Erster Auftritt.

Truffaldin, als Anfuehrer der Verschnittenen, steht gravitaetisch

in der Mitte der Scene und befiehlt seinen Schwarzen, welche

beschaeftigt sind, den Saal in Ordnung zu bringen. Bald darauf

Brigella.

Truffaldin. Frisch an das Werk! Ruehrt euch! Gleich wird der Divan

Beisammen sein.-Die Teppiche gelegt,

Die Throne aufgerichtet! Hier zur Rechten

Kommt kaiserliche Majestaet, links meine

Scharmante Hoheit, die Prinzess, zu sitzen!

Brigella (kommt und sieht sich verwundernd um).

Mein! Sagt mir, Truffaldin, was gibt's denn Neues,

Dass man den Divan schmueckt in solcher Eile?

Truffaldin (ohne auf ihn zu hoeren-zu den Schwarzen).

Acht Sessel dorthin fuer die Herrn Doktoren!

Sie haben hier zwar nicht viel zu dotieren;

Doch muessen sie, weil's was Gelehrtes gibt,

Mit ihren langen Baerten figurieren.

Brigella. So redet doch! Warum, wozu das alles?

Truffaldin. Warum? Wozu? Weil sich die Majestaet

Und meine schoene Koenigin, mit sammt

Den acht Doktoren und den Excellenzen,

Sogleich im Divan hier versammeln werden.

's hat sich ein neuer, frischer Prinz gemeldet,

Den's juckt, um einen Kopf sich zu verkuerzen.

Brigella. Was? Nicht drei Stunden sind's, dass man den letzten

Hat abgethan-

Truffaldin. Ja, Gott sei Dank! Es geht

Von statten! die Geschaefte gehen gut.

Brigella. Und dabei koennt Ihr scherzen, roher Kerl!

Euch freut wohl das barbarische Gemetzel?

Truffaldin. Warum soll mich's nicht freuen? Setzt's doch immer

Fuer meinen Schnabel was, wenn so ein Neuer

Die grosse Reise macht-denn jedesmal,

Dass meine Hoheit an der Hochzeitklippe

Vorbeischifft, gibt's im Harem Hochzeitkuchen.

Das ist einmal der Brauch, wir thun's nicht anders:

So viele Koepfe, so viel Feiertage!

Brigella. Das sind mir heillos niedertraechtige

Gesinnungen, so schwarz, wie Eure Larve.

Man sieht's Euch an, dass Ihr ein Halbmann seid,

Ein schmutziger Eunuch!-Ein Mensch, ich meine

Einer, der ganz ist, hat ein menschlich Herz

Im Leib und fuehlt Erbarmen.

Truffaldin. Was! Erbarmen!

Es heisst kein Mensch die Prinzen ihren Hals

Nach Peckin tragen, Niemand ruft sie her.

Sind sie freiwillig solche Tollhausnarren,

Moegen sie's haben! Auf dem Stadtthor steht's

Mit blut'gen Koepfen leserlich geschrieben,

Was hier zu holen ist-Wir nehmen Keinem

Den Kopf, der einen mitgebracht. Der hat

Ihn schon verloren, laengst, der ihn hier setzt!

Brigella. Ein saubrer Einfall, den galanten Prinzen,

Die ihr die Ehr' anthun und um sie werben,

Drei Raethsel aufzugeben und, wenn's einer

Nicht auf der Stelle trifft, ihn abzuschlachten!

Truffaldin. Mit nichten, Freund! Das ist ein praechtiger,

Exzellenter Einfall!-Werben kann ein Jeder;

Es ist nichts leichter, als aufs Freien reisen.

Man lebt auf fremde Kosten, thut sich guetlich,

Legt sich dem kuenft'gen Schwaeher in das Haus,

Und mancher juengre Sohn und Krippenreiter,

Der alle seine Staaten mit sich fuehrt

Im Mantelsack, lebt bloss vom Koerbeholen.

