Kapitel 14

Leider war noch ziemlich viel Geschirr zu spülen, als ich zurück in die Küche kam, und so faßte ich etwas schuldbewußt mit an, lief aber immer wieder mit Glas und Handtuch in den Speisewagen, um sehen zu können, was sich draußen vor den Fenstern tat.

Daffodil ließ sich vom Bahnhofspersonal aus dem Aussichtswagen helfen und ging, begleitet von Nell und Rose und Cumber Young (der ihre beiden Koffer trug), langsam in den Hauptteil des Bahnhofs hinein. Daffodils Locken waren so keck hochgetürmt wie sonst, doch ihre Schultern hingen unter den Chinchillas herab, und als ich kurz ihr Gesicht sah, hatte es eher den Ausdruck eines verlassenen Kindes als den einer rachedurstigen Xanthippe. Nell war hilfsbereit, Rose Young verströmte Wärme; Cumber Young blickte grimmig.

«Trocknen Sie nun Gläser ab oder nicht?«wollte Cathy wissen. Sie hatte klare, helle Augen, war ebenso flink wie hübsch und außerdem im Augenblick müde.

«Mit Unterbrechungen«, sagte ich.

Ihre momentan schlechte Laune verschwand.»Dann lassen Sie die Unterbrechungen mal weg, sonst komme ich nicht mehr rüber in den Bahnhof, bevor wir abfahren.«

«Gut«, sagte ich und trocknete und polierte hingebungsvoll mehrere Gläser.

Cathy kicherte.»Wie lange wollen Sie das durchziehen?«

«Bis zum Schluß, denke ich.«

«Aber wann kommt Ihr Auftritt?«

«Ah…«sagte ich,»da liegt das Problem. Ganz zum Schluß. Ich werde also bis Vancouver Geschirr abtrocknen.«

«Sind Sie der Mörder?«fragte sie neckend.

«Ganz und gar nicht.«

«Das letztemal, als wir einen Schauspieler hatten, der sich als Kellner ausgab, war er der Mörder.«

«Der Mörder«, sagte ich,»ist der Fahrgast, dem Sie immer die besten Portionen zuteilen. Der gutaussehende Junggeselle, der zu allen so nett ist.«

Sie riß die Augen auf.»Das ist doch ein Besitzer«, sagte sie.

«Es ist ein Schauspieler. Und verraten Sie ihn nicht.«

«Natürlich nicht. «Sie blickte jedoch ein wenig verträumt, als habe sie etwas Erfreuliches gehört. Ich mochte ihr nicht die Illusionen nehmen, was ihre Aussichten oder die irgendeines anderen Mädchens bei dem tollen Giles betraf; sie würde es früh genug merken.

Als die Arbeit schließlich getan war, hüpfte Cathy hinaus in den Trubel des Bahnhofs, und an ihrer Stelle half ich Emil und Oliver, die ganze Ausrüstung wegzusperren, denn wenn in Lake Louise alles ausstieg, würde der Zug wieder zwei Tage kalt und stumm auf einem Nebengleis stehen, vor dem letzten Stück westwärts zum Pazifik.

Einige, aber nicht alle Fahrgäste waren in Calgary sozusagen an Land gegangen, und diejenigen, die im Bahnhof gewesen waren, kamen rechtzeitig zurück, einschließlich der Youngs. Von Filmer keine Spur, auch nicht von dem Hageren. Der Speisewagen füllte sich wieder halb mit Leuten, die sich lieber dort als in ihrem Abteil aufhielten, und von ihnen hörte ich, daß der Pferdewaggon glücklich ausgehängt und von der Lok abgeschleppt worden war, so daß wir anderen vorübergehend festsaßen.

Der Zug drei Gleise weiter, so erzählten sie einander, war der reguläre Canadian, der pünktlich fünfunddreißig Minuten nach uns eingetroffen war und dessen Passagiere sich jetzt auch die

Beine vertraten. Der Canadian, einst eine Bedrohung, war in der allgemeinen Wahrnehmung offenbar zu einem Freund geworden; unser Doppelgänger und Gefährte auf der Reise. Die Fahrgäste hatten sich zusammengefunden und Meinungen ausgetauscht. Die Zugführer hatten sich zu einem Gespräch getroffen.

Ein Ruck und ein Schüttern ging durch den Zug, als die Lok zurückkam und sich einklinkte, und bald darauf waren wir wieder unterwegs; die Fahrgäste strömten jetzt zum Aussichtswagen, um vom Oberdeck den Aufstieg in die Berge zu genießen.

Filmer war zu meiner gelinden Überraschung unter denen, die durch den Speisewagen kamen, und gleich hinter ihm war Nell, die mich über Filmers Schulter hinweg ansah und sagte:»Ich habe eine Nachricht von George Burley für Sie.«

«Entschuldigen Sie, Miss«, sagte ich abrupt und glitt zwischen zwei Tischen zurück, um Filmer vorbeizulassen,»ich komme gleich zu Ihnen.«

«Was?«Sie war verdutzt, blieb aber stehen und trat ebenfalls zur Seite, um die hinter ihr Kommenden durchzulassen. Filmer selbst war zügig weitergegangen, ohne Nell oder mich im mindesten zu beachten, und als er ganz hinten im Wagen war und eine leise Unterhaltung bestimmt nicht mehr hören konnte, wandte ich mich fragend wieder Nell zu.

