KAPITEL VIERUNDZWANZIG

An Bord des Raddampfers Ozymandias
Mississippi River, Oktober 1857

Schön, schön«, sagte Sour Billy Tipton, »er kommt genau auf uns zu. Ist das nicht riesig nett von ihm?«

»Und du bist sicher, es ist Marsh, Billy?« fragte Damon Julian.

»Schauen Sie selbst«, sagte Sour Billy und reichte Julian das Fernrohr. »Oben in dem Ruderhaus dieser Rattenfalle. Niemand sonst ist so fett und voller Warzen. War schon gut, daß ich wissen wollte, warum die dauernd hinter uns blieben.«

Julian ließ das Fernrohr sinken. »Ja«, sagte er. Er lächelte. »Wirklich, was täten wir ohne dich, Billy?« Dann verflog das Lächeln. »Aber, Billy, du hast mir versichert, der Kapitän wäre tot. Als er in den Fluß sprang. Daran erinnerst du dich doch. Oder nicht, Billy?«

Sour Billy sah ihn wachsam an. »Diesmal gehen wir auf Nummer Sicher, Mister Julian.«

»Aha«, sagte Julian. »Ja. Lotse, wenn wir passieren, dann mit einem Abstand von weniger als einem Meter. Hast du verstanden, Lotse?«

Joshua York löste den Blick kurz vom Fluß, ohne seinen festen und sicheren Griff an dem großen schwarzen und silbernen Ruder zu lockern. Seine kalten grauen Augen fingen den Blick Julians in der Dunkelheit des Ruderhauses auf, dann senkten sie sich ruckartig. »Wir werden dicht an ihnen vorbeifahren«, sagte York mit hohler Stimme.

Auf dem Sofa hinter dem Ofen rührte sich Karl Framm schwerfällig, setzte sich auf, kam herüber und blieb hinter York stehen. Mit halbtoten matten Augen starrte er hinaus auf den Fluß. Wenn man ihn jetzt sieht, dann ist kaum zu glauben, wie unangenehm und aufdringlich der Lotse früher mal gewesen ist, dachte Billy. Damon Julian hatte Framm dazu verholfen, was ihm gebührte; an jenem Tag, als er zum Schiff zurückgekommen war, ohne zu begreifen, wie grundlegend die Situation sich verändert hatte, mußte der Lotse unbedingt in Julians Hörweite von seinen drei Frauen prahlen. Damon Julian fand das sehr belustigend. »Da Sie die nicht mehr wiedersehen werden«, hatte Julian später zu Framm gesagt, »bekommen Sie an Bord dieses Dampfers drei neue Frauen. Schließlich hat ein Lotse gewisse Vorrechte.« Und nun wechselten Cynthia, Valerie und Cara sich bei ihm ab und achteten darauf, nie zuviel zu trinken, dafür labten sie sich aber regelmäßig. Als einziger Lotse mit Lizenz durfte Framm nicht sterben, obgleich York jetzt die meiste Zeit am Ruder stand. Framm war nicht mehr stolz und mächtig und auch nicht mehr unangenehm mit seinem großen Mundwerk. Er redete kaum noch, und er zog schlurfend die Füße nach, wenn er ging, die mageren Arme waren mit Bißspuren und ‐wunden übersät, und er hatte einen fiebrigen Glanz in den Augen.

Blinzelnd das Näherkommen von Marshs gedrungenem Heckraddampfer beobachtend, schien Framm sich ein wenig zu straffen. Er lächelte sogar. »Ganz nah«, murmelte er, »darauf kannst du dich verlassen, daß sie nahe herankommt.«

Julian sah ihn an. »Was meinten Sie, Mister Framm?«

»Gar nichts«, sagte Framm, »außer daß sie euch mittschiffs rammen wird.« Er grinste. »Ich wette, der gute alte Cap’n Marsh hat den verdammten Kahn bis zum Kesseldeck mit Sprengstoff vollgeladen. Das ist ein alter Flußschiffertrick.«

Julian blickte wieder auf den Fluß. Der Heckraddampfer kam direkt auf die Fiebertraum zu und spuckte Feuer und Qualm wie ein fliegender Vulkan.

»Er lügt«, meinte Sour Billy, »er lügt immer.«

»Dann seht doch, wie schnell sie heranrauscht«, sagte Framm, und es stimmte. Mit der Strömung, die sie schob, und einem rasend rotierenden Schaufelrad jagte der Heckraddampfer heran wie der Leibhaftige.

