Octavio und Questenberg, die zurueckbleiben.
Questenberg. (mit Zeichen des Erstaunens)
Was hab ich hoeren muessen, Gen'ralleutnant!
Welch zuegelloser Trotz! Was fuer Begriffe!
-Wenn dieser Geist der allgemeine ist-
Octavio.
Drei Viertel der Armee vernahmen Sie.
Questenberg.
Weh uns! Wo dann ein zweites Heer gleich finden,
Um dieses zu bewachen!-Dieser Illo, fuercht ich,
Denkt noch viel schlimmer, als er spricht. Auch dieser Buttler
Kann seine boese Meinung nicht verbergen.
Octavio.
Empfindlichkeit-gereizter Stolz-nichts weiter!-
Diesen Buttler geb ich noch nicht auf; ich weiss,
Wie dieser boese Geist zu bannen ist.
Questenberg. (voll Unruh' auf und ab gehend)
Nein! das ist schlimmer, oh! viel schlimmer, Freund!
Als wir's in Wien uns hatten traeumen lassen.
Wie sahen's nur mit Hoeflingsaugen an,
Die von dem Glanz des Throns geblendet waren;
Den Feldherrn hatten wir noch nicht gesehn,
Den allvermoegenden, in seinem Lager.
Hier ist's ganz anders!
Hier ist kein Kaiser mehr. Der Fuerst ist Kaiser!
Der Gang, den ich an Ihrer Seite jetzt
Durchs Lager tat, schlaegt meine Hoffnung nieder.
Octavio.
Sie sehn nun selbst, welch ein gefaehrlich Amt
Es ist, das Sie vom Hof mir ueberbrachten-
Wie misslich die Person, die ich hier spiele.
Der leiseste Verdacht des Generals,
Er wuerde Freiheit mir und Leben kosten
Und sein verwegenes Beginnen nur
Beschleunigen.
Questenberg.
Wo war die Ueberlegung,
Als wir dem Rasenden das Schwert vertraut
Und solche Macht gelegt in solche Hand!
Zu stark fuer dieses schlimmverwahrte Herz
War die Versuchung! Haette sie doch selbst
Dem bessern Mann gefaehrlich werden muessen!
Er wird sich weigern, sag ich Ihnen,
Der kaiserlichen Ordre zu gehorchen.-
Er kann's und wird's.-Sein unbestrafter Trotz
Wird unsre Ohnmacht schimpflich offenbaren.
Octavio.
Und glauben Sie, dass er Gemahlin, Tochter
Umsonst hieher ins Lager kommen liess,
Gerade jetzt, da wir zum Krieg uns ruesten?
Dass er die letzte Pfaender seine Treu'
Aus Kaisers Landen fuehrt, das deutet uns
Auf einen nahen Ausbruch der Empoerung.
Questenberg.
Weh uns! und wie dem Ungewitter stehn,
Das drohend uns umzieht von allen Enden?
Der Reichsfeind an den Grenzen, Meister schon
Vom Donaustrom, stets weiter um sich greifend-
Im innern Land des Aufruhrs Feuerglocke-
Der Bauer in Waffen-alle Staende schwuerig-
Und die Armee, von der wir Hilf' erwarten,
Verfuehrt, verwildert, aller Zucht entwohnt-
Vom Staat, von ihrem Kaiser losgerissen,
Vom Schwindelnden die schwindelnde gefuehrt,
Ein furchtbar Werkzeug, dem verwegensten
Der Menschen blind gehorchend hingegeben-
Octavio.
Verzagen wir auch nicht zu frueh, mein Freund!
Stets ist die Sprache kecker als die Tat,
Und mancher, der in blindem Eifer jetzt
Zu jedem Aeussersten entschlossen scheint,
Findet unerwartet in der Brust ein Herz,
Spricht man des Frevels wahren Namen aus.
Zudem-ganz unverteidigt sind wir nicht.
Graf Altringer und Gallas, wissen Sie ,
Erhalten in der Pflicht ihr kleines Heer-
Verstaerken es noch taeglich.-Ueberraschen
Kann er uns nicht, Sie wissen, dass ich ihn
Mit meinen Horchern rings umgeben habe;
Vom kleinsten Schritt erhalt ich Wissenschaft
Sogleich-Ja, mir entdeckt's sein eigner Mund.
Questenberg.
Ganz unbegreiflich ist's, dass er den Feind nicht merkt
An seiner Seite.
Octavio.
Denken Sie nicht etwa,
Dass ich durch Luegenkuenste, gleisnerische
Gefaelligkeit in seine Gunst mich stahl,
Durch Heuchelworte sein Vertrauen naehre.
Befiehlt mir gleich die Klugheit und die Pflicht,
Die ich dem Reich, dem Kaiser schuldig bin,
Dass ich mein wahres Herz vor ihm verberge,
Ein falsches hab ich niemals ihm geheuchelt!
Questenberg.
Es ist des Himmels sichtbarliche Fuegung.
Octavio.
Ich weiss nicht, was es ist-was ihn an mich
Und meinen Sohn so maechtig zieht und kettet.
Wir waren immer Freunde, Waffenbrueder;
Gewohnheit, gleichgeteilte Abenteuer
Verbanden uns schon fruehe-doch ich weiss
Den Tag zu nennen, wo mit einemmal
Sein Herz mir aufging, sein Vertrauen wuchs.
Es war der Morgen vor der Luetzner Schlacht-
Mich trieb ein boeser Traum, ihn aufzusuchen,
Ein ander Pferd zur Schlacht ihm anzubieten.
Fern von den Zelten, unter einem Baum
Fand ich ihn eingeschlafen. Als ich ihn
Erweckte, mein Bedenken ihm erzaehlte,
Sah er mich lange staunend an; drauf fiel er
Mir um den Hals und zeigte eine Ruehrung,
Wie jener kleine Dienst sie gar nicht wert war.
Seit jenem Tag verfolgt mich sein Vertrauen
In gleichem Mass, als ihn das meine flieht.
Questenberg.
Sie ziehen Ihren Sohn doch ins Geheimnis?
Octavio.
Nein!
Questenberg.
Wie? auch warnen wollen Sie ihn nicht,
In welcher schlimmen Hand er sich befinde?
Octavio.
Ich muss ihn seiner Unschuld anvertrauen.
Verstellung ist der offnen Seele fremd,
Unwissenheit allein kann ihm die Geistesfreiheit
Bewahren, die den Herzog sicher macht.
Questenberg. (besorglich)
Mein wuerd'ger Freund! Ich hab die beste Meinung
Vom Oberst Piccolomini-doch-wenn-
Bedenken Sie-
Octavio.
Ich muss es darauf wagen-Still! Da kommt er.