16

Am nächsten Tag fehlte Willi in der Schule. Nach Hause war er auch nicht gekommen. Fred hatte ein paar Mal dort angerufen, und schließlich hatte Steve behauptet, Willi wäre bei ihm, damit Willis Mutter sich keine Sorgen machte. Aber lange würden sie mit der Lüge nicht weiterkommen. Ausgerechnet an diesem Montagmorgen schrieben sie eine Mathearbeit.

Fred starrte die halbe Zeit bloß auf sein Heft, und Steve und Torte strichen fast alles wieder durch, was sie hinschrieben. Den Hühnern ging es nicht besser.

Sprotte schwirrte der Kopf, weil Oma Slättberg vorm Frühstück angerufen hatte. »Hühnerdiebe haben bei mir nichts zu suchen«, hatte sie Sprotte ins Ohr geschnarrt. »Ab sofort hast du Haus- und Gartenverbot.« Eigentlich hätte Sprotte sich ja freuen können, schließlich musste sie jetzt nicht mehr in der kalten Erde rumbuddeln, aber fröhlich war sie ganz und gar nicht. Melanie fummelte den ganzen Morgen nervös an ihren Haaren herum, und als Frieda ihr vor der Mathearbeit eine Flasche Teebaumöl aufs Pult stellte und behauptete, das würde bei Pickeln besser wirken als jede Superteuer-Creme, fauchte sie sie so an, dass Frieda den ganzen Morgen kein Wort mehr mit ihr wechselte. Dabei wussten sie alle, was mit Melli los war. Ihre schlechte Laune hatte nichts mit Mathe zu tun oder mit ihren Pickeln. Bei Melanie zu Hause standen nur noch Umzugskartons in den Zimmern. An diesem Montag zog ihre Familie in die neue Wohnung. Aber bei einer Mathearbeit brachte auch das keine mildernden Umstände.

Trudes Blicke wanderten von den Mathe-Aufgaben ständig zum Fenster, weil ihr Cousin wieder nach Hause fuhr, während sie dasaß und zu rechnen versuchte. Wilma hing schniefend und hustend über ihrem Heft und fragte sich, was sie zuerst umbringen würde, die Grippe oder der Schulstress. Und Frieda - Frieda mochte sowieso keine Montage, außerdem setzte die Sache mit Willi ihr fast genauso zu wie den Pygmäen. Nein, an Mathe konnte einfach keiner von ihnen an diesem Montag denken.

In der Pause, als Hühner und Pygmäen einträchtig in düsterer Stimmung nebeneinander auf der Fensterbank hockten und hinaus in den Regen starrten, der wie aus Gießkannen vom Himmel prasselte, kam Frau Rose zu ihnen. Sie hatte immer noch eine rote Nase, und ihre Stimme klang heiserer als sonst, aber das konnte sie natürlich nicht zu Hause halten. »Auf dem Schrottplatz hat es gestern

Baggerglas-Scherben gegeben«, sagte sie. »Und heute Morgen, als ich gerade meinen Kaffee trinken wollte, rief Willis Mutter schluchzend an, weil Willi die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen ist und der Schrottplatz-Wächter sie angerufen und ihr erzählt hat, dass ihr lieber Sohn den Bagger demoliert hat.« »So ein Blödsinn«, murmelte Steve, ohne Frau Rose anzusehen. »Wie kommt der denn da drauf?«

»Der Wächter hat mal mit Willis Vater auf dem Bau gearbeitet«, sagte Frau Rose. »Er hat ihn auch mal zu Hause abgeholt und dabei seinen wilden Sohn zu Gesic ht bekommen.« »Na, der Vater ist ja wohl auch ziemlich wild, oder?«, knurrte Fred und starrte durch die regennasse Scheibe auf den Schulhof.

»Für Willis Vater wüsste ich ein paar noch weniger schmeichelhafte Adjektive«, antwortete Frau Rose. »Willi soll be i seinem Bagger-Angriff in Begleitung von ein paar Freunden gewesen sein, männlichen und weiblichen. Das wart ihr doch, oder? Könnt ihr mir erzählen, was da los war? Wisst ihr, wo er ist, damit ich seine Mutter trösten kann?« »Die wollten das Baumhau...« Weiter kam Steve nicht. Fred gab ihm einen so heftigen Stoß mit dem Ellbogen, dass er von der Fensterbank rutschte. Mit beleidigter Miene kletterte er wieder rauf.

