Kapitel 20

Wir wußten nicht, wie er kommen würde oder wann oder ob überhaupt.

Wir hatten ihm eine Gelegenheit geboten und ihm ein Motiv verschafft. Ihm eine Zeit und auch einen Ort genannt, wo er ein hartnäckiges Hindernis beiseite räumen konnte; ob er aber die indirekte Einladung annehmen würde oder nicht, wußte der Himmel.

Henri Nanterre… schon sein Name klang bedrohlich.

Ich dachte über ihn in Windsor nach, wie er sich einen Weg durch die Zuschauer auf der Tribüne gebahnt hatte, von unten her, von der Seite, immer auf Danielle zu. Ich dachte, daß er bis zu diesem Tag vielleicht nicht mit Bestimmtheit gewußt hatte, wie sie aussah. Er hatte sie am vorhergehenden Montag im Dunkeln gesehen, als er die Ventile ihrer Reifen geöffnet und sie verfolgt hatte, aber er hatte sie an ihrem Wagen erkannt, nicht an ihrem Gesicht.

Wahrscheinlich hatte er sie mit Litsi in Bradbury gesehen, aber vielleicht nicht aus der Nähe. Daß sie die junge Frau bei Litsi war, hatte er sich wohl denken können, da Beatrice ihm gesagt hatte, sie würden zusammen mit mir dorthin fahren.

Nanterre hatte womöglich nicht geahnt, daß Danielle mit mir nach Windsor gekommen war, bis er uns wiederholt im Führring und beim vierten Rennen auf der Tribüne gesehen hatte. Er konnte nicht mit vorgefaßten Plänen nach Windsor gekommen sein, aber was er getan hätte, wenn er Danielle erreicht hätte, war Stoff für einen Alptraum.

Als ich diesen Gedanken nachhing, saß ich nicht mehr in meinem Wagen, sondern auf einem Schaumgummikissen am Boden der Garage, in der Danielle ihren kleinen Ford unterstellte. Ein Flügel des Garagentors stand etwa eine Handbreit offen, so daß ich den Mercedes sehen konnte und, mit Blick auf die Straßeneinfahrt, einen ganzen Teil der Gasse. Einige Leute kamen von der Arbeit heim, sperrten ihre Garagen auf, setzten die Autos rein, schlossen das Tor ab. Andere hielten es umgekehrt und fuhren für den Abend aus. Die Autoschlosser waren längst fort, ihre Garagen lagen still. Mehrere Autos parkten wie der Mercedes im Freien, dicht an den Seiten der Gasse, so daß in der Mitte eine schmale Durchfahrt blieb.

Die Dämmerung war zur Nacht geworden, und das Treiben der Umgebung ging unter im fernen, endlosen Lärm des Londoner Verkehrs. Ich saß still, nur ein paar unentbehrliche Dinge zur Hand wie Perrier, Räucherlachs und einen Apfel, und ging in Gedanken allerlei Eventualitäten durch, von denen keine eintrat.

Alle halbe Stunde etwa stand ich auf, reckte mein Kreuz, ging um Danielles Wagen herum und setzte mich wieder. In der Gasse tat sich nichts sonderlich Interessantes, und die Zeiger meiner Uhr wanderten wie Schnecken: acht Uhr, neun Uhr, zehn.

Ich dachte an Danielle und was sie gesagt hatte, als ich sie allein ließ.

«Tante Casilia zuliebe muß ich hoffen, daß die Klapperschlange in der Gasse auftaucht, aber wenn du dich umbringen läßt, verzeih ich dir das nie.«

«Ein Gedanke für die Ewigkeit.«

«Sieh nur zu, daß du die Ewigkeit hier auf Erden bei mir verbringst.«

«Ja, gnädige Frau«, und ich hatte sie geküßt.

