Kapitel 22

Tanner saß mit seiner Frau im Wohnzimmer. Die Ostermans waren hinaufgegangen, die Polizei weggefahren, um die verschwundenen Ehepaare zu suchen. Weder John noch Ali fühlten sich wohl. Ali, weil sie für sich entschieden hatte, wer den Hund getötet hatte. John, weil er die Implikationen der Tat nicht verdrängen konnte.

«Es war Dick, nicht wahr?«fragte Alice.

«Dick?«

«Er hat mich bedroht. Er ist in die Küche gekommen und hat mich bedroht.«

«Dich bedroht?«Wenn dem so war, dachte Tanner, warum waren Fassetts Männer dann nicht schon früher gekommen?» Wann? Wie?«

«Als sie im Wegfahren waren. Ich meine, nicht, daß er mich persönlich bedroht hat. Er hat ganz allgemein gedroht, uns allen.«

«Was hat er gesagt?«Tanner hoffte, daß Fassetts Männer jetzt zuhörten. Das würde ein Punkt sein, auf den er später zurückkommen würde.

«Er hat gesagt, du solltest keine Entscheidungen treffen. Redaktionelle Entscheidungen.«

«Was noch?«

«Daß manche — manche Leute findiger wären. Das hat er gesagt. Ich sollte bedenken, daß die Leute nicht immer das wären, was sie schienen — daß manche findiger als andere wären.«

«Damit kann er alles mögliche gemeint haben.«

«Es muß eine schreckliche Menge Geld sein.«

«Was ist ein Menge Geld?«

«Das, was er und Joe mit Jim Loomis machen. Das, was du untersucht hattest.«

O Gott, dachte Tanner. Wahrheit und Lüge. Fast hatte er seine Lüge vergessen.

«Es ist eine Menge Geld«, sagte er leise und erkannte zugleich, daß er sich auf gefährlichem Boden befand. Ali würde es in den Sinn kommen, daß selbst Geld nicht ausreichte. Er versuchte, ihr zuvorzukommen.»Mehr als Geld, denke ich. Ihr guter Ruf könnte darunter leiden.«

Alice starrte die einzige Lampe im Raum an, die eingeschaltet war.»Droben hast du — hast du gedacht, daß Leila es getan hatte, nicht wahr?«

«Ich hatte unrecht.«

«Sie war aber auf der anderen Seite des Korridors.«

«Das würde keinen Unterschied machen; wir haben das mit MacAuliff besprochen. Er war meiner Meinung. Das But war größtenteils getrocknet, geronnen. Der Hund ist schon vor Stunden getötet worden.«

«Wahrscheinlich hast du recht. «Ali stellte sich immer noch Leila vor, wie sie mit dem Rücken gegen die Wand gepreßt dastand und ins Leere starrte und das Gespräch n der Küche belauschte.

Die Uhr auf dem Kaminsims zeigte fünf Uhr zwanzig. Sie hatten beschlossen, im Wohnzimmer zu schlafen, vor dem Arbeitszimmer, wo sie den Kindern nahe waren.

Um halb sechs klingelte das Telefon. MacAuliff hatte weder die Tremaynes noch die Cardones gefunden. Er sagte Tanner, er hätte beschlossen, eine Suchmeldung hinausgehen zu lassen.

«Vielleicht haben sie beschlossen, in die Stadt zu fahren, nach New York«, sagte Tanner schnell. Eine Suchmeldung könnte Omega in den Untergrund treiben und damit den Alptraum verlängern.»Ein paar von diesen Kneipen in Village bleiben die ganze Nacht offen. Sie sollten ihnen etwas Zeit lassen. Um Himmels willen, das sind unsere Freunde!«

«Da kann ich Ihnen nicht recht geben. Nach vier bleibt kein Lokal offen.«

«Vielleicht sind sie in ein Hotel gegangen.«

«Das werden wir ja in Kürze wissen. Hotels und Krankenhäuser bekommen Suchmeldungen als erste.«

Tanners Gedanken überschlugen sich.»Die Ortschaften in der Umgebung haben Sie durchsucht? Ich kenne da ein paar Privatclubs… «

«Die kennen wir auch. Überprüft.«

Tanner wußte, daß er sich etwas einfallen lassen mußte. Irgend etwas, das Fassett genügend Zeit verschaffte, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen. Fassetts Männer hatten die Leitung angezapft und hörten jetzt mit, daran war kein Zweifel; sie würden die Gefahr sofort erkennen.

