45.

Sie verließen das Gebäude auf demselben Weg, auf dem sie es betreten hatten, wandten sich dann aber nach links und folgten den sonderbar organisch wirkenden Wänden ein gutes Dutzend Schritte weit, ehe sich plötzlich ein schmaler Spalt vor ihnen auftat, in dem Graves ohne zu zögern verschwand - und das im wörtlichen Sinne: Die Dunkelheit verschlang ihn, als hätte er eine unsichtbare Barriere durchschritten, und als Mogens all seinen Mut zusammennahm und ihm folgte, erlebte er eine weitere, unheimliche Überraschung: Der Spalt, durch den er sich blind tastete, war nicht nur absolut dunkel, sondern auch kalt wie die Hölle. Es waren nur wenige Schritte, aber seine Haut brannte wie Feuer, als er auf der anderen Seite heraustrat, und seine Kleider waren bretthart gefroren und knisterten bei jeder Bewegung. Er hoffte, dass Miss Preussler und Tom, die hinter ihm kamen, klug genug waren, die Luft anzuhalten, um sich nicht die Lungen zu verätzen.

Wie es aussah, hatte Graves Recht gehabt. Waren sie bisher durch eine unterirdische Landschaft gegangen, die mehr an einen Gestalt gewordenen Albtraum erinnerte, so lag ein gutes Stück unter ihnen nun die Stadt, deren Plan Graves vorhin so aufmerksam studiert hatte, und Mogens erstarrte bei ihrem Anblick vor Ehrfurcht.

Auch, wenn dieser allererste Eindruck nur wenige Sekunden anhielt, so hatte er im ersten Moment doch das Gefühl, einen Schritt in eine Jahrtausende zurückliegende Vergangenheit getan zu haben. Und einen Schritt hinein in seinen größten Traum.

Unter ihnen lag das alte Theben, Karnak in seiner Blütezeit, Achenaton, wie es sich seine Schöpfer erträumt, aber niemals in solcher Pracht vollendet hatten - alles gemeinsam und noch viel mehr: Eine Stadt von einer Majestät und Schönheit, wie sie der Sand der ägyptischen Wüste niemals hatte begraben können. Da waren Tempel und prachtvolle, von endlosen Reihen überlebensgroßer steinerner Statuen gesäumte Alleen, reich verzierte Wohn- und Zeremoniengebäude, und im Herzen dieser gewaltigen, sich in jede Richtung mindestens eine halbe Meile erstreckende Stadt thronte eine gigantische, ebenmäßige Pyramide mit einer golden schimmernden Spitze. Es war ein Anblick, der ihm den Atem raubte, seinen Pulsschlag zum Stocken brachte und ihn mit einem berauschenden, nie gekannten Glücksgefühl erfüllte.

Und zugleich war er absolut grauenerregend.

Es vergingen nur wenige Sekunden, bevor der Sturm der Euphorie, der in Mogens' Brust tobte, die ersten Risse bekam. Gierig, fast schon verzweifelt, sog er jedes einzelne Bild in sich auf, konnte gar nicht so schnell von einem Wunder zum nächsten blicken, wie er es wollte, wie ein Verhungernder, der sich von einem Atemzug auf den anderen an der überreich gedeckten Tafel eines Königs wiederfindet und sich im ersten Moment einfach nur lachend und irre kreischend inmitten all der aufgefahrenen Köstlichkeiten wälzt, gar nicht fähig, seinen Hunger zu stillen.

Aber einige dieser Speisen waren vergiftet.

Mogens hätte im ersten Moment nicht einmal sagen können, was es war. Etwas wie ein Schatten schien über all dieser Pracht zu liegen, wie ein ganz leiser Verwesungsgeruch, den man vergeblich mit den teuersten Parfüms und Essenzen zu überdecken versuchte. Hier war ein Schatten, wo keiner sein sollte, da eine Linie, die sich in eine Richtung krümmte, die zu erkennen menschliche Sinne nicht geschaffen waren, dort eine Verzierung, die zu einer gierig ausgestreckten Kralle wurde. Es war, als wäre nicht unbedingt die Welt, aber die Realität dort vorne aus den Fugen geraten und begänne zu bröckeln, wie ein unglaublich altes Gemälde, durch dessen prachtvolle Farben allmählich ein viel älteres, düstereres Bild schimmerte, das mit den Farben des Wahnsinns gemalt war. Mogens registrierte kaum, wie Tom und nur einen Augenblick später auch Miss Preussler neben ihnen erschienen. Tom sagte kein Wort, sondern erstarrte einfach zur Salzsäule, während Miss Preussler ein sonderbares kleines Geräusch ausstieß, dass Mogens nicht genau deuten konnte, und die Hand vor den Mund schlug.

»Und du bist ganz sicher, dass du dorthin willst, Jonathan?«, fragte er.

