Yasmin Edwards sperrte ihren Laden so gewissenhaft wie immer für die Nacht ab. Die meisten Geschäfte in der Straße, der Manor Place, waren seit Ewigkeiten mit Brettern vernagelt und hatten längst das gleiche Los erlitten, das so ziemlich allen leer stehenden Häusern auf der Südseite der Themse blühte: Sie dienten Graffitikünstlern als Experimentier- und Malflächen, und von den Fenstern, die nicht mit Gittern oder Sperrholz gesichert waren, gab es nur noch die Rahmen ohne Glasscheiben. Yasmin Edwards' Laden war eines der wenigen neuen oder wieder eröffneten Geschäfte in dieser Gegend von Kensington. Nur die beiden Pubs hatten den städtischen Verfall, der bereits vor langem in der Straße Einzug gehalten hatte, überlebt. Aber wann kam es schon mal vor, dass ein Wirtshaus nicht überlebte? So lange es Alkohol gab und Typen wie Roger Edwards, die ihn wie Wasser tranken, hatten sie nichts zu befürchten.
Yasmin prüfte noch einmal das Vorhängeschloss und vergewisserte sich, dass das Gitter richtig eingerastet war. Dann ergriff sie die vier Plastiktüten, die sie im Laden gefüllt hatte, und machte sich auf den Heimweg.
Sie lebte seit ihrer Entlassung aus dem Holloway Gefängnis vor fünf Jahren in einer Wohnsiedlung, dem Doddington Grove Estate, nicht weit von ihrem Laden entfernt, und hatte das Glück, dass ihre Wohnung, nach der sie sich weiß Gott die Hacken hatte ablaufen müssen, dem Gartenzentrum gegenüber lag. Es war zwar kein Park und keine gepflegte Anlage, aber es war grün und ein Stück Natur, was sie für Daniel gesucht hatte. Er war erst elf Jahre alt und hatte, während sie im Gefängnis gewesen war, die meiste Zeit bei Pflegefamilien gelebt, dank ihres jüngeren Bruders, der nicht gewusst hatte, wie er »mit so einem Jungen fertig werden« sollte. »Mann, Yas, es tut mir echt Leid, aber so isses nun mal.« Sie hatte viel wieder gutzumachen bei ihrem Sohn.
Er wartete draußen vor dem Aufzug auf sie, auf der anderen Seite des Asphaltstreifens, der den Bewohnern des Hauses als Parkplatz diente. Aber er war nicht allein, und als Yasmin sah, was für ein Typ mit ihrem Sohn sprach, begann sie zu laufen. Das war hier keine schlechte Gegend - hätte viel schlechter sein können -, aber Pusher und Kinderverführer gab es überall, und wenn es so einem Kerl einfallen sollte, ihrem Sohn Angebote zu machen, würde sie das Schwein eigenhändig umbringen.
Dieser Typ da mit seinen teuren Klamotten und der dicken goldenen Uhr sah aus wie ein Dealer. Und quasseln konnte er offenbar auch. Als sie näher kam, sah sie, dass Daniel ganz fasziniert war von dem, was der Kerl ihm erzählte.
»Dan«, rief sie, »was tust du denn so spät noch hier draußen?«
Die beiden drehten sich zu ihr um. »Hallo, Mam«, rief Daniel.
»Ich hab meinen Schlüssel vergessen.«
Der Mann sagte nichts.
»Warum bist du dann nicht in den Laden gekommen?«, fragte Yasmin mit wachsendem Argwohn.
Daniel senkte den Kopf wie immer, wenn er ein schlechtes Gewissen hatte. Den Blick auf seine NikeLaufschuhe gerichtet, die sie ein Vermögen gekostet hatten, sagte er: »Ich bin rüber in die Kaserne, Mam. Da hat einer die Soldaten geprüft. Sie haben alle in einer Reihe gestanden, und ich hab zuschauen dürfen, und hinterher haben sie mich noch zum Abendessen eingeladen.«
Almosen, dachte Yasmin. Beschissene Almosen. »Haben die gedacht, du hättest kein Zuhause, oder was?«, fragte sie scharf.
»Mam, die kennen mich. Und ich kenne sie auch. Einer hat gesagt: >Ist deine Mama nicht die hübsche Frau mit den Perlen im Haar?<«
Yasmin prustete ärgerlich. Ohne den Mann an der Seite ihres Sohnes eines Blickes zu würdigen, reichte sie Daniel zwei der Plastiktüten. »Geh vorsichtig mit ihnen um. Da gibt's einiges für dich zu waschen«, sagte sie und tippte den Code für den Aufzug ein.
Das war der Moment, als der Mann sie ansprach. In einem Tonfall, der wie ihrer die Kindheit südlich vom Fluss verriet, dem aber die westindischen Ursprünge stärker anzuhören waren, sagte er:
»Mrs. Edwards?«
»Ich kaufe nichts.« Sie wendete den Blick nicht von der Aufzugtür. »Daniel?«, sagte sie kurz, und der Junge trat zu ihr, um mit ihr auf den Aufzug zu warten. Sie legte ihm beschützend eine Hand auf die Schulter. Daniel drehte sich nach dem Fremden um, doch Jasmin zog ihn zurück und zwang ihn, den Blick wieder auf den Aufzug zu richten.
»Winston Nkata«, sagte der Fremde. »New Scotland Yard.«
Da horchte sie doch auf. Er zeigte ihr seinen Ausweis, den sie sich ansah, bevor sie den Mann selbst betrachtete. Ein Bulle, dachte sie. Ein Bruder und ein Bulle. Nur eines war schlimmer als ein Bruder, der ein Ganove war, und das war ein Bruder, der zu den Bullen gegangen war.
Sie nahm den Ausweis mit einer wegwerfenden Kopfbewegung zur Kenntnis, die so heftig war, dass die Perlen in ihren vielen Zöpfen ihm die Musik ihrer Verachtung spielten. Er sah sie so an, wie Männer sie immer ansahen, und sie wusste, was er sah und was er dachte. Er sah: ihren Körper in seiner vollen Größe von einem Meter achtzig; das walnussbraune Gesicht, das ein Modelgesicht hätte sein können, vollkommen geschnitten mit makelloser Haut, wenn nicht der Mund gestört hätte - genauer gesagt, die Oberlippe, für immer entstellt durch eine Narbe wie eine blutrote, voll erblühte Rose, die sie diesem Schwein Roger Edwards zu verdanken hatte, der ihr eine Vase ins Gesicht knallte, als sie sich geweigert hatte, ihm ihren Lohn von Sainsbury rauszurücken oder anschaffen zu gehen, um seine Sucht zu finanzieren; die Augen, kaffeebraun und zornig, zornig, aber auch misstrauisch. Und wenn sie in der kalten Abendluft ihren Mantel auszöge, würde er den Rest sehen, vor allem das sommerliche kurze Top, das sie anhatte, weil ihr Bauch flach war und ihre Haut straff und sie auf die Witterung keine Rücksicht nahm, wenn sie Lust hatte, den Leuten einen glatten, schlanken Bauch vorzuführen. Das also sah er. Und was dachte er? Was sie alle dachten, was sie immer dachten: Hätte nichts dagegen, mit der 'ne Nummer zu schieben, solang ihr einer 'ne Tüte übern Kopf stülpt.