»Aha. Schrottplatz - Baumhaus - Bagger, ich verstehe«, Frau Rose nickte. »Danke, Steve. Also war das keine Sonntag-nachmittag-Mann-ist-das-langweilig- Aktion. Das tröstet mich. Aber wo steckt der Verteidiger seines Heims jetzt?«

Kein Huhn, kein Pygmäe sah sie an. Alle hielten die Köpfe gesenkt oder guckten aus dem Fenster.

»Wenn ihr wisst, wo er steckt, sagt es mir bitte, dann überlegen wir uns was!«, sagte Frau Rose eindringlich. »So eine Baggerscheibe kostet ja kein Vermögen. Willis Mutter hat mir sogar erzählt, dass ein Freund von Willis Vater die Scheibe günstig auswechseln könnte. Der Wächter will keine Anzeige erstatten. Also ...«

»Wir wissen nicht, wo er ist«, sagte Frieda und hob den Kopf. »Wirklich nicht, Frau Rose.«

»Und wenn wir's wüssten, würden wir's nicht sagen«, knurrte Fred, ohne irgendwen anzusehen. »Willis Vater kann man nicht trauen, das wissen Sie ganz genau.« Frau Rose seufzte. Nervös spielte sie an ihrer Kette herum. »Ja, weiß ich«, sagte sie. »Aber seine Mutter macht sich Sorgen und ... «

»Ja, ja, Sorgen macht die sich dauernd«, sagte Steve. »Aber wenn Willis Vater ihn verhaut, macht sie gar nichts.« »Mann, der verhaut ihn schon, wenn er ihn mal beim Lügen erwischt«, sagte Torte. »Was meinen Sie, was los ist, wenn Willi Baggerscheiben zerschlägt und nachts nicht nach Hause kommt. Wenn ich Willi war, ich würd auch nicht nach Hause gehen!«

»Ja, aber wo ist er dann?«, rief Melanie. »Habt ihr da drüber schon mal nachgedacht? Guckt doch mal raus. Der holt sich doch Gott weiß was, wenn er irgendwo rumläuft.«

»Bitte!« Frau Rose guckte sie alle nacheinander an. »Bitte, wenn ihr was von ihm hört, sagt mir Bescheid. Ich verrate ihn nicht. Ehrenwort.« Misstrauisch guckten die Jungs sie an.

»Guckt nicht so«, sagte Sprotte. »Wenn Rose ihr Ehrenwort gibt, dann bricht sie's auch nicht.« »Danke, Charlotte!«, seufzte Frau Rose.

»Sagen Sie Willis Mutter erst mal, er ist bei Steve«, brummte Fred. »Damit sie beruhigt ist. Uns hat sie das nicht geglaubt, aber wenn Sie's sagen ... sonst rennt sie womöglich noch zur Polizei.«

Frau Rose nickte. »In Ordnung. Aber lange spiel ich da nicht mit.« Sie senkte die Stimme. »Ich komm in Teufels Küche, wenn das einer erfährt.«

»Wir fahren gleich nach der Schule wieder los, ihn suchen«, sagte Steve. »Meine Karten haben gesagt, er ist irgendwo unter Bäumen.«

»Deine Karten?« Verständnislos guckte Frau Rose ihn an. »Ach, vergessen Sie's.« Fred rutschte von der Fensterbank. »Wir werden ihn auf jeden Fall suchen, und die Hühner helfen uns, oder?«

»Klar«, sagte Sprotte und sprang auch von der Fensterbank. »Aber erst müssen wir unbedingt nach den ...«, sie kniff noch rechtzeit ig die Lippen zusammen. »Nach den was?«, fragte Frau Rose. »Ahm, nach den, den ...«, stammelte Trude.

»... nach den - Rädern sehen, ja«, sagte Wilma schnell. »Die sind ziemlich abgefahren, wissen Sie.«

»Aha.« Frau Rose schüttelte den Kopf und drehte sich um.

»Keine Sorge, eure Bandengeheimnisse will ich gar nicht wissen«, sagte sie.

»Sollen wir nicht besser getrennt suchen?«, raunte Sprotte Fred zu, als Frau Rose außer Hörweite war. »Das bringt doch nichts, als Horde durch die Gegend zu fahren.«

»Stimmt«, murmelte Fred.

»Ich weiß sowieso nicht, wo wir noch suchen sollen«, sagte Steve.

Das ging den ändern genauso.