«Haben Sie schon die Umgebung der alten Bahnstation abgesucht? Der an der Lassiter Road?«

«Wer zum Teufel würde denn dort hinausfahren? Und wozu?«

«Ich habe meine Frau und meine Kinder am Mittwoch dort gefunden. Nur so eine Idee.«

Der Hinweis erfüllte seinen Zweck.»Ich rufe Sie wieder an«, sagte MacAuliff.»Wir überprüfen das.«

Als er den Hörer auflegte, fragte Ali:»Keine Spur?«

«Nein… Honey, du solltest jetzt versuchen, etwas zu schlafen. Ich kenne da ein paar Lokale — Clubs —, von denen die Polizei vielleicht nichts weiß. Dort versuche ich es einmal. Ich werde das Telefon in der Küche nehmen. Ich will die Kinder nicht wecken.«

Fassett ging sofort ans Telefon.

«Hier ist Tanner. Wissen Sie, was geschehen ist?«

«Ja. Sie haben verdammt schnell gedacht. Sie können einen Job bei uns haben.«

«Das wäre das letzte, was ich wollte. Was werden Sie jetzt tun? Sie können sich doch keine große Suchaktion leisten.«

«Das wissen wir. Cole und Jenkins kümmern sich darum. Wir werden uns schon etwas einfallen lassen.«

«Und dann?«

«Es gibt da einige Möglichkeiten. Ich habe jetzt nicht die Zeit, Ihnen das alles zu erklären. Außerdem brauche ich diese Leitung. Nochmals vielen Dank. «Fassett legte auf.

«Ich hab's bei zweien probiert«, sagte Tanner und ging ins Wohnzimmer zurück.»Kein Glück… Versuchen wir zu schlafen. Wahrscheinlich haben sie irgendwo eine Party gefunden und sich einfach selbst eingeladen. Wir haben das schließlich auch schon gemacht.«

«Schon seit Jahren nicht mehr«, sagte Ali.

Beide taten so, als schliefen sie. Das Ticken der Uhr war wie ein Metronom, hypnotisch, zum wahnsinnig werden. Schließlich merkte Tanner, daß seine Frau eingeschlafen war. Er schloß die Augen, spürte das schwere Gewicht seiner Lider, war sich der völligen Schwärze bewußt, die ihn umgab. Aber sein Gehör wollte nicht zur Ruhe kommen. Um sechs Uhr vierzig hörte er einen Wagen. Das Geräusch kam von der Straße vor seinem Haus. Tanner stand auf und ging schnell ans Fenster. MacAuliff kam auf das Haus zugegangen; er war allein. Tanner ging ihm entgegen.

«Meine Frau schläft. Ich will sie nicht wecken.«

«Das ist jetzt nicht wichtig«, sagte MacAuliff mit beinahe drohender Stimme.»Ich habe mit Ihnen zu tun.«

«Was?«»Die Cardones und die Tremaynes sind von einer kräftigen Dosis Äther betäubt worden. Man ließ sie abseits der Straße in der Nähe der alten Lassiter-Station im Wagen. Jetzt möchte ich wissen, warum Sie uns dort hingeschickt haben. Woher wußten Sie das?«

Tanner konnte MacAuliff nur stumm anstarren.

