5

Major Ted Wiley dachte nicht an Polizei, als drüben auf der anderen Straßenseite der silberne Bentley anhielt. Er stand in seiner Buchhandlung an der Kasse, um den Einkauf einer jungen Frau mit schlafendem Kind im Buggy abzurechnen, und anstatt der Luxuskarosse, die außerhalb der Regattasaison in der Friday Street parkte, nähere Aufmerksamkeit zu schenken, begann er mit der jungen Frau ein Gespräch. Die vier Bücher von Dahl, die sie offensichtlich nicht für sich selbst ausgesucht hatte, schienen ihm Beweis dafür, dass sie zu den wenigen modernen jungen Eltern gehörte, die erkannten, wie wichtig es war, einem Kind so früh wie möglich das Lesen nahe zu bringen. Dies war neben den Gefahren des Rauchens eines von Teds Lieblingsthemen. Er und seine Frau hatten ihren drei Töchtern regelmäßig vorgelesen - andere Möglichkeiten des abendlichen Zeitvertreibs hatte es damals in Rhodesien für Kinder allerdings auch kaum gegeben -, und er sagte sich gern, dass diese frühe Einführung in die Literatur, die er und Connie ihren Töchtern hatten angedeihen lassen, sich unter anderem in Respekt vor dem geschriebenen Wort und dem Willen, nur an einer erstklassigen Universität zu studieren, niedergeschlagen hatte.

Er freute sich deshalb, als er diese junge Mutter mit einem ganzen Stapel Kinderbücher zur Kasse kommen sah, und erkundigte sich sogleich, ob man ihr als Kind auch vorgelesen habe? Ob ihr Kleiner denn schon eine Lieblingsgeschichte habe; ob es nicht erstaunlich sei, wie rasch Kinder sich für eine Geschichte begeisterten, die man ihnen einmal vorgelesen hatte, und wie sie sie immer wieder zu hören verlangten.

Den silbernen Bentley nahm er nur beiläufig wahr und dachte bei seinem Anblick ebenso beiläufig nichts weiter als: ein toller Wagen. Erst als die Insassen ausstiegen und den Weg zu Eugenies Haus einschlugen, verabschiedete er sich freundlich von seiner Kundin und trat näher zum Fenster, um die Fremden zu beobachten.

Sie waren ein seltsames Paar. Der Mann, groß, blond, sportlich, trug einen dieser edlen Anzüge, die, wie ein erstklassiger Wein, mit den Jahren immer nobler werden. Seine Begleiterin, klein und pummelig, hatte rote Baseballstiefel an, eine schwarze Hose und einen voluminösen dunkelblauen Kolani, der ihr bis zu den Knien reichte. Noch ehe sie die Wagentür hinter sich zugeschlagen hatte, zündete sie sich eine Zigarette an, was Ted veranlasste, angewidert die Lippen zu kräuseln - die Tabakhersteller dieser Welt würden garantiert auf ewig in der Hölle schmoren -, der Mann jedoch hielt direkt auf Eugenies Haustür zu.

Ted wartete, glaubte, er würde anklopfen. Aber das tat er nicht. Während seine Begleiterin hektisch an ihrer Zigarette zog, betrachtete der Mann prüfend einen Gegenstand in seiner Hand, den Schlüssel zu Eugenies Haus, wie sich zeigte, als er das Objekt ins Schloss schob. Die Tür öffnete sich, und nach einer kurzen Bemerkung des Mannes zu seiner Begleiterin trat das Paar ins Haus.

Ted war schockiert. Erst nachts um eins dieser unbekannte Mann, dann gestern Abend derselbe Mann auf dem Parkplatz, eindeutig, um Eugenie abzupassen, und nun diese beiden Fremden im Besitz eines Schlüssels zum Haus. Ihm war klar, dass er sofort eingreifen musste.

Er sah sich im Laden um. Zwei Kunden waren noch da. Der alte Mr. Horsham - so nannte Ted ihn, weil er so froh war, dass es in Henley jemanden gab, der älter war als er - hatte einen Band über Ägypten vom Bord genommen, schien aber eher sein Gewicht als seinen Inhalt zu prüfen, und Mrs. Dilday las wie gewohnt ein weiteres Kapitel eines Buchs, das sie nicht zu kaufen gedachte. Es gehörte zu ihrem täglichen Ritual, einen Bestseller auszuwählen und sich mit ihm unauffällig in den hinteren Teil des Ladens zurückzuziehen, wo es bequeme Sessel gab. Wenn sie dann ein oder zwei Kapitel gelesen hatte, pflegte sie die Stelle mit einer alten Rechnung vom Supermarkt einzumerken und das Buch unter den antiquarischen Bänden von Salman Rushdie zu verstecken, wo es - dem Geschmack der Bürger von Henley sei Dank - nicht bemerkt werden würde.