Er sagte: »Also, kann ich Sie mal kurz sprechen, Mrs. Edwards?«
Und er redete so, wie sie immer redeten - als könnte er kein Wässerchen trüben.
Der Aufzug kam. Die Tür öffnete sich so zögernd, als wären die Schienen mit geschmolzenem Käse verkleistert, als wollte sie sagen, wenn du blöd genug bist, einzusteigen und in den dritten Stock raufzufahren, wo du deine Wohnung hast, kann's dir passieren, dass du nicht wieder rauskommst, weil ich dann endgültig den Geist aufgegeben habe.
Sie schob Daniel vor sich in die Kabine.
Der Bulle wiederholte: »Mrs. Edwards? Kann ich Sie kurz sprechen?«
»Hab ich vielleicht eine Wahl?«, erwiderte sie und drückte auf den Knopf für das dritte Stockwerk.
Der Bulle sagte: »In Ordnung«, und stieg ein.
Er war groß. Das war das Erste, was ihr im grellen Licht der Aufzugskabine auffiel. Er war mindestens zehn Zentimeter größer als sie. Und auch er hatte eine Narbe im Gesicht. Sie zog sich wie ein Kreidezeichen vom Winkel seines Auges über seine ganze Wange abwärts, und sie wusste, woher dieses Mal stammte - von einem Rasiermesser -, aber nicht, wie er dazu gekommen war. »Und was ist das?«, fragte sie mit einem Blick und einer Kopfbewegung zu seinem Gesicht.
Er sah zu Daniel hinunter, der ihn anschaute, wie er Schwarze immer anschaute: so offen und so sehnsüchtig, dass jeder sehen konnte, was ihm seit dem Abend fehlte, als seine Mutter sich das letzte Mal gegen Roger Edwards zur Wehr gesetzt hatte.
»Es ist eine Mahnung«, sagte der Bulle.
»Woran?«
»Wie dumm einer sein kann, wenn er sich einbildet, er wäre cool.«
Der Aufzug hielt mit einem Ruck an. Sie sagte nichts. Der Bulle war der Tür am nächsten. Er trat zuerst aus der Kabine, als die Tür sich stöhnend öffnete, und er hielt sie offen, als könnte sie gleich wieder zuschnappen und Yasmin oder ihren Sohn einquetschen. Hatte der eine Ahnung!
Als er zur Seite trat, ging sie hocherhobenen Hauptes an ihm vorbei und sagte: »Pass auf die Tüten auf, Dan. Lass die Perücken nicht fallen. Der Boden ist total versifft, und wenn du sie hier runterfallen lässt, kriegst du den Dreck nie mehr raus.«
Sie trat in die Wohnung und knipste eine der Lampen im Wohnzimmer an. »Lass gleich die Wanne ein«, sagte sie zu Daniel.
»Und sei sparsam mit dem Shampoo.«
»Ja, Mama«, antwortete Daniel. Er warf einen scheuen Blick auf den Polizisten, einen Blick, der sagte: Hey, Mann, hier wohnen wir, gefällt's Ihnen? So rührend, dass es Yasmin fast das Herz zerriss. Sie wurde wütend, weil der Bulle sie wieder daran erinnerte, was sie und Daniel verloren hatten.
»Jetzt mach schon«, sagte sie zu Daniel, und dann zu dem Bullen: »Also, was wollen Sie, Mann? Was haben Sie gesagt, wie Sie heißen?«
»Winston Nkata, Mama«, warf Dan ein.
»Ich hab dir gesagt, was du tun sollst, Dan«, erwiderte sie streng.
Er lachte, dass die großen weißen Zähne - die Zähne eines Mannes, der er früher werden würde, als sie es wünschte - in dem runden Gesicht blitzten, das heller war als ihres, sein Ton eine Mischung aus den Hautfarben von Mutter und Vater. Ohne ein weiteres Wort verzog er sich ins Badezimmer, wo er, um seine Mutter wissen zu lassen, dass er seine Arbeit ordentlich machte, den Wasserhahn so weit aufdrehte, dass das Wasser prasselnd in die Wanne stürzte.
Winston Nkata blieb an der Tür stehen, und das irritierte Yasmin mehr, als wenn er durch die ganze Wohnung spaziert wäre und jeden einzelnen der vier Räume samt Mobiliar inspiziert hätte, wozu er sicher nicht länger als eine Minute gebraucht hätte.
»Also, was wollen Sie?«, fragte sie ein zweites Mal.
»Kann ich mich mal umschauen?«, fragte er.
»Wozu? Bei mir gibt's nichts zu finden. Haben Sie einen Durchsuchungsbeschluss? Ich hab mich letzte Woche wie immer bei Sharon Todd gemeldet. Wenn sie Ihnen was anderes erzählt hat - wenn dieses Miststück dem Ausschuss irgendwas anderes erzählt hat…« Yasmin spürte, wie ihr die Angst über den Nacken kroch, als ihr wieder einmal bewusst wurde, wie viel Macht ihre Bewährungshelferin über ihr Leben hatte. »Sie war nicht da«, fügte sie hinzu. »Sie war beim Arzt. Jedenfalls haben sie mir das gesagt. Sie hatte irgendeinen Anfall im Büro, und die anderen haben ihr geraten, lieber gleich zum Arzt zu gehen. Als ich kam…«
Sie holte Luft, um sich zu beruhigen. Und sie war wütend, unheimlich wütend darüber, dass sie so nervös war und dass dieser Typ mit der Narbe im Gesicht ihr die Angst ins Haus getragen hatte. Dieser Bulle hielt alle Trümpfe in der Hand, und sie wussten es beide. Mit einem Achselzucken sagte sie: »Bitte, schauen Sie sich ruhig um. Ich weiß nicht, was Sie suchen, aber hier finden Sie's bestimmt nicht.«
Er sah ihr mit klarem Blick lange in die Augen, und sie hielt dem Blick stand, weil etwas anderes wie Kapitulation ausgesehen hätte. Sie blieb am Durchgang zur Küche stehen, während im Badezimmer das Wasser toste, und Daniel die Perücken einweichte, die gereinigt werden mussten.
»In Ordnung«, sagte der Bulle mit einem Kopfnicken, das zweifellos schüchtern und höflich wirken sollte.
Zuerst betrat er ihr Schlafzimmer und machte Licht. Sie sah ihn, wie er zu dem alten Kleiderschrank mit der rissigen Lackierung ging und die Tür aufmachte. Aber er begann nicht, die Taschen der Kleidungsstücke zu leeren, nur einige lange Hosen besah er sich näher. Auch die Schubladen der Kommode ließ er unberührt, aber er inspizierte genau, was auf ihr lag, insbesondere eine Haarbürste und die blonden Haare, die in ihren Borsten hingen, und das Schälchen mit den Perlen, die sie manchmal in ihr Haar zu flechten pflegte. Am längsten verweilte er bei dem Foto von Roger, von dem je ein Abzug im Wohnzimmer und in Daniels Zimmer auf dem Nachttisch stand, und eines in der Küche über dem Tisch hing. Roger Edwards, zum damaligen Zeitpunkt siebenundzwanzig Jahre alt, einen Monat zuvor aus NeuSüd-Wales in England angekommen, seit zwei Tagen Yasmins Geliebter.