»Sicher?« Graves lachte schrill. »Hast du den Verstand verloren, Mogens? Keine Macht der Welt könnte mich jetzt noch daran hindern!«

Vielleicht keine Macht dieser Welt, dachte Mogens. Er sagte nichts, und wozu auch? Ein einziger Blick in Graves' Gesicht machte ihm klar, wie vollkommen sinnlos jedes weitere Wort gewesen wäre.

Graves drehte sich, ein ebenso glückliches wie irrsinniges Lächeln auf dem Gesicht, zu Miss Preussler um. »Ist das der Ort, an dem Sie waren? Wohin hat man Sie gebracht?«

»Ich... bin nicht ganz sicher«, antwortete sie - aber auch jetzt wieder an Mogens gewandt, nicht an ihn. »Es war...« Sie suchte einen Herzschlag lang vergeblich nach Worten und fand schließlich in einem hilflosen Nicken Zuflucht. »Ich war... es sah anders aus, aber ich war dort.«

»Und wo genau?«, fragte Mogens. »Die Gefangenen, von denen Sie gesprochen haben... in welchem Gebäude sind sie untergebracht?«

»Ich... ich bin nicht ganz sicher«, wiederholte sie zögernd. »Aber ich erkenne es bestimmt wieder, wenn ich es sehe.« Sie fuhr sich nervös mit dem Handrücken über das Gesicht. Raureif glitzerte in ihrem Haar, und auch ihre Kleider waren steif gefroren und knisterten bei jeder Bewegung. Aber die Kälte in ihren Augen hatte einen anderen Grund.

»Ich will nicht dorthin«, sagte sie leise. »Dieser Ort... ist die Hölle.«

»Aber ich bitte Sie, meine Liebe«, sagte Graves. »Was Sie sehen, das erschreckt Sie zweifellos. Um offen zu sein, erschreckt es mich ebenso. Aber es ist nichts Böses, bitte glauben Sie mir. Was Sie dort sehen, ist ein Teil einer vollkommen fremden Welt! Sie ist so verschieden von der unseren, dass wir sie nie und nimmer verstehen werden. Nicht einmal unsere Sinne sind imstande, sie wirklich zu erfassen. Es ist ganz natürlich, dass es Ihnen Angst macht. Aber das ist ganz und gar nicht notwendig. Ganz im Gegenteil! Begreifen Sie denn nicht, welches Geschenk uns hier gemacht worden ist? Wir sind vielleicht die ersten Menschen dieser Welt, die das hier sehen dürfen.«

Miss Preussler zweifelte - dem Blick nach zu schließen, mit dem sie ihn maß - ganz eindeutig an seinem Verstand. Sie setzte zu einer Antwort an, schien sich dann im letzten Moment wieder daran zu erinnern, die Kommunikation mit ihm endgültig und unwiderruflich eingestellt zu haben, und wandte sich mit einem zugleich hilflos wie beinahe flehend wirkenden Blick abermals an Mogens.

»Ich kann verstehen, wenn Sie nicht noch einmal dorthin zurückkehren wollen«, sagte er. »Tom und ich können alleine versuchen, die Gefangenen zu finden. Aber Sie müssten uns schon sagen, wo...«

»Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht mitgehe«, unterbrach sie ihn. »Ich habe lediglich gesagt, dass ich es nicht will.«

»Wie rührend«, sagte Graves. »Ehrlich - mir bricht das Herz beim Anblick von so viel Mut und Selbstlosigkeit. Nur, was Tom angeht, muss ich Sie wohl enttäuschen. Ich fürchte, dass ich seine Dienste selbst in Anspruch nehmen muss.«

Mogens verzichtete auf eine Antwort, konnte aber einen raschen, fragenden Blick in Toms Gesicht nicht ganz unterdrücken. Was er sah, verwirrte ihn. Aber es alarmierte ihn auch ein ganz kleines bisschen. Tom stand noch immer wie zur sprichwörtlichen Salzsäule erstarrt da und blickte auf die unterirdische Stadt hinunter. Auf seinem Gesicht war die gleiche Mischung von fassungslosem Staunen und Entsetzen abzulesen, wie sie auch Mogens empfand, nur dass der Anteil von Entsetzen deutlich größer zu sein schien. Aber da war auch noch mehr. In seinen Augen stand eine grimmige Entschlossenheit geschrieben, die Mogens einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ.

»Tom?«, fragte er.

Im allerersten Moment schien es, als würde Tom überhaupt nicht reagieren. Dann fuhr er leicht zusammen, riss seinen Blick von der Ansammlung bizarrer Häuser, Straßen und Gebäude los und verzog die Lippen zu einem dünnen, vollkommen verunglückten Lächeln. »Alles in Ordnung, Professor«, sagte er. »Ich war nur überrascht. Damit... habe ich nicht gerechnet.«

»Das hat wohl keiner von uns«, antwortete Mogens.