Beinahe zwanzig Minuten wartete Ted darauf, dass seine beiden Kunden endlich das Feld räumen würden und er sich einen Grund ausdenken könnte, ins Haus gegenüber zu laufen. Als der alte Horsham endlich für einen lohnenden Betrag das Ägyptenbuch erstand und mit der Bemerkung »Ich war dort an der Front« zwei Zwanzigpfundnoten aus einer Brieftasche zog, die ihrem Aussehen nach mit ihrem Eigentümer zusammen »dort an der Front« gewesen war, begann Ted Hoffnung zu schöpfen. Aber sein Blick auf Mrs. Dilday machte diese gleich wieder zunichte. Wie festgemauert saß die alte Dame in ihrem Lieblingssessel, zu allem Überfluss auch noch mit einer Thermosflasche Tee versehen, und las und trank so still vergnügt vor sich hin, als wäre sie bei sich zu Hause.

Haben Sie noch nie was von öffentlichen Bibliotheken gehört, hätte Ted am liebsten zu ihr gesagt. Aber er begnügte sich damit, abwechselnd Mrs. Dilday zu beobachten und mit telepathischen Marschbefehlen zu bombardieren, und zum Fenster hinauszuschauen, um vielleicht etwas über die Leute zu erfahren, die in Eugenies Haus waren.

Als er sich gerade dem Wunschtraum hingab, Mrs. Dilday würde tatsächlich den Roman kaufen und nach Hause gehen, um ihn zu lesen, klingelte das Telefon. Ohne den Blick von Eugenies Haus abzuwenden, griff er, nach dem Hörer suchend, hinter sich und hob ab, als es zum fünften Mal klingelte.

»Wileys Buchhandlung«, sagte er, und eine Frau fragte: »Wer spricht bitte?«

»Major Ted Wiley«, antwortete er. »Im Ruhestand. Und wer sind Sie bitte?«

»Sind Sie der Einzige, der diesen Anschluss benutzt, Sir?«

»Wie bitte? Sind Sie von der Telefongesellschaft? Gibt es ein Problem?«

»Wir haben über eins-vier-sieben-eins festgestellt, dass Sie der Letzte waren, der diesen Anschluss hier, von dem aus ich spreche, angerufen hat. Er ist auf Eugenie Davies eingetragen.«

»Das ist richtig. Ich habe sie heute Morgen angerufen«, sagte Ted, bemüht, ruhig zu bleiben. »Wir sind zum Abendessen verabredet.« Und dann musste er die Frage doch stellen, obwohl er die Antwort schon wusste. »Ist etwas nicht in Ordnung? Ist etwas passiert? Bitte sagen Sie mir, wer Sie sind.«

Er hörte gedämpft, dass die Frau mit einer anderen Person im Raum sprach, konnte aber nicht verstehen, was, da sie die Sprechmuschel offenbar zudeckte. Dann sagte sie: »Metropolitan Police, Sir.«

Metropolitan… das hieß London. Plötzlich sah Ted es ganz deutlich vor sich: Eugenie in Finsternis und strömendem Regen in ihrem kleinen Polo auf der Fahrt nach London. Trotzdem fragte er: »Londoner Polizei?«

»Ja«, bestätigte die Frau am Telefon. »Darf ich fragen, wo Sie gerade sind, Sir?«

»Gegenüber von Mrs. Davies' Haus. In der Buchhandlung -«

Weitere unverständliche Beratungen. Dann: »Würden Sie freundlicherweise hier herüberkommen, Sir? Wir haben ein, zwei Fragen.«

»Ist denn etwas .« Ted brachte es kaum über sich, die Worte auszusprechen, aber sie mussten gesagt werden, wenn auch nur deshalb, weil die Polizei sie ganz sicher erwartete. »Ist Mrs. Davies etwas zugestoßen?«

»Wir können auch zu Ihnen kommen, wenn Ihnen das besser passt.«

»Nein, nein. Ich komme sofort. Ich muss nur noch den Laden schließen, dann -«

»Gut, Major Wiley. Wir werden noch eine Weile hier sein.«

Ted ging nach hinten, um Mrs. Dilday mitzuteilen, dass ein Notfall ihn zwinge, den Laden vorübergehend zu schließen.