Die Klapperschlange, dachte ich gähnend, als es elf vorbei war, ließ sich Zeit. Normalerweise ging ich um halb zwei zu den Garagen, um vor zwei in Chiswick zu sein, und ich dachte, wenn Nanterre irgendeinen direkten körperlichen Angriff plante, würde er schon lange vor dieser Zeit erscheinen, um sich ein dunkles Versteck zu suchen. Vor sieben war er nicht hier gewesen, denn ich hatte jeden Winkel abgesucht, bevor ich mich in der Garage häuslich niederließ, und es gab keine anderen Zugänge als die Einfahrt von der Straße. Sollte er sich später irgendwie hereingeschlichen haben, ohne daß ich ihn gesehen hatte, waren wir vielleicht in der Klemme.

Um viertel nach elf vertrat ich mir die Beine hinter Danielles Wagen und setzte mich wieder hin.

Um siebzehn nach kam er ahnungslos zu unserem Köder.

Ich hatte verzweifelt gehofft, daß er käme, hatte es mir gewünscht, darauf gerechnet… und doch befiel mich jetzt eine instinktive Furcht, als ob tatsächlich der Tiger die Ziege an pirschte.

Er kam ganz offen die Mitte der Gasse herunter, als hätte er einen Wagen dort, bewegte sich in seiner eigentümlich aalartigen Schnelligkeit, weich und geschmeidig.

Dabei drehte er den Kopf hin und her, schaute auf die stummen, parkenden Autos, und selbst in dem schwachen Licht, das von den hohen Fenstern der umliegenden Gebäude herunterdrang, war die Form der Nase und des Kinns unverkennbar.

Er kam näher und näher; und ich begriff, daß er nicht nach einem Versteck suchte, sondern nach meinem Wagen.

Eine Schrecksekunde lang blickte er genau auf die angelehnte Tür der Garage, in der ich mich befand, aber ich saß reglos in dunkler Kleidung im Finstern und begann wieder zu atmen, da er offenbar nichts sah, was ihn beunruhigte oder verscheuchte.

Nanterre war dort, dachte ich frohlockend, direkt vor meinen Augen, unsere ganze Planung war Wirklichkeit geworden. Egal, was nun passieren würde, das war schon ein Sieg.

Nanterre blickte den Weg zurück, den er gekommen war, aber nichts regte sich hinter ihm.

Er kam dicht an meinen Wagen. Daneben blieb er stehen, etwa die Länge eines Rolls-Royce von mir entfernt, und machte sich seelenruhig an der Beifahrertür zu schaffen, die er öffnete, als hätte er sein Leben lang Autos geknackt.

Nun denn, dachte ich und hörte, wie er mit dem Hebel im Inneren die Kühlerhaube aufklinkte. Er klappte die Haube hoch, stützte sie mit der Stange ab und beugte sich im Licht einer Taschenlampe über den Motor, wie um eine Panne zu beheben: Wer in dem Moment in die Gasse gekommen wäre, hätte ihm keine Beachtung geschenkt.

Nach einer Weile knipste er die Taschenlampe aus und schloß sanft die Kühlerhaube, indem er sie mit beiden Handflächen herabdrückte, anstatt sie einfach zuzuknallen. Schließlich schloß er leise die noch offene Beifahrertür, und als er sich zum Gehen wandte, sah ich ihn lächeln.

Ich fragte mich, ob das, was er an meinem Motor zurückgelassen hatte, aus Plastik war wie seine Pistolen.

Er war mehrere Schritte die Gasse entlanggegangen, bevor ich aufstand, durch das Tor glitt und ihm nachsetzte, denn ich wollte nicht, daß er mich zu früh hörte.

Ich wartete, bis er an einem bestimmten weißen Kleinwagen, der auf der Seite stand, vorbei war, lief dann rasch auf leisen Gummisohlen zu ihm hin und leuchtete ihm mit meiner Taschenlampe ins Genick.

«Henri Nanterre«, sagte ich.

