Kapitel 8

Angelica verließ den Zug auf einer Bahre bei Einbruch der Dunkelheit im hellen Bahnhofslicht, den tomatenfarbenen Kopf halb von einer Decke verhüllt, während eine leblose Hand mit rotlackierten Nägeln und funkelnden Ringen kunstvoll an der Seite herunterbaumelte, so daß die Reisenden sie fasziniert betrachten konnten.

Ich verfolgte die Szene durchs Fenster von George Burleys Dienstraum, während ich mich mit der Mutter von Bill Baudelaire am Telefon unterhielt.

Das Gespräch war von Anfang an eine Überraschung gewesen, denn eine beschwingte junge Frauenstimme hatte sich gemeldet.

«Könnte ich bitte Mrs. Baudelaire sprechen?«sagte ich.

«Am Apparat.«

«Ich meine… Mrs. Baudelaire senior.«

«Jede Mrs. Baudelaire, die älter ist als ich, liegt unter der Erde«, verkündete sie.»Wer sind Sie?«

«Tor Kelsey.«

«Ah ja«, erwiderte sie prompt.»Der unsichtbare Mann.«

Ich lachte halb.

«Wie stellen Sie das an?«fragte sie.»Ich wüßte es schrecklich gern.«

«Im Ernst?«

«Natürlich im Ernst.«

«Nun… sagen wir mal, es bedient Sie jemand öfters in einem Geschäft, dann erkennen Sie ihn, wenn Sie in dem Laden sind; begegnen Sie ihm aber ganz woanders, auf dem Rennplatz etwa, dann kommen Sie nicht drauf, wer es ist.«

«Richtig. So ist es mir schon oft ergangen.«

«Um mühelos erkannt zu werden«, sagte ich,»muß man in seiner gewohnten Umgebung sein. Die Kunst der Unsichtbarkeit besteht also darin, keine gewohnte Umgebung zu haben.«

Es wurde still, dann sagte sie:»Danke. Das muß ja einsam sein.«

Darauf fiel mir keine Antwort ein, doch ihr Scharfsinn erstaunte mich.

«Interessant ist«, sagte ich,»daß es für die Leute, die in dem Laden arbeiten, ganz anders aussieht. Haben die ihre Kunden erst mal kennengelernt, erkennen sie sie an jedem Ort der Welt wieder. Ebenso erkenne ich die Leute aus dem Rennsport, die mir bekannt sind, überall. Sie hingegen wissen nicht, daß es mich gibt… und das ist Unsichtbarkeit.«

«Sie sind«, sagte sie,»ein außergewöhnlicher junger Mann.«

Wieder war ich um eine Antwort verlegen.

«Aber Bill wußte, daß es Sie gibt«, sagte sie,»und er erzählte mir, daß er Sie nicht erkannt hat, als Sie vor ihm standen.«

«Er hat nach dem vertrauten Drumherum Ausschau gehalten… glattes Haar, keine Sonnenbrille, guter grauer Anzug, Schlips und Kragen.«

«Ja«, sagte sie.»Ob ich Sie wohl erkenne, wenn wir uns begegnen?«

«Dann sage ich Ihnen Bescheid.«

«Abgemacht.«

Das, so dachte ich erleichtert und erfreut, war ja eine tolle Brieftaube.

«Würden Sie Bill etwas ausrichten?«fragte ich.

«Nur zu. Ich schreib’s auf.«

«Der Zug trifft morgen abend gegen halb acht in Winnipeg ein, und alles steigt aus, um in die Hotels zu fahren. Würden Sie

Bill bitte sagen, daß ich nicht das gleiche Hotel nehme wie die Besitzer und auch nicht zum Lunch des Vereinspräsidenten gehe, daß ich aber beim Pferderennen sein werde, auch wenn er mich nicht sieht.«

Ich hielt inne. Sie wiederholte, was ich gesagt hatte.

«Bestens«, sagte ich.»Und würden Sie ihm ein paar Fragen stellen?«

«Schießen Sie los.«

«Bitten Sie ihn um allgemeine Auskunft über ein Ehepaar Young, dem ein Pferd namens Sparrowgrass gehört.«

«Das ist im Zug«, sagte sie.

«Ja, richtig. «Ich war überrascht, doch sie sagte, Bill habe ihr für den Telefondienst eine Liste zusammengestellt.