«Ihre Antwort?«

«So wahr mir Gott helfe, das weiß ich nicht! Ich habe nichts gewußt… Ich werde diesen Mittwochnachmittag so lange ich lebe nicht vergessen. Das würden Sie auch nicht, wenn Sie ich wären. Der Bahnhof ist mir einfach in den Sinn gekommen. Das schwöre ich!«

«Ein verdammt seltsamer Zufall, nicht wahr?«

«Hören Sie, wenn ich das gewußt hätte, dann hätte ich es Ihnen doch schon vor Stunden gesagt! Ich hätte nicht zugelassen, daß meine Frau das alles mitmacht. Um Gottes willen, seien Sie doch vernünftig!«

MacAuliff musterte ihn fragend. Und Tanner fuhr fort:»Wie ist es passiert? Was haben sie gesagt? Wo sind sie?«

«Sie sind jetzt im Ridge Park Hospital. Man wird sie frühestens morgen früh entlassen.«

«Sie müssen doch mit ihnen gesprochen haben.«

Nach Tremaynes Ansicht, erklärte MacAuliff, wären die vier höchstens eine halbe Meile den Orchard Drive hinuntergefahren, als sie eine rote Notfackel auf der Straße sahen und einen Wagen, der am Straßenrand parkte. Ein Mann hielt sie auf; ein gutgekleideter Mann, der ohne weiteres ein Einwohner von Saddle Valley hätte sein können. Aber das war er nicht. Er hatte Freunde besucht und war auf dem Rückweg nach Westchester. Sein Wagen hatte plötzlich Motorschwierigkeiten bekommen, und er saß fest. Tremayne erbot sich, den Mann zum Haus seiner Freunde zurückzufahren, und der Mann nahm an.

Das war das letzte, woran Tremayne und die beiden Frauen sich erinnerten. Offenbar war Cardone während des ganzen Zwischenfalls bewußtlos gewesen.

An der verlassenen Bahnstation fand die Polizei in Tremaynes Wagen eine unetikettierte Aerosoldose. Man würde sie morgen untersuchen, aber MacAuliff zweifelte nicht, daß es sich um Äther handelt.

«Da muß ein Zusammenhang mit letzten Mittwoch da sein«, sagte Tanner.

«Der Schluß liegt auf der Hand. Aber jeder, der diese Gegend hier kennt, weiß, daß die Umgebung des alten Bahnhofs verlassen ist. Ganz besonders weiß das jeder, der die Zeitungen gelesen oder sonstwie vom letztem Mittwoch gehört hat.«

«Ja, das denke ich auch. Hat man sie — auch beraubt?«

«Kein Geld und keine Brieftaschen oder Schmuck. Tremayne sagte, ihm fehlten einige Papiere aus der Jackentasche. Er war sehr beunruhigt.«

«Papiere?«Tanner erinnerte sich daran, daß der Anwalt erwähnt hatte, in seinem Jackett seien ein paar Notizen. Notizen, die er vielleicht brauchen würde.»Hat er gesagt, welche Papiere?«

«Nicht direkt. Er war völlig hysterisch — mit dem, was er sagte, war nicht viel anzufangen. Er wiederholte immer wieder etwas von >Zürich<.«

John hielt den Atem an und spannte, so wie er das gelernt hatte, die Magenmuskeln an und versuchte mit ganzer Kraft seine Überraschung zu unterdrücken. Es war typisch Tremayne, mit schriftlichen Einzelheiten bezüglich der Züricher Konten zu kommen. Wenn es eine Konfrontation gegeben hätte, so hätte er die Fakten zur Verfügung gehabt.