Er war einen langen Augenblick wie erstarrt, vor Schreck unfähig, sich zu rühren. Dann fingerte, zerrte er vorn an seiner Gabardinejacke, um die darunter steckende Pistole hervorzuholen.

«Sammy«, brüllte ich, und Sammy schoß wie eine kreischende Kanonenkugel aus dem kleinen weißen Wagen, meine Stimme und sein Kampfgeschrei erfüllten den ruhigen Ort mit nervenzerreißendem Lärm.

Nanterre zog starren Gesichts die Pistole. Er richtete sie auf mich, zielte… Und Sammy trat sie ihm glatt aus der Hand.

Nanterre rannte los, als die Pistole klappernd auf den Boden fiel.

Sammy und ich rannten hinter ihm her, und aus einem anderen, größeren geparkten Wagen tauchten mannhaft schreiend und mit hell strahlenden Taschenlampen Thomas und Litsi auf, um ihm den Weg abzuschneiden.

Thomas und Litsi brachten ihn zum Stehen, Sammy und ich packten ihn, und Sammy band das linke Handgelenk von Nanterre mit Nylonschnur und einer bestrickend schönen Knotenreihe an das rechte Handgelenk von Thomas.

Nicht die eleganteste Gefangennahme, dachte ich, aber immerhin zweckmäßig, und trotz dem Spektakel, den wir veranstaltet hatten, kam niemand mit neugierigen Fragen an; so blöd war in London kein Mensch. Dunkle Gassen waren dunkle Gassen, und wenn es da Krach gab, erst recht.

Wir zwangen Nanterre, zu dem Mercedes zurückzugehen. Thomas zerrte ihn halb, Sammy blieb hinter ihm und trieb ihn mit Wadentritten voran.

Als wir die Pistole erreichten, hob Sammy sie auf, wog sie erstaunt in der Hand und stieß einen Pfiff aus.

«Patronen?«fragte ich.

Er nahm das Magazin heraus und nickte.»Sieben«, sagte er.»Hübsche kleine Dinger.«

Er ließ das Magazin einrasten, sah sich um und sprang zu einem in der Nähe stehenden Wagen, um die Pistole darunter zu verstecken, denn er wußte, daß ich keinen Gebrauch von ihr machen wollte.

Nanterre gewann allmählich seine gewohnte einschüchternde Haltung und tönte lauthals, unser Vorgehen verstoße gegen das Gesetz. Er sagte nicht genau, welches Gesetz, und recht hatte er auch nicht. Festnahmen durch Bürger waren völlig legal.

Da wir nicht wußten, was uns erwartete, hatten wir uns so gut wie möglich auf alles einstellen müssen, was geschehen konnte.

Ich hatte den weißen Kleinwagen und den größeren dunklen gemietet, beide mit getönten Fenstern, und Thomas und ich hatten sie an diesem Morgen an Stellen geparkt, wo sie nach unseren Beobachtungen vor Ort niemand behindern würden: den größeren auf dem ersten freien Platz von der Straße aus, den weißen auf halber Strecke zwischen ihm und dem Mercedes.

Litsi, Thomas und Sammy hatten sich in die Autos gesetzt, nachdem ich die ganze Gegend abgesucht und Litsi telefonisch grünes Licht gegeben hatte, und sie waren darauf eingestellt gewesen, bis um halb zwei zu warten und zu hoffen.

Niemand hatte gewußt, was Nanterre tun würde, wenn er zu den Garagen kam. Wir hatten vereinbart, falls er an Lit-si und Thomas vorbeiging und sich versteckte, bevor er zu dem weißen Auto kam, sollten Litsi und Thomas Lärm schlagen und mit den Taschenlampen leuchten, um Sammy und mich zu Hilfe zu rufen; falls er aber an Sammy vorbeiging, würde ich ihn sehen, und alle würden auf mein Zeichen warten. Das hatten sie getan.