«Das Ganze ist ein bißchen verworren«, sagte sie. Sie stand auf der anderen Seite des Tisches und sprach über ihn weg.»Anscheinend klingelte das Telefon in George Burleys Büro, als er wieder einstieg, und eine Frau war dran, die einen Mr. Kelsey sprechen wollte. George Burley sah auf seinen Listen nach und sagte, es sei kein Mr. Kelsey im Zug. Da bat sie ihn, mir etwas auszurichten, und das hat er getan.«

Es mußte Mrs. Baudelaire gewesen sein, dachte ich — sonst kannte niemand die Nummer. Bill hätte man niemals für eine

Frau halten können. Doch wohl nicht seine Sekretärin…? Gott behüte.

«Was läßt sie ausrichten?«fragte ich.

«Ich weiß nicht, ob George Burley und ich es richtig verstanden haben. «Sie runzelte die Stirn.»Es gibt keinen Sinn, aber… null-neunundvierzig. Das ist die ganze Nachricht, nullneunundvierzig. «Sie sah mir ins Gesicht.»Sie scheinen ja ganz zufrieden damit zu sein.«

Ich war allerdings auch entsetzt, wie nah Filmer daran gewesen war, es zu hören.

Ich sagte:»Ja, gut… erzählen Sie bitte niemand anderem von der Nachricht, und wenn’s geht, vergessen Sie sie bitte.«

«Kann ich nicht.«

«Das habe ich befürchtet. «Ich suchte nach einer zumindest halbwegs einleuchtenden Erklärung.»Es dreht sich um die Grenze zwischen Kanada und Amerika«, sagte ich,»um den neunundvierzigsten Breitengrad.«

«Na sicher. «Wie es aussah, war sie zwar eher unsicher, aber bereit, es dabei bewenden zu lassen.

Ich sagte:»Irgendwann heute abend wird jemand einen an Sie adressierten Brief ins Chateau bringen. Er enthält ein Foto. Er ist für mich, von Bill Baudelaire. Lassen Sie ihn mir zukommen?«

«Ja, okay. «Sie schaute kurz auf ihr Klemmbrett.»Ich wollte Sie sowieso wegen der Unterkunft sprechen. «Ein oder zwei Passagiere kamen vorbei, und sie wartete, bis sie fort waren.

«Das Zugpersonal wohnt im Gesindehaus von Chateau Lake Louise und die Schauspieler im Hotel selbst. Wohin möchten Sie? Ich muß die Liste schreiben.«

«Unsere Fahrgäste sind im Hotel?«

«Unsere ja, aber nicht die Rennbahnbesucher. Die steigen alle in Banff aus. Das ist der Ort vor Lake Louise. Die Besitzer wohnen alle im Hotel. Ich auch. Was möchten Sie?«»Bei Ihnen sein.«

«Ernsthaft.«

Ich überlegte kurz.»Gibt es noch andere Möglichkeiten?«

«Etwa eine Meile vom Chateau ist ein Dorf oder so, aber das besteht nur aus ein paar Läden, und die schließen um diese Jahreszeit, machen dicht für den Winter. In den Bergen ist jetzt schon vieles geschlossen. «Sie hielt inne.»Das Chateau steht für sich allem am Seeufer. Es ist schön dort.«

«Ist es groß?«fragte ich.

«Riesig.«

«Okay. Ich steige dort ab und riskiere es.«

«Was denn?«

«Daß man mir die Weste runterreißt.«

«Die brauchen Sie doch da nicht anzuhaben«, versicherte sie mir.

«Nein. bildlich gesprochen.«

Sie senkte das Klemmbrett und drückte ihren Kuli ein, um zu schreiben.

«Tommy Titmouse«, sagte ich.

Ihre Mundwinkel gingen nach oben.»T. Titmuss. «Sie buchstabierte es.»Gut so?«

«Prima.«

«Was sind Sie wirklich?«

«Warten Sie’s ab«, sagte ich.

Sie warf mir einen schrägen Blick zu, erwiderte aber nichts, da Passagiere vorbeikamen, die Fragen an sie hatten, und ich ging weiter in den Aussichtswagen, um zu erkunden, wie fest Julius Apollo dort verwurzelt war. Vor allem fragte ich mich, ob ich getrost versuchen konnte, Einblick in seinen Aktenkoffer zu bekommen, oder mich strikt nach dem Befehl richten sollte, nicht das Risiko einer Verhaftung einzugehen. Hätte er nicht gehofft, daß ich nachsehe, hätte der Brigadier die Zahl nicht durchgegeben. Sah ich aber nach und wurde dabei erwischt, platzte das ganze Unternehmen.

Filmer war nirgends zu sehen.

