Erster Auftritt.

Altoum. Pantalon. Tartaglia. Doctoren. Wache. Gleich darauf Kalaf.

Kalaf (tritt mit einer stuermischen Bewegung in den Saal, voll

Argwohn hinter sich schauend. In der Mitte der Scene verbeugt

er sich gegen den Kaiser, dann fuer sich).

Wie? Ich bin lebend hier-Mit jedem Schritt

Erwartet' ich die zwanzig Schwerter in der Brust

Zu fuehlen, und, von Niemand angefallen,

Hab' ich den ganzen Weg znrueckgelegt?

So haette mir Adelma falsche Botschaft

Verkuendet-oder Turandot entdeckte

Die Namen, und mein Unglueck ist gewiss!

Altoum. Mein Sohn! ich sehe deinen Blick umwoelkt,

Dich quaelen Furcht und Zweifel-Fuerchte nichts mehr!

Bald werd' ich deine Stirn erheitert sehn,

In wenig Stunden endet deine Pruefung.

-Geheimnisse von freudenreichem Inhalt

Hab' ich fuer dich-Noch will ich sie im Busen

Verschliessen, theurer Juengling, bis dein Herz,

Der Freude offen, sie vernehmen kann.

-Doch merke dir: Nie kommt das Glueck allein;

Es folgt ihm stets, mit reicher Gaben Fuelle

Beladen, die Begleitung nach-Du bist

Mein Sohn, mein Eidam! Turandot ist dein!

Dreimal hat sie in dieser Nacht zu mir

Gesendet, mich beschworen und gefleht,

Sie von der furchtbarn Probe loszusprechen.

Daraus erkenne, ob du Ursach hast,

Sie mit getrostem Herzen zu erwarten.

Pantalon (zuversichtlich).

Das koennt Ihr, Hoheit! Auf mein Wort! Was das

Betrifft, damit hat's seine Richtigkeit.

Nehmt meinen Glueckwunsch an! Heut ist die Hochzeit.

Zweimal ward ich in dieser Nacht zu ihr

Geholt; sie hatt' es gar zu eilig; kaum

Liess sie mir Zeit, den Fuss in die Pantoffel

Zu stecken; ungefruehstueckt ging ich hin;

Es war so grimmig kalt, dass mir der Bart

Noch zittert-Aufschub sollt' ich ihr verschaffen,

Rath schaffen sollt' ich-bei der Majestaet

Fuersprach einlegen-Ja, was sollt' ich nicht!

's war mir ein rechtes Gaudium und Labsal,

Ich leugn' es nicht, sie desperat zu sehn.

Tartaglia. Ich ward um sechs Uhr zu ihr hin beschieden;

Der Tag brach eben an; sie hatte nicht

Geschlafen und sah aus wie eine Eule.

Wohl eine halbe Stunde bat sie mich,

Gab mir die schoensten Worte, doch umsonst!

Ich glaube gar, ich hab' ihr bittre Dinge

Gesagt vor Ungeduld und grimm'ger Kaelte.

Altoum. Seht, wie sie bis zum letzten Augenblick

Noch zaudert! Doch sie sperret sich umsonst.

Gemessene Befehle sind gegeben,

Dass sie durchaus im Divan muss erscheinen,

Und ist's mit Guete nicht, so ist's mit Zwang.

Sie selbst hat mich durch ihren Eigensinn

Berechtigt, diese Strenge zu gebrauchen.

Erfahre sie die Schande nun, die ich

Umsonst ihr sparen wollte-Freue dich,

Mein Sohn! Nun ist's an dir, zu triumphiren!

Kalaf. Ich dank' Euch, Sire. Mich freuen kann ich nicht.

Zu schmerzlich leid' ich selbst, dass der Geliebten

Um meinetwillen Zwang geschehen soll.

Viel lieber wollt' ich-Ach, ich koennte nicht!

Was waere Leben ohne sie?-Vielleicht

Gelingt es endlich meiner zaertlichen

Bewerbung, ihren Abscheu zu besiegen,

Ihn einst vielleicht in Liebe zu verwandeln.

Mein ganzes Wollen soll ihr Sklave sein,

Und all mein hoechstes Wuenschen ihre Liebe.

Wer eine Gunst bei mir erlangen will,

Wird keines andern Fuersprachs noethig haben,

Als eines Winks aus ihrem schoenen Aug.

Kein Nein aus meinem Munde soll sie kraenken,

Solang die Parze meinen Faden spinnt;

Soweit die Welle meines Lebens rinnt,

Soll sie mein einzig Traeumen sein und Denken!

Altoum. Auf denn! Man zoegre laenger nicht! Der Divan

Werde zum Tempel! Man erhebe den Altar!

Der Priester halte sich bereit! Sie soll

Bei ihrem Eintritt gleich ihr Schicksal lesen

Und soll erfahren, dass ich wollen kann,

Was ich ihr schwur.

(Der hintere Vorhang wird aufgezogen; man erblickt den chinesischen

Goetzen, den Altar und die Priester, Alles mit Kerzen beleuchtet.)

Man oeffne alle Pforten.

Das ganze Volk soll freien Eingang haben!

Zeit ist's, dass dieses undankbare Kind

Den tausendfachen Kummer uns bezahle,

Den sie auf unser greises Haupt gehaeuft.

(Man hoert einen lugubren Marsch mit gedaempften Trommeln. Bald

darauf zeigt sich Truffaldin mit Verschnittenen; hinter ihnen

die Sklavinnen, darauf Turandot, alle in schwarzen Floeren, die

Frauen in schwarzen Schleiern.)

Pantalon. Sie kommt! Sie kommt! Still! Welche Klagmusik!

Welch trauriges Gepraeng! Ein Hochzeitmarsch,

Der voellig einem Leichenzuge gleicht!

(Der Aufzug erfolgt ganz auf dieselbe Weise und mit denselben

Ceremonien wie im zweiten Akt.)

Загрузка...