«Außerdem bekommt er vielleicht heraus«, sagte ich,»ob Sheridan Lorrimore sich, abgesehen von dem tätlichen Angriff auf einen Schauspieler in Toronto, jemals etwas geleistet hat, wofür er ins Gefängnis gehört hätte.«

«Du liebe Güte. Die Lorrimores kommen nicht ins Gefängnis.«

«Scheint so«, sagte ich trocken,»und würden Sie ihn bitte auch fragen, welche Pferde in Winnipeg starten und welche in Vancouver, und welches nach Bills Ansicht das wirklich beste Pferd im Zug ist, nicht unbedingt der Form nach, und welches die beste Aussicht hat, die beiden Rennen zu gewinnen.«

«Für die erste Frage brauche ich Bill nicht, die kann ich Ihnen gleich beantworten, das steht auf der Liste. Fast alle elf Pferde, genau gesagt neun, laufen in Vancouver. Nur Upper Gumtree und Flokati laufen in Winnipeg. Was die zweite Frage angeht, so werden meiner Meinung nach weder Upper Gumtree noch Flokati in Winnipeg siegen, da Mercer Lorrimore sein Prachtpferd Premiere per Transporter anrollen läßt.«

«Hm. «sagte ich.»Sie befassen sich viel mit Rennsport?«»Mein lieber junger Mann, hat Bill Ihnen das nicht erzählt? Sein Vater und ich waren jahrelang die Besitzer und Herausgeber der Ontario Raceworld, bevor wir sie an einen Konzern verkauft haben.«

«Jetzt verstehe ich«, sagte ich schwach.

«Und was das Rennen in Vancouver betrifft«, fuhr sie munter fort,»so könnte Laurentide Ice, der vierbeinige Gletscher, ebensogut gleich schmelzen, aber Sparrowgrass und Voting Right haben eine gute Chance. Sparrowgrass tritt wahrscheinlich als Favorit an, denn er ist in gleichbleibend guter Form, aber da Sie schon fragen — das beste Pferd, das zukunftsreichste ist sehr wahrscheinlich Mercer Lorrimores Voting Right, und das würde ich vornean setzen.«

«Mrs. Baudelaire«, sagte ich,»Sie sind ein Juwel.«

«Kostbarer als Rubine«, stimmte sie zu.»Sonst noch etwas?«

«Nichts, außer… ich hoffe, es geht Ihnen gut.«

«Nein, nicht besonders. Nett, daß Sie fragen. Wiederhören, junger Mann. Ich bin immer hier.«

Sie legte rasch den Hörer auf, als wollte sie mich daran hindern, weiter nach ihrer Krankheit zu fragen, und das erinnerte mich stark an meine Tante Viv, wach, lebhaft und pferdenärrisch bis zum Schluß.

Ich kehrte in den Speisewagen zurück, wo Oliver und Cathy die Tische fürs Abendessen deckten, und half ihnen automatisch, obwohl sie sagten, ich brauchte es nicht. Anschließend begaben wir uns zur Küchentür, um zu sehen, was da kochte, und ließen uns von Angus die Speisekarten geben, die verteilt werden sollten.

Blinis mit Kaviar, lasen wir, gefolgt von Lammkeule oder kaltem Räucherlachs, dann Schokoladenmousse mit Sahne.

«Wird nichts übrigbleiben«, seufzte Cathy, und soweit es die Blinis betraf, hatte sie recht, aber Lamm aßen wir nachher doch alle.

Durch die bollernden Herde und Gaskocher war es sogar auf der Speiseraumseite der Küche sengend heiß. Hinten, wo der Chef arbeitete, zeigte ein Thermometer an der Wand 39 Grad an, doch der große, gertenschlanke Angus, dessen hohe Mütze fast an die Decke stieß, wirkte kühl und gelassen.

«Haben Sie keine Klimaanlage?«fragte ich.

Angus sagte:»Im Sommer schon. Oktober ist aber offiziell Winter, so warm er dieses Jahr auch gewesen sein mag. Die Klimaanlage wird mit Freon-Gas betrieben, und das ist restlos verbraucht, es wird erst im Frühjahr wieder aufgefüllt. Sagt mir Simone.«

Simone, gut einen Kopf kleiner und mit schweißbedeckten Schläfen, nickte stumm.

Die Fahrgäste kamen nach und nach zurück, sagten, es sei kalt draußen, während sie sich aus ihren Mänteln schälten, und wieder füllte sich der Speisewagen. Die Lorrimores saßen diesmal alle beieinander. Die Youngs waren mit den Unwins aus Australien zusammen, und Filmer und Daffodil teilten sich einen Tisch mit einem Paar, von dem Nell mir später sagte, es seien die amerikanischen Besitzer des Pferdes Flokati.

Filmer, hochelegant in dunklem Anzug und grauer Krawatte, nahm Daffodil eifrig ihren Chinchilla ab und hängte ihn über die Lehne ihres Sitzes. Sie schimmerte in einem enganliegenden schwarzen Kleid, ließ bei jeder Bewegung Diamanten blitzen und übertraf mühelos die restliche Gesellschaft (selbst Mavis Bricknell) an zur Schau gestelltem Wohlstand.

Der Zug fuhr unauffällig elegant ab, und ich tat mein Bestes mit Wasser und Stangenbrot.

Bambi Lorrimore hielt mich an, indem sie die Hand auf meinen Arm legte, als ich vorüberkam. Sie trug eine Nerzjacke und bemühte sich gerade, da herauszuschlüpfen.

«Bringen Sie die Jacke in unseren Privatwagen, ja?«sagte sie.