Vom Kopf der Treppe suchte ich noch einmal die Reihen der Hinterköpfe unterm Aussichtsdeck ab. Kein dichter schwarzer, glattgebürsteter Schopf mit einzelnen grauen Strähnen. Kahl, blond, strubblig und gepflegt, aber kein Filmer.

Er war nicht unten im Gesellschaftsraum und auch nicht in der Bar, wo wie üblich, blind für die Landschaft, die Pokerrunde tagte. Blieb nur der Wagen der Lorrimores… Er mußte bei Mercer, Bambi und Sheridan sein. Xanthe war bei Rose und Cumber Young und beobachtete das Herannahen der fernen weißen Gipfel unter wolkenlosem Himmel.

Ich ging unschlüssig zurück in Richtung Filmers Abteil, fragte mich, ob meine Abneigung, es zu betreten, lediglich Vorsicht war oder aber nackte Angst, und befürchtete, es sei letzteres.

Ich mußte es wohl tun, dachte ich, denn tat ich es nicht, würde ich zuviel Zeit meines Lebens damit verbringen, das zu bereuen. Eine bleibende Vier minus in der Bilanz. Bis ich den Speiseraum verließ und in den Gang neben der Küche eintauchte, fühlte ich mich bereits außer Atem, spürte mein Herz, und das war überhaupt nicht gut fürs Selbstvertrauen. Mit trockenem Mund lief ich durch den kühlen, sich unter mir bewegenden Verbindungsgang, öffnete und schloß die Türen, kam der riskanten Aufgabe mit jedem Schritt näher.

Filmers Abteil war das erste im Schlafwagen hinter der Küche. Ich bog mit dem größten Widerwillen um die Ecke in den Gang ein und war gerade dabei, meine Hand auf den Türgriff zu legen, als der Schlafwagensteward, genauso gekleidet wie ich, aus seinem Einzelabteil am anderen Ende des Wagens trat, mich erblickte, mir winkte und auf mich zukam.

Mit feiger Erleichterung ging ich ihm langsam entgegen, und er sagte» hallo «und» wie geht’s?«

Es war der alte Bekannte, der mir von Filmers Privatfrühstück erzählt hatte, der mir gezeigt hatte, wie man die Betten und die Sitze aufschlug und zusammenklappte; derjenige, der sich um den Wagen kümmerte, in dem wir uns befanden, und um die drei Schlafräume im Aussichtswagen, darunter auch Daffodils. Er hatte den ganzen Nachmittag Zeit, war freundlich und zum Reden aufgelegt, und er machte es mir unmöglich, ihn abzuschütteln und mich wieder meinem ruchlosen Treiben zu widmen.

Er redete von Daffodil und dem Chaos, das sie in ihrem Abteil angerichtet hatte.

Chaos?

«Wenn Sie mich fragen«, sagte er nickend,»dann hat die eine Flasche Wodka in ihrem Koffer gehabt. Überall lagen Glasscherben rum. Kaputte Wodkaflasche. Und erst der Spiegel überm Waschbecken. Zerdonnert. Splitter im ganzen Abteil. Ich nehme an, sie hat die Flasche in den Spiegel gefeuert, und dabei ging beides zu Bruch.«

«Blöd, daß Sie so was aufräumen müssen«, sagte ich.

Er schien überrascht.»Ich hab’s nicht aufgeräumt. Es ist noch so. George kann sich’s mal ansehen. «Er zuckte die Achseln.»Ich weiß nicht, ob die Bahn sich das von ihr bezahlen läßt. Sollte mich nicht wundern.«

Er blickte über meine Schulter auf jemanden, der aus dem Speisewagen kam.

«Guten Tag, Sir«, sagte er.

Von hinter mir kam keine Antwort. Ich drehte den Kopf und sah Filmers Rückansicht in seinem Abteil verschwinden.

Großer Gott, dachte ich entsetzt: Ich wäre da drin gewesen, vor mir seinen offenen Aktenkoffer, hätte in seinen Papieren gelesen. Mir wurde fast schlecht.

Ich spürte mehr als ich sah, daß Filmer wieder aus seinem Abteil und zu uns herüberkam.

«Kann ich Ihnen helfen, Sir?«sagte der Schlafwagensteward und ging an mir vorbei auf Filmer zu.

«Ja. Was wird in Lake Louise mit unserem Gepäck?«

«Überlassen Sie das mir, Sir. Wir sammeln alle Taschen ein und schaffen sie zum Chateau. Sie werden Ihnen dort aufs Zimmer gebracht, Sir.«

«Gut«, sagte Filmer, ging zurück in seine Höhle und schloß die Tür. Bis auf einen ganz flüchtigen Blick etwa in Taillenhöhe hatte er mich überhaupt nicht angesehen.

«Wir haben es in Winnipeg mit dem Gepäck auch schon so gemacht«, sagte der Schlafwagensteward resigniert zu mir.»Man sollte meinen, sie lernen es.«

«Vielleicht tun sie’s bis Vancouver.«

«Jaja.«

Ich ließ ihn nach einer Weile allem und setzte mich in mein Abteil, atmete tief durch und dankte allen Schutzengeln im Himmel für meine Rettung, insbesondere aber dem Engel in des Schlafwagenstewards gelber Weste.