Uns war klargewesen, daß Nanterre auch beschließen könnte, draußen auf der Straße in seinem Wagen zu warten, bis ich vom Eaton Square zurückkam, und daß wir dann — oder falls er überhaupt nicht erschien — mit großem Aufwand einen Schlag ins Wasser vorbereitet hätten.

Es hatte die Gefahr bestanden, daß er uns, selbst wenn er kam, entwischen könnte, indem er sich losriß und floh, und die noch gefährlichere Möglichkeit, daß er kopflos auf uns schießen und einen oder mehrere von uns verletzen würde. Doch als der Augenblick dann kam — als er seine Pistole gezogen und auf mich gerichtet hatte —, war die vorausgesehene Gefahr so schnell vorbeigewesen, daß sie auf einmal nichtig erschien, kein Grund zur Besorgnis.

Wir hatten vorgehabt, Nanterre im Fall seiner Gefangennahme in die Garage zu bringen, wo ich auf ihn gewartet hatte, doch auf dem Weg durch die Gasse überlegte ich mir das noch mal und blieb bei meinem Wagen stehen.

Die anderen warteten neugierig.

«Thomas«, sagte ich,»machen Sie Ihre Hand los und binden Sie Monsieur Nanterre an den Rückspiegel neben der Beifahrertür.«

Thomas nahm eine Schlaufe von einem seiner Finger, zog daran, und sämtliche Knoten um sein Handgelenk fielen auseinander: Sammys Talente waren schier unzählbar. Thomas verknotete die Schnur erheblich fester um die massive Rückspiegelhalterung, und Nanterre erklärte uns lautstark in einem fort, daß wir schwere Fehler begingen, mit denen wir uns strafbar machten.

«Halten Sie den Mund«, sagte ich ebenso laut, ohne besondere Wirkung.

«Knebeln wir ihn doch«, meinte Thomas vergnügt. Er zog ein benutztes Taschentuch aus seiner Hosentasche hervor, bei dessen Anblick Nanterre glücklicherweise aufhörte zu reden.

«Knebeln Sie ihn, wenn jemand in die Gasse kommt«, sagte ich, und Thomas nickte.

«War es hell genug«, fragte ich Litsi, Sammy und Thomas,»daß ihr sehen konntet, wie Monsieur Nanterre die Motorhaube meines Wagens aufgeklappt hat?«

Alle sagten, daß sie es gesehen hatten.

Nanterres Mund öffnete sich lautlos, und zum erstenmal schien er zu begreifen, daß er in ernsten Schwierigkeiten war.

«Monsieur Nanterre«, sagte ich im Plauderton zu den anderen,»ist ein Amateur, der überall auf dem Lack seine Fingerabdrücke hinterlassen hat. Vielleicht wäre es gut, jetzt einmal die Polizei einzuschalten.«

Die anderen verzogen keine Miene, denn sie wußten, daß ich das nicht vorhatte, aber Nanterre zerrte plötzlich an Sammys festen Knoten.

«Es gibt eine Alternative«, sagte ich.

Unter Sammys interessierten Blicken wand sich Nanterre weiter und fauchte wütend.»Was für eine Alternative?«

«Sagen Sie uns, weshalb Sie heute abend hergekommen sind und was Sie an meinem Auto gedreht haben.«

«Ihnen sagen…«

«Ja. Sagen Sie es uns.«

Im Grunde war er ein dummer Mensch. Er sagte heftig:»Beatrice muß euch gewarnt haben. Diese Kuh. Sie muß Angst bekommen und geplappert haben…«Er funkelte mich böse an.»Alles, was zwischen mir und meinen Millionen stand, war de Brescous Unterschrift, und Sie… Sie… dauernd sind Sie mir im Weg.«

«Also haben Sie sich zu einer kleinen Bombe entschlossen, und peng, keine Hindernisse mehr?«

«Sie haben es herausgefordert«, rief er.»Sie haben mich dazu getrieben… Wenn Sie tot wären, würde er unterschreiben.«