»Und dort unten warten sicherlich noch viel mehr und größere Wunder auf uns«, fügte Graves hinzu. »Aber wir werden sie möglicherweise nie zu Gesicht bekommen, wenn wir noch lange hier herumstehen und reden.«

Was nicht unbedingt das Schlechteste wäre, fügte Mogens in Gedanken hinzu. Er wunderte sich allmählich über sich selbst. Ein Teil von ihm befand sich noch immer in einem Zustand schierer Euphorie. Der Forscher, der er die ganze Zeit über immer gewesen war, jubilierte innerlich, und es war ihm vollkommen egal, welches finstere Geheimnis sich unter der Oberfläche des Sichtbaren verbergen mochte und ob er möglicherweise mit dem Leben für diese Entdeckung bezahlen musste. Und dennoch wurde seine Furcht immer stärker. Mit jedem schweren, hämmernden Herzschlag in seiner Brust verstand er besser, was Miss Preussler gerade gemeint hatte. Sie hatten vermutlich gar keine andere Wahl, als dort hinunter zu gehen, gleich, aus welchen Gründen - aber er wollte es nicht. Um keinen Preis. Ein immer größer werdender Teil in ihm selbst krümmte sich vor Entsetzen bei der bloßen Vorstellung, nur einen Fuß in diese abscheuliche Stadt zu setzen.

»Aber wo sind all diese... Geschöpfe?«, murmelte Miss Preussler. »Als ich gestern hier unten war, da waren es Hunderte. Wohin sind sie verschwunden?«

»Spielt das eine Rolle?«, fragte Graves. »Wir sollten froh sein, sie nicht zu sehen.« Er sah sich konzentriert um und deutete dann mit dem ausgestreckten Arm nach rechts. »Dort drüben ist eine Brücke.«

Mogens hätte für das, was Graves als Brücke bezeichnete, ohne Schwierigkeiten ein halbes Dutzend anderer, weniger schmeichelhafte Bezeichnungen gefunden, aber er musste Graves Recht geben. Das Niveau der Stadt lag gute fünfzehn oder zwanzig Meter unter ihnen, als wäre sie ihn einen Krater hinein gebaut worden, der hier tief unter der Erde gähnte. Mogens traute sich zwar trotz seines geschwächten Zustandes immer noch zu, die zerschrundene Böschung hinunterzuklettern, doch der Weg, den Graves entdeckt hatte, war zweifellos einfacher. Und vermutlich auch sicherer. Zugleich stellte er sich natürlich dieselbe Frage wie Miss Preussler gerade. Hier unten sollte es von Ghoulen wimmeln. Wo waren sie?

Ohne ein weiteres Wort setzten sie sich in Bewegung.

Sie mussten trotz allem ein kleines Stück weit eine fast schon halsbrecherische Kletterpartie hinter sich bringen, um sich ihren Weg über rasiermesserscharfe Steine und Grate zu suchen, bis sie Graves' Brücke erreicht hatten. Danach wurde es schlimmer. Mogens nahm in Gedanken seine Einschätzung zurück, dass dieser Weg der leichtere wäre, aber er konnte Graves nicht die Schuld daran geben, so gerne er es auch getan hätte. Der kühn geschwungene, steinerne Bogen, der zum Niveau der Stadt hinunterführte, machte einen soliden und äußerst breiten Eindruck, doch sobald sie ihn betreten hatten, änderte sich das schlagartig. Nicht nur Mogens' Sinne begannen regelrecht Amok zu laufen, kaum dass er den Boden aus zyklopischen Steinquadern berührte, die auf schier unfassliche Weise falsch miteinander vermauert waren. Seine Augen sagten ihm, dass die Brücke weiter solide und massiv stand, aber sein Gleichgewichtssinn behauptete das Gegenteil. Ständig hatte er das Gefühl, die Arme ausstrecken zu müssen, um nicht zu stürzen, und die Brücke schien ununterbrochen sowohl ihre Breite als auch ihre Form zu verändern. Mogens versuchte sich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass es vermutlich ganz genauso war, wie Graves gerade Miss Preussler gegenüber behauptet hatte: Es war nicht diese Umgebung, mit der etwas nicht stimmte. Es waren nur ihre eigenen, unzulänglichen menschlichen Sinne, die verrückt spielten, weil sie mit dem, was sich ihnen darbot, nichts anfangen konnten.

Aber war dieser Gedanke tatsächlich eine Beruhigung?

Endlich aber hatten sie es geschafft, und Graves - natürlich Graves; niemals hätte er sich das nehmen lassen - war der Erste, der seinen Fuß auf den Boden der eigentlichen Stadt setzte. Er verlieh dem Moment das ihm seiner Meinung nach wohl zustehende Gewicht, indem er zwei oder drei Herzschläge lang einfach mit geschlossenen Augen stehen blieb, sodass sie gezwungen waren, ebenfalls anzuhalten und zu warten, bis er endlich zur Seite trat und ihnen Platz machte.