«Hier ist es zu warm dafür. Legen Sie sie in den Salon, nicht ins Schlafzimmer.«

«Natürlich, Madam«, stimmte ich zu und half ihr eilfertig.

«Sehr gern.«

Mercer zog einen Schlüssel hervor und gab ihn mir mit der Erklärung, daß ich zu einer verschlossenen Tür kommen würde.

«Schließen Sie beim Hinausgehen wieder ab.«

«Ja, Sir.«

Er nickte, und ich ging, die Jacke überm Arm, durch den Aussichtswagen nach hinten und betrat mit ziemlich großem Interesse das Privatquartier der Lorrimores.

Überall brannte Licht. Ich kam zunächst in eine kleine, leere Schlafkammer, dann zu einer Küche, kalt und leblos. Raum für private Verpflegung und private Bedienung, aber keine Vorräte, kein Personal. Dahinter war die verschlossene Tür und hinter dieser ein hübsches kleines Eßzimmer mit Platz für acht Personen. Von dort führte ein Gang zu drei Schlafzimmern, bei zweien stand die Tür offen. Ich warf rasch einen Blick hinein: Bett, Vertikos, kleines Bad mit Dusche. Das eine war offensichtlich Xanthes, das andere demnach Sheridans. Ich betrat nicht das Zimmer der Eltern, sondern ging daran vorbei und fand mich im hinteren Teil des Wagens wieder, ganz am Ende des Zuges.

Es war ein gemütliches Wohnzimmer mit Fernseher und üppigen Sesseln in blauen und grünen Pastelltönen. Ich ging zur rückwärtigen Tür und schaute hinaus, sah einen kleinen offenen Perron mit einem blanken Messinggeländer und dahinter das in der Dunkelheit entschwindende Schienenpaar der Canadian Pacific. Die Bahnstrecke quer durch Kanada, so hatte ich erfahren, war größtenteils eingleisig geführt. Nur in Städten und an einigen anderen Orten konnten Züge, die aus entgegengesetzten Richtungen kamen, einander passieren.

Ich legte die Nerzjacke auf einen Sessel und kehrte um, sperrte die Tür wieder ab und gab den Schlüssel schließlich Mercer zurück, der wortlos nickte und ihn einsteckte.

Emil schenkte Wein aus. Die Passagiere machten sich über die Blinis lustig. Ich fügte mich wieder in das Gesamtbild ein und blieb dabei so schemenhaft wie möglich. Nur wenige Leute sahen einem Kellner direkt in die Augen, stellte ich fest, auch wenn sie mit ihm sprachen.

Etwa eine Stunde nach der Abfahrt aus Sudbury hielten wir kurz, weniger als fünf Minuten, an einem Ort namens Cartier und fuhren dann weiter. Die Passagiere, gesättigt von Lamm und Schokoladenmousse, trödelten beim Kaffee und wanderten allmählich zur Bar des Aussichtswagens hinüber. Xanthe Lorrimore, die nach einiger Zeit aufstand, ging ebenfalls in diese Richtung und kam bald darauf schreiend zurück.

Diesmal war es echt. Sie stolperte in den Speisewagen, und hinter ihr hörte man Leute wild durcheinanderrufen.

Sie erreichte ihre Eltern, die verblüfft und auch beunruhigt waren.

«Ich hätte tot sein können«, sagte sie fassungslos.»Beinah wäre ich ins Leere gestürzt. Ich meine, ich hätte tot sein können.«

«Liebling«, sagte Mercer beruhigend,»was ist denn eigentlich passiert?«

«Du hast ja keine Ahnung. «Sie schrie, sie bebte, war hysterisch.

«Ich bin fast ins Leere gestürzt, weil unser Privatwagen nicht da ist.«

Das ließ beide Lorrimores ungläubig aus den Sitzen hochfahren, doch sie brauchten nur auf die sich hinter Xanthe drängenden Gesichter zu sehen, um zu wissen, daß es stimmte.

«Und sie sagen, alle diese Leute sagen…«, sie rang nach Luft, fast außerstande, die Worte herauszubringen, schrecklich verängstigt,»… sie sagen, der andere Zug, der reguläre Canadian, ist nur eine halbe Stunde hinter uns und knallt da. knallt da drauf… versteht ihr nicht?«

Die Lorrimores und alle, die noch im Speiseraum waren, stürmten los zum Aussichtswagen, doch Emil und ich schauten uns an, und ich sagte:»Wie können wir diesen Zug warnen?«

«Wir müssen den Zugführer verständigen. Er hat ein Funkgerät. «I

«Mach ich«, sagte ich.»Ich weiß, wo sein Büro ist. Ich finde ihn schon.«

«Beeilen Sie sich.«

«Ja.«

Ich beeilte mich. Rannte. Erreichte Georges Büro.

Niemand da.