»Trude und ich haben beschlossen, nächstes Mal, wenn wir im Dunkeln die Hühner füttern, den Hund von ihrem Nachbarn auszuleihen«, erzählte Melanie, als sie vor der verwilderten Weißdornhecke hielten.

»Stimmt«, meinte Trude, »wir haben ziemlich unheimliche Geräusche gehört, als wir heute Morgen hier waren. Als würde jemand durchs Gras schleichen.« Sie schauderte noch bei der Erinnerung.

»Verflixt! Das könnte der Fuchs gewesen sein! Oder ein Marder.« Sprotte lehnte ihr Fahrrad gegen die Hecke und zerrte die Tüte mit Gemüseresten vom Gepäckträger, die Fred ihr in der Schule gegeben hatte. »Ich seh mal nach, ob ich irgendwelche Spuren finde.«

»Ich hab doch gestern Abend auch was gehört«, sagte Frieda und öffnete das Gatter. »Vielleicht sind's Wasserratten. Muss ja nicht gleich ein Fuchs oder ein

Wiesel sein!« »Ratten?«, hauchte Wilma. Beunruhigt guckte sie sich um. »Wasserratten«, sagte Trude. »Die sehen sogar richtig niedlich aus.«

»Niedlich?« Melanie stöhnte auf und stakste durch das hohe Gras, als würde sie im nächsten Moment auf eine drauftreten. Die Hühner begannen zu zetern, als sie die Mädchen über die Wiese kommen sahen. Aufgeregt drängten sie sich gegen den Maschendraht.

»Naja, Hühner ziehen nun mal Ratten an«, erklärte Sprotte. »Ist für Ratten eine leichte Art an Futter zu kommen, all die Körner, die rumliegen, die rohen Eier ... « Sie sah sich um. »Vielleicht sollten wir ein paar Fallen im Gras aufstellen. Rund um den Auslauf.«

»Und dann selber reintreten, na danke«, meinte Melanie. »Die können doch nicht schon wieder hungrig sein!«, sagte Trude, als die Hühner beim Anblick von Sprottes Tüte so wild wurden, dass sie aufeinander sprangen und sich gegenseitig vom Zaun weghackten. Während die Hennen sich um das Grünzeug stritten, lief Frieda in den Stall, um nach Eiern zu sehen. Zehn Stück fand sie im Stroh. »Na, die scheinen sich ja wohl zu fühlen«, stellte Sprotte fest und trug die Eier zum Wohnwagen. Die ändern folgten ihr.

»Meint ihr, wir können noch Tee trinken, bevor wir wieder auf Willi-Suche gehen?«, fragte Wilma.

»Ach, den finden wir sowieso nicht!«, seufzte Trude, als sie die Treppe raufstieg. »Wenn die Pygmäen ihn nicht mal auftreiben ...« Sie zog den Schlüssel aus der Hosentasche - und stutzte.

»Was ist los?«, fragte Sprotte. Sie legte die Eier ins Gras. Trude stolperte die Treppe runter und drängte sich zwischen die anderen. »Das Schloss ist geknackt!«, flüsterte sie atemlos. »Mit einem Messer oder so.« Entgeistert guckten die ändern sie an.

»Was - was - was machen wir denn jetzt?«, stammelte Trude und starrte ängstlich zu dem dunklen Wohnwagenfenster hoch. Nichts rührte sich dahinter. Der ganze Wagen sah friedlich wie immer aus. Wenn da nicht die Kratzer an der Tür gewesen wären.

»So eine Schweinerei!«, knurrte Sprotte. Eine ganz steile Falte bekam sie auf der Stirn.

»Hühner sind eben keine Wachhunde«, flüsterte Melanie. »Ich wette, die haben bloß um Futter gebettelt.« »Wir können froh sein, dass der Einbrecher noch keins geschlachtet hat«, murmelte Wilma.

Sie zog ihre Wasserpistole raus, aber dann steckte sie sie doch lieber zurück in den Ärmel. Was, wenn der Kerl sie für eine echte Pistole hielt? Ein Messer als Waffe hatte er aufjeden Fall.