Ich ließ einen Augenblick verstreichen, dann sagte ich:»Wir haben mit dem Mann gesprochen, der in Bradbury Ihre Nachricht an Prinz Litsi überbracht hat. Er hat Sie auf einem Foto wiedererkannt. Wir haben seine unterschriebene Aussage.«

Nanterre sagte wild:»Ich habe Ihre Annonce gesehen. Wenn Prinz Litsi gestorben wäre, hätte niemand von der Nachricht erfahren.«

«Wollten Sie, daß er stirbt?«

«Leben, sterben, das war mir egal. Angst machen wollte ich ihm. Damit de Brescou unterschreibt. «Er versuchte immer noch erfolglos, sich von den Fesseln zu befreien.»Lassen Sie mich gehen.«

Ich ging statt dessen in die Garage, wo ich gewartet hatte, und kam mit den unterschriebenen Dokumenten in dem großen Kuvert wieder heraus.

«Halten Sie still«, sagte ich zu Nanterre,»und hören Sie aufmerksam zu.«

Er beachtete mich nicht.

«Hören Sie zu«, verlangte ich,»sonst hole ich die Polizei.«

Mürrisch versetzte er daraufhin, er höre ja schon zu.

«Der Preis Ihrer Freiheit«, sagte ich,»besteht darin, daß sie diese Verträge hier unterschreiben.«»Und wozu?«Wütend schaute er auf ihre eindrucksvolle Aufmachung.»Was sind das für Verträge?«

«Sie ändern den Namen der Baugesellschaft de Brescou & Nanterre in Gascogne-Baugesellschaft, und die beiden gleichberechtigten Besitzer kommen darin überein, das Privatunternehmen in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln und die gesamten eigenen Anteile zum Verkauf zu bringen.«

Er war überrascht, erbittert und zornig zugleich.

«Die Firma gehört mir… ich leite sie… Dazu werde ich niemals meine Einwilligung geben!«

«Das werden Sie müssen«, sagte ich nüchtern.

Ich zog den kleinen Kassettenrecorder aus meiner Jak-kentasche hervor, drückte kurz auf Rücklauf und setzte ihn in Gang.

Nanterres Stimme erklang deutlich:»Leben, sterben, das war mir egal. Angst machen wollte ich ihm. Damit de Brescou unterschreibt.«

Ich schaltete das Gerät ab. Nanterre war unglaublicherweise still; vielleicht erinnerte er sich an die anderen belastenden Dinge, die er gesagt hatte.

«Wir haben die Zeugenaussage des Boten von Bradbury«, sagte ich.»Wir haben Ihre Stimme auf diesem Band. Wir haben Ihre Bombe, glaube ich, in meinem Wagen. Sie unterschreiben den Vertrag, wissen Sie das?«

«In Ihrem Wagen ist keine Bombe«, sagte er wütend.

«Vielleicht ein Feuerwerkskörper?«

Er sah mich verständnislos an.

«Jemand kommt in die Gasse«, warnte Thomas und zog sein Taschentuch hervor.»Was machen wir?«

«Wenn Sie schreien«, sagte ich drohend zu Nanterre,»ist in fünf Minuten die Polizei hier, und Sie werden es bereuen… Die ist nicht nett zu Leuten, die Bomben in Autos legen.«

Der ankommende Wagen fuhr auf uns zu und hielt unmittelbar, bevor er Sammys weißes Versteck erreichte. Die Leute stiegen aus, öffneten ihre Garage, fuhren hinein, sperrten das Tor ab und blickten unschlüssig zu uns herüber.

«Gute Nacht«, rief ich fröhlich.

«Gute Nacht«, grüßten sie beruhigt zurück und entfernten sich in Richtung Straße.