Er kam wieder aus dem Schlafzimmer heraus, nickte ihr höflich zu und ging in Daniels Zimmer, wo es ähnlich ablief: Kleiderschrank, Kommode, Foto von Roger. Als Nächstes war das Bad an der Reihe, wo Daniel sofort mit ihm zu schwatzen begann und sagte: »Ich muss nämlich immer die Perücken waschen. Mam besorgt sie für Frauen, die Krebs haben, wissen Sie. Denen fallen fast immer die Haare aus, wenn sie ihre Medizin nehmen. Dann besorgt Mam ihnen neue Haare. Und das Gesicht macht sie ihnen auch.«
»Sie macht ihnen Bärte?«, fragte der Bulle.
Daniel lachte. »Doch nicht mit Haaren, Mann, mit Make-up. Sie schminkt sie. Das kann sie echt gut. Soll ich Ihnen mal zeigen -«
»Dan!«, fuhr Yasmin dazwischen. »Du sollst arbeiten!«
Sofort beugte sich Dan wieder über die Wanne.
Der Bulle kam aus dem Badezimmer, nickte ihr wieder zu und ging weiter in die Küche. Von dort führte eine Tür auf den kleinen Balkon hinaus, wo sie die Wäsche trocknete. Die öffnete er, warf einen Blick hinaus, schloss sie dann sorgfältig wieder und strich mit der Hand - einer großen kräftigen Hand - am Türpfosten hinauf und hinunter, als suchte er nach rauen oder gesplitterten Stellen im Holz. Er öffnete weder Schränke noch Schubladen. Er tat eigentlich überhaupt nichts, außer dass er vor dem Tisch stehen blieb und das Foto betrachtete, das er bereits in allen anderen Zimmern gesehen hatte.
»Und wer ist der Typ?« fragte er.
»Dans Vater. Mein Mann. Er ist tot.«
»Das tut mir Leid.«
»Braucht Ihnen nicht Leid zu tun«, entgegnete sie. »Ich hab ihn getötet. Aber das wissen Sie wahrscheinlich schon. Deswegen sind Sie doch hier, oder? Eines Tages hat man einen Junkie mit einem Messer in der Gurgel gefunden. Ihre Kollegen haben die Daten in ihren Computer eingegeben, und heraus kam wie der Teufel aus der Schachtel Yasmin Edwards.«
»Nein, das wusste ich nicht«, sagte Nkata. »Tut mir trotzdem Leid.«
Seine Stimme klang - ja, wie eigentlich? Sie konnte es nicht definieren, so wenig wie sie den Ausdruck seiner Augen definieren konnte. Und sie spürte schon wieder die Wut in sich aufsteigen, diese Wut, über die sie nicht nachdenken und die sie niemals erklären konnte. Es war die Wut, die sie als junges Mädchen gelernt hatte, stets - ohne Ausnahme - herausgefordert durch einen Mann: Typen, die sie kennen lernte und einen Tag oder eine Woche oder einen Monat lang ganz in Ordnung fand, bis durch das, was sie zu sein vorgaben, hindurchzuschimmern begann, was sie wirklich waren.
»Also, was wollen Sie dann?«, fuhr sie ihn gereizt an. »Warum kommen Sie zu mir? Was stehen Sie draußen rum und quasseln mit meinem Sohn, als hätte er Ihnen was zu erzählen, das Sie interessiert? Wenn Sie glauben, dass ich was verbrochen hab, dann reden Sie endlich Klartext. Wenn nicht, verschwinden Sie. Verstanden? Wenn Sie nicht -«
»Katja Wolff«, sagte er, und das verschlug ihr die Sprache. Was, zum Teufel, hatte er mit Katja zu schaffen. »Bei der Bewährungshilfe wird sie unter dieser Adresse hier geführt. Ist das richtig, wohnt sie hier?«
»Wir haben die Genehmigung«, sagte Yasmin. »Ich bin seit fünf Jahren draußen. Gegen mich liegt nichts vor. Wir haben die Genehmigung.«
»Sie haben ihr Arbeit in einer Wäscherei in der Kennington High Street verschafft«, sagte Winston Nkata. »Da war ich zuerst, weil ich mit ihr reden wollte, aber sie ist heute nicht erschienen. Sie hat sich krankgemeldet. Wegen Grippe. Darum bin ich hierher gekommen.«
Bei Yasmin schrillten die Alarmglocken, aber sie ließ sich nichts anmerken. »Na und?«, sagte sie. »Sie ist wahrscheinlich beim Arzt.«
»Den ganzen Tag?«
»Staatlicher Gesundheitsdienst«, erwiderte sie achselzuckend.
Höflich, wie schon die ganze Zeit über, sagte er: »Das ist das vierte Mal, dass sie sich krank gemeldet hat, Mrs. Edwards. So haben sie's mir jedenfalls in der Wäscherei gesagt. Das vierte Mal in zwölf Wochen. Erfreut sind die darüber nicht, das kann ich Ihnen sagen. Sie haben heute mit ihrer Bewährungshelferin gesprochen.«
Aus der Beunruhigung wurde Furcht, die kalt Yasmins Rücken hinaufkroch. Aber sie wusste, wie die Bullen lügen konnten, wenn sie einen aus der Fassung bringen wollten, damit man sich vor Aufregung verplapperte und etwas sagte, woraus sie einem dann einen Strick drehen konnten. Verlier jetzt bloß nicht die Nerven, dumme Kuh, schalt sie sich selbst.
Laut sagte sie: »Davon weiß ich nichts. Katja wohnt hier, das stimmt, aber sie geht ihre eigenen Wege. Ich habe mit Daniel genug zu tun.«
Er schaute zum Schlafzimmer. Das große Doppelbett, die Haarbürste auf der Kommode und die Kleider im Schrank erzählten eine andere Geschichte. Und sie hätte am liebsten geschrien: Ja und? Was gibt's daran auszusetzen? Warst du vielleicht schon mal im Knast, du selbstgerechter Pinkel? Hast du auch nur 'ne Ahnung, wie es ist, wenn du da drinnen hockst und dir klar machst, dass du jetzt eine ganze Zeit lang, die dir wie eine Ewigkeit vorkommt, keinen Menschen hast, der an deinem Leben Anteil nimmt? Keinen Freund und keine Freundin, keinen Geliebten, keinen Partner! Weißt du, wie das ist?
Aber sie sagte nichts, erwiderte nur trotzig seinen Blick. Und fünf Sekunden lang, die ihr vorkamen wie fünfzig, war in der Wohnung nichts zu hören als die gedämpfte Stimme Dans, der im Badezimmer vor sich hinsummte, während er die Perücken wusch.
Dann brach ein anderes Geräusch in die Stille ein: das Knirschen eines Schlüssels, und die Wohnungstür wurde geöffnet.
Katja war da.
