Graefin Terzky. Max Piccolomini.
Max. (blickt schuechtern herein).
Base Terzky! Darf ich?
(Tritt bis in die Mitte des Zimmers, wo er sich unruhig umsieht.)
Sie ist nicht da! Wo ist sie?
Graefin.
Sehen sie nur recht
In jene Ecke, ob sie hinterm Schirm
Vielleicht versteckt-
Max.
Da liegen ihre Handschuh!
(Will hastig darnach greifen, Graefin nimmt sie zu sich.)
Unguet'ge Tante! Sie verleugnen mir-
Sie haben Ihre Lust dran, mich zu quaelen.
Graefin.
Der Dank fuer meine Mueh!
Max.
Oh! fuehlten Sie,
Wie mir zumute ist!-Seitdem wir hier sind-
So an mich halten, Wort' und Blicke waegen!
Das bin ich nicht gewohnt!
Graefin.
Sie werden sich
An manches noch gewoehnen , schoener Freund!
Auf dieser Probe Ihrer Folgsamkeit
Muss ich durchaus bestehn, nur unter der Bedingung
Kann ich mich ueberall damit befassen.
Max.
Wo aber ist sie? Warum kommt sie nicht?
Graefin.
Sie muessen's ganz in meine Haende legen.
Wer kann es besser auch mit Ihnen meinen !
Kein Mensch darf wissen, auch Ihr Vater nicht,
Der gar nicht!
Max.
Damit hat's nicht Not. Es ist
Hier kein Gesicht, an das ich's richten moechte,
Was die entzueckte Seele mir bewegt.
-O Tante Terzky! Ist denn alles hier
Veraendert, oder bin nur ich's? Ich sehe mich
Wie unter fremden Menschen. Keine Spur
Von meinen vor'gen Wuenschen mehr und Freuden.
Wo ist das alles hin? Ich war doch sonst
In eben dieser Welt nicht unzufrieden.
Wie schal ist alles nun und wie gemein!
Die Kameraden sind mir unertraeglich,
Der Vater selbst, ich weiss ihm nichts zu sagen,
Der Dienst, die Waffen sind mir eitler Tand.
So muesst' es einem sel'gen Geiste sein,
Der aus den Wohnungen der ew'gen Freude
Zu seinen Kinderspielen und Geschaeften,
Zu seinen Neigungen und Bruederschaften,
Zur ganzen armen Menschheit wiederkehrte.
Graefin.
Doch muss ich bitten, ein'ge Blicke noch
Auf diese ganz gemeine Welt zu werfen,
Wo eben jetzt viel Wichtiges geschieht.
Max.
Es geht hier etwas vor um micht, ich seh's
An ungewoehnlich treibender Bewegung;
Wenn's fertig ist, kommt's wohl auch bis zu mir.
Wo denken Sie, dass ich gewesen, Tante?
Doch keinen Spott! Mich aengstigte des Lagers
Gewuehl, die Flut zudringlicher Bekannten,
Der fade Scherz, das nichtige Gespraech,
Es wurde mir zu eng, ich musste fort,
Stillschweigen suchen diesem vollen Herzen
Und eine reine Stelle fuer mein Glueck.
Kein Laecheln, Graefin! In der Kirche war ich.
Es ist ein Kloster hier, zu Himmelspforte,
Da ging ich hin, da fand ich mich allein.
Ob dem Altar hing eine Mutter Gottes,
Ein schlecht Gemaelde war's, doch war's der Freund,
Den ich in diesem Augenblicke suchte.
Wie oft hab ich die Herrliche gesehn
In ihrem Glanz, die Inbrunst der Verehrer-
Es hat mich nicht geruehrt, und jetzt auf einmal
Ward mir die Andacht klar, so wie die Liebe.
Graefin.
Geniessen Sie Ihr Glueck. Vergessen Sie
Die Welt um sich herum. Es soll die Freundschaft
Indessen wachsam fuer Sie sorgen, handeln.
Nur sei'n Sie dann auch lenksam, wenn man Ihnen
Den Weg zu Ihrem Gluecke zeigen wird.
Max.
Wo aber bleibt sie denn!-Oh! goldne Zeit
Der Reise, wo uns jede neue Sonne
Vereinigte, die spaete Nacht nur trennte!
Da rann kein Sand, und keine Glocke schlug.
Es schien die Zeit dem Ueberselign
In ihrem ew'gen Laufe stillzustehen.
Oh! der ist aus dem Himmel schon gefallen,
Der an der Stunden Wechsel denken muss!
Die Uhr schlaegt keinem Gluecklichen.
Graefin.
Wie lang ist es, dass Sie Ihr Herz entdeckten?
Max.
Heut frueh wagt' ich das erste Wort.
Graefin.
Wie? Heute erst in diesen zwanzig Tagen?
Max.
Auf jenem Jagdschloss war es, zwischen hier
Und Nepomuk, wo Sie uns eingeholt,
Der letzten Station des ganzen Wegs.
In einem Erker standen wir, den Blick
Stumm in das oede Feld hinaus gerichtet,
Und vor uns ritten die Dragoner auf,
Die uns der Herzog zum Geleit gesendet.
Schwer lag auf mir des Scheidens Bangigkeit,
Und zitternd endlich wagt' ich dieses Wort:
Dies alles mahnt mich, Fraeulein, dass ich heut
Von meinem Gluecke scheiden muss. Sie werden
In wenig Stunden einen Vater finden,
Von neuen Freunden sich umgeben sehn,
Ich werde nun ein Fremder fuer Sie sein,
Verloren in der Menge-"Sprechen Sie
Mit meiner Base Terzky!" fiel sie schnell
Mir ein, die Stimme zitterte, ich sah
Ein gluehend Rot die schoenen Wangen faerben,
Und von der Erde langsam sich erhebend
Trifft mich ihr Auge-ich beherrsche mich
Nich laenger-
(Die Prinzessin erscheint an der Tuere und bleibt stehen, von der
Graefin, aber nicht von Piccolomini bemerkt.)
-fasse kuehn sie in die Arme,
Mein Mund beruehrt den ihrigen-da rauscht' es
Im nahen Saal und trennte uns-Sie waren's.
Was nun geschehen, wissen Sie.
Graefin. (nach einer Pause mit einem verstohlnen Blick auf Thekla)
Und sind Sie so bescheiden oder haben
So wenig Neugier, dass Sie mich nicht auch
Um mein Geheimnis fragen?
Max.
Ihr Geheimnis?
Graefin.
Nun ja! Wie ich unmittelbar nach Ihnen
Ins Zimmer trat, wie ich die Nichte fand,
Was sie in diesem ersten Augenblick
Der ueberraschten Herzens-
Max. (lebhaft)
Nun?