»Ach, du meine Güte«, sagte sie. »Es ist doch hoffentlich nichts mit Ihrer Mutter?« Und das war in der Tat der Notfall, der am plausibelsten schien: der Tod seiner Mutter, obwohl sie mit ihren neunundachtzigjahren und trotz eines Schlaganfalls quicklebendig war.

»Nein, nein«, antwortete er. »Es ist nur - ich muss dringend etwas erledigen.«

Sie musterte ihn scharf mit zusammengekniffenen Augen, gab sich dann aber mit dieser vagen Auskunft zufrieden. Nervös wartete Ted, während sie ihren Tee austrank, in ihren Wollmantel schlüpfte, ihre Handschuhe überzog und - ohne den geringsten Versuch, irgendetwas zu vertuschen - den Roman, den sie gerade las, hinter eine Ausgabe der Satanischen Verse schob.

Sobald sie weg war, lief Ted nach oben in seine Wohnung. Sein Herz war außer Rand und Band, bald flatterte es, bald hämmerte es schmerzhaft, und er merkte, wie ihm schwindlig wurde. Mit dem Schwindelgefühl stellten sich Stimmen ein, so lebendig, dass er sich in der Erwartung, tatsächlich jemanden im Zimmer zu sehen, hastig umdrehte.

Zuerst noch einmal die Stimme der fremden Anruferin: »Metropolitan Police. Wir haben ein, zwei Fragen.«

Dann Eugenies Stimme: »Wir werden miteinander sprechen. Es muss so vieles gesagt werden.«

Und danach sprach unerklärlicherweise Connie zu ihm, Connie, die ihn besser gekannt hatte als jeder andere Mensch: »Du kannst es mit jedem Mann aufnehmen, Ted Wiley.«

Warum jetzt?, fragte er sich. Warum sprach Connie gerade jetzt zu ihm?

Aber eine Antwort gab es nicht. Nur die Frage blieb. Und das, was im Haus gegenüber wartete und durchgestanden werden musste.


Während Lynley die Briefe durchsah, die er dem Pappmacheeständer in der Küche entnommen hatte, stieg Barbara Havers über eine schmale Treppe in die erste Etage des kleinen Hauses hinauf. Vom Treppenabsatz, der kaum eine Körperdrehung erlaubte, gingen zwei Zimmer, klein wie Kammern, und ein altmodisches Badezimmer ab. Die beiden Räume waren so spartanisch eingerichtet wie das Wohnzimmer; im Ersten gab es genau drei Möbelstücke: ein schmales Bett mit einem schlichten Überwurf, eine Kommode und einen Nachttisch, den eine weitere Lampe mit Fransenschirm zierte. Der zweite Raum diente als Nähzimmer. In ihm stand das neben dem Anrufbeantworter einzige moderne Gerät im Haus, eine Nähmaschine, neben der ein ansehnlicher Stapel winziger Kleidungsstücke lag. Puppenkleider, wie Barbara bei Durchsicht feststellte, alle mit Liebe entworfen und mit Liebe gearbeitet. Puppen allerdings waren nirgends zu sehen, weder im Näh- noch im Schlafzimmer nebenan.

Dort nahm Barbara sich als Erstes die Kommode vor. Was sie an Wäsche und anderen Kleidungsstücken darin fand, war - selbst an ihren Maßstäben gemessen - armselig: abgetragene Schlüpfer, ausgeleierte Büstenhalter, ein paar Pullis, ein kleines Häufchen Strumpfhosen. Da es keinen Kleiderschrank gab, hatten auch die wenigen Röcke, langen Hosen und Kleider, die die Frau ihr Eigen genannt hatte, säuberlich gefaltet in der Kommode Platz gefunden.

Ganz hinten in der Schublade mit den Hosen und Röcken entdeckte Barbara ein Bündel Briefe. Sie holte es heraus, nahm das Gummiband ab, das es zusammenhielt, und breitete die Briefe auf dem Bett aus. Alle waren von derselben Hand geschrieben. Sie wollte ihren Augen nicht trauen. Sie kannte diese schwarzen, energischen Schriftzüge!