Sein letzter Termin an diesem Tag führte Lynley nach Chelsea. Nachdem er Richard Davies seine Karte in die Hand gedrückt und ihn gebeten hatte, sich zu melden, sollte er von Katja Wolff hören oder sonst etwas Neues zu berichten haben, lenkte er den silbernen Bentley mit viel Geduld durch das Verkehrsgetümmel rund um den South- Kensington-Bahnhof und fuhr dann die Sloane Street hinauf, wo das Licht der Straßenlampen auf die edlen Läden und Restaurants eines rundum edlen Viertels fiel. Er dachte über Verbindungen und Zufall nach und über die Frage, ob das Vorhandensein des einen die Möglichkeit des anderen ausschloss. Es schien sehr wahrscheinlich. Oft befanden sich Menschen zur falschen Zeit am falschen Ort, aber selten war dabei der Zufall im Spiel, wenn ihre Schritte von der Absicht gelenkt waren, jemanden aufzusuchen, der in ihrer Vergangenheit in ein Gewaltverbrechen verwickelt gewesen war. Solche »Zufälle« wollten genau unter die Lupe genommen werden.
Er nutzte gleich die erste Parklücke in der Nähe des Hauses der St. James', das hoch und braun an der Ecke Lordship Place und Cheyne Row stand, und hievte aus dem Kofferraum des Wagens den Computer, den er aus Eugenie Davies' Arbeitszimmer mitgenommen hatte.
Auf sein Klingeln an der Haustür der Freunde erscholl als Erstes Hundegebell. Es kam von links, aus der Richtung von St. James' Arbeitszimmer, wo, wie Lynley durch das Fenster erkennen konnte, Licht brannte, und näherte sich der Haustür.
»Schluss jetzt, Peach!«, sagte drinnen eine Frau, aber der Hund, ein echter Dackel, beachtete den Befehl nicht. Ein Riegel wurde zurückgezogen, die Außenbeleuchtung angeschaltet, und die Tür wurde geöffnet.
»Tommy! Hallo! Wie schön, dich zu sehen.« Deborah St. James war selbst an der Tür. In den Armen hielt sie ein kläffendes, ungebärdiges Bündel, den rot-braunen Langhaardackel, der unbedingt wieder auf den Boden wollte, um Lynley zu beschnuppern.
»Peach!«, herrschte sie ihn streng an. »Jetzt hör endlich auf. Du weißt genau, wer das ist.« Sie trat von der Tür zurück. »Komm rein, Tommy. Helen ist leider schon gegangen. Sie war müde, sagte sie. Simon behauptet, sie mache die Nächte durch, weil sie keine Lust hätte, irgendwelche Daten zusammenzutragen, die er braucht - keine Ahnung, woran sie gerade arbeiten -, aber sie schwor Stein und Bein, sie sei nur deshalb so müde, weil du sie gezwungen hättest, bis in die frühen Morgenstunden aufzubleiben und sich alle vier Teile des Ring anzuhören. Ich weiß gar nicht, ob er wirklich vier Teile hat. Aber ist ja egal. Was hast du uns denn da mitgebracht?«
Sobald die Tür geschlossen war, setzte sie den Hund ab. Er beschnupperte Lynley kurz und wedelte dann erfreut mit dem Schwanz. »Danke«, sagte Lynley höflich, und Peach trottete ins Arbeitszimmer, wo ein Gasfeuer brannte und die Lampe auf St. James' Schreibtisch, in deren Lichtschein mehrere Druckseiten verteilt lagen, manche mit Schwarzweißfotografien, andere nur mit Schrift.
»Stell das Ding irgendwo ab, Tommy«, sagte Deborah. »Es sieht grässlich schwer aus.«
Lynley stellte den Computer auf einen niedrigen Tisch neben dem Sofa vor dem offenen Kamin. Peach konnte es nicht lassen, das Gerät kurz zu inspizieren, ehe er zu seinem Korb zurückkehrte, der direkt vor dem Feuer stand. Mit einem behaglichen Seufzer rollte er sich zusammen und legte den Kopf auf die Vorderpfoten, um den weiteren Verlauf des Abends zu beobachten, wobei ihm von Zeit zu Zeit die Augen zufielen.
»Du willst sicher zu Simon«, sagte Deborah. »Er ist oben. Ich geh rauf und sag ihm Bescheid.«
»Gleich«, sagte Lynley, ohne zu überlegen und so prompt, dass Deborah, die schon auf dem Weg hinaus war, abrupt stehen blieb und ihn fragend anlächelte.
Mit einer kurzen Handbewegung schob sie ihr schweres Haar hinter das Ohr, sagte: »Na gut«, und ging zu dem altmodischen Barwagen, der am Fenster stand. Sie war ziemlich groß und hatte einen sehr weiblichen Körper, nicht dick, aber wohl gerundet. Zu schwarzen Jeans trug sie einen olivgrünen Pulli, der ihr kupferrotes Haar gut zur Geltung brachte.
Überall an den Wänden des Zimmers und auf dem untersten Bord der Bücherregale waren Dutzende gerahmter Fotografien gestapelt, einige von ihnen in Plastikfolie verpackt, und das erinnerte ihn daran, dass die Eröffnung von Deborahs Ausstellung in einer Galerie in der Great Newport Street kurz bevorstand.
»Magst du einen Sherry?«, fragte sie. »Oder lieber einen Whisky? Wir haben einen neuen Lagavulin, von dem Simon behauptet, er wäre der absolute Göttertrank.«
»Na, wenn Simon, der Wissenschaftler, zu Metaphern greift, muss er wirklich gut sein. Ich nehm gern einen. Und du bist bei den Vorbereitungen für deine Ausstellung?«
»Ich bin beinahe fertig. Nur der Katalog gefällt mir noch nicht ganz.« Sie reichte ihm den Whisky und sagte mit einer Handbewegung zum Schreibtisch: »Ich seh mir gerade die Fahnen an. Die Bilder, die sie ausgewählt haben, sind in Ordnung, aber sie haben einen Teil meiner fulminanten Prosa gestrichen -« Sie lachte und zog dabei ihre sommersprossige Nase kraus, sodass sie plötzlich wie ein Teenager aussah und nicht wie eine sechsundzwanzigj ährige verheiratete Frau. »Und das ärgert mich. Da hast du's. Kaum nähern sich meine fünfzehn Minuten, schon gebärde ich mich als grande artiste!«
Er lächelte. »Das glaube ich nicht.«
»Was?«
»Das mit den fünfzehn Minuten.«
»Du bist heute Abend sehr fix.«
»Ich sage nur die Wahrheit.«
Sie sah ihn mit einem liebevollen Lächeln an, dann wandte sie sich um und goß sich Sherry ein. Sie nahm das Glas und hob es hoch. »Auf - hm - ich weiß nicht«, sagte sie. »Worauf wollen wir trinken?«
Helen hatte also Wort gehalten und nichts von dem Kind gesagt. Er war erleichtert. Gleichzeitig fühlte er sich unbehaglich. Irgendwann würde Deborah es erfahren müssen, und er wusste, dass er selbst es ihr sagen sollte. Er hätte es gern jetzt, in diesem Moment, getan, aber er wusste nicht, wie er anfangen sollte, wenn er nicht rundheraus sagen wollte: Trinken wir auf Helen. Trinken wir auf das Kind, das meine Frau und ich gemacht haben. Aber das war natürlich völlig ausgeschlossen.