Mogens wandte sich mit einem fragenden Blick an Miss Preussler. »Wohin?«

Suchend und mit einem hilflosen Ausdruck sah sie sich um. Schließlich deutete sie - zögernd - auf ein großes, mit prachtvollen Farben bemaltes Gebäude von quadratischem Grundriss, das nur etwa vierzig oder fünfzig Meter entfernt lag. »Dorthin«, sagte sie, und fügte nach einer Sekunde und leise hinzu: »Glaube ich.«

»Dafür ist jetzt keine Zeit«, sagte Graves unwillig. »Uns bleiben nur noch wenige Stunden.«

»Wofür?«, wollte Mogens wissen.

»Hast du mir denn überhaupt nicht zugehört, du Narr?«, fauchte Graves. »Das Tor ist geöffnet, Mogens! Der Weg zum Hundsstern steht offen!«

»Und?«, fragte Mogens ruhig. Erneut lief ihm ein rascher, eisiger Schauer über den Rücken. Dass Graves auf eine gewisse Art wahnsinnig war, hatte er mittlerweile endgültig begriffen. Aber vielleicht war ihm das wahre Ausmaß dieses Wahnsinns - und seine Gefährlichkeit! - trotz allem noch nicht ganz klar gewesen.

»Und?«, keuchte Graves. »Mogens! Wir können ihnen gegenübertreten, verstehst du denn nicht? Dieser Weg öffnet sich nur zweimal in einem ganzen Menschenleben! Wir können diese Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen!«

»Und was genau meinst du damit?«, wiederholte Mogens. Er war ziemlich sicher, die Antwort zu kennen, so wie auch Graves umgekehrt wissen musste, dass er sie kannte. Und doch war es wichtig für ihn, Graves dazu zu zwingen, sie laut auszusprechen.

»Im Augenblick sind wir relativ sicher«, sagte Graves. »Mir war nicht ganz klar, ob ich die alten Schriften richtig gedeutet habe, aber nun bin ich sicher. Solange das Tor geöffnet ist, scheinen die Diener zu schlafen. Aber sie werden erwachen, sobald es sich wieder schließt, und wenn wir dann noch hier sind, töten sie uns.«

»Die Diener?«

Graves' Gesicht wurde zu einer hässlichen Grimasse der Ungeduld. »Die Ghoule.« Er machte eine unwillige Handbewegung. »Nenn sie, wie du willst. Wichtig ist, dass sie uns nicht gefährlich werden, solange wir keinen Fehler machen.«

»Dann wäre jetzt die Gelegenheit, die Gefangenen zu befreien«, sagte Mogens.

Graves' Reaktion war ganz genau die, die er erwartet hatte. »Bist du von Sinnen?«, keuchte er. »Uns bleiben vielleicht noch zwei Stunden, allerhöchstens drei! Wir haben keine Zeit für so einen romantischen Unsinn!«

»Menschenleben zu retten würde ich nicht als romantischen Unsinn bezeichnen«, antwortete Mogens ruhig.

Graves setzte sichtlich dazu an, aufzufahren, riss sich dann aber im letzten Moment wieder zusammen und antwortete erst nach einer spürbaren Pause und mit einem bedauernden Kopfschütteln. »Dein Verhalten ehrt dich, Mogens«, sagte er. »Aber das hier ist jetzt nicht der Moment für große Gesten. Schon gar nicht, wenn sie sinnlos sind.«

»Menschenleben zu retten ist auch nicht sinnlos«, beharrte Mogens.

»Wenn man bei dem Versuch scheitert, schon«, antwortete Graves. Er wandte sich nun ganz zu Miss Preussler um und fuhr in noch sanfterem Tonfall fort. »Es tut mir aufrichtig Leid, meine Liebe, aber Tatsache ist, dass diesen Menschen nicht mehr zu helfen ist. Glauben Sie mir, sie waren im gleichen Moment verloren, in dem sie in die Gewalt dieser Geschöpfe geraten sind.«

»Und woher wollen Sie das wissen?«, fragte Miss Preussler. Ihr Entsetzen über das, was sie hörte, war nun eindeutig größer als ihr Stolz, der es ihr bisher unmöglich gemacht hatte, direkt mit Graves zu sprechen.

»Ich weiß viel über diese Kreaturen«, gestand Graves. »Es gibt so viel mehr, was ich nicht weiß, aber manches habe ich in den letzten zehn Jahren doch herausgefunden. Die Zeit reicht nicht, um es Ihnen zu erklären, und Sie würden es wahrscheinlich auch gar nicht verstehen - aber glauben Sie mir dies: Diesen bedauernswerten Menschen ist nicht mehr zu helfen. Niemand, der einmal in die Gewalt dieser Wesen gerät, kann gerettet werden.«

»Niemand?«, wiederholte Miss Preussler spöttisch.

