Jede Schicht ist ein Kunstwerk

Wir sind zu zweit, der Albert Gion und ich, zwei Kellerleute unter den Dampfkesseln der Fabrik. In der Baracke ist der Albert Gion aufbrausend. Im dunklen Keller ist er bedächtig, aber bestimmend, wie Melancholiker sind. Vielleicht war er nicht immer so und ist im Keller so geworden, wie der Keller ist. Er arbeitet schon lange hier. Wir reden nicht viel, nur was sein muss.

Der Albert Gion sagt: Ich kipp drei Wagen, dann kippst du drei.

Ich sage: Dann putze ich den Berg.

Er sagt: Ja, danach gehst du stoßen.

Zwischen Kippen und Stoßen geht die Schicht hin und her, bis die Hälfte um ist, bis der Albert Gion sagt:

Wir werden eine halbe Stunde schlafen unter dem Brett, unterm Siebener, dort ist es ruhig.

Und dann kommt die zweite Hälfte.

Der Albert Gion sagt: Ich kipp drei Wagen, dann kippst du drei.

Ich sage: Dann putze ich den Berg.

Er sagt: Ja, danach gehst du stoßen.

Ich sage: Wenn nun der Neuner voll ist, werd ich gehen und stoßen.

Er sagt: Nein, du kippst jetzt, ich gehe stoßen, auch der Bunker ist voll.

Nach Schichtende sagt entweder er oder ich: Komm putzen, wir wollen den Keller rein übergeben.

Nach einer Woche im Keller stand Tur Prikulitsch wieder in der Rasierstube hinter mir im Spiegel. Ich war zur Hälfte rasiert, und er hob den öligen Blick und die sauberen Finger und fragte:

Wie ist es denn bei euch im Keller.

Gemütlich, sagte ich, jede Schicht ist ein Kunstwerk.

Er lächelte über die Schulter des Rasierers, hatte aber keine Ahnung, dass es stimmte. Man hörte den dünnen Hass in seinem Ton, seine Nasenflügel schimmerten rosa, in seinen Schläfen Marmoradern.

Wie dreckig gestern dein Gesicht war, sagte er, und wie aus allen Löchern deiner Kappe die Därme hingen.

Macht ja nichts, sagte ich, Kohlestaub ist pelzig und fingerdick. Aber nach jeder Schicht ist der Keller rein, denn jede Schicht ist ein Kunstwerk.

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