So sagte er stattdessen: »Trinken wir darauf, dass du alle deine Fotos verkaufst, gleich am Eröffnungstag, und an Mitglieder der königlichen Familie, die damit endlich einmal beweisen würden, dass sie neben Pferden und der Hetzjagd auch anderes zu schätzen wissen.«
»Du hast deine erste Fuchsjagd nie überwunden, hm?«
»Schauderhaft!«
»Das ist Standesverrat, mein Lieber!«
»Ich hoffe, gerade das macht mich interessant.«
Deborah lachte, sagte: »Na, dann prost!«, und nippte an ihrem Sherry.
Lynley seinerseits trank einen großen Schluck von dem Lagavulin und sann darüber nach, was alles zwischen ihnen unausgesprochen war. Es war ein beklemmendes Gefühl, sich plötzlich mit der eigenen Feigheit und Unschlüssigkeit konfrontiert zu sehen.
»Was hast du nach der Ausstellung vor?«, fragte er. »Hast du schon etwas Neues im Kopf?«
Deborah betrachtete nachdenklich die reihenweise gestapelten Fotografien. »Ach weißt du, es ist ein bisschen abschreckend«, gestand sie. »Ich arbeite jetzt seit Januar an diesem Projekt. Elf Monate! Und was ich gern täte, wenn die Götter und mein Ehemann damit einverstanden sind…« Sie hob den Kopf und blickte zur Zimmerdecke hinauf. »Ich würde gern das Fremde fotografieren. Es sollen Porträts sein, ich liebe Porträts. Aber die Gesichter Fremder sollen es sein; nicht die von Fremden in London, da könnte ich natürlich Hunderttausende finden, aber die sind alle schon anglisiert, auch wenn sie das gar nicht merken. Nein, ich möchte gern was ganz anderes machen. Vielleicht in Afrika, Indien, der Türkei oder Russland. Ich weiß es selbst nicht genau.«
»Aber auf jeden Fall Porträts?«
»Ja. Die Menschen verstecken sich nicht vor der Kamera, wenn die Aufnahme nicht für ihre eigene Verwendung ist. Und genau das fasziniert mich so: die Offenheit ihres Blicks. Es kann einen direkt süchtig machen, diese Gesichter ausnahmsweise einmal ohne Maske zu sehen.« Sie trank von ihrem Sherry und fügte hinzu: »Aber du bist doch nicht hergekommen, um dich mit mir über meine Fotografien zu unterhalten.«
Er ergriff die Gelegenheit zur Flucht, auch wenn er sich selbst erbärmlich fand. »Ist Simon im Labor?«, fragte er.
»Soll ich ihn holen?«
»Nein, nein, ich geh einfach hinauf, wenn es dir recht
ist.«
Natürlich, erwiderte sie, er wisse ja den Weg. Sie trat zum Schreibtisch, an dem sie gearbeitet hatte, stellte ihr Glas ab und kam zu ihm zurück. Er trank seinen Whisky aus, da er glaubte, sie wolle ihm das Glas abnehmen, doch sie drückte seinen Arm und küsste ihn auf die Wange. »Schön, dich zu sehen. Brauchst du Hilfe mit dem Computer?«
»Das schaff ich schon«, sagte er und hob das Gerät hoch, nicht gerade stolz darauf, wie bereitwillig er den Fluchtweg nahm, den sie ihm eröffnete, jedoch beruhigte er sich mit dem Gedanken, dass es Arbeit gab und dass die Arbeit Vorrang hatte, was gerade Deborah ganz bestimmt verstehen würde.
St. James' Arbeitszimmer, das so genannte Labor, an das sich Deborahs Dunkelkammer anschloss, war im vierten Stockwerk des Hauses. Oben angekommen, blieb Lynley stehen und sagte:
»Simon, stör ich?«, bevor er über den Treppenabsatz zur offenen Tür ging.
Simon St. James, der an seinem Computer saß, war in das Studium irgendeiner komplizierten Sache vertieft, die einer dreidimensionalen grafischen Darstellung glich. Das Bild veränderte sich, als er auf verschiedene Tasten tippte, und begann sich nach einigen weiteren Anschlägen seitlich um die eigene Achse zu drehen. »So was Komisches«, brummte er, dann wandte er sich der Tür zu. »Tommy! Ich dachte doch, ich hätte vorhin jemanden kommen hören.«
»Deb hat mich zu einem Glas von deinem Lagavulin eingeladen. Sie wollte hören, ob er wirklich so gut ist, wie du sagst.«
»Hervorragend. Darf ich -?«, fragte er mit einer Kopfbewegung zu dem Computer, den er trug.
»Oh, entschuldige«, sagte St. James. »Warte, ich - irgendwo finden wir hier bestimmt einen freien Platz.«
Er rollte seinen Sessel vom Computertisch zurück und schlug mit einem Metalllineal seitlich auf seine Beinschiene, als er aufstehen wollte, und das Scharnier sich nicht bewegte. »Dieses Ding macht nichts als Ärger«, schimpfte er. »Schlimmer als jede Arthritis. Sobald es draußen regnet, funktioniert es nicht mehr richtig. Zeit für eine Generalüberholung, denke ich, oder einen Besuch in Oz.«
Die Sachlichkeit, mit der er sprach, war nicht vorgetäuscht, das wusste Lynley, der selbst weit von solcher Leidenschaftslosigkeit entfernt war. Dreizehn Jahre waren seit dem verhängnisvollen Unfall vergangen, aber noch immer kostete es ihn jedes Mal, wenn er St. James' mühsame Art der Fortbewegung sah, alle Selbstbeherrschung, sich nicht in abgrundtiefer Scham von dem abzuwenden, was er dem Freund angetan hatte.
St. James machte auf dem Arbeitstisch neben der Tür Platz frei, indem er Unterlagen, Akten und wissenschaftliche Zeitschriften auf einer Seite aufeinander stapelte. »Ist mit Helen alles in Ordnung?«, fragte er beiläufig. »Sie sah ziemlich schlecht aus, als sie heute Nachmittag ging. Das heißt, eigentlich hat sie den ganzen Tag schon elend ausgesehen.«
»Heute Morgen ging es ihr gut«, antwortete Lynley und redete sich ein, dass das keine Lüge sei. Übelkeit in der Schwangerschaft war schließlich keine Krankheit im landläufigen Sinn. »Ein bisschen müde war sie vielleicht. Wir waren am Abend bei Web-«
Aber das, erinnerte er sich, war nicht die Geschichte, die seine Frau Deborah und Simon erzählt hatte. Verflixt, warum musste Helen so kreativ sein, wenn es ans Geschichtenerzählen ging!
»Nein, Moment mal. Das war vorgestern Abend, glaube ich. Herrgott noch mal, ich werfe alles durcheinander. Na ja, egal, es geht ihr jedenfalls gut. Sie hatte wahrscheinlich einfach etwas zu wenig Schlaf.«
»Hm, ja, wahrscheinlich«, meinte St. James zustimmend, aber der Blick, mit dem er Lynley ansah, war diesem gar nicht geheuer.
Draußen begann es zu regnen, die Tropfen schlugen gegen die Scheiben, und ein plötzlicher Windstoß rüttelte an den Fenstern.
»Also, was hast du mir da mitgebracht?«, fragte St. James.