Die Briefe waren alt. Die Poststempel auf den Umschlägen zeigten Daten, die bis zu siebzehn Jahren zurücklagen, das letzte Datum etwas mehr als zehn Jahre. Sie nahm den Brief zur Hand und zog das Schreiben aus dem Umschlag.

Er nannte sie »Eugenie, meine Liebste«. Er schrieb, er wisse nicht, wie er beginnen solle, und schrieb genau das, was Männer immer schreiben oder sagen, wenn sie behaupten, nach schwerem Ringen zu dem Entschluss gelangt zu sein, der von Beginn an feststand: Sie dürfe niemals daran zweifeln, dass er sie mehr als sein Leben liebe; sie solle wissen und niemals vergessen, dass er sich in den mit ihr verbrachten Stunden zum ersten Mal seit langem wieder lebendig gefühlt habe - wahrhaft und wunderbar lebendig, du, meine Liebste!

Barbara verdrehte gequält die Augen. Sie ließ den Brief sinken und nahm sich einen Moment Zeit, um seinen Inhalt und die Tragweite ihres Funds zu bedenken. Weiter lesen oder nicht, Barb?, fragte sie sich. Wenn ja, würde sie sich irgendwie unsauber fühlen, wenn nein, unprofessionell.

Sie las wieder weiter. Er war, las sie, mit der Absicht nach Hause gefahren, seiner Frau alles zu sagen. Er hatte seinen Mut hochgeschraubt, so weit es ging - Barbara schnitt eine Grimasse über diese Anleihe bei Shakespeare -, und sich Eugenies Bild fest vor Augen gehalten, damit es ihm die Kraft gäbe, einer Frau, der man nichts vorwerfen konnte, einen vielleicht tödlichen Schlag zu versetzen. Aber er habe sie krank vorgefunden - »Eugenie, Liebste« -, die Art der Erkrankung könne er in einem Brief nicht beschreiben, aber bei ihrem nächsten Wiedersehen würde er ihr alles bis ins letzte hoffnungslose Detail erklären. Das solle auf keinen Fall heißen, dass sie nicht am Ende doch noch zusammenkommen würden, dass sie etwa keine gemeinsame Zukunft hätten. Es solle vor allem nicht heißen, dass das, was zwischen ihnen gewesen war, keine Bedeutung habe. Dem sei gewiss nicht so.

»Warte auf mich«, schloss er. »Ich bitte dich. Ich werde zu dir kommen, Liebste.« Und unterschrieben war der Brief mit dem Krakel, den Barbara seit Jahren kannte, von Rundschreiben, Weihnachtskarten, Dienstanweisungen, Aktennotizen.

Wenigstens weiß ich jetzt, warum ich auf dem Fest bei Webberly so ein ungutes Gefühl hatte, dachte sie, als sie den Brief wieder in den Umschlag steckte. Dieses ganze herzliche Getue, um fünfundzwanzig Jahre Heuchelei zu feiern.

»Havers?« An der Tür stand Lynley, die Brille auf der Nasenspitze, in der Hand eine Grußkarte. »Hier haben wir etwas, das zu einer der telefonischen Nachrichten passt. Was haben Sie gefunden?«

»Tauschen wir«, sagte sie und reichte ihm den Brief.

Die Karte, die er ihr dafür gab, war von einer Person namens Lynn. Der Umschlag trug einen Londoner Poststempel, aber keinen Absender. Der Text war kurz:

Vielen Dank für die schönen Blumen, liebe Eugenie, und dein Kommen, das mir sehr viel bedeutet hat. Das Leben geht weiter, das weiß ich. Aber es wird natürlich nie wieder so sein wie früher.

Herzlichst, Lynn.

Barbara sah sich das Datum an: Das Schreiben war gerade eine Woche alt. Sie stimmte Lynley zu; der Tenor legte nahe, dass es von der Frau kam, die die Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hatte.