Graves nickte nur noch einmal, und noch überzeugter. »Sie sind die Erste, die ihnen jemals entkommen ist, soviel ich weiß«, sagte er. »Und ich verstehe es nicht wirklich.«

»Wo es einmal eine Ausnahme gegeben hat, da kann es auch noch andere geben«, beharrte Miss Preussler. Sie machte eine zornige Handbewegung, als Graves etwas darauf erwidern wollte, und fuhr in hörbar schärferem Tonfall fort. »Genug, Doktor Graves. Sie sind ein Monstrum! Wie können Sie annehmen, ich wäre bereit, auch nur das Leben eines einzigen Menschen zu riskieren, nur um mich mit diesen... Ungeheuern zu treffen? Ich werde diese Gefangenen suchen, und wenn es sein muss, ganz allein!«

»Und damit alles aufs Spiel setzen?«, fragte Graves. »Wenn Sie die Diener wecken, ist alles vorbei. Dann werden Sie nicht nur die Gefangenen nicht befreien, Sie besiegeln damit auch unser Schicksal.«

»Dieses Risiko werde ich wohl eingehen müssen«, antwortete Miss Preussler ungerührt.

»Das kann ich nicht erlauben, fürchte ich«, erwiderte Graves.

»Und wie wollen Sie mich daran hindern?«, erkundigte sich Miss Preussler in fast freundlichem Tonfall. »Vielleicht mit Gewalt?«

»Wenn es sein muss«, bestätigte Graves.

Mogens sagte nichts dazu, aber er tat etwas anderes: Er trat mit einem einzigen, demonstrativen Schritt unmittelbar neben Miss Preussler und verschränkte herausfordernd die Arme vor der Brust. Graves' Augen wurden schmal. Er straffte sich. Einen Moment lang versuchte er einfach, Mogens niederzustarren. Als ihm das nicht gelang, warf er einen herausfordernden Blick in Toms Richtung.

Tom senkte betreten die Augen und sah weg.

»Mogens, so sei doch vernünftig!« Graves' Stimme wurde beschwörend, ja, schon beinahe flehend. »Versuch doch wenigstens zu verstehen, wovon ich spreche!«

»Ich fürchte, ich verstehe dich nur zu gut«, antwortete Mogens traurig.

»Wohl kaum! Uns bietet sich hier die vielleicht größte Chance, die sich Menschen jemals geboten hat, seit diese Welt existiert. Begreifst du denn nicht, was wir alles von ihnen lernen können? Was sie uns geben können?«

Mogens sah ihn nur weiter traurig an. Er wusste, dass sie verloren hatten. Dieses Gespräch war vollkommen sinnlos. Statt zu antworten, sah er auf bezeichnende Art auf Graves' in schwarzes Leder gehüllte Hände hinab und schüttelte noch einmal den Kopf.

»Aber ich muss dorthin!« Graves schrie fast, während er heftig gestikulierend mit beiden Armen auf die monströse Pyramide im Herzen der Stadt deutete. »Verstehst du es denn nicht! Es ist alles genau so, wie es in den alten Schriften beschrieben wird! Und ich habe es gesehen, vorhin, auf dem Plan! Das Tor ist dort, in dieser Pyramide! Und es ist offen!«

Auch wenn er es im Grunde gar nicht wollte, hob Mogens noch einmal den Kopf und sah in dieselbe Richtung, in die Graves' schreckliche Hände deuteten. Schon der bloße Anblick des monströsen Bauwerkes bereitete ihm jetzt eine fast körperlich spürbare Übelkeit. Es war, als würde es schlimmer, mit jedem Schritt, den sie sich dieser gemauerten Obszönität näherten. Mogens korrigierte seine Schätzung, was ihre Größe anging, noch einmal um ein gehöriges Stück nach oben, und er fragte sich zugleich, wieso es ihm nicht sofort und auf den ersten Blick aufgefallen war. Diese Pyramide war keine bloße Kopie des Grabmals des Cheops in Gizeh. Es war mit ihr wie mit den Hieroglyphen, dem Boot und allem anderen hier. Dies war das Original, nach dessen Vorbild die großen Pyramiden in Kairo errichtet worden waren. Ihre Größe und Proportionen entsprachen exakt denen der Cheopspyramide, und die vermeintlichen Unterschiede rührten einzig daher, dass all die verstrichenen Jahrtausende diesem Bauwerk nichts hatten anhaben können. Alles war da. Selbst die gewaltige, mit purem Gold bedeckte Spitze, die bei den Pyramiden Ägyptens längst dem Ansturm der Zeit und der Gier der Menschen zum Opfer gefallen war, schimmerte prachtvoll und höhnisch auf sie herab.

Und zugleich war dieses monströse Etwas so vollkommen anders, so abstoßend und furchteinflößend in all seiner Größe, dass er das Gefühl hatte, zugrunde gehen zu müssen, wenn er es zu lange ansah.