»Ein bisschen Detektivarbeit.«
»Das ist doch eigentlich dein Ressort.«
»Aber hier ist besonderes Fingerspitzengefühl gefragt.«
St. James kannte Lynley seit mehr als zwanzig Jahren und hatte längst gelernt, zwischen den Zeilen zu lesen. »Wir befinden uns wohl auf dünnem Eis?«
»Nur ich«, antwortete Lynley. »Du bist auf sicherem Grund. Vorausgesetzt, du bist überhaupt bereit, mir zu helfen.«
»Sehr beruhigend«, stellte St. James trocken fest. »Ich frage mich, wieso ich das unbehagliche Gefühl habe, dass ich demnächst Blut schwitzend in einem Gerichtssaal auf der Anklagebank oder im Zeugenstand landen werde.«
»Das hast du deinem natürlichen Empfinden für Fairness und Anstand zu verdanken. Du weißt ja, dass ich diese Eigenschaft schon immer an dir bewundert habe, aber wenn man längere Zeit ständig mit Kriminellen zu tun hat, verkümmert sie leider.«
»Es geht also um einen Fall?«
»Das hast du aber nicht von mir.«
Den Blick auf den Computer gerichtet, strich sich St. James nachdenklich über die Oberlippe. Er wusste natürlich, was Lynley eigentlich mit dem Gerät hätte tun müssen. Warum er es nicht tat - nun, danach fragte man besser nicht. Er holte einmal tief Luft und sagte mit einem Kopfschütteln, das signalisierte, dass er wider besseres Wissen handelte: »Was brauchst du?«
»Alle Internetaktivitäten. Besonders ihre E-Mails.«
»Ihre?«
»Ja, du hast richtig gehört. Es ist möglich, dass sie Post von einem Internetcasanova bekommen hat, der sich Die Zunge nennt -«
»Du lieber Gott!«
»- aber wir haben nichts gefunden, als wir uns eingeloggt haben.« Er nannte St. James Eugenie Davies' Passwort, das dieser sich auf einem Zettel notierte.
»Und dieser Kerl ist das Einzige, was mich zu interessieren hat?«, fragte er.
»Dich hat alles zu interessieren, Simon. E-Mail-Eingang und -Ausgang. Recherchen, Kontakte, alles, was sie getrieben hat, wenn sie online war. Sagen wir, in den letzten zwei Monaten. Das ist doch möglich, nicht wahr?«
»Ja, meistens. Aber ein Spezialist vom Yard könnte das viel schneller für dich erledigen als ich. Außerdem könntest du dir sofort eine richterliche Verfügung besorgen, wenn du einen Provider unter Druck setzen musst.«
»Natürlich. Das weiß ich.«
»Und das veranlasst mich zu der Schlussfolgerung, dass du vermutest, in dem Ding hier« er legte seine Hand auf den Computer, »ist etwas zu finden, was jemanden, dem du das ersparen möchtest, in Schwierigkeiten bringen würde. Habe ich Recht?«
»Ja«, antwortete Lynley ruhig. »Da hast du Recht.«
»Ich hoffe, es geht nicht um dich selbst.«
»Um Himmels willen, nein.«
St. James nickte. »Dann bin ich erleichtert.« Dennoch schien ihm nicht recht wohl zu sein, und er versuchte, es zu verbergen, indem er den Kopf senkte und sich mit einer Hand den Nacken rieb. »Bei dir und Helen ist also alles in Ordnung«, sagte er schließlich nur.
Lynley begriff, in welche Richtung sich St. James' Gedanken bewegten. Eine geheimnisvolle Sie, ein Computer in Lynleys Besitz, ein Unbekannter, der in Schwierigkeiten geraten könnte, sollte seine E-MailAdresse auf dem Computerschirm erscheinen… Das alles deutete auf eine geheime Liaison hin, und es war ganz natürlich, dass St. James, der nicht nur Helens Arbeitgeber war, sondern sie seit ihrem achtzehnten Lebensjahr kannte und ihr in Freundschaft verbunden war, sie schützen wollte.
»Simon«, versicherte Lynley hastig, »es hat nichts mit Helen zu tun. Auch nicht mit mir. Ich gebe dir mein Wort darauf. Also, hilfst du mir?«
»Dann habe ich aber etwas bei dir gut, Tommy.«
»Das brauchst du mir nicht zu sagen. Ich stehe bereits so tief in deiner Schuld, dass ich dir gleich den Besitz in Cornwall überschreiben könnte, um die Sache zu erledigen.«
»Das ist ein verlockender Vorschlag.« St. James lachte. »Ich wäre immer gern ein Landjunker gewesen.«
»Du tust es also?«
»Ja, in Ordnung, aber ohne die Überschreibung. Wir wollen doch nicht daran schuld sein, dass deine Vorfahren sich im Grabe herumdrehen.«
Constable Winston Nkata wusste augenblicklich, dass die Frau Katja Wolff war, noch ehe sie überhaupt ein Wort gesprochen hatte. Aber hätte man ihn gefragt, woher er die Gewissheit nahm, so hätte er es nicht sagen können. Sicher, sie hatte den Schlüssel zur Wohnung, und von ihrer Bewährungshelferin, die er auf Inspector Lynleys Anordnung hin aufgesucht hatte, wusste er, dass sie in dieser Wohnung im Doddington Grove Estate gemeldet war. Aber das war es nicht allein, was ihn so sicher machte. Es war ihre Haltung, die Haltung einer Frau, die ständig vor unerfreulichen Begegnungen auf der Hut ist, und es war ihr Gesichtsausdruck, so verschlossen und nichts sagend, wie alle ihn zur Schau trugen, die im Gefängnis nicht auffallen wollten.
Sie blieb an der Tür stehen. Ihr Blick flog von Yasmin Edwards zu Nkata und wieder zurück zu Yasmin. »Störe ich, Yas?« Ihre Stimme war rauchig, und von dem deutschen Akzent, den Nkata erwartet hatte, war nur ein leiser Anklang zu hören. Aber sie lebte ja mittlerweile länger als zwanzig Jahre in England und hatte keinen Umgang mit deutschen Landsleuten gehabt.
»Das ist Constable Nkata von der Polizei«, sagte Yasmin, und augenblicklich war Katja Wolff in Alarmbereitschaft: ein plötzliches gespanntes Aufmerken, so subtil, dass jemand, der nicht wie Winston Nkata selbst am Rand der Legalität gelebt hatte, es wahrscheinlich nicht wahrgenommen hätte.
Katja Wolff zog ihren kirschroten Mantel aus und nahm die graue Mütze mit dem passenden knallroten Streifen ab. Unter dem Mantel trug sie einen himmelblauen Pulli, der wie Kaschmir aussah, aber so abgetragen war, dass er an den Ellbogen papierdünn war, und dazu eine graue lange Hose aus irgendeinem glatten Material, das glitzerte, wenn sie sich im Licht bewegte.
»Wo ist Dan?«, fragte sie Yasmin.
Yasmin wies zum Badezimmer. »Er wäscht die Perücken.«
»Und der Typ?«, fragte sie mit einem Blick zu Nkata.