«Also«, sagte ich aufatmend.»Zeit zu unterschreiben.«

«Ich verkaufe die Firma nicht. Das tu ich nicht.«

Geduldig sagte ich:»Sie haben keine andere Wahl, sonst kommen Sie wegen Mordversuchs an Prinz Litsi und an mir ins Gefängnis.«

Er sträubte sich immer noch, die Tatsachen anzuerkennen; und vielleicht war er ebenso empört darüber, daß er gegen seinen Willen zur Unterschrift gezwungen wurde, wie vor ihm Roland.

Ich holte den Autostarter aus meiner Tasche und erklärte, was für ein Gerät es war.

Nanterre begann nun doch zu zittern, und Litsi, Sammy und Thomas wichen in aufkommender, wahrer Bestürzung vor dem Wagen zurück, als begriffen sie gerade erst richtig, was da unter der Haube war.

«Sie werden sich einsam fühlen«, sagte ich zu Nanterre.»Wir gehen jetzt nämlich ans Ende der Gasse und lassen Sie hier. Prinz Litsi und die beiden anderen entfernten sich dann. Wenn sie wohlbehalten wieder in dem Haus am Eaton Square sind, drücke ich auf den Schalter, der meinen Motor startet.«

Litsi, Sammy und Thomas hatten sich bereits ein ganzes Stück in der Gasse zurückgezogen.

«Sie werden durch Ihre eigene Bombe sterben«, sagte ich und legte soviel Wucht und Überzeugung in meine Stimme und mein Verhalten, wie ich aufbringen konnte.»Leben Sie wohl.«

Ich wandte mich ab. Ging mehrere Schritte. Fragte mich, ob er mich zwingen würde, Farbe zu bekennen; fragte mich, ob irgend jemand die Stirn hätte, das zu riskieren.

«Kommen Sie zurück«, schrie er. Echte Angst lag in der erhobenen Stimme. Wirkliche Todesangst.

Ohne Mitleid hielt ich an und drehte mich um.

«Kommen Sie zurück…«

Ich ging zurück. Schweiß lief in großen Tropfen an seiner Stirn herunter. Er kämpfte nach wie vor verzweifelt mit den Knoten, aber er zitterte zu sehr, um etwas auszurichten.

«Ich will Waffen herstellen«, sagte er erregt.»Damit würde ich Millionen verdienen… Ich hätte Macht… Die de Brescous sind reich, die Nanterres sind es nie gewesen… Ich will nach internationalen Maßstäben reich sein… will Macht haben… ich biete Ihnen eine Million Pfund… mehr als das… wenn Sie dafür sorgen, daß Roland die Waffenproduktion. unterschreibt.«

«Nein«, sagte ich einfach und wandte mich wieder ab, wobei ich ihm den Starter zeigte.

«Also gut, also gut…«Er gab sich endgültig geschlagen, er schluchzte beinahe.»Tun Sie das Ding weg. tun Sie’s weg…«

Ich rief die Gasse hinauf:»Litsi.«

Die anderen drei hielten an und kamen langsam zurück.

«Monsieur Nanterre unterschreibt«, sagte ich.

«Tun Sie das Ding weg«, wiederholte Nanterre leise, die ganze tyrannische Großspurigkeit war dahin.»Tun Sie’s weg.«

Ich steckte den Starter wieder in meine Tasche, was ihn immer noch ängstigte.

«Es kann doch nicht von selbst losgehen?«fragte Litsi, weniger aus Nervosität als aus Vorsicht.

Ich schüttelte den Kopf.»Man muß den Schalter durchdrücken.«

Ich zeigte Nanterre die Verträge von nahem und sah das zornige Funkeln in seinen Augen, als er in der ersten Seite den gleichen Vordruck erkannte, den Roland für ihn hätte unterschreiben sollen.

«Wir brauchen Ihre Unterschrift viermal«, sagte ich.»Jeweils auf der Titelseite und auf dem beigefügten Dokument. Wenn Sie die beigefügten Unterlagen unterschreiben, halten Sie den Zeigefinger auf das rote Siegel unter Ihrem Namen. Die drei von uns, die in keiner Weise an dem De-Brescou-Nanterre-Geschäft beteiligt sind, unterschreiben unter Ihrem Namenszug als Zeugen.«

Ich drückte einen Kuli in seine zitternde rechte Hand und legte das erste Dokument auf meinen Wagen.