»Mister Framm hat recht«, sagte Joshua York, und während er das sagte, drehte er, Hand über Hand, mit lässiger Eleganz an dem großen Rad. Die Fiebertraum schwang mit dem Bug nach Backbord herum. Einen winzigen Moment später zog der heranstürmende Heckraddampfer zur anderen Richtung weg und jagte ihnen davon. An der Seite konnten sie die verblichene Aufschrift lesen: ELI REYNOLDS.

»Das ist ein verdammter Trick!« brüllte Sour Billy. »Er läßt sie an uns vorbeifahren!«

Julian sagte kühl: »Es gibt keinen Sprengstoff. Bring sie nahe heran!« Und York drehte sofort wieder am Ruder, aber es war zu spät; Marshs Schiff hatte seine Chance erkannt und war mit erstaunlicher Geschwindigkeit vorbeigerauscht, während der Dampf in dicken weißen Wolken aus den Überdruckventilen herauszischte. Die Fiebertraum reagierte schnell, ging sofort wieder auf Kurs, doch die Eli Reynolds war an Steuerbord etwa zehn Meter von ihnen entfernt, in sicherem Abstand, und dampfte flußabwärts. Ein Schuß hallte von ihr herüber, während sie sich entfernte, dessen Knall deutlich über dem mächtigen Dröhnen der Maschinen der Fiebertraum und dem Lärm ihrer Schaufelräder zu vernehmen war, aber es wurde kein bleibender Schaden angerichtet.

Damon Julian wandte sich an Joshua York und übersah dabei Framms spöttisches Grinsen. »Du wirst sie für mich einfangen, Joshua. Oder ich lasse deine Flaschen von Billy in den Fluß werfen, und du wirst wie wir anderen vom Durst gepeinigt. Hast du mich verstanden?«

»Ja«, sagte York. Er ließ die Maschinen für beide Schaufelräder stoppen, dann ließ er das Backbordrad langsam vorwärts und das Steuerbordrad langsam rückwärts laufen. Die Fiebertraum begann sich wieder zu drehen, unterstützt durch die Strömung. Die Eli Reynolds entfernte sich schnell von ihr, wobei ihr am Heck sitzendes Schaufelrad wild rotierte und ihre Schornsteine Funken und Feuer spuckten.

»Gut«, sagte Damon Julian. Er wandte sich an Sour Billy. »Billy, ich gehe in meine Kabine.« Julian verbrachte viel Zeit in seiner Kabine, wo er allein in der Dunkelheit saß, höchstens einmal beim Schein einer Kerze Brandy trank und ins Leere starrte. Mehr und mehr überließ er es Billy, das Schiff zu leiten, so wie er es auch Billy überlassen hatte, die Plantage zu führen, während er sich in seiner düsteren verstaubten Bibliothek aufhielt. »Bleib hier«, fuhr Julian fort, »und achte darauf, daß unser Lotse das tut, was ich ihm befohlen habe. Wenn wir den Dampfer geschnappt haben, dann bring Kapitän Marsh sofort zu mir.«

»Was soll mit den anderen geschehen?« fragte Billy unsicher.

»Ich bin sicher, dir wird etwas Passendes einfallen«, lächelte Julian.

Als Julian gegangen war, wandte Sour Billy seine Aufmerksamkeit wieder dem Fluß zu. Die Eli Reynolds hatte sich ein gutes Stück flußabwärts entfernt, während die Fiebertraum wendete, und hatte bereits einige hundert Meter Vorsprung, aber es war deutlich zu erkennen, daß es nicht lange dabei bleiben würde. Die Fiebertraum stürmte vorwärts, wie sie es seit Monaten nicht mehr getan hatte, beide Schaufelräder drehten sich mit Höchstgeschwindigkeit, die Schornsteine knatterten, und die Decksbohlen schwangen im Rhythmus der stampfenden Maschinen darunter. Während Billy dem anderen Boot nachschaute, schien der Abstand zwischen den beiden Schiffen dahinzuschmelzen; die Fiebertraum fraß den Fluß regelrecht auf. Julian würde praktisch jeden Augenblick vor Marsh stehen. Sour Billy Tipton freute sich schon darauf, ja, er war richtig begierig, das zu erleben.

Dann befahl Joshua York, das Steuerbordrad zu bremsen, und begann am Ruder zu drehen.

»He!« protestierte Billy. »Sie lassen sie ja entkommen! Was tun Sie da?« Er griff sich in den Nacken, zog das Messer hervor und schwang es drohend hinter Yorks Rücken. »Was soll das?«

»Ich überquere den Fluß, Mister Tipton«, antwortete York knapp.

