Altoum. Pantalon. Tartaglia. Doctoren. Wache. Gleich darauf Kalaf.
Kalaf (tritt mit einer stuermischen Bewegung in den Saal, voll
Argwohn hinter sich schauend. In der Mitte der Scene verbeugt
er sich gegen den Kaiser, dann fuer sich).
Wie? Ich bin lebend hier-Mit jedem Schritt
Erwartet' ich die zwanzig Schwerter in der Brust
Zu fuehlen, und, von Niemand angefallen,
Hab' ich den ganzen Weg znrueckgelegt?
So haette mir Adelma falsche Botschaft
Verkuendet-oder Turandot entdeckte
Die Namen, und mein Unglueck ist gewiss!
Altoum. Mein Sohn! ich sehe deinen Blick umwoelkt,
Dich quaelen Furcht und Zweifel-Fuerchte nichts mehr!
Bald werd' ich deine Stirn erheitert sehn,
In wenig Stunden endet deine Pruefung.
-Geheimnisse von freudenreichem Inhalt
Hab' ich fuer dich-Noch will ich sie im Busen
Verschliessen, theurer Juengling, bis dein Herz,
Der Freude offen, sie vernehmen kann.
-Doch merke dir: Nie kommt das Glueck allein;
Es folgt ihm stets, mit reicher Gaben Fuelle
Beladen, die Begleitung nach-Du bist
Mein Sohn, mein Eidam! Turandot ist dein!
Dreimal hat sie in dieser Nacht zu mir
Gesendet, mich beschworen und gefleht,
Sie von der furchtbarn Probe loszusprechen.
Daraus erkenne, ob du Ursach hast,
Sie mit getrostem Herzen zu erwarten.
Pantalon (zuversichtlich).
Das koennt Ihr, Hoheit! Auf mein Wort! Was das
Betrifft, damit hat's seine Richtigkeit.
Nehmt meinen Glueckwunsch an! Heut ist die Hochzeit.
Zweimal ward ich in dieser Nacht zu ihr
Geholt; sie hatt' es gar zu eilig; kaum
Liess sie mir Zeit, den Fuss in die Pantoffel
Zu stecken; ungefruehstueckt ging ich hin;
Es war so grimmig kalt, dass mir der Bart
Noch zittert-Aufschub sollt' ich ihr verschaffen,
Rath schaffen sollt' ich-bei der Majestaet
Fuersprach einlegen-Ja, was sollt' ich nicht!
's war mir ein rechtes Gaudium und Labsal,
Ich leugn' es nicht, sie desperat zu sehn.
Tartaglia. Ich ward um sechs Uhr zu ihr hin beschieden;
Der Tag brach eben an; sie hatte nicht
Geschlafen und sah aus wie eine Eule.
Wohl eine halbe Stunde bat sie mich,
Gab mir die schoensten Worte, doch umsonst!
Ich glaube gar, ich hab' ihr bittre Dinge
Gesagt vor Ungeduld und grimm'ger Kaelte.
Altoum. Seht, wie sie bis zum letzten Augenblick
Noch zaudert! Doch sie sperret sich umsonst.
Gemessene Befehle sind gegeben,
Dass sie durchaus im Divan muss erscheinen,
Und ist's mit Guete nicht, so ist's mit Zwang.
Sie selbst hat mich durch ihren Eigensinn
Berechtigt, diese Strenge zu gebrauchen.
Erfahre sie die Schande nun, die ich
Umsonst ihr sparen wollte-Freue dich,
Mein Sohn! Nun ist's an dir, zu triumphiren!
Kalaf. Ich dank' Euch, Sire. Mich freuen kann ich nicht.
Zu schmerzlich leid' ich selbst, dass der Geliebten
Um meinetwillen Zwang geschehen soll.
Viel lieber wollt' ich-Ach, ich koennte nicht!
Was waere Leben ohne sie?-Vielleicht
Gelingt es endlich meiner zaertlichen
Bewerbung, ihren Abscheu zu besiegen,
Ihn einst vielleicht in Liebe zu verwandeln.
Mein ganzes Wollen soll ihr Sklave sein,
Und all mein hoechstes Wuenschen ihre Liebe.
Wer eine Gunst bei mir erlangen will,
Wird keines andern Fuersprachs noethig haben,
Als eines Winks aus ihrem schoenen Aug.
Kein Nein aus meinem Munde soll sie kraenken,
Solang die Parze meinen Faden spinnt;
Soweit die Welle meines Lebens rinnt,
Soll sie mein einzig Traeumen sein und Denken!
Altoum. Auf denn! Man zoegre laenger nicht! Der Divan
Werde zum Tempel! Man erhebe den Altar!
Der Priester halte sich bereit! Sie soll
Bei ihrem Eintritt gleich ihr Schicksal lesen
Und soll erfahren, dass ich wollen kann,
Was ich ihr schwur.
(Der hintere Vorhang wird aufgezogen; man erblickt den chinesischen
Goetzen, den Altar und die Priester, Alles mit Kerzen beleuchtet.)
Man oeffne alle Pforten.
Das ganze Volk soll freien Eingang haben!
Zeit ist's, dass dieses undankbare Kind
Den tausendfachen Kummer uns bezahle,
Den sie auf unser greises Haupt gehaeuft.
(Man hoert einen lugubren Marsch mit gedaempften Trommeln. Bald
darauf zeigt sich Truffaldin mit Verschnittenen; hinter ihnen
die Sklavinnen, darauf Turandot, alle in schwarzen Floeren, die
Frauen in schwarzen Schleiern.)
Pantalon. Sie kommt! Sie kommt! Still! Welche Klagmusik!
Welch trauriges Gepraeng! Ein Hochzeitmarsch,
Der voellig einem Leichenzuge gleicht!
(Der Aufzug erfolgt ganz auf dieselbe Weise und mit denselben
Ceremonien wie im zweiten Akt.)