»O verdammt!« Das war Lynleys Reaktion auf den Brief, den er von Barbara bekommen hatte. Er wies zu den übrigen Briefen auf dem Bett. »Und die?«

»Auch alle von ihm, Inspector, jedenfalls nach der Handschrift auf den Umschlägen zu urteilen.«

Barbara beobachtete Lynleys Mienenspiel. Sie wusste, dass er dasselbe dachte wie sie: Hatte Webberly gewusst, dass diese - für ihn so peinlichen und möglicherweise vernichtenden Briefe - sich noch in Eugenie Davies' Besitz befanden? Hatte er es bloß vermutet und befürchtet? Und hatte er Lynley - und damit Havers, die stets mit diesem zusammenarbeitete - in den Fall eingeschaltet, um die Möglichkeit zum Eingreifen zu haben?

»Glauben Sie, dass Leach von den Briefen weiß?«, fragte Barbara.

»Er hat Webberly angerufen, sobald er wusste, wer die Tote war, auch wenn sie noch nicht amtlich identifiziert war. Um ein Uhr morgens! Was schließen Sie daraus, Havers?«

»Und wen hat er heute Morgen nach Henley abkommandiert?« Barbara ergriff den Brief, den Lynley ihr hinhielt. »Was tun wir jetzt, Sir?«

Lynley trat ans Fenster und sah hinaus. Barbara beobachtete ihn schweigend, während sie auf die Standardantwort wartete. Sie hatte die Frage im Grunde nur der Form halber gestellt.

»Wir nehmen sie mit«, sagte er.

Sie stand auf. »Die Plastikbeutel für die Beweismittel sind hinten im Kofferraum, richtig? Ich hol -«

»Nein, nein, so war das nicht gemeint«, unterbrach Lynley.

»Wie denn?«, fragte Barbara. »Sie sagten doch eben, dass wir sie -«

»Ja, natürlich, wir nehmen sie an uns.« Er wandte sich vom Fenster ab.

Barbara starrte ihn ungläubig an. Sie wollte nicht daran denken, was seine Worte bedeuteten. Natürlich, wir nehmen sie an uns. Nicht: Wir schieben sie in einen Plastikbeutel, versiegeln und registrieren ihn, Havers. Nicht: Gehen Sie vorsichtig mit ihnen um, Barbara. Nicht: Wir werden sie auf Fingerabdrücke überprüfen lassen - von einem Dritten, der sie vielleicht gefunden oder gelesen hat und von Eifersucht gepackt wurde, obwohl sie so alt sind, und der sich rächen wollte…

»Moment mal, Inspector«, sagte sie. »Sie meinen doch nicht im Ernst -«

Aber weiter kam sie nicht. In diesem Moment klopfte es unten.

Lynley machte die Haustür auf und sah sich einem alten Herrn in einer Barbour-Jacke und mit einer Schirmmütze gegenüber, der, die Hände tief in den Taschen, auf dem Bürgersteig vor dem Haus stand. Das gut durchblutete Gesicht war von einem Netz geplatzter Äderchen gezeichnet, und die Nase hatte jenen Rotton, der sich im Laufe der Zeit zu Violett vertiefen würde. Lynley fielen vor allem die Augen auf- blau, mit scharfem, misstrauischem Blick.

Er sei Major Ted Wiley, sagte er. »Jemand von der Polizei - ich nehme an, Sie gehören dazu? Man hat mich angerufen…?«

Lynley bat ihn ins Haus. Er stellte erst sich vor und dann Barbara Havers, die gerade herunterkam, als Wiley zaghaft ins Zimmer trat. Der alte Herr sah sich um, blickte zur Treppe, hob die Augen dann zur Zimmerdecke, als hoffte er zu ergründen, was Barbara Havers im oberen Stockwerk gesucht und vielleicht gefunden hatte.

»Was ist denn passiert?« Wiley machte keine Anstalten abzulegen.

»Sie sind ein Freund von Mrs. Davies?«, fragte Lynley.

Wiley antwortete nicht gleich. Es schien beinahe, als überlegte er, was genau das Wort Freund im Rahmen seiner Beziehung zu Eugenie Davies bedeutete. Schließlich sagte er mit einem Blick von Lynley zu Havers und wieder zurück zu Lynley: »Ihr ist etwas zugestoßen. Sonst wären Sie nicht hier.«

»Die letzte Nachricht auf Mrs. Davies' Anrufbeantworter war von Ihnen, nicht wahr? Sie sprachen von Plänen für heute Abend«, sagte Barbara, die an der Treppe stehen geblieben war.