Ich lief weiter, rannte, wo ich konnte, und sah ihn mir durch den Dayniter entgegenkommen. Er erfaßte sofort, daß ich schlechte Neuigkeiten brachte, und steuerte mich prompt in den lärmenden Verbindungsgang zwischen Dayniter und mittlerem Speisewagen.

«Was gibt’s?«brüllte er.

«Der Privatwagen der Lorrimores ist abgekuppelt. er muß irgendwo weiter hinten auf der Strecke sein, und der Canadian kommt.«

Er bewegte sich schneller, als ich es irgendwem an Bord eines Zuges zugetraut hätte, und sprach bereits über Funk, als ich seinen Dienstraum erreichte.

«In Cartier war der Privatwagen noch dran«, sagte er.»Ich stand draußen und sah ihn. Sind Sie sicher, daß er nicht noch dort ist?«Er hörte zu.»Gut, dann funken Sie den Canadian an und geben Sie dem Zugführer Bescheid, daß er in Cartier bleibt, eh? Ich halte unseren Zug an, und wir holen uns den vermißten Wagen. Schauen, was los ist. Am besten verständigen Sie auch Toronto und Montreal. Die werden das an einem Sonntagabend nicht besonders lustig finden, eh?«Er lachte leise, sah mich in der Tür stehen und blickte mich abschätzend an.»Ich lasse einen Mann hier am Funkgerät«, fuhr er fort.»Melden Sie ihm, wenn der Canadian über die Lage verständigt ist, eh?«

Er nickte auf die Antwort, die er hörte, nahm den Kopfhörer ab und gab ihn mir.

«Sie sprechen mit dem Fahrdienstleiter in Schreiber«, sagte er,»das ist vor uns, diesseits von Thunder Bay — und er kann den Canadian hinter uns direkt anfunken. Sie können den Fahrdienstleiter hören, ohne irgendwas zu tun. Wollen Sie senden, drücken Sie auf den Knopf. «Er zeigte drauf und war fort.

Ich setzte den Kopfhörer auf und nahm seinen Platz ein, und bald darauf sagte eine körperlose Stimme in mein Ohr:»Sind Sie dran?«

Ich drückte den Knopf.»Ja.«

«Sagen Sie George, daß ich den Canadian erreicht habe und daß er in Cartier anhält. Hinter ihm kommt noch ein CP-Güterzug, aber ich habe Sudbury rechtzeitig erwischt, und er fährt dort nicht ab. Niemand ist erbaut. Sagen Sie George, er soll sich diesen Wagen schnappen und sehen, daß er Land gewinnt.«

Ich drückte den Knopf.»Gut«, sagte ich.

«Wer sind Sie?«fragte die Stimme.

«Einer von den Kellnern.«

Er sagte:»Hm«, und war still.

Der Große Transkontinentale Erlebnis- und Rennexpreß begann das Tempo zu verlangsamen und kam bald sanft zum Stehen. Fast im gleichen Augenblick war George wieder an seiner Tür.

«Melden Sie dem Fahrdienstleiter, daß wir angehalten haben und zurückfahren«, sagte er, als ich ihm die Nachrichten übermittelt hatte.»Wir sind elf Komma zwei Meilen westlich von Cartier, zwischen Benny und Stralak, das heißt, in unbewohnter Wildnis. Sie bleiben hier, eh?«Und schon war er wieder verschwunden, diesmal in Richtung des Wirbels am hinteren Ende.

Ich gab seine Nachricht an den Fahrdienstleiter durch und fügte hinzu:»Wir setzen jetzt langsam zurück.«

«Melden Sie mir, wenn Sie den Wagen finden.«

«Ja.«

Es war stockdunkel vor den Fenstern, kein Licht in der Wildnis. Hinterher entnahm ich einer Menge erregten Geplappers im Speiseraum, daß George allein draußen vor der Hecktür des Aussichtswagens, am Rand der Leere, gestanden und mit einer starken Taschenlampe das Gleis abgeleuchtet hatte. Hörte, daß er mit einem Walkie-talkie ausgerüstet gewesen war, so daß er den Lokführer anweisen konnte, weiter zu verlangsamen und anzuhalten.

Er fand den Wagen der Lorrimores etwa anderthalb Meilen vor Cartier. Der ganze Zug hielt an, während er vom Aussichtswagen heruntersprang und sich den Streuner ansah. Aus meiner Sicht entstand eine lange Pause, während die Beleuchtung im Dienstabteil zu flackern begann und der Zug zentimeterweise zurücksetzte, bis er wiederum anhielt und einen jähen Ruck tat. Dann fuhren wir langsam vorwärts, wurden schneller, die Beleuchtung hörte auf zu flackern, und bald darauf erschien George mit grimmiger Miene in seinem Abteil, von Kichern keine Spur.

«Was ist los?«sagte ich.

«Nichts«, erwiderte er heftig,»gar nichts ist los. «Er streckte die Hand nach dem Kopfhörer, und ich gab ihn ihm.

