparrow – Katherine Royal!», flüsterte Mr. Leadbitter automatisch.

«… ging an Ihnen vorüber und stolperte dabei…»

«Er gab vor, zu stolpern, wie ich die Dinge jetzt betrachte! Dann beugte er sich über den vorderen Sitz, um seinen Hut aufzuheben. Und dabei muss er den armen Kerl erstochen haben.»

«Und Sie hörten nichts? Keinen Schrei? Kein Stöhnen?»

Mr. Leadbitter hatte zwar nur das laute, heisere Organ von Katherine Royal gehört, aber nun bewog ihn seine lebhafte Fantasie, ein Stöhnen zu erfinden.

«Ja, und dann ging er hinaus…»

«Können Sie den Mann beschreiben?»

«Es war ein sehr großer Mann. Mindestens ein Meter neunzig. Ein Riese.»

«Blond oder dunkel?»

«Ich… das weiß ich nicht genau. Ich glaube, er war kahl. Ein dubios aussehender Bursche.»

«Hinkte er vielleicht?»

«Ja-ja… ja, nun, da Sie es erwähnen, glaube ich, dass er gehinkt hat. Dunkelhäutig war er… könnte ein Halbblut gewesen sein.»

«Sass er auf seinem Platz, als die Lichter das letzte Mal angingen?»

«Nein. Er kam erst, nachdem der Hauptfilm begonnen hatte.»

Inspektor Crome nickte viel sagend, ließ Mr. Leadbitter ein Protokoll seiner Aussagen unterschreiben und entließ dann seinen Augenzeugen.

«Einer von der unangenehmsten Sorte Zeugen, die es überhaupt gibt», bemerkte er pessimistisch. «Mit ein wenig Nachhilfe würde er alles und jedes bestätigen. Mir ist völlig klar, dass er keine Ahnung hat, wie der Mann tatsächlich aussieht. Noch mal den Kinoportier, bitte!»

Der Mann trat ein, grüßte steif und militärisch und blieb in Habt-Acht-Stellung, die Augen auf Colonel Anderson gerichtet, stehen.

«Also, Jameson, berichten Sie!»

Jameson salutierte.

«Jawohl, Sir. Vorstellungsende, Sir. Ich wurde gerufen, weil ein Herr im Zuschauerraum ohnmächtig geworden sei. Der Herr saß auf dem zweiten Platz – war in seinem Sitz zusammengesunken. Sah schlecht aus, der Herr. Einer der Umstehenden legte die Hand auf den Rücken des Ohnmächtigen und zog dadurch meine Aufmerksamkeit auf sich. Blut, Sir. Es war offensichtlich, dass der Herr tot war – erstochen, Sir. Mir fiel sofort der ABC-Fahrplan auf, Sir, der unter dem Sitz lag. Um ganz korrekt vorzugehen, berührte ich denselben nicht, Sir, sondern verständigte sofort die Polizei von der Tragödie, die sich abgespielt hatte.»

«Gut, Jameson, Sie haben sich durchaus korrekt verhalten.»

«Danke, Sir.»

«Ist Ihnen aufgefallen, dass ein Mann den zweiten Platz etwa fünf Minuten früher verlassen hätte?»

«Es kamen einige Herren gegen Ende des Films heraus.»

«Könnten Sie sie beschreiben?»

«Leider nein, Sir. Einer war Mr. Geoffrey Parnell. Und Sam Baker kam auch früher heraus, zusammen mit seiner Freundin. Sonst ist mir niemand besonders aufgefallen.»

«Schade. Das ist alles, Jameson.»

Der Portier salutierte und verschwand.

«Die medizinischen Daten haben wir ja bereits», sagte Colonel Anderson. «Dann wollen wir jetzt den Burschen verhören, der den Mord entdeckt hat.»

Ein Polizist trat ein und salutierte.

«Monsieur Hercule Poirot ist draußen, Sir, und noch ein anderer Herr.»

Inspektor Crome runzelte die Stirn.

«Na schön, dann lassen Sie sie in Gottes Namen eintreten!»

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