»Wir wollten -« Wiley verbesserte sich abrupt. »Wir wollen heute Abend zusammen essen. Sie sagte - Sie beide sind von der Londoner Polizei, und sie ist gestern Abend mit dem Wagen nach London gefahren. Es ist ihr offensichtlich etwas zugestoßen. Bitte sagen Sie es mir.«

»Nehmen Sie doch erst einmal Platz, Major Wiley«, meinte Lynley. Wiley wirkte nicht gebrechlich, aber man konnte nicht wissen, wie es um sein Herz oder seinen Blutdruck stand. Lynley wollte kein Risiko eingehen.

»Gestern Abend hat es in Strömen geregnet«, bemerkte Wiley, sich erinnernd. »Ich habe mit ihr darüber gesprochen, wie unangenehm es ist, bei starkem Regen Auto zu fahren. Und bei Dunkelheit. Dunkelheit allein ist schon übel genug. Regen macht es noch schlimmer.«

Barbara entfernte sich von der Treppe und trat zu Wiley. Sie nahm ihn beim Arm. »Setzen Sie sich doch, Major.«

»Es ist was Schlimmes«, sagte er.

»Leider ja«, bestätigte Lynley.

»Auf der Schnellstraße? Sie hat mir versprochen, vorsichtig zu sein. Sie sagte, ich solle mir keine Sorgen machen. Wir wurden heute Abend miteinander reden. Sie wollte mit mir reden.« Er hielt den Blick auf den Couchtisch vor dem Sofa gerichtet, auf das Barbara ihn sanft, aber bestimmt hinuntergedrückt hatte. Sie setzte sich neben ihn, auf die äußerste Kante.

Lynley nahm den Sessel. »Es tut mir Leid, Ihnen das mitteilen zu müssen«, sagte er behutsam, »aber Eugenie Davies ist gestern Abend ums Leben gekommen.«

Wie in Zeitlupe drehte Wiley den Kopf, um Lynley anzusehen.

»Die Schnellstraße«, sagte er. »Der Regen. Ich wollte nicht, dass sie fährt.«

Lynley ließ ihn fürs Erste in dem Glauben, sie sei das Opfer eines Unfalls auf der Schnellstraße geworden. Die BBC hatte in den Morgennachrichten von der Fahrerflucht berichtet, aber Eugenie Davies' Name war nicht erwähnt worden, da ihr Leichnam zu diesem Zeitpunkt noch nicht amtlich identifiziert und ihre Familie noch nicht ausfindig gemacht worden war.

»Sie ist also nach Einbruch der Dunkelheit losgefahren?«, fragte Lynley. »Wissen Sie, um welche Zeit?«

»Halb zehn, glaube ich«, antwortete Wiley tonlos. »Wir kamen von der Kirche -«

»Abendgottesdienst?« Barbara hatte ihr Heft herausgezogen und notierte sich die Angaben.

»Nein, nein«, entgegnete Wiley. »Um die Zeit war kein Gottesdienst. Sie war hineingegangen… um zu beten, vermute ich. Genau weiß ich es nicht, weil…« Er nahm plötzlich die Mütze ab, als befände er sich selbst in der Kirche, und hielt sie in beiden Händen. »Ich bin nicht mit ihr hineingegangen. Ich hatte meinen Hund mit, meinen Golden Retriever. P. B., so heißt sie. Wir haben auf dem Friedhof gewartet.«

»Im Regen?«, fragte Lynley.

Wiley drehte die Mütze zusammen. »Hunden macht Regen nichts aus. Und sie musste noch mal raus. P. B., meine ich.«

»Können Sie uns sagen, warum Mrs. Davies nach London fahren wollte?«, fragte Lynley.

Wiley drehte die Mütze noch fester zusammen. »Sie sagte, sie hätte eine Verabredung.«

»Wissen Sie, mit wem? Und wo?«

»Nein. Sie sagte nur, wir würden heute Abend miteinander sprechen.«

»Über die Verabredung?«

»Ich weiß es nicht. Lieber Gott, ich weiß es doch nicht.« Ted Wileys Stimme drohte zu brechen, aber er war nicht umsonst ein ehemaliger Major. Innerhalb von Sekunden hatte er sich wieder im Griff. »Wie ist es passiert?«, fragte er. »Wo? Ist sie ins Schleudern gekommen? Mit einem Lkw zusammengestoßen?«

Lynley teilte ihm die Fakten mit. Er sagte Wiley, wo und wie sie ums Leben gekommen war, aber von Mord sagte er nichts. Und Wiley ließ ihn ausreden, ohne zu fragen, warum zwei Beamte der Londoner Polizei das Haus einer Frau durchsuchten, die allem Anschein nach einem alltäglichen Autounfall, wenn auch mit Fahrerflucht, zum Opfer gefallen war.