»Wir sollten die Polizei rufen«, sagte Frieda leise. »Wir wissen ja nicht mal, wie viele es sind.«

Trude und Wilma nickten. Gespannt guckten sie Sprotte an. Die kaute wie wild auf ihrer Unterlippe. »Die Polizei? Und was ist mit den geklauten Hühnern? Nee.« Entschlossen machte sie einen Schritt auf die Treppe zu. »Ich guck mal rein.« »Bist du verrückt?«, zischte Frieda und hielt sie an der Jacke fest. »Der hat ein Messer.«

»Damit wird er ja wohl nicht gleich werfen, wenn ich den Kopf durch die Tür steck«, zischte Sprotte zurück. Ungeduldig riss sie sich los und schlich Treppe rauf. Sie legte ein Ohr an die Tür. Es war nichts zu hören. Überhaupt nichts. Nur das Ticken des scheußlichen rosa Weckers, den Melanie mitgebracht hatte.

Beunruhigt beobachteten die anderen Hühner Sprotte vom Fuß der Treppe aus. Wilma wollte zu ihr hochkommen, aber Sprotte winkte ab. Dann öffnete sie vorsichtig, ganz vorsichtig die Wohnwagentür.

Mit angehaltenem Atem sahen die ändern vier, wie sie den Kopf durch die Tür schob. Trude kniff die Augen zu, falls der Kerl doch mit dem Messer warf. »Oh, ich halt das nicht aus«, stöhnte Melanie. Sprotte drehte sich um. Die Tür ließ sie offen stehen. »Keiner drin!«, sagte sie mit gesenkter Stimme. »Aber auf dem Bett liegt ein Schlafsack. Er muss hier also noch irgendwo sein.«

Erschrocken guckten sie sich um.

»Hier«, sagte jemand. »Hier bin ich.« Und Willi schob sich hinterm Wohnwagen hervor.

Melanie fiel ihm um den Hals. Sprottes Empfang war nicht so herzlich.

»Woher wusstest du von dem Wagen?«, fuhr sie ihn an. »Hat Melli dir davon erzählt?«

Empört drehte Melanie sich um. »Spinnst du? Natürlich nicht! Kein Wort hab ich gesagt!«

»Wir wissen es alle«, antwortete Willi und hockte sich auf die Treppe. »Fred hat zwei von den Kartons präpariert, mit denen ihr die Hühner hergeschafft habt.« »Präpa was?«, fragte Wilma.

Willi grinste. »Er hat Löcher in die Böden gebohrt und dann Reis in die Kartons gestreut. Der ist rausgerieselt, als ihr die Hühner hergeschafft habt, und wir brauchten bloß der Spur zu folgen. Das mit dem Reis hat Fred sogar direkt vor eurer Nase gemacht!«

»Ach, was du nicht sagst!« Sprotte starrte ihn mit zusammengekniffenen Lippen an.

Willi grinste nur noch mehr. »Ihr kommt nie drauf. Im Stall von deiner Oma hat Fred den Reis in die Kartons gestreut. Wenn er ihn früher reingefüllt hätte, wär alles rausgerieselt, bevor ihr überhaupt losfuhrt. Aber ihr wart so damit beschäftigt, die Hühner zu fangen, dass keine von euch auf Fred geachtet hat. Er und Torte brauchten bloß in ihre Jackentaschen zu greifen, schnell ein paar

Hände voll in die zwei Kartons zu werfen, und die Hühner draufzusetzen. Die blöden Viecher kamen natürlich gleich angewackelt, als sie die Reiskörner sahen. Freds einzige Sorge war, dass sie den Reis schneller wegpicken würden, als er rausrieselte. Also hat er ihnen auch noch jede Menge Salat in den Karton gelegt, und so hat die Sache geklappt. Eure Spur war so deutlich, als hättet ihr sie mit Kreide auf die Straße gemalt.« »Dieser Mistkerl!«, rief Sprotte. »Er hatte uns sein Wort gegeben, sein Ehrenwort, dass er uns nicht folgt!« »Klar«, sagte Willi und blinzelte in die Sonne. »Aber ihr habt nicht genau hingehört. Er hat nur sein Ehrenwort gegeben, dass er euch Samstagabend nicht folgt. Also sind wir der Reisspur Sonntagmorgen nachgefahren. Wir sind später losgekommen als geplant, weil Steve verschlafen hat, aber die Spur war noch ganz deutlich zu sehen. Ist nicht viel los Sonntagmorgens. Unsere Räder haben wir im Wald versteckt, aber Wilma hätte uns fast erwischt, als sie zum Hühnerfüttern kam. Wir konnten uns gerade noch hinterm Schuppen verstecken, ’ne halbe Ewigkeit haben wir da gestanden. Ganze Romane hat die mit dem Federvieh gequatscht! Steve hat sich fast in die Hosen gepisst, weil er nicht kichern durfte.« Wilma schnappte nach Luft vor Ärger - und versuchte sich krampfhaft daran zu erinnern, was sie alles zu den Hennen gesagt hatte. Zerknirscht guckte sie die ändern an. »Die Spur hab ich nicht bemerkt«, sagte sie kleinlaut. »Ehrlich nicht.«