Vor dem Fenster draußen wurde die Verheißung der Berge zur Umarmung, felsige, mit hohen, schlanken Kiefern bewachsene Hänge drängten bis an die Bahnstrecke heran, die sich durch das Tal des Bow River wand. Auf vielen Telegrafenmasten thronten dicke, unförmige Ansammlungen von Knüppeln und Zweigen wie Ascothüte, was recht ungewöhnlich aussah; einer der Fahrgäste hatte gesagt, die Hüte seien Fischadlerhorste, und die Masten würden eigens für sie mit Plattformen ausgestattet. Tapfere Vögel, dachte ich, daß sie ihre Eier über den dröhnenden Zügen legten. Federsträubende Unterhaltung für die Brut.

Nach der flott durchratterten Prärie ächzten wir jetzt langsamer bergauf, so daß der Zug zwei Stunden brauchte, um die siebzig Meilen von Calgary nach Banff zurückzulegen. Als er dort im breiten Abschnitt des Tals anhielt, umgaben uns die schneebedeckten Gipfel plötzlich wie ein hochragender, glitzernder, ungleichmäßiger Ring, und wir sahen, daß sich das eigentliche Gebirge in kahler majestätischer Pracht über den dichtgedrängten bewaldeten Vorbergen erhob. Wie die meisten Menschen spürte auch ich jetzt die starke Anziehung, die von geheimnisvollen, in eisiger Höhe gelegenen Orten ausgeht, und Filmer oder nicht, ich lächelte vor Freude und fühlte mich ganz und gar unbeschwert.

In Calgary war es auffallend warm gewesen, was man dem Föhn zuschrieb, der von den Bergen herabwehte, doch in Banff war es ausgesprochen kalt. Die Lok schnaufte hm und her, riß den Zug in zwei Teile, schleppte die Rennbahnbesucher und den ganzen vorderen Teil auf ein Abstellgleis und kehrte zurück, um nur den Besitzerabschnitt weiterzubefördern — die drei Schlafwagen, den Speisewagen, den Aussichtswagen und die Lorrimores. Verkürzt und sehr viel leichter kletterte dieser Rest des Zuges in gutem Tempo noch eine Dreiviertelstunde bergan und hielt im Triumph vor der Blockhüttenstation von Lake Louise.

Bestens gelaunt stiegen die Passagiere aus, selbst in ihren Mänteln zwar noch fröstelnd nach der Wärme in den Wagen, doch voller Erwartung, und niemand dachte mehr an Daffodil. Sie strömten in einen bereitstehenden Bus, während ihr Gepäck in ein anderes Fahrzeug geladen wurde. Ich klammerte mich noch an die Hoffnung, Filmer werde seinen Aktenkoffer dort mit aufgeben, doch als er aus dem Zug kam, war der Koffer fest in seiner Hand.

Ich sagte Nell, ich würde die letzte Meile vom Bahnhof aus zu Fuß gehen, um erst einzutreffen, wenn alle sich angemeldet und die Halle geräumt hatten. Sie meinte, ich könne doch mit dem Personal im separaten Bus hochfahren, doch ich vertraute ihr meine Tasche an, knöpfte meinen grauen Einheitsregenmantel bis zum Hals zu und genoß den Spaziergang durch die frische kalte Luft und das dunkler werdende Herbstgold der späten Nachmittagssonne. Als ich die Empfangshalle des großen Chateaus erreichte, war sie überfüllt von höflichen jungen japanischen Paaren in Flitterwochen, doch die Unwins, die Youngs, die Flokatis waren fort.

Nell saß lang ausgestreckt in einem Sessel in der Halle, als würde sie nie mehr die Energie aufbringen, sich zu erheben, und ich setzte mich neben sie, bevor sie noch gemerkt hatte, daß ich da war.

«Sind alle untergebracht?«fragte ich.

Sie seufzte tief und rührte sich nicht mal versuchsweise.»Die Suite, die ich für die Lorrimores gebucht hatte, ist eine halbe Stunde vor unserer Ankunft anderweitig vergeben worden. Die Leute wollen nicht raus, die Direktion entschuldigt sich nicht, und Bambi ist nicht gerade erbaut.«

«Ich kann es mir vorstellen.«

«Andererseits sitzen wir mit dem Rücken zu einer der schönsten Aussichten der Welt.«

Ich drehte mich um, blickte über die Sessellehne und sah zwischen sich drängenden Japanern schwarzweiße Berge, einen türkisblauen See, grüne Kiefern und einen vorrückenden Gletscher, als wäre es ein Bühnenbild, ehrfurchterregend nah und von den Fenstern eingerahmt.

«Toll«, sagte ich beeindruckt.

«Es läuft schon nicht weg«, sagte Nell nach einer Weile.»Morgen ist das alles auch noch da.«

Ich ließ mich in den Sessel zurückplumpsen.»Es ist unglaublich.«

«Deswegen kommen die Leute seit Generationen hierher und schauen es sich an.«»Ich hatte eigentlich mehr Schnee erwartet«, sagte ich.