Er sprach in das Mikro.»Hier ist George. Wir haben den

Wagen der Lorrimores eins Komma drei Meilen westlich von Cartier aufgegriffen. Die Kupplung war nicht defekt. «Er hörte zu.

«Das sage ich ja. Wer zum Teufel arbeitet da in Cartier, eh? Irgendeiner hat den Wagen abgekuppelt, ihn provisorisch angebunden, so daß er aus dem Bahnhof ins Dunkle gezogen wurde, und ihn dann losgemacht. Die Bremsen waren nicht eingeschaltet. Sagen Sie Cartier, die sollen mal gleich jemand rausschicken, der das Gleis nach einem Seil oder so etwas ab sucht, eh? Das war kein Schlauchriß, die Schläuche waren ausgehängt. Sag ich doch. Der Luftabsperrhahn war geschlossen. Kein verfluchter Unfall, kein verfluchtes technisches Versagen — den Wagen hat jemand absichtlich losgekuppelt. Hätte die kleine Lorrimore das nicht entdeckt, wäre der Canadian reingebrummt. Nein, vielleicht nicht mit hohem Tempo, aber schon bei fünfundzwanzig, dreißig Meilen die Stunde kann der Canadian allerhand Schaden anrichten. Aus dem Privatwagen hätte er Kleinholz gemacht. Die Lokführer hätten draufgehen können, vielleicht wäre auch den Zug entgleist. Die sollen sich gleich mal umsehen, eh?«

Er nahm den Kopfhörer ab und starrte mich böse an.

«Wüßten Sie«, sagte er,»wie man einen Wagen von einem anderen abkuppelt?«

«Nein, natürlich nicht.«

«Dazu muß man Eisenbahner sein. «Er blickte finster.»Ein Eisenbahner! Das ist, wie wenn ein Mechaniker jemand in einem Auto mit losen Radnabenmuttern wegfahren läßt. Einfach kriminell, eh?«

«Ja.«

«Vor hundert Jahren«, sagte er wütend,»hat man ein System entwickelt, um zu verhindern, daß Wagen, die sich losgerissen haben, rückwärts laufen und irgendwo reinknallen. Bei einem Ausreißer wird selbsttätig die Bremse ausgelöst. «Er funkelte mich an.»Dieses System ist umgangen worden. Bei den Lorrimores waren die Bremsen nicht eingeschaltet. Der Wagen wurde vorsätzlich auf ebenem Boden losgemacht, eh? Ich verstehe das nicht. Zu welchem Zweck?«

«Vielleicht mag jemand die Lorrimores nicht«, tippte ich an.

«Den Schweinehund kriegen wir«, sagte er, ohne zuzuhören.

«In Cartier dürfte es nicht viele geben, die sich mit Zügen auskennen.«

«Haben Sie hier viel Sabotage?«fragte ich.

«So was nicht. Nicht oft. Ein oder zweimal in der Vergangenheit. Aber meistens sind es Rowdies. Ein paar Jugendliche, die Steine von einer Brücke werfen. Manchmal auch ein Diebstahl, eh?«

Er war gekränkt, sah ich, über den von einem Zunftgenossen begangenen Verrat. Er nahm das persönlich. Er schämte sich gewissermaßen, so wie man sich für seine Landsleute schämt, wenn sie sich im Ausland danebenbenehmen.

Ich fragte ihn nach dem Verständigungssystem zwischen ihm und dem Lokführer. Weshalb war er nach vorn gegangen, um den Zug zu stoppen, obwohl er ein Walkie-talkie hatte?

«Das prasselt, wenn wir Tempo draufhaben. Besser, man spricht direkt miteinander.«

Ein Licht blinkte am Bordfunkgerät, und er setzte wieder seinen Kopfhörer auf.

«George hier«, sagte er und hörte zu. Er sah auf seine Uhr und runzelte die Stirn.»Ja. Gut. Verstanden. «Kopfschüttelnd nahm er den Hörer ab.»Sie wollen die Strecke erst nach einem Seil ab suchen, wenn sowohl der Canadian wie auch der Güterzug durch sind. Hat unser Saboteur auch nur einen Funken Verstand, dann ist bis dahin nichts Belastendes mehr zu finden.«

«Wahrscheinlich jetzt schon nicht mehr«, sagte ich.»Es ist fast eine Stunde her, seit wir Cartier verlassen haben.«»Klar«, sagte er. Seine gute Laune brach trotz seines Zorns allmählich wieder durch, das ironische Glitzern kehrte in seine Augen zurück.»Besser als das Krimispiel von diesem Burschen, eh?«

«Ja…«sagte ich nachdenklich.»Sind der Bremsluft- und der Heizungsschlauch das einzige, was einen Wagen mit dem nächsten verbindet? Außer der Kupplung natürlich.«

«Ganz recht.«

«Was ist denn mit Strom… und Wasser?«

Er schüttelte den Kopf.»Strom erzeugt jeder Wagen selbst. Unabhängig. Sie haben Generatoren unterm Boden… ähnlich wie Dynamos an Fahrrädern; der Strom wird durch den Lauf der Räder erzeugt. Der Nachteil dabei ist, daß die Beleuchtung flackert, wenn wir langsam fahren. Ferner gibt es Batterien für den Stillstand, aber die reichen nur eine Dreiviertelstunde, eh? wenn wir nicht auf einem Bahnhof ans Netz angeschlossen sind. Danach brennen wir auf Sparflamme, nur die Gangbeleuchtung und wenig mehr, für etwa vier Stunden, dann stehen wir im Dunkeln.«

«Und Wasser?«fragte ich.