»Na toll«, knurrte Sprotte. »Wir haben den Wagen gerade mal ein paar Tage, und schon hängen die Pygmäen hier hinterm Schuppen rum!« Wütend spuckte sie ins Gras. »Na und?« Willi warf ihr einen ärgerlichen Blick zu. »Ihr kanntet unser Hauptquartier doch auch. Als wir noch eins hatten.« Er verzog das Gesicht. »Das mit dem Schloss tut mir Leid, aber ich wusste gestern nicht, wo ich hinsollte. Es hat geschüttet wie aus Eimern, und nach Hause konnte ich nicht. Erst hab ich unter der alten Kanalbrücke gehockt, aber da hat es gezogen wie Hechtsuppe, und bei den Schrebergärten hat mir fast ein Riesenköter den Hintern weggebissen. Mann, war ich nass. Und durchgefroren wie ein Eskimo. Als mir der Regen schon den Rücken runterlief, ist mir plötzlich euer Wagen eingefallen.« Er fuhr sich durchs Haar. »Dunkel wie in der Hölle war’s hier, hab mir die Nase an jedem verdammten Baum gestoßen, und an dem Gatter bin ich erst vorbeigerannt. Aber in dem Wagen kriegt man’s wirklich ganz schnell warm.« Er stand auf. »Brauchst mich gar nicht so anzustarren, Oberhuhn«, sagte er zu Sprotte. »Bin schon weg. Und das Schloss bezahl ich euch, obwohl’s nicht viel getaugt hat. War kinderleicht zu knacken.« Mit düsterem Gesicht drängte er sich zwischen Wilma und Trude durch. »Macht’s gut«, sagte er über die Schulter. »Den Hühnern hab ich jede Menge Löwenzahn reingeworfen. Waren ganz wild drauf. Falls ihr die andern seht, sagt Fred, sie sollen nicht nach mir suchen, klar?«

»He, warte!« Melanie lief ihm nach und hielt ihn an der

Jacke fest. »Dein Schlafsack liegt noch im Wagen. Außerdem, wo willst du

denn jetzt hin? Ich mein ...« Hilfe suchend sah sie die anderen an.

Trude strich sich durch das kurze Haar. »Von mir aus kann er eine Weile hier bleiben«, sagte sie.

»Natürlich.« Frieda nickte. »Wo soll er denn sonst hin?«

»Er könnte die Hühner morgens füttern«, schlug Trude vor.

»Dann brauchen wir nicht vor der Schule herzukommen.«

Wilma guckte Sprotte an.

Die warf Willi einen nicht gerade freundlichen Blick zu, aber sie zuckte die Achseln. »Meinetwegen, aber nur ein paar Tage.«

Unschlüssig stand Willi da. Er guckte Sprotte an.

»Mensch, guck nicht so!«, rief sie ärgerlich. »Nee, ich bin nicht begeistert,

dass in unserm Hauptquartier ein Junge rumhängt, aber ich bin hier nicht der Chef oder so was. Bei euch parieren alle, wenn Fred was sagt, aber bei uns läuft das nicht so. Wenn die ändern sagen, du kannst bleiben, geht das klar.«

»Na, dann!«, rief Wilma. »Wollen wir nach dem Schreck nicht endlich Tee trinken?«

Trude kicherte.

Melanie aber zog Willi die Wohnwagentreppe rauf. »Komm«,

sagte sie. »Bei uns gibt's leider immer nur Tee.«

»Meistens«, sagte Frieda, während sie den beiden folgte.

»Melli würde allerdings lieber jeden Tag Glühwein trinken.«

Sprotte blieb noch draußen vor der Treppe stehen. Mit gerunzelter Stirn blickte Sprotte zur Straße zurück. Sie hätte es wissen müssen! In dem Augenblick, als Fred ihr anbot, die Kartons zu besorgen. So was machten die Pygmäen nicht aus purer Freundlichkeit. Naja, selten jedenfalls. »Reis!«, murmelte sie. »So ein hundsgemeiner Trick.« Und ärgerte sich einen Krampf in den Bauch, dass sie nicht besser aufgepasst hatte.

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