MacAuliff bemerkte Tanners Reaktion.»Sagt Ihnen das etwas?«

«Nein, warum sollte es?«»Antworten Sie immer mit Gegenfragen, wenn man Sie etwas fragt?«

«Auf die Gefahr, Sie noch einmal zu beleidigen: Werde ich hier offiziell verhört?«

«Allerdings.«

«Also nein. Der Name Zürich sagt mir nichts. Ich kann mir nicht vorstellen, warum er ihn erwähnen sollte. Aber sein Anwaltsbüro ist natürlich international tätig.«

MacAuliff gab sich keine Mühe, seinen Ärger zu verbergen.»Ich weiß nicht, was hier vorgeht, aber eines kann ich Ihnen sagen. Ich bin ein erfahrener Polizeibeamter und habe einige der schwierigsten Reviere geleitet, die man sich vorstellen kann. Als ich diesen Job annahm, habe ich mein Wort dafür verpfändet, diese Stadt sauberzuhalten. Und damit ist es mir Ernst.«

Tanner hatte genug von ihm.»Ganz bestimmt ist es das, Captain. Ich bin überzeugt, daß es Ihnen mit allem, was Sie sagen, Ernst ist. «Er wandte ihm den Rücken und ging auf sein Haus zu.

Jetzt war MacAuliff an der Reihe, verblüfft zu sein. Der Verdächtige ließ ihn einfach stehen, und es gab nichts, was der Polizeichef von Saddle Valley tun konnte, um ihn daran zu hindern.

Tanner stand auf seiner Veranda und sah zu, wie MacAuliff wegfuhr. Der Himmel hatte sich inzwischen etwas aufgehellt, aber man würde in den nächsten Stunden die Sonne nicht zu sehen bekommen. Die Wolken hingen tief, und es würde regnen, aber bis dahin würde noch einige Zeit vergehen.

Doch das war jetzt gleichgültig. Nichts war mehr wichtig. Für ihn war es vorbei.

Der Vertrag war jetzt gebrochen. Der Vertrag zwischen John Tanner und Laurence Fassett war nichtig.

Denn Fassetts Garantie hatte sich als falsch erwiesen. Omega hörte nicht bei den Tremaynes und den Cardones und den Ostermans auf. Omega ging über das Wochenende hinaus.

Er war bereit, nach Fassetts Regeln zu spielen — mußte es —, solange die anderen Spieler die Männer und Frauen waren, die er kannte.

Aber das war jetzt nicht mehr der Fall.

Da war jetzt noch jemand — jemand, der in den frühen Morgenstunden einen Wagen auf einer finsteren Straße anhalten und Schrecken verbreiten konnte.

Jemand, den er nicht kannte. Das konnte er nicht akzeptieren.

Tanner wartete bis Mittag, ehe er auf das Wäldchen zuging. Die Ostermans hatten gegen halb zwölf beschlossen, ein kleines Schläfchen zu machen, und er schlug Ali das gleiche vor. Sie waren alle erschöpft. Die Kinder waren im Arbeitszimmer und sahen sich die Trickfilme an, die es am Sonntagmorgen immer gab.

Er schlenderte beiläufig um den Pool herum, ein Sechser-Eisen in der Hand, und gab vor, üben zu wollen, aber in Wirklichkeit beobachtete er die Fenster hinten am Haus: die beiden Kinderzimmer und das Badezimmer im ersten Stock.

Jetzt hatte er das Wäldchen erreicht und zündete sich eine Zigarette an.

Niemand reagierte auf seine Gegenwart. Aus dem kleinen Wäldchen war nichts zu hören, nur Schweigen.

Tanner sprach mit leiser Stimme.

«Ich würde gerne Fassett erreichen. Bitte antworten Sie mir. Es ist dringend.«

Während er das sagte, schwang er den Golfschläger.

«Ich wiederhole! Es ist dringend, daß ich mit Fassett spreche! Sagt doch jemand, wo Sie sind!«

Immer noch keine Antwort.

Tanner drehte sich um, machte noch einmal einen Schlag ins Leere und drang in das Wäldchen ein. Als er von dem dichten Blattwerk umgeben war, setzte er Ellbogen und Arme ein, um sich tiefer in das Wäldchen hineinzuarbeiten, auf den Baum zu, wo Jenkins das Radiogerät gehabt hatte.

Niemand!

Er ging in nördlicher Richtung; trat, schlug, suchte. Schließlich erreichte er die Straße.

Da war niemand! Niemand bewachte sein Haus! Niemand beobachtete die Insel!

Niemand!