»Drehen Sie das Rad ruhig zurück. Marsh will gar nicht auf die andere Seite, soweit ich sehen kann, aber dafür wächst sein Vorsprung.« York achtete nicht auf den Befehl, und Billy geriet noch mehr in Wut. »Umkehren, hab’ ich gesagt!«

»Vor ein paar Sekunden sind wir an einem Bach mit einem abgestorbenen Cottonwood in der Mündung vorbeigekommen. Das ist die Markierung. Bei diesem Zeichen muß ich rüber. Wenn ich weiter geradeaus laufen würde, geriete ich aus der Fahrrinne und würde auflaufen und uns alle versenken. Nicht weit vor uns erstreckt sich ein Felsenriff, nicht so hoch, daß es aus dem Wasser ragt, aber hoch genug, um uns den Bauch aufzuschlitzen. Ist es nicht so, Mister Framm?«

»Ich hätte es nicht besser erklären können.«

Sour Billy blickte sich argwöhnisch um. »Ich glaube Ihnen nicht«, sagte er. »Marsh hat nicht den Fluß überquert, und seinem Schiff wurde der Boden nicht aufgerissen, jedenfalls habe ich davon nichts bemerkt.« Er hielt drohend das Messer hoch. »Sie lassen ihn jedenfalls nicht entkommen«, sagte er. Die Eli Reynolds hatte bereits weitere vierzig Meter Vorsprung vor der Fiebertraum herausgefahren. Erst jetzt begann der Dampfer leicht nach Steuerbord hinüberzuziehen.

»Ein armseliger Kahn«, sagte Karl Framm voller Verachtung. »Teufel auch, dieser kleiner Heckpaddler, hinter dem wir her sind, hat doch so gut wie keinen Tiefgang. Nach einem anständigen Regen könnte man damit quer durch halb New Orleans dampfen, ohne zu merken, daß man längst den Fluß verlassen hat.«

»Abner ist nicht dumm«, sagte Joshua York, »und sein Lotse auch nicht. Sie wußten genau, daß das Riff viel zu tief liegt, um ihnen gefährlich werden zu können, selbst bei diesem Flußpegel. Sie sind genau drübergedampft und haben gehofft, daß wir ihnen folgen und absaufen. Günstigstenfalls hätten wir bis zum Morgengrauen festgehangen. Begreifen Sie jetzt endlich, Mister Tipton?«

Sour Billy zog ein finsteres Gesicht und kam sich plötzlich vor wie ein Narr. Er steckte sein Messer weg, und während er das tat, lachte Karl Framm. Es war zwar nur ein leises Kichern, aber es war laut genug, so daß Sour Billy es sehr wohl hörte. Er fuhr herum. »Schnauze, oder ich ruf’ die Frauen!« Danach war es an ihm, spöttisch zu grinsen.

Die Eli Reynolds hatte eine Landzunge umrundet, doch ihr Qualm hing noch in der Luft, und man konnte jenseits des schmalen Waldstreifens ihre Lichter erkennen. Sour Billy starrte diese Lichter schweigend an.

»Warum ist es Ihnen eigentlich so wichtig, ob Abner entkommt?« fragte York leise. »Was hat dieser Kapitän Ihnen getan, Mister Tipton?«

»Ich habe für Warzen nichts übrig«, erklärte Billy kalt, »und Julian will ihn haben. Ich tue nur, was Julian will.«

»Was täte er ohne Sie?« bemerkte Joshua York. Sour Billy gefiel der Ton nicht, in dem das gesagt wurde, aber ehe er dagegen protestieren konnte, fuhr York schon fort: »Er benutzt Sie, Billy. Ohne Sie wäre er ein Nichts. Sie denken für ihn, handeln für ihn, beschützen ihn bei Tag. Sie machen ihn zu dem, der er ist.«