«Bis Weihnachten wird er knietief sein.«

«Haben Sie auch mal frei hier?«fragte ich.

Sie blickte mich von der Seite an.»Hin und wieder fünf Sekunden, aber allein bin ich so gut wie nie.«

Ich seufzte nur ein wenig, da ich nichts anderes erwartet hatte. Sie war der Dreh- und Angelpunkt der Reise: die meistbeachtete Person, deren Verhalten ständig analysiert wurde.

«Ihr Zimmer liegt in einem der Flügel«, sagte sie und gab mir eine Karte mit einer Nummer darauf.»Sie brauchen sich nur am Empfang einzutragen, dann bekommen Sie den Schlüssel. Ihre Tasche müßte schon oben sein. Die meisten Schauspieler sind auch in dem Flügel. Keiner von den Besitzern.«

«Sind Sie dort?«

«Nein.«

Sie sagte nicht, wo ihr Zimmer war, und ich fragte nicht danach.

«Wo essen Sie denn?«sagte sie unsicher.»Ich meine… sitzen Sie im Speiseraum bei den Schauspielern?«

Ich schüttelte den Kopf.

«Aber auch nicht bei den Besitzern.«

«Es ist eben ein einsames Leben«, sagte ich.

Sie sah mich mit plötzlicher Aufmerksamkeit scharf an, und ich dachte kläglich, daß ich ihr viel zu viel gesagt hatte.

«Soll das heißen«, fragte sie gedehnt,»Sie tun das immer? Sie spielen immer eine Rolle? Nicht nur in dem Zug?«

«Nein«, lächelte ich.»Ich arbeite allein. Das ist alles, was ich damit sagen wollte.«

Sie fröstelte geradezu.»Sind Sie jemals Sie selbst?«

«Sonntags und montags.«

«Allein?«»Ja… schon.«

Ihre Augen, ruhig und grau, blickten nur mäßig bekümmert.

«Sie scheinen über ihre Einsamkeit nicht unglücklich zu sein«, stellte sie fest.

«Natürlich nicht. Meistens suche ich sie. Aber nicht, wenn eine reizende Alternative sich hinter einem Klemmbrett versteckt.«

Der Panzer lag im Augenblick auf ihrem Schoß, vom Dienst befreit. Sie strich mit der Hand darüber, während sie bemüht war, nicht zu lachen.

«Morgen«, sagte sie und flüchtete sich in Sachlichkeit,»begleite ich einen Bus voll Passagiere zu einem Gletscher, dann nach Banff zum Mittagessen, dann fahren wir mit der Seilbahn auf einen Berg.«

«Hoffentlich wird’s schön für Sie.«

«Die Lorrimores haben einen Wagen mit Chauffeur für sich.«

«Sonst noch jemand?«

«Seit Mrs. Quentin weg ist, nicht mehr.«

«Die arme alte Daffodil«, sagte ich.

«Arm?«rief Nell aus.»Wußten Sie, daß sie den Spiegel in ihrem Abteil zertrümmert hat?«

«Ja, ich habe davon gehört. Nimmt Mr. Filmer an der Busfahrt teil?«

«Weiß ich noch nicht. Er wollte wissen, ob es hier eine Sporthalle gibt, weil er gern Hanteln stemmt. Der Bus steht jedem Interessenten offen. Wer da alles teilnimmt, kann ich wohl erst sagen, wenn wir losfahren.«

Ich würde die Abfahrt beobachten müssen, dachte ich, und das versprach schwierig zu werden, da ich ihnen allen inzwischen halbwegs bekannt war und kaum für längere Zeit unsichtbar herumstehen konnte.

«Die Unwins sind runter in die Halle gekommen und steuern auf uns zu«, sagte Nell, den Blick von mir abgewandt.

«Gut.«

Ich stand ohne Hast auf, ging mit der Karte, die sie mir gegeben hatte, zum Empfang und trug mich ins Register ein. Hinter mir hörte ich die australischen Stimmen der Unwins zu ihr sagen, sie wollten ein Stück am Ufer spazierengehen und es sei die schönste Reise, die sie jemals unternommen hätten. Als ich mich mit meinem Schlüssel in der Hand umdrehte, traten sie gerade durch die Glastür hinaus in den Garten.

Ich hielt noch einmal bei Nell an, die jetzt aufstand.»Vielleicht sehen wir uns«, sagte ich.

«Vielleicht.«

Ich lächelte ihr in die Augen.»Falls irgend etwas Merkwürdiges geschieht.«

Sie nickte.»Sie sind in Zimmer sechs-zwoundsechzig.«

«Was wird nach Vancouver?«fragte ich.