«Das ist unterm Dach.«

«Wirklich?«sagte ich erstaunt.

Er erklärte es geduldig.»Auf größeren Bahnhöfen haben wir alle sechsundzwanzig Meter, das ist die Wagenlänge, Hydranten stehen. Einen pro Wagen. Genauso ist es mit der Stromversorgung, eh? Jedenfalls wird das Wasser in die Tanks unterm Dach gepumpt und fließt durch Schwerkraft wieder runter in die Waschräume.«

Faszinierend, dachte ich. Und so hatte der Wagen der Lorrimores relativ schnell und leicht abgekuppelt werden können.

«Die neuen Wagen«, sagte George,»werden elektrisch statt mit Dampf beheizt, daher hat der Heizungsschlauch bald ausgedient, eh? Und sie bekommen Tanks für das Abwasser, das jetzt natürlich noch direkt auf die Schienen rieselt.«

«Die ganze Welt«, sagte ich höflich,»wird Kanada um seine Bahn beneiden.«

Er lachte leise.»Die neuen Züge zwischen Montreal und Toronto verspäten sich in drei von vier Fällen, und die Loks fallen regelmäßig aus. Das alte rollende Material, wie unser Zug hier, ist großartig.«

Er setzte wieder den Kopfhörer auf. Ich hob die Hand zum Abschied und kehrte in den Speiseraum zurück, wo der echte Krimi den von Zak mühelos verdrängt hatte, wenngleich einige überzeugt waren, daß all dies zur Handlung gehörte.

Xanthe war jetzt wesentlich fröhlicher, da sie im Zentrum mitfühlender Aufmerksamkeit stand, und Filmer riet Mercer Lorrimore, er solle die Eisenbahngesellschaft wegen Fahrlässigkeit auf Millionen Dollar Entschädigung verklagen. Das Beinah-Unglück hatte den Adrenalinspiegel der Leute in einem Schub erhöht, wahrscheinlich, weil ihnen Xanthe doch mehr zu denken gab als die schaurig-schön davongetragene Angelica.

Nell saß am Tisch eines Ehepaars in den Vierzigern, dem, wie sie mir später erzählte, eines der Pferde im Transportwagen gehörte, ein dunkler Brauner namens Redi-Hot. Der Mann winkte mich zu sich, als ich untätig herumstand, und bat mich, ihm einen Cognac zu bringen, Wodka mit Eis für seine Frau und. was für Nell?

«Nur eine Cola bitte«, sagte sie.

Ich ging zur Küche, wo die Cola stand, bestürmte Nell aber mit heimlich-hektischen Gesten wegen der anderen Getränke. Emil, die Köche, Oliver und Cathy hatten alles aufgeräumt und Feierabend gemacht. Ich besaß keine Wünschelrute, die in Richtung Brandy oder Smirnoff hätte ausschlagen können.

Nell sagte etwas zu den Besitzern und kam, ein Lachen unterdrückend, zu mir.

«Ja, sehr lustig«, sagte ich,»aber was zum Teufel soll ich machen?«

«Nehmen Sie sich ein kleines Tablett und holen Sie die Drinks aus der Bar. Ich erkläre dann schon, daß sie bezahlt werden müssen.«

«Ich habe Sie heute noch keine fünf Minuten allein gesehen«, klagte ich.

«Sie sind unten, ich bin oben.«

«Ich könnte Sie glatt hassen.«

«Aber tun Sie’s?«

«Noch nicht«, sagte ich.

«Wenn Sie ein braver kleiner Kellner sind, geb ich Ihnen ein Trinkgeld.«

Sie ging selbstgefällig federnden Schrittes zu ihrem Platz zurück, und mit einem Fluch, der nicht so gemeint war, brachte ich die Cola und ein Glas an ihren Tisch und ging zum Aussichtswagen durch, um den Rest zu holen. Nachdem ich die Bestellung ausgeführt hatte, bat jemand anders mich um den gleichen Dienst, und bereitwillig versah ich ihn ein zweites, drittes, viertes Mal.

Auf jeder Tour schnappte ich Gesprächsfetzen aus der Bar auf, hörte auch das lautere, noch immer erregte Stimmengewirr weiter hinten im Gesellschaftsraum, und so dachte ich, wenn im Speiseraum alle zufriedengestellt wären, könnte ich mit meinem entwaffnenden kleinen Tablett vielleicht zum anderen Ende durchgehen.