Es war nicht anders hier, als wie ein grosses

Wirthshaus von Prinzen und von Abenteurern,

Die um die reiche Kaisertochter freiten;

Denn auch der Schlechtste duenkt sich gut genug,

Die Haende nach der Schoensten auszustrecken.

Es war wie eine Freikomoedie,

Wo Alles kommt, bis meine Koenigin

Auf den scharmanten Einfall kam, das Haus

In vier und zwanzig Stunden rein zu machen.

-Eine andre haette ihre Liebeswerber

Auf blutig schwere Abenteuer aus-

Gesendet, sich mit Riesen 'rum zu schlagen,

Dem Schach zu Babel, wenn er Tafel haelt,

Drei Backenzaehne hoeflich auszuziehen,

Das tanzende Wasser und den singenden Baum

Zu holen und den Vogel, welcher redet-

Nichts von dem allem! Raethsel haben ihr

Beliebt! Drei zierlich wohlgesetzte Fragen!

Man kann dabei bequem und saeuberlich

In warmer Stube sitzen, und kein Schuh

Wird nass! Der Degen kommt nicht aus der Scheide,

Der Witz, der Scharfsinn aber muss heraus.

-Brigella, die versteht's! Die hat's gefunden,

Wie man die Narren sich vom Leibe haelt!

Brigella. 's kann Einer ein rechtschaffner Kavalier

Und Ehmann sein und doch die spitz'gen Dinger,

Die Raethsel, just nicht handzuhaben wissen.

Truffaldin. Da siehst du, Kamerad, wie gut und ehrlich

Es die Prinzess mit ihrem Freier meint,

Dass sie die Raethsel vor der Hochzeit aufgibt.

Nachher war's noch viel schlimmer. Loest er sie

Jetzt nicht, ei nun, so kommt er schnell und kurz

Mit einem frischen Gnadenhieb davon.

Doch, wer die stachelichten Raethsel nicht

Aufloest, die seine Frau ihm in der Eh'

Aufgibt, der ist verlesen und verloren!

Brigella. Ihr seid ein Narr, mit Euch ist nicht zu reden.

-So moegen's denn meintwegen Raethsel sein,

Wenn sie einmal die Wuth hat, ihren Witz

Zu zeigen-Aber muss sie denn die Prinzen

Just koepfen lassen, die nicht sinnreich gnug

Fuer ihre Raethsel sind-Das ist ja ganz

Barbarisch, rasend toll und unvernuenftig.

Wo hat man je gehoert, dass man den Leuten

Den Hals abschneidet, weil sie schwer begreifen?

Truffaldin. Und wie, du Schafskopf, will sie sich der Narren

Erwehren, die sich klug zu sein beduenken,

Wenn weiter nichts dabei zu wagen ist,

Als einmal sich im Divan zu beschimpfen?

Auf die Gefahr hin, sich zu prostituieren

Mit heiler Haut, laeuft Jeder auf dem Eis.

Wer fuerchtet sich vor Raethseln? Raethsel sind's

Gerad, was man fuers Leben gern mag hoeren.

Das hiess' den Koeder statt des Popanz's brauchen.

Und waere man auch wegen der Prinzessin

Und ihres vielen Gelds daheim geblieben,

So wuerde man der Raethsel wegen kommen.

Denn Jedem ist sein Scharfsinn und sein Witz

Am Ende lieber, als die schoenste Frau!

Brigella. Was aber kommt bei diesem ganzen Spiel

Heraus, als dass sie sitzen bleibt? Kein Mann,

Der seine Ruh liebt und bei Sinnen ist,

Wird so ein spitz'ges Nadelkissen nehmen.

Truffaldin. Das grosse Unglueck, keinen Mann zu kriegen!

(Man hoert einen Marsch in der Ferne.)

Brigella. Der Kaiser kommt.

Truffaldin. Marsch ihr in eure Kueche!

Ich gehe, meine Hoheit herzuholen. (Gehen ab zu verschiedenen Seiten.)

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