Fassetts Männer waren weg!

Er rannte von der Straße zurück, um das Wäldchen herum, beobachtete die Fenster an der Vorderseite seines Hauses, die jetzt vielleicht fünfzig Meter von ihm entfernt waren.

Fassetts Männer waren weg!

Er rannte über den Hinterhof, um den Pool herum und in die Küche. Drinnen blieb er am Ausguß stehen, holte tief Luft und drehte das kalte Wasser auf. Er spritzte es sich ins Gesicht und richtete sich dann auf, spannte die Rückenmuskeln, versuchte, klar zu denken.

Niemand! Niemand bewachte sein Haus. Niemand bewachte seine Frau und seine Kinder,

Er drehte das Wasser zu, beschloß dann aber, es weiterlaufen zu lassen, um seine Schritte zu übertönen. Er ging durch die Küchentür, hörte das Lachen seiner Kinder aus dem Arbeitszimmer. Er ging nach oben und drehte leise den Knopf an der Schlafzimmertüre. Ali lag auf dem Bett, der Morgenrock war heruntergefallen, ihr Nachthemd zerdrückt. Sie atmete tief und gleichmäßig, schlief.

Er schloß die Tür und lauschte auf irgendwelche Geräusche aus dem Gästezimmer. Doch da war nichts zu hören.

Er ging wieder in die Küche hinunter, schloß die Tür und ging durch den Bogen in die kleine Anrichte, um sich zu vergewissern, daß auch dort die Türe geschlossen war.

Dann ging er zu dem Telefon an der Küchenwand zurück und nahm den Hörer ab. Er wählte nicht.

«Fassett! Wenn Sie oder einer Ihrer Leute in der Leitung ist, dann melden Sie sich! Und zwar jetzt!«

Nichts zu hören.

Er wählte die Nummer des Motels.»Zimmer zweiundzwanzig, bitte.«

«Tut mir leid, Sir. Zimmer zweiundzwanzig ist nicht belegt.«

«Nicht belegt? Sie irren! Ich habe um fünf Uhr mit dem Betreffenden gesprochen!«

«Tut mir leid, Sir. Die sind ausgezogen. «Tanner legte den Hörer auf und starrte ihn ungläubig an. Die Nummer in New York! Die Nummer für Notfälle, die Ian ihm genannt hatte! Er nahm den Hörer wieder ab und gab sich Mühe, die Hand am Zittern zu hindern.

Der Pfeifton, der gewöhnlich einer Aufzeichnung voranging, ertönte, und dann eine ausdruckslose Stimme.

«Die Nummer die Sie gewählt haben, ist nicht in Betrieb. Bitte sehen Sie im amtlichen Fernsprechverzeichnis nach. Das ist eine Aufnahme. Die Nummer, die Sie gewählt…«

John Tanner schloß die Augen. Das war unvorstellbar! Fassett war nicht zu erreichen! Fassetts Männer waren verschwunden!

Er war alleine!

Er versuchte zu denken. Er mußte denken. Fassett mußte gefunden werden! Irgendein gigantischer Fehler war begangen worden. Der kalte, professionelle Agent mit den unzähligen Listen und Tricks hatte einen schrecklichen Fehler gemacht.

Aber Fassetts Männer waren weg. Vielleicht war das Ganze gar kein Fehler.

Plötzlich erinnerte sich Tanner, daß auch ihm Hilfsquellen zur Verfügung standen. Standard Mutual verfügte über gewisse Verbindungen zu bestimmten Regierungsstellen. Er wählte die Connecticut-Auskunft und ließ sich die Nummer von Andrew Harrison, dem Leiter der juristischen Abteilung von Standard Mutual geben. Er wohnte in Greenwich.