Der einzige Mensch, dem dieser Plan nicht so ganz paßte, war der Barmann, der sich beschwerte, ich hätte doch dienstfrei, und die Fahrgäste sollten in die Bar kommen und ihre Getränke selbst kaufen — ich sahnte seine Trinkgelder ab. Damit hatte er nicht unrecht, und ich bot ihm an, halbe-halbe zu machen. Da er genau wußte, daß die meisten Fahrgäste ohne meine Hin- und Herlauferei lieber aufs Trinken verzichtet hätten, erklärte er sich schnell einverstanden und hielt mich bestimmt nicht nur für einen Schauspieler, sondern auch für einen Simpel.

Sheridan Lorrimore, der an einem anderen Tisch als seine Eltern saß, verlangte, ich solle ihm sofort einen doppelten Scotch bringen. Er hatte eine tragende Stimme, und seine Schwester, zwei Tische weiter, drehte sich mißbilligend um.

«Nein, nein, das sollst du doch nicht«, sagte sie.

«Kümmer dich um deinen Kram. «Er wandte mir leicht den Kopf zu und sprach in Richtung meiner Krawatte.»Doppelten Scotch, aber dalli.«

«Bringen Sie ihm keinen«, sagte Xanthe.

Ich blieb unschlüssig stehen.

Sheridan stand auf, sein Jähzorn brach durch. Er hob die Hand und stieß mich heftig vor die Schulter.

«Na los«, sagte er.»Tun Sie verdammt noch mal, was ich sage. Bringen Sie mir mein Getränk.«

Er versetzte mir noch einen ziemlich festen Stoß, und als ich mich abwandte, hörte ich ihn kichernd sagen:»Die muß man treten, Mensch.«

Ich ging in den Aussichtswagen, stellte mich hinter die Theke zum Barmann und war wütend auf Sheridan, nicht wegen seines empörenden Verhaltens, sondern weil er Aufmerksamkeit auf mich lenkte. Filmer hatte zwar mit dem Rücken zu mir gesessen, aber nahe genug, um alles mitanzuhören.

Mercer Lorrimore erschien zögernd am Eingang der Bar und kam herein, als er mich sah.

«Ich entschuldige mich für meinen Sohn«, sagte er müde, und ich hatte stark den Eindruck, daß er sich schon unzählige Male so entschuldigt hatte. Er zog seine Brieftasche heraus, entnahm ihr einen Zwanzigdollarschein und bot mir das Geld an.

«Bitte nicht«, sagte ich.»Das ist nicht nötig.«

«Doch, doch. Nehmen Sie.«

Ich sah, daß er sich besser fühlen würde, wenn ich es annahm, als ob Geld die Tat irgendwie ungeschehen machte. Ich fand, er sollte aufhören, Vergebung für seinen Sohn zu erkaufen, und statt dessen eine psychiatrische Behandlung bezahlen. Andererseits hatte er das vielleicht schon getan. Sheridan fehlte mehr als nur gute Laune, und darüber war sein Vater sich längst im klaren.

Ich billigte nicht, was er tat, da ich aber nur noch mehr aufgefallen wäre, wenn ich sein Geld abgelehnt hätte, nahm ich es an und gab es, als er erleichtert zurück zum Speisewagen gegangen war, dem Barmann.

«Was war denn eigentlich los?«fragte der neugierig und ließ den Schein ohne Zögern in seiner Tasche verschwinden. Als ich es erklärte, meinte er:»Sie hätten das Geld behalten sollen. Sie hätten ihm dreimal soviel abknöpfen sollen.«

«Dann wäre er sich dreimal so gut vorgekommen«, sagte ich, und der Barmann sah mich verständnislos an.

Ich ging nicht zurück in den Speisewagen, sondern nach hinten in den Gesellschaftsraum, wo der Anblick meiner gelben Weste wiederum einigen Durst wachrief, den ich nach Kräften stillte. Der Barmann war mittlerweile gefällig und hilfsbereit und sagte, mit dem Eis, das in Sudbury an Bord gekommen sei, würden wir nicht mehr lange auskommen.

Oben auf dem Aussichtsdeck war die Abkupplung des Privatwagens Spekulationen darüber gewichen, ob sich das Nordlicht zeigen würde; das Wetter stimmte offenbar. Ich brachte ein paar Drinks dort hinauf (auch für Zak und Donna, was sie belustigte), und auf dem Weg nach unten erkannte ich die Rücken von Mercer und Bambi, Filmer und Daffodil; sie gingen gerade durch den Gesellschaftsraum zum Privatwagen hinüber. Mercer trat zur Seite, damit Bambi die beiden anderen durch den kurzen, lärmenden Verbindungsgang geleiten konnte, und bevor er selbst weiterging, drehte er sich um, sah mich und winkte mich heran.

«Bringen Sie bitte eine Schüssel Eis, ja?«sagte er, als ich ihn erreichte.»In den Salon.«

«Gern, Sir«, sagte ich.