«Ich hab den Klipper gebucht, der mich sofort nach den Rennen wieder nach Toronto bringt.«

«Was für einen Klipper?«

«Den Nachtflug.«

«So schnell?«

«Wie konnte ich wissen, daß mir nichts daran liegen würde?«

«Das«, sagte ich,»soll mir fürs erste genügen.«

«Kommen Sie nicht auf Gedanken«, meinte Nell gelassen,»die Ihrem niederen Stand unangemessen sind.«

Sie entfernte sich mit schelmisch glitzernden Augen, und ich ging zufrieden in den sechsten Stock des Flügels hinauf, in dem keine Besitzer wohnten, und stellte fest, daß das mir zugewiesene Zimmer nahe dem Ende des Flurs lag und gleich neben Zaks.

Seine Tür war weit offen, Donna und Pierre standen halb drinnen, halb draußen.

«Kommen Sie rein«, sagte Donna, als sie mich sah.»Wir gehen gerade die Szene für heute abend durch.«

«Und wir stecken in einer ganz verfluchten Krise«, setzte Pierre hinzu.»Wir können jede Anregung gebrauchen.«

«Aber Zak möchte vielleicht nicht…«begann ich.

Er kam selbst zur Tür.»Zak nimmt sogar Vorschläge von Schimpansen entgegen«, sagte er.

«Okay. Dann ziehe ich bloß meinen Mantel aus. «Ich zeigte mit dem Finger.»Wohne direkt nebenan.«

Ich ging in mein Zimmer, das die gleiche überwältigende Aussicht auf Berge, See, Bäume und Gletscher bot wie die Halle, wenn nicht sogar eine noch bessere, da es höher lag. Ich schlüpfte aus dem Regenmantel und der Uniform, die er verborgen hatte, zog einen Trainingsanzug und Turnschuhe an und kehrte zu Zaks Gefecht zurück.

Die Krise bestand in der Abwesenheit eines Schauspielers, der erwartet worden war, sich aber hatte entschuldigen lassen.

«Alles Ausreden!«schäumte Zak.»Er hat sich heute morgen den blöden Arm gebrochen und kommt nicht. Ich bitte Sie! Ist ein gebrochener Arm denn eine Entschuldigung?«

Die anderen, die ganze Truppe, waren eher nicht der Ansicht.

«Er sollte Angelicas Mann sein«, sagte Zak.

«Was war denn mit Steve?«fragte ich.

«Der war ihr Liebhaber und ihr Geschäftspartner. Sie wurden beide von Giles umgebracht, weil sie gerade entdeckt hatten, daß er das gesamte Firmenkapital veruntreut hatte und die Vollblutagentur bankrott war. Nun betritt Angelicas Mann die Bühne und fragt, wo ihr Geld ist, denn sie hat ihr Testament nicht geändert, und er beerbt sie. Er hat beschlossen, ihren Tod selbst zu untersuchen, weil er findet, daß weder der Mountie noch ich ordentliche Arbeit geleistet haben. Und jetzt ist er nicht mal hier.«

«Nun«, sagte ich,»warum decken Sie nicht auf, daß in Wirklichkeit Raoul Angelicas erbberechtigter Mann ist, womit er ja ein Riesenmotiv hätte, da er noch nicht weiß, daß Giles das Geld unterschlagen hat, oder? Keiner weiß das. Und Raoul steht es nur frei, Donna zu heiraten, weil Angelica tot ist, was den Bricknells hysterische Anfälle bescheren kann. Und was wäre, wenn Raoul sagt, nicht er, sondern die Bricknells selbst hätten ihre Pferde gedopt, aber sie streiten das ab und hoffen schwer, daß alles an ihm hängenbleibt, nachdem für sie feststeht, daß er ihre Tochter nicht heiraten kann, weil er wahrscheinlich ein Mörder ist und ins Gefängnis kommt. Und wie wäre es, wenn sich rausstellt, daß tatsächlich das Pferd der Bricknells entführt werden sollte, aber von Giles, wie Sie später aufdecken können, der es verkaufen und mit dem Ertrag außer Landes fliehen wollte, sobald er heil in Vancouver angekommen wäre.«

Sie staunten mit offenem Mund.

«Ich weiß nicht, ob das wirklich Hand und Fuß hat«, meinte Zak schließlich.

«Egal, darauf wird wohl niemand achten.«

«Sie zynischer Hund, Sie.«

«Ich wüßte nicht, wieso es nicht gehen sollte«, sagte Donna.

«Und ich kann eine hübsche Heulszene mit Pierre einlegen.«

«Warum?«sagte Zak.

«Die spiele ich gern.«

Alle kugelten sich vor Lachen, und bald darauf probten sie dramatische (Zak von Dritten zugespielte) Enthüllungen über Raouls Heirat mit Angelica fünf Jahre zuvor, die auf dem Bahnhof Toronto beide verschwiegen hatten, weil sie, wie Raoul wenig überzeugend sagte, beide erschrocken waren, den anderen dort anzutreffen, denn Raoul hatte nur Donna und Angelica nur

Steve im Sinn.