«Hello, Andy? — John Tanner hier. «Er gab sich Mühe, so gefaßt wie möglich zu klingen.»Tut mir schrecklich leid, Sie zu Hause anrufen zu müssen, aber das Asien-Büro hat gerade angerufen. Da ist eine Story aus Hongkong, die ich gerne freihätte. Ich möchte jetzt lieber nicht auf Einzelheiten eingehen, das erzähle ich Ihnen Montag früh. Vielleicht ist es nichts, aber ich würde das gerne prüfen. Ich denke, am besten beim CIA. Ja, in dieser Kategorie ist es. Die haben ja schließlich früher auch schon mit uns zusammengearbeitet. Okay, ich warte. «Tanner klemmte sich den Hörer unter das Kinn und zündete sich eine Zigarette an. Dann gab ihm Harrison eine Nummer durch, die er sich aufschrieb.»Das ist in Virginia, nicht wahr? — Vielen Dank, Andy. Bis Montag dann.«

Er wählte erneut.

«Central Intelligence. Büro von Mr. Andrews. «Eine Männerstimme.

«Mein Name ist Tanner. John Tanner. Nachrichtendirektor von Standard Mutual in New York.«

«Ja, Mr. Tanner? Möchten Sie Mr. Andrews sprechen?«

«Ja. Ja, ich denke schon.«

«Tut mir leid, er ist heute nicht da. Kann ich Ihnen behilflich sein?«

«Tatsächlich versuche ich Laurence Fassett ausfindig zu machen.«

«Wen?«

«Fassett. Laurence Fassett. Er ist in Ihrer Behörde tätig. Ich muß ihn dringend sprechen. Ich glaube, er hält sich zur Zeit in der New Yorker Gegend auf.«

«Steht er mit dieser Abteilung in Verbindung?«

«Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß er bei der Central Intelligence Agency tätig ist. Ich sage Ihnen doch, es ist dringend! Ein Notfall, um genau zu sein!«Tanner begann zu schwitzen. Jetzt war nicht die Zeit, mit einem Subalternen zu reden.

«All right, Mr. Tanner. Ich werde unser Mitarbeiterverzeichnis überprüfen und ihn ausfindig machen. Bin gleich wieder da.«

Es dauerte volle zwei Minuten, bis er zurückkehrte. Die Stimme klang zögernd, aber sehr präzis.

«Sind Sie sicher, daß Sie den richtigen Namen haben?«»Natürlich bin ich sicher.«

«Es tut mir leid, aber weder die Zentrale noch irgendeine unserer Karteien weist einen Laurence Fassett auf.«

«Das ist unmöglich! — Hören Sie, ich habe mit Fassett gearbeitet. Verbinden Sie mich mit Ihrem Vorgesetzten. «Tanner erinnerte sich, daß Fassett und auch Jenkins immer wieder auf diejenigen hingewiesen hatten, die für Omega freigegeben seien.

«Ich glaube, Sie verstehen nicht, Mr. Tanner. Das hier ist ein Prioritätsbüro. Sie haben meinen Kollegen verlangt. Meinen Untergebenen, wenn Sie wollen. Mein Name ist Dwight. Mr. Andrews untersteht mir.«

«Mir ist egal, wer Sie sind! Ich sage Ihnen doch, es handelt sich um einen Notfall! Ich glaube, Sie sollten mit jemandem in Verbindung treten, der mehr Vollmachten als Sie hat, viel mehr Vollmachten, Mr. Dwight. Deutlicher kann ich nicht werden. Das ist alles! Tun Sie es jetzt! Ich warte.«

«Wie Sie wünschen. Es dauert wahrscheinlich ein paar Minuten… «

«Ich warte.«

Es dauerte sieben Minuten, eine Ewigkeit für Tanner, bis Dwight wieder zurückkam.

«Mr. Tanner, ich habe mir die Freiheit genommen, Ihre eigene Position zu überprüfen. Ich gehe daher davon aus, daß ich es mit einem verantwortungsbewußten Menschen zu tun habe. Aber ich kann Ihnen dennoch versichern, daß Sie in die Irre geführt worden sind. Es gibt keinen Laurence Fassett bei der Central Intelligence Agency. Es hat nie einen gegeben.«

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