»Jawohl«, sagte Billy stolz. Er wußte, wie wichtig er war. Ihm gefiel das sehr gut. Noch besser war es auf dem Dampfer. Ihm gefiel der Posten als Maat. Die Nigger, die er gekauft, und der weiße Abschaum, den er angeheuert hatte, hatten alle Angst vor ihm; sie redeten ihn mit ›Mister Tipton‹ an und beeilten sich, zu tun, was er von ihnen verlangte, ohne daß er einmal die Stimme erheben oder sie drohend ansehen mußte. Einige von den Weißen hatten sich zu Beginn noch gegen ihn aufgelehnt, bis Sour Billy einen von ihnen aufgeschlitzt und in die Feuerung gestopft hatte, bis nur noch sein Kopf herausgeschaut hatte. Danach begegneten sie ihm regelrecht respektvoll. Die Nigger machten überhaupt keine Probleme, außer wenn sie anlegten und wenn Billy sie an die Fesseln kettete, die er auf dem Hauptdeck verschraubt hatte, damit sie nicht weglaufen konnten. Das war besser als sein Job als Plantagenaufseher. Ein Aufseher war weißer Abschaum, alle blickten auf ihn herab. Aber auf dem Fluß war der Maat eines Dampfers ein Mann von Ansehen, ein Offizier, jemand, den man stets höflich anreden mußte.

»Das Versprechen, das Julian Ihnen gegeben hat, ist eine Lüge«, sagte York. »Sie werden nie einer von uns sein, Billy. Wir gehören unterschiedlichen Rassen an. Unsere Anatomie ist anders, unser Fleisch, unser Blut. Er kann Sie nicht verwandeln, ganz gleich, was er Ihnen erzählt.«

»Sie müssen glauben, ich sei verdammt dumm«, sagte Billy. »Ich brauche gar nicht auf Julian zu hören. Ich kenne die Geschichten. Ich weiß, wie Vampire andere Leute zu Vampiren machen können. Sie waren auch mal einer wie ich, York, egal, was Sie jetzt sagen. Nur sind Sie schwach, und ich bin es nicht. Haben Sie Angst?« Das war es, dachte Billy. York wollte, daß er Julian hinterging, damit Julian ihn nicht umdrehte, denn sobald er einer von ihnen war, wäre er stärker als York, vielleicht sogar stärker als Julian selbst. »Ich mach’ Ihnen Angst, nicht wahr, Josh? Sie meinen, Sie wären so verdammt fein und edel, aber warten Sie nur ab, bis Julian mich verwandelt, und dann werden Sie mich anwinseln und vor mir zu Kreuze kriechen. Würde gern mal wissen, wie Ihr Blut schmeckt. Julian kennt es, nicht wahr?«

York schwieg, aber Sour Billy wußte, daß er einen wunden Punkt getroffen hatte. Damon Julian hatte seit jenem ersten Abend an Bord der Fiebertraum mindestens ein dutzendmal von Yorks Blut gekostet. Er hatte bisher sogar bei niemand anderem getrunken. »Weil du so schön bist, lieber Joshua«, sagte er immer mit einem bleichen Lächeln, wenn er York das Glas reichte, damit dieser es füllte. Es schien ihn zu belustigen, York unter seinen Willen zu zwingen.

»Insgeheim lacht er die ganze Zeit über Sie«, meinte York nach einiger Zeit. »Jeden Tag und jede Nacht. Er spottet über Sie, verabscheut Sie. Er findet Sie häßlich und lächerlich, ganz gleich, wie nützlich Sie sind. Sie sind für ihn nicht mehr als ein Tier, und er wird Sie fallenlassen wie so vielen anderen Abschaum, sobald er ein stärkeres Tier findet, das ihm dient. Er macht sich einen Spaß daraus, aber bis dahin sind Sie selbst schon so verfault und verkommen, daß Sie ihm immer noch vertrauen und hinter ihm herkriechen.«

»Ich krieche vor niemandem«, wehrte Billy sich. »Schweigen Sie! Julian lügt nicht!«

»Dann fragen Sie ihn doch mal, wann er Sie endlich verwandeln will. Fragen Sie ihn, wie er dieses Wunder vollbringen will, wie er Ihre Haut aufhellen und Ihren Körper verändern will, und wie er Ihre Augen dazu bringt, in der Dunkelheit zu sehen. Fragen Sie Julian, ob er Sie nicht anlügt. Und hören Sie zu, Mister Tipton. Hören Sie sich genau den Spott in seiner Stimme an, wenn er mit Ihnen redet.«

Sour Billy Tipton raste innerlich vor Wut. Er konnte sich kaum zügeln, sein Messer herauszureißen und es in Joshua Yorks breiten Rücken zu bohren, aber er wußte, daß York ihn bezwingen würde, und Julian wäre auch nicht gerade begeistert. »Na schön«, lenkte er ein. »Vielleicht frage ich ihn. Er ist älter als Sie, York, und er weiß Dinge, die Sie nicht wissen. Vielleicht frage ich ihn jetzt gleich.«

Karl Framm kicherte wieder verhalten, und sogar York löste den Blick vom Fluß, um ihn herausfordernd anzugrinsen. »Worauf warten Sie dann noch?« fragte er. »Fragen Sie ihn!« Und Sour Billy stieg nach unten zum Texasdeck, um sich Klarheit zu verschaffen.