Nanterre unterschrieb den französischen Vordruck. Ich blätterte zur letzten Seite des ausführlichen Vertrags um und zeigte auf die für ihn bestimmte Lücke. Er unterschrieb nochmals, und er hielt seinen Finger auf das Siegel.

Ungeheuer erleichtert holte ich die Zweitschrift zu dem gleichen Zweck hervor. Schweigend unterschrieb er auf dem ersten und letzten Blatt, während ihm der Schweiß von den Wangen tropfte. Ich setzte meinen Namen an allen vier Stellen unter den seinen, ebenso auch Thomas und Sammy.

«Das ist prima«, sagte ich, als alles vollständig war.»Monsieur de Brescous Anwälte werden den Vertrag sofort zur Anwendung bringen. Eine der beiden Ausfertigungen wird Ihnen oder Ihren Anwälten in Frankreich zugesandt.«

Ich schob die Dokumente wieder in ihren Umschlag und gab ihn Litsi, der ihn in seinen Mantel steckte und an seine Brust drückte.

«Lassen Sie mich gehen«, sagte Nanterre beinahe flüsternd.

«Wir binden Sie von dem Spiegel los, damit Sie das entfernen können, was Sie in meinem Wagen angebracht haben«, sagte ich.»Danach können Sie gehen.«

Er zitterte, aber am Ende fiel es ihm anscheinend nicht weiter schwer, die manipulierten Kabel zu lösen und etwas auszubauen, was nach Form und Größe wie eine Tüte Zucker aussah. Den vorstehenden Zünder behandelte er allerdings beim Abklemmen und Herausnehmen mit vorsichtigem Respekt, und er verstaute die Einzelteile in verschiedenen Taschen.»Jetzt lassen Sie mich gehen. «Mit beiden Handrücken wischte er den Schweiß aus seinem Gesicht.

Ich sagte:»Denken Sie daran, wir werden immer die eidliche Erklärung des Boten von Bradbury und die Bandaufnahme von Ihrer Stimme besitzen… und wir alle haben gehört, was Sie gesagt haben. Halten Sie sich von den de Brescous fern, stiften Sie keine Unruhe mehr.«

Er warf mir einen matten Blick zu, wütend und machtlos. Sammy versuchte seine Handarbeit nicht aufzudröseln, sondern schnitt die Nylonschnur mit einer Schere von Nanterres Handgelenk.

«Lassen Sie den Wagen an«, sagte Litsi,»damit er sieht, daß Sie nicht geblufft haben.«

«Kommt erst da weg«, sagte ich.

Wir gingen zwanzig Schritte die Gasse hinauf, Nanterre zwischen uns, und ich nahm den Starter heraus und drückte auf die Taste.

Der Motor sprang sicher und einwandfrei an.

Ich sah Nanterre ins Gesicht, sah die herabgezogenen Mundwinkel, das widerwillige Eingeständnis, daß seine Sache gescheitert war. Er starrte uns alle ein letztes Mal ohne Scham, ohne Reue an, und als Thomas und Sammy zur Seite traten, um ihn vorbeizulassen, ging er durch die Gasse davon. Diese Nase, das Kinn waren immer noch energisch, aber die Schultern hingen herab.

Wir sahen ihm schweigend nach, bis er das Ende der Gasse erreichte und auf die Straße einbog, ohne zurückzuschauen.

Dann stieß Sammy einen Poltergeisterschrei voll unverfälschter Siegesfreude aus und holte leichten Schrittes die Pistole aus ihrem Versteck.

Er überreichte sie mir mit schwungvoller Gebärde, legte sie flach auf meine Hände.

«Kriegsbeute«, sagte er grinsend.

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