Nkata nutzte den Moment, um das Kommando zu übernehmen. »Sie sind Katja Wolff?«
Ohne ihm zu antworten, ging sie zum Badezimmer, um Yasmin Edwards' Sohn zu begrüßen, der bis zu den Ellbogen in Seifenschaum steckte. Der Junge schaute sie über die Schulter an. Er sah ins Wohnzimmer hinüber und schaffte es, einen Moment lang Nkatas Blick einzufangen. Aber er sagte nichts. Katja Wolff machte die Badezimmertür zu und ging zu der alten Couchgarnitur, wo sie sich auf das Sofa setzte und aus einer Packung Dunhill, die auf dem Couchtisch lag, eine Zigarette nahm. Nachdem sie diese angezündet hatte, griff sie zur Fernbedienung des Fernsehers. Aber noch bevor sie das Gerät einschalten konnte, rief Yasmin sie leise beim Namen - nicht bittend, wie Nkata schien, sondern eher warnend.
Er verspürte ein plötzliches Bedürfnis, sich Yasmin Edwards genauer anzusehen; er wollte sie gern verstehen - ihre Situation hier in Kensington, die Beziehung zu ihrem Sohn, das Verhältnis zwischen ihr und der anderen Frau. Dass sie schön war, hatte er bereits wahrgenommen. Aber er verstand ihren Zorn nicht und auch nicht die Angst, die sie so krampfhaft zu verbergen suchte. Er hätte gern gesagt, dass sie keine Angst haben müsse, aber das wäre natürlich absurd gewesen.
Er wandte sich Katja Wolff zu. »In der Wäscherei oben in der Kensington High Street wurde mir gesagt, dass Sie heute nicht zur Arbeit gekommen sind.«
»Mir war heute Morgen nicht gut«, erklärte sie. »Den ganzen Tag nicht. Ich war gerade in der Apotheke. Das verstößt ja wohl nicht gegen das Gesetz.« Sie zog an ihrer Zigarette, während sie ihn schweigend musterte.
Nkata fing Yasmins Blick auf, der zwischen ihm und ihrer Freundin hin und her flog. Sie hielt die Hände vor ihrem Körper gefaltet, genau auf der Höhe ihres Geschlechts, als wollte sie es verdecken.
»Sie sind mit dem Auto zur Apotheke gefahren?«, fragte er Katja Wolff.
»Ja, und?«
»Sie haben ein eigenes Auto?«
»Wieso interessiert Sie das?«, fragte Katja Wolff. »Sind Sie hergekommen, um mich zu bitten, Sie irgendwohin zu fahren?« Ihr Englisch war perfekt, so beeindruckend wie die Frau selbst.
»Haben Sie ein Auto, Miss Wolff?«, wiederholte er geduldig.
»Nein. Sie stellen bedingt Entlassenen keine fahrbaren Untersätze zur Verfügung, was ich persönlich schade finde, besonders für diejenigen, die wegen bewaffneten Raubüberfalls sitzen. Zu wissen, dass man in Zukunft zu Fuß vom Tatort abhauen muss, das muss doch ziemlich niederschmetternd sein. Für jemanden wie mich hingegen . « Sie klopfte die Asche ihrer Zigarette am Rand eines Keramikaschenbechers ab, der die Form eines Kürbisses hatte. »Um in einer Wäscherei zu arbeiten, braucht man nun wirklich kein Auto. Man braucht lediglich eine hohe Toleranz für Langeweile und brütende Hitze.«
»Es ist also nicht Ihr Wagen?«
Yasmin ging durch das Zimmer und setzte sich neben Katja Wolff auf das Sofa. Nachdem sie ein paar Illustrierte und Boulevardzeitungen auf dem Couchtisch mit den schmiedeeisernen Beinen zu ordentlichen Häufchen zusammengeschoben hatte, legte sie Katja ihre Hand aufs Knie und sah Nkata ruhig an.
»Was wollen Sie von uns, Mann?«, fragte sie. »Entweder Sie kommen endlich zur Sache, oder Sie verschwinden.«
»Haben Sie ein Auto, Mrs. Edwards?«, fragte Nkata.
»Und wenn?«
»Würd ich's mir gern anschauen.«
»Warum?«, fragte Katja. »Mit wem wollen Sie eigentlich sprechen, Constable?«
»Darauf kommen wir noch früh genug«, erwiderte Nkata. »Wo ist der Wagen?«
Die beiden Frauen blieben einen Moment reglos sitzen, während Wasserrauschen aus dem Badezimmer darauf schließen ließ, dass Daniel nun die gewaschenen Perücken zu spülen begann. Katja Wolff brach schließlich das Schweigen, und sie tat es mit einer Selbstsicherheit, die zeigte, dass sie die vergangenen zwanzig Jahre genutzt hatte, um sich über ihre Rechte gegenüber der Polizei genauestens zu informieren.
»Haben Sie eine richterliche Verfügung? Für irgendetwas?«
»Ich dachte nicht, dass ich eine brauchen würde. Ich hatte eigentlich nur ein Gespräch im Sinn.«
»Ein Gespräch über Yasmins Auto?«
»Aha! Es ist also Mrs. Edwards' Auto! Wo steht es?« Nkata bemühte sich, keinen Triumph zu zeigen. Katja Wolff errötete dennoch, vielleicht weil sie erkannte, dass sie sich in ihrer Abneigung und ihrem Misstrauen gegenüber Nkata selbst ein Bein gestellt hatte.
»Was, zum Teufel, soll das alles, Mann?«, fuhr Yasmin ihn an, aber ihre Stimme war beinahe schrill, und die Hand auf Katja Wolffs Knie verkrampfte sich. »Sie brauchen eine richterliche Verfügung, wenn Sie mein Auto filzen wollen!«
Nkata entgegnete: »Ich will es nicht filzen, Mrs. Edwards, nur anschauen.«
Die Frauen tauschten einen kurzen Blick, dann stand Katja Wolff auf und ging in die Küche. Türen wurden geöffnet und zugeschlagen, ein Wasserkessel knallte klirrend auf einen Gasring, eine Flamme zischte.
Yasmin blieb sitzen. Es war, als wartete sie auf ein Zeichen aus der Küche. Als sie keines erhielt, stand sie auf und nahm von einem Haken neben der Wohnungstür einen Schlüssel.
»Dann kommen Sie«, sagte sie zu Nkata, und trotz der Witterung ging sie ohne Mantel voraus ins Freie. Katja Wolff blieb in der Wohnung zurück.
Mit langen Schritten, scheinbar ohne Rücksicht darauf, ob der Polizeibeamte ihr folgte oder nicht, eilte sie zum Aufzug. Bei jeder Bewegung klimperten die perlendurchwirkten langen Zöpfe, die ihr über die Schultern reichten. Es war eine Musik, die hypnotisierte, und Nkata konnte sich die Wirkung, die sie auf ihn hatte, nicht erklären. Zuerst spürte er die Reaktion im Hals, dann hinter den Augen und schließlich in der Brust. Er schüttelte sich, wehrte sich dagegen, indem er zum Parkplatz hinunterschaute, dann zur anderen Straßenseite hinüber, wo eine Heimgartenanlage zu sein schien, schließlich die Manor Place entlang, deren Häuser größtenteils leer und verwahrlost waren.