Damon Julian hatte die Kapitänskabine bezogen, die vorher Joshua York gehört hatte. Billy klopfte höflich an. »Ja, Billy«, erfolgte die leise Antwort. Er öffnete die Tür und trat ein. Der Raum war völlig dunkel, aber er spürte, daß Julian nicht weit von ihm entfernt in der Dunkelheit saß. »Haben wir Kapitän Marsh schon eingeholt?« fragte Julian.

»Er ist noch immer vor uns«, sagte Billy, »aber wir haben ihn bald erwischt, Mister Julian.«

»Aha. Warum bist du dann hier, Billy? Ich hatte dir doch befohlen, bei Joshua zu bleiben.«

»Ich muß Sie etwas fragen«, sagte Sour Billy. Er wiederholte alles, was Joshua York ihm erzählt hatte. Als er damit geendet hatte, wurde es in der Kabine sehr still.

»Armer Billy«, sagte Julian schließlich. »Du zweifelst, Billy, nach all der langen Zeit? Wenn du zweifelst, Billy, dann wirst du die Verwandlung niemals schaffen. Deshalb ist der liebe Joshua so verstört. Seine Zweifel haben ihn zu diesem Zustand verdammt. Er ist zur Hälfte Meister und zur Hälfte Vieh, verstehst du? Du mußt Geduld haben.«

»Ich will endlich damit anfangen«, beharrte Billy. »Mehrere Jahre bin ich jetzt schon bei Ihnen, Mister Julian. Jetzt, da wir den Dampfer haben, geht es uns besser als je zuvor. Ich will einer von Ihrem Volk sein. Sie haben es versprochen.«

»Das habe ich.« Damon Julian kicherte. »Na schön, Billy, dann wollen wir anfangen, ja? Du hast mir gehorsam gedient, und wenn du es dir sosehr wünschst, dann kann ich es dir nicht abschlagen, nicht wahr? Du bist so klug, daß ich dich auf keinen Fall verlieren will.«

Sour Billy traute seinen Ohren kaum. »Heißt das, Sie tun es?« Joshua York werden seine Worte noch furchtbar leid tun, dachte Billy aufgeregt.

»Natürlich, Billy. Ich habe dir ein Versprechen gegeben.«

»Wann?«

»Die Veränderung kann nicht in einer einzigen Nacht vollzogen werden. Es dauert einige Zeit, dich zu verwandeln, Billy. Jahre!«

»Jahre?« wiederholte Billy enttäuscht. Er hatte keine Lust, Jahre zu warten. In den Geschichten dauerte es niemals Jahre. »Ich fürchte schon. Genauso wie du vom Kind langsam zum Mann heranwächst, genauso verwandelst du dich ganz allmählich vom Sklaven zum Meister. Wir werden dich entsprechend ernähren, Billy, und aus dem Blut wirst du Kraft, Schönheit und Schnelligkeit gewinnen. Du wirst das reine Leben trinken, und es wird durch deine Adern fließen, bis du für die Nacht wiedergeboren wirst. Das kann nicht so schnell vollzogen werden, aber es ist möglich. Es wird so sein, wie ich es versprochen habe. Du wirst das ewige Leben erringen, und wirst Meister sein, und der rote Durst wird dich ausfüllen, dich treiben. Wir werden bald beginnen.«

»Wie bald?«

»Um anzufangen, mußt du trinken, Billy. Und dafür brauchen wir ein Opfer.« Er lachte. »Kapitän Marsh«, sagte er plötzlich. »Er wird für dich genau der Richtige sein, Billy. Wenn wir seinen Dampfer eingeholt haben, dann bring ihn her zu mir, wie ich es dir befohlen haben. Unversehrt. Ich werde ihn nicht anrühren. Er soll dir gehören, Billy. Wir fesseln ihn im großen Salon, und du trinkst von ihm, Nacht für Nacht. Ein Mann von seiner Größe verfügt bestimmt über eine Menge Blut. Er wird für lange Zeit reichen, Billy, und wird dir helfen, einen großen Teil der Verwandlung zu vollziehen. Ja, du wirst mit Kapitän Marsh beginnen, sobald er in unseren Händen ist. Fang sie, Billy! Für mich und für dich selbst.«

Загрузка...