Schließlich gingen alle fort, um ihre Rollenkleidung anzuziehen, und von Zak hörte ich sehr viel später, daß die ganze Geschichte, mit großem Stimmaufwand gespielt, zum Schießen gewesen sei. Er kam in mein Zimmer, eine Flasche in jeder Hand — Scotch für ihn, Rotwein für mich —, und ließ sich erschöpft in den nächsten Sessel fallen, mit einer Miene, als habe er edelmütig das Gewicht der Welt auf seinen Schultern getragen und es tapfer durchgestanden.

«Haben Sie zu Abend gegessen?«sagte er gähnend.»Hab Sie nicht gesehen.«

«Ich hab mir was raufschicken lassen.«

Er warf einen Blick auf die Fernsehsendung, mit der ich mir die Zeit vertrieben hatte.

«Miserabler Empfang hier in den Bergen. Schau sich einer diesen Idioten an. «Er starrte auf den Bildschirm.»Der mimt doch, daß einem die Zähne singen.«

Wir tranken gemütlich, und ich fragte ihn, ob die Reisegesellschaft allgemein zufrieden sei ohne Daffodil Quentin.

«Das Schätzchen mit den Mont-Blanc-Locken?«meinte er.

«Na klar. Sie waren alle bester Laune. Der Mann, der sonst immer bei ihr war, versprühte seinen ganzen Charme auf Bambi Lorrimore, und deren verdrehter Sohn hat nicht einmal den Mund aufgemacht. Die Australier sind noch im siebten Himmel.«

Er schilderte die Reaktionen einiger anderer auf die Szene vom Abend und sagte dann, er verlasse sich darauf, daß mir auch für die kommende Nacht ein glänzendes Stück vertrackter Handlung einfallen werde. Nicht zu reden, setzte er hinzu, von einer Lösung und einer Schlußszene für den Abend drauf, unseren letzten im Zug. Der Fall müsse aufgeklärt sein, bevor

Angus ein Galadiner unerhörten Ausmaßes, bestehend aus fünf Gängen, auf den Tisch zaubere.

«Ich hab mir das alles doch bloß so aus dem Ärmel geschüttelt«, sagte ich.

«Was Sie aus dem Ärmel schütteln, genügt uns völlig. «Er gähnte.»Um die Wahrheit zu sagen, wir brauchen mal frischen Wind.«

«Na ja… in Ordnung.«

«Wieviel bezahle ich Ihnen also?«

Ich war erstaunt.»Ich möchte kein Geld.«

«Seien Sie nicht albern.«

«Hm«, sagte ich.»Ich verdiene schon mehr als Tommy.«

Er blickte mich über sein Whiskyglas an.»Das überrascht mich eigentlich nicht.«

«Vielen Dank also«, sagte ich und meinte es ernst,»aber keine Gage.«

Er nickte und ließ es dabei bewenden: ein ehrliches Angebot, nüchtern abgelehnt. Alles, was er mir gezahlt hätte, wäre direkt aus seiner eigenen Tasche gekommen — völlig unannehmbar.

«Ach!«sagte er, sich offensichtlich an etwas erinnernd.»Nell bat mich, Ihnen das zu geben. «Er langte in eine Tasche und zog einen verschlossenen Umschlag hervor, den er mir reichte.»Nell Richmond «stand darauf und» Fotos, bitte nicht knicken«.

«Danke«, sagte ich erleichtert.»Ich dachte schon, er wäre nicht angekommen.«

Ich riß den Umschlag auf und fand drei identische Abzüge darin, aber keinen Brief. Die Bilder waren klar, gestochen scharf und plastisch, da ich gewohnheitsmäßig einen hochempfindlichen Schwarzweißfilm für die Fernglaskamera benutzte. Die von oben aufgenommene Person blickte seitlich hoch, so daß man ihre Augen nicht deutlich sehen konnte; doch die stark hervortretenden Backenknochen, die schmale Nase, die tiefen Augenhöhlen, die eckige Kinnlade und der an den Schläfen zurückgehende Haaransatz waren auf einen Blick zu erkennen. Ich reichte Zak einen der Abzüge, und er betrachtete ihn neugierig.

«Wer ist das?«sagte er.

«Darum geht’s. Wer ist das? Haben Sie ihn im Zug gesehen?«

Er betrachtete noch einmal das Foto, auf dem auch die Schulterund Halspartie zu sehen war, der Schafspelzkragen der Daunenjacke über irgendeinem Pullover und einem karierten, oben aufgeknöpften Hemd.

«Wirkt hart, der Mann«, sagte Zak.»Ist das ein militanter Gewerkschaftsagitator?«

Ich war verblüfft.»Wie kommen Sie darauf?«

«Weiß ich nicht. Er sieht so aus. Voller Eifer und Aggressivität. Die Rolle würde ich ihm geben.«

«Und würden Sie einen Gewerkschaftsagitator so auch darstellen?«

«Klar. «Er grinste.»Wenn er laut Manuskript ein Unruhestifter wäre. «Er schüttelte den Kopf.»Ich habe ihn weder im Zug noch sonst irgendwo gesehen, soviel ich weiß. Gehört er zu den Rennbahnbesuchern?«

«Ich bin mir nicht ganz sicher, aber er war auf dem Bahnhof Thunder Bay und auch auf der Rennbahn von Winnipeg.«

«Die Schlafwagenstewards werden es wissen.«

Ich nickte.»Ich frage sie noch.«

«Weswegen suchen Sie ihn?«

«Unruhestiftung.«

Mit einem Lächeln gab er mir das Foto zurück.»Entspricht seinem Typ«, meinte er nickend.