»Also gut!«, fauchte Graves. »Dann gehe ich eben allein. Ich bin tief enttäuscht von dir, Mogens. Und von dir auch, Tom. Nach allem, was ich für dich getan habe, hätte ich mir etwas mehr Loyalität erhofft.«

Weder Mogens noch Tom antworteten. Tom drehte sich noch um ein kleines Stück weiter weg und presste die Lippen aufeinander.

»Ihr wisst ja nicht, was ihr da verschenkt«, murmelte Graves, schüttelte noch einmal den Kopf und drehte sich dann herum, um mit raschen Schritten in Richtung der Pyramide davon zu gehen. Mogens wollte ihm nachblicken, aber die verdrehte, sinnverwirrende Fremdartigkeit dieses Ortes spielte ihm abermals einen Streich. Obwohl Graves nicht rannte, schrumpfte seine Gestalt schon nach wenigen Schritten zusammen und entschwand dann gänzlich seinen Blicken.

»Danke, Tom«, sagte Miss Preussler. Ihre Stimme wurde weich. »Das war sehr tapfer von dir.«

»Nein«, widersprach Tom. Er machte eine Kopfbewegung in Richtung der Pyramide, ohne sie indes direkt anzusehen. »Tapfer war es gewesen, Doktor Graves zu begleiten. Aber das kann ich nicht. Ich geh nicht dahin. Dieser Ort ist böse.«

Auch Mogens hätte es nicht besser ausdrücken können. Er musste sogar eingestehen, dass Tom in seiner einfachen, direkten Art viel präziser ausgedrückt hatte, was er selbst in einem Sturm komplizierter Gefühle und Gedanken nicht so hatte auf den Punkt bringen können. Alles, was er beim Anblick dieser monströsen Pyramide empfand, lief auf dieses eine, schlichte Wort hinaus, auch wenn es in seiner von Wissenschaft und Logik geprägten Welt eigentlich nichts zu suchen hatte. Sie war böse.

Mogens war erschüttert von der schlichten Einfachheit dieses Gedankens. Er bedurfte keiner Erklärungen, keiner Begründung und keines Wenn und Aber, denn er enthielt eine fundamentale Wahrhaftigkeit, die keinerlei Zweifel zuließ. Selbst der Wissenschaftler in ihm schwieg, obwohl er noch vor weniger als einer Stunde die Existenz von etwas wie dem absolut Bösen - oder auch Guten - vehement bestritten hätte. Waren dies doch Begriffe aus der Gefühls- und Gedankenwelt des Menschen, die in der rein logisch erklärbaren Welt der Wissenschaft nichts verloren hatten. Aber vielleicht war es genau umgekehrt. Vielleicht war es nicht die Wissenschaft, die als eherne Grundpfeiler das Gefüge des Universums stützte, sondern vielleicht waren es gerade Begriffe wie Gut und Böse, Richtig und Falsch, Glaube und Zweifel, die das Universum zusammenhielten, und vielleicht war es kein Zufall, dass seinen Geschöpfen zuerst das Fühlen gegeben wurde und erst dann das Denken.

Es kostete ihn einige Mühe, diesen Gedanken abzuschütteln und sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.

»Dann sollten wir uns auf den Weg machen«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie viel Zeit uns bleibt, aber ich fürchte, dass sie so oder so knapp wird.« Er warf Tom bei diesen Worten einen fragenden Blick zu, auf den er aber auch diesmal wieder nur ein zaghaftes Kopfschütteln zur Antwort bekam. Immerhin setzte sich der Junge als erster in Bewegung und schlug die Richtung ein, in die Miss Preussler gerade gedeutet hatte, und kaum hatte er die ersten zwei oder drei Schritte getan, da wiederholte sich der unheimliche Effekt, den er gerade schon bei Graves beobachtet hatte: obwohl Tom nicht schnell ging, schien er sich rasend schnell zu entfernen, als lege er mit jedem Schritt ein Zehnfaches der eigentlich möglichen Entfernung zurück. Mogens beeilte sich, Miss Preussler am Arm zu ergreifen und Tom zu folgen. Irgendetwas sagte ihm, dass ihre Aussichten, einander wiederzufinden, sollten sie sich in dieser unheimlichen, unwirklichen Umgebung aus den Augen verlieren, nicht gerade gut standen.

Das Gefühl, etwas durch und durch Falsches zu tun, wurde mit jedem Schritt schlimmer, den sie tiefer in die Stadt eindrangen. Noch immer war keine Spur der Bewohner dieser unterirdischen Nekropole zu sehen, und noch immer hörten sie nicht das mindeste Geräusch, und dennoch schnürte das Gefühl, beobachtet, aus unsichtbaren, gierigen Augen belauert und angestarrt zu werden, Mogens mit jedem Schritt mehr den Atem ab. Er wagte es schon längst nicht mehr, auch nur in Richtung der monströsen Pyramide zu sehen, die wie ein steinerer Gott über dieser Stadt thronte, aber es nutzte nichts. Er konnte sich verbieten, dieses groteske Gebilde anzustarren, aber er konnte ihm nicht verbieten, seinerseits sie anzustarren. Der Gedanke war vollkommen absurd, und doch war es ganz genau das, was nicht nur Mogens in diesem Moment fühlte: Es war dieses Gebäude, das sie belauerte. Nichts in ihm oder seiner Nähe, nicht die Kreaturen, die es erschaffen hatten oder auch heute noch bewohnen mochten, sondern dieses entsetzliche... Etwas selbst.

