KAPITEL 11

Mitten am Tag unterbreitete Mr Robert Hacklett Sir James Almont beunruhigende Nachrichten. »In der Stadt kursieren Gerüchte«, sagte er, »dass Captain Hunter, derselbe Mann, mit dem wir erst gestern diniert haben, eine Piratenfahrt gegen eine spanische Niederlassung vorbereitet, vielleicht sogar Havanna.«

»Ihr schenkt diesen Geschichten Glauben?«, fragte Almont seelenruhig.

»Euer Exzellenz«, sagte Hacklett, »es ist eine schlichte Tatsache, dass Captain Hunter Vorräte für eine Seereise an Bord seiner Schaluppe Cassandra bringen lässt.«

»Vermutlich«, sagte Almont. »Inwiefern ist das ein Beweis für ein Verbrechen?«

»Euer Exzellenz«, sagte Hacklett, »beim größten Respekt, ich muss Euch darüber in Kenntnis setzen, dass Ihr diese Unternehmung dem Gerücht nach gebilligt und sogar pekuniär unterstützt haben sollt.«

»Wollt Ihr damit sagen, ich habe dafür bezahlt?«, sagte Almont ein wenig gereizt.

»Sozusagen, Sir James.«

Sir James seufzte. »Mr Hacklett«, sagte er, »wenn Ihr ein wenig länger hier seid – sagen wir, so ungefähr eine Woche –, werdet Ihr gemerkt haben, dass ich irgendeinem Gerücht nach immer irgendeine Kaperfahrt gebilligt und bezahlt habe.«

»Dann entbehren die Gerüchte also jeder Grundlage?«

»Bis auf die Tatsache, dass ich Captain Hunter Papiere ausgehändigt habe, die ihn ermächtigen, an jedem ihm beliebigen Ort Blutholzbäume zu fällen. Aber damit ist mein Interesse an dieser Angelegenheit auch schon erschöpft.«

»Und wo wird er diese Blutholzbäume fällen?«

»Ich habe keine Ahnung«, sagte Almont. »Vermutlich an der Moskitoküste von Honduras. Wo das üblicherweise geschieht.«

»Euer Exzellenz«, sagte Hacklett beharrlich, »darf ich Euch ergebenst daran erinnern, dass in diesen Friedenszeiten, die zwischen unserer Nation und Spanien herrschen, das Fällen von Blutholzbäumen eine Provokation darstellt, die leicht zu vermeiden wäre?«

»Ihr dürft mich daran erinnern«, sagte Almont, »aber ich muss Euch korrigieren. Viele Landstriche in diesem Teil der Erde werden zwar von Spanien beansprucht, sind jedoch nicht besiedelt – es gibt dort keinen Ort, keine Kolonisten, keine Bürgerschaft. Da solcherlei Beweise für ein Herrschaftsgebiet fehlen, halte ich das Fällen von Blutholzbäumen für vertretbar.«

»Euer Exzellenz«, sagte Hacklett, »seid Ihr nicht auch der Ansicht, dass eine harmlose Expedition zum Zwecke des Fällens von Blutholzbäumen, auch wenn Euer Argument durchaus vernünftig klingt, leicht in einen seeräuberischen Vorstoß umschlagen könnte?«

»Leicht? Nein, Mr Hacklett, keineswegs leicht.«


An Seine Ehrwürdigste Majestät Charles, durch Gottes Gnaden, von Großbritannien und Irland, König, Verteidiger des Glaubens etc.


Das untertänige Gesuch des Stellvertretenden Gouverneurs von Seiner Majestät Plantagen und Ländereien auf Jamaika in Westindien.


Stellt untertänigst fest,

dass ich, Euer Majestät höchst getreuer Untertan, der ich von Euer Majestät damit betraut wurde, die Empfindungen und Wünsche des Hofes hinsichtlich seeräuberischer Unternehmungen in Westindien zu vertreten; und besagte Empfindungen und Wünsche Sir James Almont, Gouverneur des vorgenannten Gebietes Jamaika, durch Sendschreiben und mündliche Erklärung zur Kenntnis gebracht habe, berichten muss, dass der Beendigung und Unterbindung der Piraterie in diesen Teilen der Erde wenig Beachtung geschenkt wird. Im Gegenteil, ich muss, so sehr es mich betrübt, ehrlicherweise kundtun, dass Sir James selbst mit allen möglichen Spitzbuben und Schuften verkehrt; dass er durch Wort und Tat und bare Münze die Fortdauer von heimtückischen und blutigen Angriffen auf spanische Gebiete unterstützt; dass er die Nutzung von Port Royal als Treffpunkt dieser Halsabschneider und Schurken sowie für die Verteilung ihrer unrechtmäßig erworbenen Gewinne gestattet; dass er keinerlei Reue ob derlei Umtriebe erkennen lässt und nichts darauf hindeutet, dass er ihnen in Zukunft einen Riegel vorzuschieben gedenkt; dass er selbst ein Mann ist, der aufgrund schlechter Gesundheit und loser Moral für hohe Funktionen ungeeignet ist; dass er alle möglichen Arten von Verderbtheit und Laster im Namen seiner Majestät duldet. Aus all den genannten Gründen und kraft der vorgebrachten Beweise beschwöre ich Eure Majestät untertänigst, diesen Mann seines Amtes zu entheben und, mit der großen Weisheit Seiner Majestät, einen geeigneteren Nachfolger zu erwählen, der die Krone nicht tagtäglich zum Gespött machen wird. Ich bitte untertänigst und voller Demut um Euer Majestäts königliche Bewilligung dieses schlichten Gesuchs.


Ich verbleibe stets Euer überaus treuer, ergebener und gehorsamer Diener.


Robert Hacklett

GOTT SCHÜTZE DEN KÖNIG


Hacklett las den Brief erneut, fand ihn zufriedenstellend und läutete nach dem Dienstmädchen. Anne Sharpe erschien.

»Kind«, sagte er, »bitte sorge dafür, dass dieser Brief mit dem nächsten Schiff nach England geht.« Und er reichte ihr eine Münze.

»Mylord«, sagte sie mit einem kleinen Knicks.

»Achte sorgsam auf ihn«, sagte Hacklett und bedachte sie mit einem drohenden Blick.

Sie steckte die Münze in ihre Bluse. »Wünschen Mylord noch etwas anderes?«

»Hä?«, sagte er leicht überrascht. Das kesse Mädchen leckte sich die Lippen und lächelte ihn an. »Nein«, sagte er knapp. »Und jetzt fort mit dir.«

Sie ging.

Er seufzte.


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