Im Aufzug sagte er: »Sind Sie hier aufgewachsen?«
Sie durchbohrte ihn mit steinernem Blick, ohne ein Wort zu sagen, bis er schließlich wegsah und sein Blick auf die Worte »Fick mich, bis die Heide wackelt« fiel, die jemand an die Aufzugswand geschmiert hatte. Ihm fiel sofort seine Mutter ein; die hätte so eine obszöne Schmiererei in ihrem Umfeld so wenig geduldet wie Schimpfworte. Sie wäre wie der Blitz mit dem Nagellackentferner angeruckt, um den Satz zu löschen, noch ehe er richtig trocken gewesen wäre. Als er sie sich in ihrer Entrüstung vorstellte, seine Mutter, die es geschafft hatte, in einer Gesellschaft, die zuerst die Hautfarbe wahrnahm und dann erst den Menschen, ihre Würde zu bewahren, musste Nkata lächeln.
Yasmin sagte: »Sie mögen's, wenn die Frauen vor Ihnen kuschen müssen, hm? Sind Sie deshalb zu den Bullen gegangen?«
Er hätte ihr gern gesagt, sie solle dieses höhnische Grinsen lassen, nicht weil es ihr Gesicht entstellte und die Narbe an ihrer Lippe in die Breite zog, sondern weil sie so verängstigt aussah mit diesem Ausdruck im Gesicht. Und Furcht war auf der Straße der Feind jeder Frau.
»Nein«, sagte er. »Ich musste gerade an meine Mutter denken.«
»Ach was!« Sie verdrehte die Augen. »Gleich werden Sie mir sagen, dass ich Sie an sie erinnere, was?«
Nkata lachte laut heraus bei dem Gedanken. »Ganz bestimmt nicht«, entgegnete er immer noch lachend.
Sie kniff die Augen zusammen. Die Aufzugtür öffnete sich schleppend. Sie traten aus der Kabine.
Auf dem Parkplatz hinter einem Streifen welken Rasens standen ein paar Autos, die einiges darüber aussagten, in was für wirtschaftlichen Verhältnissen die Leute in der Siedlung lebten. Yasmin Edwards führte Nkata zu einem Ford Fiesta, dessen hintere Stoßstange so schief hing, als hätte sie einen schweren Schlag erhalten. Der Wagen war einmal rot gewesen, inzwischen hatte Rost fast überall die Farbe gefressen. Langsam ging Nkata um den Wagen herum. Der rechte vordere Scheinwerfer hatte einen Sprung, sonst war, abgesehen von der hinteren Stoßstange, alles in Ordnung.
Er kauerte vor dem Auto nieder und leuchtete mit seiner Taschenlampe unter das Chassis. Dann ging er nach hinten und wiederholte die Inspektion. Er ließ sich Zeit. Yasmin Edwards stand schweigend dabei, die Arme fröstelnd um ihren Oberkörper geschlungen, den das kurze Sommertop kaum vor dem Wind und dem Regen schützte, die eingesetzt hatten.
Als Nkata die Prüfung des Wagens abgeschlossen hatte, richtete er sich auf. »Was ist mit dem Scheinwerfer passiert?«, fragte er.
»Mit welchem Scheinwerfer?« Sie ging am Auto entlang nach vorn und sah sich den Scheinwerfer an. »Keine Ahnung«, sagte sie dann, und zum ersten Mal, seit sie gehört hatte, wer Nkata war, wirkte sie nicht aggressiv, als sie mit den Fingerspitzen über den gezackten Sprung im Glas strich. »Die Lichter funktionieren noch, darum ist es mir nicht aufgefallen.« Sie fröstelte jetzt stärker. Nkata zog seinen Mantel aus. »Hier«, sagte er und reichte ihn ihr. Sie nahm ihn.
Er wartete, bis sie den Mantel übergezogen und fest um sich gewickelt hatte und er sah, wie sie dastand, geschützt vom hochgestellten Kragen, der einen gerundeten Schatten auf ihre dunkle Haut warf. Dann sagte er: »Sie benutzen den Wagen beide, nicht wahr? Sie und Katja Wolff.«
Und noch ehe er zu Ende gesprochen hatte, riss sie sich den Mantel herunter und schleuderte ihn Nkata hin. Wenn es einen Moment ohne Feindseligkeit zwischen ihnen gegeben hatte, so hatte er ihn augenblicklich wieder zerstört.
Sie sah zu ihrer Wohnung hinauf, wo Katja Wolff in der Küche Tee kochte. Dann richtete sie den Blick auf Nkata und sagte ruhig, die Arme wieder um ihren Oberkörper geschlungen: »Ist das alles, was Sie von uns wollen, Mann?«
»Nein«, antwortete er. »Wo waren Sie gestern Abend, Mrs. Edwards?«
»Hier? Wo sonst? Ich habe einen Sohn, der seine Mutter braucht, wie Ihnen vielleicht aufgefallen sein wird.«
»Und Miss Wolff war auch hier?«
»Ganz recht«, sagte sie. »Katja war auch hier.« Aber es schwang bei dieser Behauptung etwas mit, das nahe legte, dass sie nicht der Wahrheit entsprach.
Wenn jemand lügt, verändert sich immer irgendetwas an ihm. Nkata hatte das schon hunderte von Malen gehört. Horchen Sie auf das Timbre der Stimme, hatte man ihn gelehrt. Beobachten Sie die Pupillen, die Bewegungen des Kopfes. Achten Sie darauf, ob sich die Schultern anspannen oder lockern, ob sich die Muskeln am Hals verkrampfen. Achten Sie auf jede kleinste Veränderung, und Sie werden erfahren, wie der Sprecher zur Wahrheit steht.
Er sagte: »Ich brauche noch ein paar Informationen«, und wies mit einer Kopfbewegung nach oben.
»Ich habe Ihnen Informationen gegeben.«
»Ja, ich weiß.« Er ging zum Aufzug, und sie fuhren schweigend hinauf. Doch das Schweigen schien Nkata voller Spannung, einer Spannung allerdings, die mit der zwischen Mann und Frau, Bulle und Verdächtiger, ehemaliger Strafgefangener und möglichem Gefängniswärter nichts zu tun hatte.
»Sie war hier«, sagte Yasmin Edwards endlich. »Aber Sie glauben mir nicht, weil Sie mir nicht glauben dürfen. Denn wenn Sie rausgekriegt haben, wo Katja wohnt, dann haben Sie auch den Rest rausgekriegt, und wissen, dass ich gesessen habe, und für die Bullen ist jeder, der im Knast war, automatisch ein Lügner. Stimmt's nicht, Mann?«
Er stand schon vor ihrer Wohnungstür. Sie schob sich an ihm vorbei und versperrte ihm den Weg. »Fragen Sie sie, was sie gestern Abend getan hat«, sagte sie. »Fragen Sie, wo sie war. Sie wird Ihnen sagen, dass sie hier war. Und damit Sie nicht auf die Idee kommen, ich misch da irgendwie mit, bleib ich inzwischen hier draußen.«
Nkata sagte: »Meinetwegen. Aber wenn Sie wirklich hier draußen bleiben wollen, dann ziehen Sie den hier über«, und er legte ihr seinen Mantel um die Schultern und klappte den Kragen hoch, damit ihr Hals vor dem Wind geschützt war. Sie zuckte vor ihm zurück. Er hätte am liebsten gefragt: Warum sind Sie so geworden, Yasmin Edwards?, aber er sagte nichts und ging in die Wohnung, um mit Katja Wolff zu sprechen.