Er nickte und ging, und ich gab die Bitte an den Barmann weiter, der den Kopf schüttelte und sagte, er habe nur noch sechs Würfel. Ich wußte, daß noch Packen von Eiswürfeln im Küchenkühlschrank waren, und so ging ich mit dem Gefühl, als wäre ich ein Leben lang zugauf, zugab gewandert, durch den Speiseraum zurück, um welche zu holen.

Viele Leute waren hier zwar nicht mehr, doch Xanthe fand immer noch Trost und ein offenes Ohr bei Mrs. Young. Nell saß Sheridan gegenüber, der ihr gerade erzählte, daß er unlängst seinen Lamborghini um einen Baum gewickelt und einen neuen bestellt hatte.

«Neuen Baum?«sagte Nell lächelnd.

Er sah sie verständnislos an. Sheridan war für Scherze nicht sonderlich zu haben. Ich holte einen Beutel Eis und eine Schüssel aus der Küche, ging schwankend zur Bar zurück und brachte endlich die Schüssel mit dem Eis (auf einem Tablett) in den Salon.

Sie saßen dort zu viert, Bambi unterhielt sich mit Daffodil, Mercer mit Filmer.

Mercer sagte zu mir:»Sie finden Gläser und Cognac in dem Schrank im Eßzimmer. Und Benediktine. Würden Sie uns das bringen?«

«Ja, Sir.«

Filmer beachtete mich nicht. Die Schränke in dem gepflegten Eßzimmer hatten Glastüren mit hellgrünen Vorhängen. In einem fand ich, wie beschrieben, die Gläser und Flaschen und brachte sie nach hinten.

Filmer sagte gerade:»Nimmt Voting Right am Breeders’ Cup teil, wenn er in Winnipeg siegt?«

«Er läuft nicht in Winnipeg«, sagte Mercer.»Er läuft in Vancouver.«

«Ja, ich meinte Vancouver.«

Daffodil empfahl einer kühlen Bambi begeistert, eine bestimmte Gesichtscreme zu probieren, die gegen Falten half.

«Stellen Sie nur alles hin«, sagte Mercer zu mir.»Wir schenken selbst ein.«

«Ja, Sir«, sagte ich und zog mich zurück, während er den absoluten Frevel beging, Remy Martins Feinsten auf Eis zu schütten.

Mercer würde mich überall im Zug erkennen, dachte ich, aber die anderen drei nicht. Ich war Filmers Blick den ganzen Tag nicht begegnet; hatte es sorgsam vermieden; und mir schien, daß seine Aufmerksamkeit einzig auf das gerichtet war, was er jetzt erreicht hatte — eine Bekanntschaft mit Mercer Lorrimore, die Besuche einschloß.

Im Gesellschaftsraum war jetzt laute Musik, zwei Paare versuchten zu tanzen und stolperten durch die ständige Bewegung der Tanzfläche immer wieder lachend über ihre Füße. Vom Aussichtsdeck sah man Aurora borealis nach Kräften am Horizont flackern, und in der Bar war eine Gruppe in ernster, stummer Konzentration beim Pokern. Sie spielten um Tausende, sagte der Barmann.

Zwischen der Bar und dem Speiseraum lagen drei Schlafräume, und in einem davon, hinter der offenen Tür, stand ein Schlafwagensteward, genauso gekleidet wie ich.

«Hallo«, sagte er, als ich an der Tür innehielt.»Wollten Sie helfen?«»Klar«, sagte ich.»Was soll ich tun?«

«Sie sind der Schauspieler, nicht?«fragte er.

«Das ist streng geheim.«

Er nickte.»Ich kann schweigen.«

Er war ungefähr mein Jahrgang, etwas älter vielleicht, sympathisch und gut aufgelegt. Er zeigte mir, wie man den raffinierten Mechanismus der Sitze zusammenklappte und sie unter ein Bett schob, das sich aus der Wand ziehen ließ. Dann wurde ein oberes zweites Bett samt Leiter von der Decke heruntergeklappt. Er strich die Bezüge glatt und legte als Betthupferl auf jedes Kopfkissen eine verpackte Schokoladentrüffel.

«Hübsch«, meinte ich.

Er habe nur noch ein Abteil zu machen, sagte er, und müsse eigentlich längst fertig sein, sei aber in dem Wagen auf der anderen Seite des Speisewagens, den er ebenfalls betreue, aufgehalten worden.

Ich nickte — und mehrere Gedanken rannten gleichzeitig die Tür meines Bewußtseins ein. Es waren folgende: Filmers Abteil befand sich in diesem Wagen. Filmer war im Augenblick bei den Lorrimores. Die einzigen Schlösser an den Abteiltüren waren innen, in Form von Riegeln, falls man ungestört sein wollte. Nichts verwehrte einem den Zutritt, wenn ein Abteil verlassen war.

Ich ging in den Schlafwagen auf der anderen Seite der Küche und öffnete die Tür der Wohnstätte von Julius Apollo.

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