Sie betraten eine der breiten Alleen, die die Stadt in regelmäßigen Abständen zerteilten und allesamt auf die Pyramide in ihrem Zentrum zu strebten. Ohne es auch nur selbst zu bemerken, hielten sie ganz instinktiv den größten nur möglichen Abstand zu den unheimlichen Gebäuden, die die Straße säumten, sodass sie im Grunde etwas sehr Dummes taten: Sie bewegten sich ohne jegliche Deckung und für jedermann weithin sichtbar genau in der Mitte der Straße. Wenn in diesem Moment auch nur einer der unheimlichen Bewohner dieser Stadt aus seinem Haus trat und zufällig in ihre Richtung blickte, dann musste er sie einfach sehen, dachte Mogens. Und dennoch ging er gerade weiter, nahm lieber die Gefahr einer frühzeitigen Entdeckung in Kauf, als sich einem dieser grässlichen Gebilde aus Stein und gemauerter Furcht auch nur eine Sekunde früher zu nähern, als unbedingt nötig war.

Wieder war es, als hätte Miss Preussler seine Gedanken gelesen; auch wenn die Wahrheit wohl eher die war, dass ihre Überlegungen in die gleiche Richtung gingen wie seine. Sie sah sich in immer kürzeren Abständen und mit deutlich zunehmender Nervosität um und murmelte schließlich: »Ich verstehe das nicht. Wo sind sie alle?«

»Vielleicht hatte Graves ja Recht mit seiner Vermutung«, antwortete Mogens. »Tom?«

Er hatte eigentlich gar nicht mit einer Antwort gerechnet. Doch nachdem er einige weitere Schritte getan hatte - und noch immer, ohne ihm dabei in die Augen zu sehen -, sagte Tom: »Ich weiß es wirklich nicht, Professor. Doktor Graves hat mir nie sehr viel über die Ergebnisse seiner Arbeit erzählt. Ein bisschen hab ich aufgeschnappt und mir das eine oder andere auch zusammengereimt, aber...«

»Aber du hast es nicht geglaubt, nicht wahr?«, führte Mogens den Satz zu Ende, als Tom nicht antwortete, sondern nur wieder betreten den Blick senkte und die Unterlippe zwischen die Zähne zog, um darauf herumzukauen. »Wie hättest du auch? Ich glaube es ja selbst nicht - nicht einmal jetzt, wo ich es sehe.«

Tom warf ihm einen kurzen, dankbaren Blick zu, blieb aber weiter so niedergeschlagen, wie er war. »Aber ich hätte es tun sollen«, beharrte er. »Doktor Graves hat... sehr viel für mich getan. Ich weiß, dass Sie nicht viel von ihm halten, Professor, und ich nehm an, dass Sie gute Gründe dafür haben. Aber er hat mir das Leben gerettet, und er hat...« Er suchte einen Moment lang vergebens nach Worten und hob schließlich die Schultern. »Ich bin ihm auf jeden Fall mehr schuldig, als ich jemals zurückzahlen kann.«

»Das ist Unsinn, Thomas«, sagte Miss Preussler. »Dieser Mann hat sich mit dem Teufel eingelassen. Du bist ihm gar nichts schuldig. Was immer er für dich getan hat oder auch nicht, geschah ganz gewiss nur aus Eigennutz. Mach dir bitte keine Vorwürfe.« Sie wechselte abrupt das Thema und deutete nach links. »Dort drüben.«

Ihr ausgestreckter Arm deutete auf ein monströses Gebäude, das Mogens an eine auf absurde Art detonierte Mastaba erinnerte und aus der Entfernung bunt bemalt und fast freundlich gewirkt hatte. Jetzt wirkten die Farben matt und vermittelten dem Betrachter ein staubiges Gefühl, das es einen fast schwer machte, zu atmen. Mogens' Unbehagen wuchs noch weiter, als er die beiden riesigen Statuen rechts und links des offen stehenden Einganges betrachtete. Aus der Ferne hatte er sie für große Sphinxen gehalten, doch sie waren es nicht. Die gemauerten Wächter, die das Tor flankierten, stellten so wenig eine Sphinx dar, wie die Gestalt auf dem Sarkophag ein Mensch gewesen war.

»Vielleicht... hätten Sie das Gewehr nehmen sollen, das Graves Ihnen angeboten hat, Professor«, sagte Miss Preussler nervös.

