Berlin
Oberkommissar Otto Fischer, zwei Kollegen in Uniform und Karl Götze, der Hausmeister des Apartmenthauses, starrten auf die nackte Frauenleiche mit der verschrumpelten Haut, die in der überlaufenden Badewanne lag. Ein schmaler, blau-roter Streifen zog sich um ihren Hals.
Der Oberkommissar hielt den Finger unter den tropfenden Wasserhahn. »Kalt.« Er schnupperte an der leeren Schnapsflasche, die neben der Wanne stand, und wandte sich an den Hausmeister. »Wie heißt sie?«
»Sonja Verbrügge. Ihr Mann ist Hans Verbrügge. Er ist so ’ne Art Wissenschaftler.«
»Hat sie mit ihrem Mann hier gewohnt?«
»Seit sieben Jahren. Sie waren wunderbare Mieter. Haben ihre Miete immer pünktlich gezahlt. Keinerlei Ärger gemacht. Jeder mochte .« Er stockte, als ihm klar wurde, was er gerade sagen wollte.
»War Frau Verbrügge berufstätig?«
»Ja, sie hat im Internet-Cafe Cyberlin gearbeitet, wo die Leute Geld bezahlen, um an den Computern .«
»Wie kam es, dass Sie die Leiche gefunden haben?«
»Weil der Kaltwasserhahn in der Badewanne getropft hat. Ich habe ihn schon ein paar Mal repariert, aber er ließ sich nicht ganz abdrehen.«
»Und?«
»Und deshalb hat sich der Mieter in der Wohnung drunter heute Morgen beschwert, weil bei ihm das Wasser durch die Decke getropft ist. Ich bin raufgegangen, hab an die Tür geklopft, und als sich niemand gemeldet hat, hab ich mit meinem Generalschlüssel aufgeschlossen. Dann bin ich ins Badezimmer gegangen und habe ...« Die Stimme versagte ihm.
Ein weiterer Kriminalbeamter kam ins Badezimmer. »Keine Schnapsflaschen in den Schränken, bloß Wein.«
Der Oberkommissar nickte. »Gut.« Er deutete auf die Schnapsflasche neben der Badewanne. »Lassen Sie sie auf Fingerabdrücke überprüfen.«
»Wird gemacht.«
Der Oberkommissar wandte sich an Karl Götze. »Wissen Sie, wo Herr Verbrügge ist?«
»Nein. Den seh ich immer nur morgens, wenn er zur Arbeit geht, aber .« Er breitete die Arme aus.
»Haben Sie ihn heute Morgen gesehen?«
»Nein.«
»Wissen Sie, ob Herr Verbrügge verreisen wollte?«
»Nein. Keine Ahnung.«
Der Oberkommissar wandte sich an seinen Kollegen.
»Reden Sie mit den anderen Mietern. Stellen Sie fest, ob Frau Verbrügge möglicherweise unter Depressionen litt, ob sie und ihr Mann sich gestritten haben und ob sie Trinkerin war. Sehen Sie zu, dass Sie so viel wie möglich in Erfahrung bringen.« Er schaute Karl Götze an. »Wir werden den Mann überprüfen. Falls Ihnen irgendetwas einfällt, das uns weiterhelfen könnte .«
»Ich weiß nicht, ob ihnen das weiterhilft«, sagte Karl Götze zögerlich, »aber einer der Mieter hat mir gestern Abend erzählt, dass ein Krankenwagen vor dem Haus gehalten hat, und er hat sich noch erkundigt, ob jemand krank ist. Als ich rausgekommen bin, um nachzusehen, was los ist, war der Krankenwagen schon wieder weg. Hilft Ihnen das?« »Wir werden uns darum kümmern«, sagte der Oberkommissar. »Was ... was ist mit ihr ... mit der Leiche?«, fragte Götze nervös.
»Der Polizeiarzt ist schon unterwegs. Lassen Sie das Wasser ablaufen, und breiten Sie ein Handtuch über sie.«