Er verabschiedete sich gemächlich, um schlafen zu gehen, und zeitig am nächsten Morgen rief ich Mrs. Baudelaire an, die klang, als stünde sie mit den Vögeln auf.

Ich bat sie, Bill auszurichten, daß die Fotos gut angekommen waren.

«Ah, schön«, sagte sie munter.»Haben Sie meine Zahlennachricht bekommen?«

«Ja, vielen Dank.«

«Val gab sie mir von London aus durch und hörte sich sehr zufrieden an. Er sagte, mit dem, was Sheridan Lorrimore in Cambridge angestellt hat, komme er nicht so gut weiter. Niemand tut den Mund auf. Er glaubt, das liegt an einer Spende für die neue Bibliothek, die an Sheridans altem College gebaut wird. Wie unmoralisch können Akademiker sein? Und Bill läßt Ihnen ausrichten, daß sie dieses Foto in den Ställen in Winnipeg herumgezeigt haben, aber niemand weiß, wer der Mann ist, außer daß er dort war und nach Lenny Higgs gefragt hat. Bill sagt, sie werden sämtlichen Rennsportleuten von Ontario, die sie erreichen können, das Bild zeigen und es vielleicht landesweit in den Rennblättern abdrucken.«

«Großartig.«

«Bill möchte wissen, welchen Namen Sie in dem Zug benutzen.«

Ich zögerte, und sie merkte das sofort und war hörbar gekränkt.

«Trauen Sie uns nicht?«

«Aber natürlich. Ich traue nur nicht allen, die im Zug sind.«

«Oh, ich verstehe.«

«Es war richtig, daß Sie Nell die Nachricht haben zukommen lassen.«

«Na, okay.«

«Geht es Ihnen gut?«fragte ich.

Aus dem Hörer kam:»Einen schönen Tag noch, junger

Mann«, und die Verbindung brach ab.

Bedauernd lauschte ich ihrem Schweigen. Ich hätte es besser wissen müssen. Ich wußte es besser, doch es schien unhöflich, nie zu fragen.

In Gedanken noch ganz bei ihr, zog ich Freizeitkleidung an, sprang die Feuertreppe hinunter und suchte mir einen unauffälligen Weg nach draußen, um nicht mit Fahrgästen zusammenzutreffen, die unterwegs zum Frühstück waren. Ich entdeckte einen guten Aussichtspunkt zum Beobachten der Vordertür, wanderte dann, die Strickmütze tief in die Stirn gezogen, ein wenig herum und kehrte an den Beobachtungspunkt zurück, kurz bevor die Spritztour mit dem Bus nach Banff losgehen sollte. Unter meinem marineblauen Blouson mit dem Reißverschluß trug ich das Fernglas für den Fall, daß ich nicht nah genug herankam, doch als ich dann am Kofferraum eines leeren, abgeschlossenen, parkenden Autos lehnte, was hoffentlich aussah, als wartete ich auf die Rückkehr des Fahrers, hatte ich auch ohne Fernglas hinreichend gute Sicht.

Ein großer hypermoderner Bus mit getönten Scheiben rollte an, stellte sich entgegenkommenderweise so, daß ich sehen konnte, wer vom Hotel aus hinging, und wenig später, nachdem der Fahrer im Hotel seine Ankunft gemeldet hatte, erschien Nell in einer warmen Jacke, Hose und Stiefeln und trieb lächelnd ihre Schäfchen in das dunkle Innere. Die meisten Passagiere gingen, wie es schien, auf Besichtigungstour, aber nicht alle.

Filmer kam nicht heraus. Ich wollte, daß er es tat, daß er ohne seinen Aktenkoffer erschien und für etliche Stunden wegfuhr; daß er mir die Gelegenheit gab, mir etwas auszudenken, um ungefährdet in sein Zimmer zu gelangen. Wollen nützte nichts. Julius Apollo mochte offenbar nicht gletscherwandern oder mit der Seilbahn durch die Lüfte surren und blieb entschlossen im Haus.

Mercer, Bambi und Sheridan kamen gemeinsam aus dem Hotel, schwerlich wie eine unbekümmerte kleine Familie anzusehen, und kletterten in einen großen bereitstehenden Wagen mit Chauffeur, der sie augenblicklich von dannen trug.

Keine Xanthe. Auch keine Xanthe im Bus. Rose und Cumber Young waren ohne sie eingestiegen. Xanthe, vermutete ich, saß wieder einmal im Schmollwinkel.

Nell, die etwas auf ihr Klemmbrett schrieb und auf die Uhr blickte, entschied, daß es keine Interessenten mehr für den Bus gab. Sie stieg ein und schloß die Tür, und ich sah zu, wie er davonrollte.

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