Mogens hielt einen Moment inne und sah sie überrascht an. Miss Preussler verabscheute Waffen mindestens ebenso sehr wie er, das wusste er. Dennoch nickte sie bekräftigend, als sie seinen verwunderten Blick bemerkte, und fügte mit einer Geste auf ihr Ziel hinzu: »Dort drinnen sind sehr viele von ihnen.«

»Wenn Doktor Graves Recht hat, dann schlafen sie«, sagte Tom. »Und ich glaub, er hat Recht.«

»Alle?«, vergewisserte sich Mogens.

»Doktor Graves hat mir mal erzählt, dass sie nur die Diener der alten Götter waren«, sagte Tom, während sie weitergingen. »Und er war wohl der Meinung, dass es sich noch dazu nur um mindere Kreaturen handelte.«

»Es gibt keine minderen Kreaturen, Thomas«, verbesserte ihn Miss Preussler mit einem Unterton von sanftem Tadel.

»Doktor Graves war jedenfalls der Meinung, sie wären nicht viel mehr als Tiere, die nur für niedrige Arbeiten bestimmt waren«, beharrte Tom. »Oder vielleicht auch so was wie ihre Krieger. Er hat nicht oft mit mir drüber gesprochen, und ich hab auch nicht alles verstanden, wenn ich ehrlich bin. Aber ich glaub, er war der Meinung, dass sie in eine Art... Schlaf versinken, wenn sich das Tor öffnet.«

»Und wozu sollte das gut sein?«, fragte Miss Preussler.

»Das weiß ich nicht«, antwortete Tom, fügte dann aber trotzdem - und leiser - hinzu: »Vielleicht fürchten die Götter sie selbst.«

Miss Preusslers Stimme wurde streng. »Hör endlich mit diesem dummen Gerede von ›Göttern‹ und ›mächtigen Wesen‹ auf, Thomas«, sagte sie. »Es gibt keine Götter, Tom. Nur einen einzigen Gott, und der fürchtet sich ganz bestimmt nicht vor diesen Scheusalen.«

»Aber Doktor Graves...«, begann Tom.

»... ist wahnsinnig, so einfach ist das!«, unterbrach ihn Miss Preussler. »Und jetzt will ich nichts mehr von diesen Mann und seinem verrückten Gerede hören!«

Es war schwer, Toms Reaktion genau einzuschätzen. Im allerersten Moment sah er Miss Preussler beinahe verstockt an, und Mogens glaubte für eine Sekunde sogar so etwas wie blanke Feindseligkeit in seinen Augen aufblitzen zu sehen. Dann aber zwang er sich zu einem schüchternen Lächeln und setzte zu einer Antwort an - und ein einzelner Schuss peitschte über den Platz.

Tom fuhr wie von der Tarantel gestochen herum. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht. »Doktor Graves!«

Mogens ahnte, was passieren würde, aber er zögerte einen Sekundenbruchteil zu lange. Tom sah sich hektisch um. Sein Blick flackerte, während er vergebens versuchte, die Richtung herauszufinden, aus der der Schuss gekommen war. »Doktor Graves«, keuchte er noch einmal.

»Tom - nicht!«, schrie Mogens - aber es war zu spät. Tom wirbelte auf der Stelle herum und rannte mit gewaltigen Sätzen davon, und Mogens' zupackende Hände griffen ins Leere. Tom war mit zwei Schritten verschwunden, aufgesogen von der unheimlichen Perspektive dieser verzerrenden Welt. Nur das Geräusch seiner Schritte war noch für einen weiteren Moment zu hören, bevor es ebenfalls erlosch.

»Um Himmels willen, Professor, so tun Sie doch etwas«, hauchte Miss Preussler. »Halten Sie ihn auf!«

Aber wie denn? Mogens machte tatsächlich einen halben Schritt in die Richtung, in die Tom verschwunden war, blieb aber sofort wieder stehen. Tom war nicht einfach nur davongelaufen. Er war so spurlos verschwunden, als hätte er niemals existiert. Mogens verspürte ein neuerliches, eisiges Frösteln, als ihm klar wurde, dass er nicht einmal mit wirklicher Sicherheit sagen konnte, in welche Richtung er davongelaufen war. Vielleicht gab es so etwas wie Richtungen hier unten gar nicht.

»Lassen Sie ihn, Miss Preussler«, sagte er leise. »Ich glaube nicht, dass wir ihn zurückholen könnten. Selbst wenn wir wüssten, wo er ist.«

»Wahrscheinlich haben Sie Recht«, pflichtete sie ihm niedergeschlagen bei. »Der arme Junge.« Sie atmete schwer ein und aus, dann drehte sie sich langsam und mit hängenden Schultern wieder zu Mogens um. »Kommen Sie, Professor«, sagte sie. »Hier gibt es noch andere, die unserer Hilfe bedürfen. Suchen wir diese armen Menschen.«

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