Aber Lynley hatte kaum zu Ende gesprochen, da wurden Wiley, vermutlich bereits aufmerksam geworden durch gewisse seltsame Beobachtungen - zum Beispiel, dass Barbara Havers Latexhandschuhe trug, als sie die Treppe herunterkam, und beide Beamte sich so eingehend für Eugenie Davies' Anrufbeantworter interessierten -, die Ungereimtheiten bewusst, und er sagte: »Das kann kein Unfall gewesen sein! Weshalb sollten Sie beide eigens aus London hierher kommen…« Sein Blick wurde unscharf, als sähe er durch sie hindurch in die Ferne, und er sagte: »Der Mann gestern Abend. Auf dem Parkplatz. Es war kein Unfall, nicht wahr?«

Mit diesen Worten stand er auf.

Barbara stand mit ihm auf und drängte ihn, sich wieder zu setzen. Er kam zwar ihrer Aufforderung nach, aber er war plötzlich wie verwandelt, wie von einem nur ihm bekannten Vorsatz beherrscht. Er drehte seine Mütze nicht mehr rastlos in den Fingern, sondern schlug sie hart auf seine offene Hand und forderte im Befehlston: »Sagen Sie mir, was Eugenie Davies zugestoßen ist!«

Die Gefahr einer Herzattacke oder eines Schlaganfalls schien gering, darum eröffnete Lynley ihm ohne weitere Umschweife, allerdings auch ohne auf Einzelheiten einzugehen, dass sie in einer Mordsache ermittelten, und sagte: »Erzählen Sie von dem Mann auf dem Parkplatz«, was Wiley ohne Zögern tat.

Er war zum Sixty Plus Club gegangen, wo Eugenie arbeitete. Er hatte P. B., seinen Hund, ausgeführt und war zum Altenklub gegangen, um Eugenie dort abzuholen. Bei seiner Ankunft hatte er eine Auseinandersetzung zwischen ihr und einem Mann beobachtet. Einem Fremden, nicht aus dem Ort, sagte er. Aus Brighton.

»Aus Brighton?«, fragte Lynley. »Hat Mrs. Davies Ihnen das gesagt?«

Wiley schüttelte den Kopf. Er habe das Kennzeichen gesehen, als der Wagen abgebraust war. Nur flüchtig, aber die Buchstaben habe er klar erkannt: ADY. »Ich war beunruhigt, wissen Sie. Sie war in den letzten Tagen irgendwie sonderbar gewesen. Darum habe ich die Buchstaben im Kennzeichenverzeichnis nachgeschlagen und gesehen, dass ADY für Brighton steht. Der Wagen war ein Audi. Dunkelblau oder schwarz. Ich konnte es im Dunklen nicht erkennen.«

»Sie haben so ein Verzeichnis auf dem Nachttisch liegen?«, erkundigte sich Barbara. »Ist das ein Hobby von Ihnen?«

»Nein, nein, ich habe es in der Buchhandlung bei den Reisebüchern. Hin und wieder verkaufe ich eines an Leute, die auf längeren Autofahrten ihre Kinder beschäftigen wollen, zum Beispiel.«

»Ah.« Barbara musterte Wiley neugierig.

Lynley kannte dieses »Ah« von Havers. Er sagte: »Sie haben nicht eingegriffen, als Sie die Auseinandersetzung zwischen Mrs. Davies und dem Fremden beobachteten, Major Wiley?«

»Ich habe nur noch das Ende mitbekommen, als ich auf den Parkplatz kam. Es fielen einige laute Worte - von ihm -, dann ist er in seinen Wagen gestiegen und abgefahren, ehe ich überhaupt nahe genug war, um etwas zu sagen. Das war alles.«

»Und wer war dieser Mann? Hat Mrs. Davies Ihnen das gesagt?«

»Ich habe sie nicht danach gefragt.«

Lynley und Barbara tauschten einen Blick, und Barbara fragte:

»Warum nicht?«

»Wie ich schon sagte, sie hatte sich in den letzten Tagen irgendwie merkwürdig verhalten, anders als sonst. Ich hatte den Eindruck, dass etwas sie sehr beschäftigte, und…« Wileys Blick wanderte zu seiner Mütze hinunter. Er schien überrascht, sie immer noch in seinen Händen zu sehen, und stopfte sie energisch in die Jackentasche. »Ich bin kein Mensch, der seine Nase in anderer Leute Angelegenheiten steckt. Ich wollte warten, bis sie mir von selbst sagte, was sie vielleicht zu sagen wünschte.«

»Hatten Sie diesen Mann schon vorher einmal gesehen?«

Wiley verneinte. Er habe den Mann nicht gekannt, ihn an jenem Abend zum ersten Mal gesehen, habe ihn sich allerdings genau angesehen und könne den Beamten eine gute Beschreibung liefern, wenn sie daran interessiert seien. Auf das Nicken der beiden gab er das ungefähre Alter und die geschätzte Körpergröße des Mannes an, sprach von eisgrauem Haar und einer hervorspringenden Raubvogelnase. »Er nannte sie Eugenie«, schloss er.

»Die beiden kannten sich.« Er habe das, erklärte er, aus dem Verhalten der beiden auf dem Parkplatz geschlossen: Eugenie habe das Gesicht des Mannes berühren wollen, aber der habe sich entzogen.

»Und trotzdem haben Sie sie nicht gefragt, wer der Mann war?«, wunderte sich Lynley. »Warum nicht, Major Wiley?«

»Es erschien mir zu - na ja, irgendwie zu persönlich. Ich sagte mir, sie würde es mir schon erklären, wenn sie es für richtig hielte. Wenn er eine Bedeutung hätte.«

»Und sie hatte ja angekündigt, dass sie etwas mit Ihnen besprechen wollte, nicht wahr?«, warf Barbara ein.

Wiley nickte. »Ja, das stimmt. Sie sprach von einer Beichte ihrer Sünden.«

»Ihrer Sünden?«, wiederholte Barbara.

Lynley beugte sich vor und sagte, ohne Barbaras viel sagenden Blick zu beachten: »Darf ich fragen, welcher Art die Beziehung zwischen Ihnen und Mrs. Davies war, Major Wiley? Waren Sie befreundet? Oder waren Sie ein Paar? Hatten Sie vielleicht die Absicht zu heiraten?«

Die Frage schien Wiley Unbehagen zu bereiten. Er setzte sich anders hin. »Wir kannten uns seit drei Jahren. Ich wollte ihr mit Respekt begegnen, nicht so wie diese modernen Männer, denen es nur um eines geht. Ich wollte ihr Zeit lassen. Und schließlich sagte sie mir, sie sei bereit, aber zuerst wollte sie noch mit mir reden.«

»Und dieses Gespräch sollte heute Abend stattfinden«, meinte Barbara. »Darum haben Sie sie angerufen.«

Wiley bestätigte ihre Vermutung.

Lynley bat den alten Herrn in die Küche. Eugenie Davies' Anrufbeantworter habe noch einige andere Nachrichten aufgezeichnet, erklärte er. Vielleicht würde Major Wiley - der immerhin drei Jahre mit der Toten bekannt gewesen sei - die Stimmen erkennen.

In der Küche blieb Wiley vor dem Tisch stehen und betrachtete die Fotografien der beiden Kinder. Er wollte eine von ihnen in die Hand nehmen, brach aber mitten in der Bewegung ab, als sei ihm plötzlich klar geworden, dass Lynley und Havers nicht ohne Grund Latexhandschuhe übergezogen hatten. Während Barbara das Band zurückspulte, um die Anrufe noch einmal ablaufen zu lassen, fragte Lynley: »Sind das Mrs. Davies' Kinder, Major Wiley?«

»Ihr Sohn und ihre Tochter«, antwortete Wiley. »Ja. Sonia ist lange tot. Und der Junge… Sie hatte keinen Kontakt mehr zu ihm. Seit langem schon nicht mehr. Es kam offenbar vor Jahren zu einem schweren Zerwürfnis zwischen ihnen. Sie hat mir nur erzählt, sie seien einander völlig fremd geworden. Sonst hat sie nie über ihn gesprochen.«

»Und hat sie Ihnen von ihrer Tochter Sonia erzählt?«

»Nur, dass sie sehr jung gestorben ist. Aber -« Wiley räusperte sich und trat vom Tisch weg, als wollte er sich von der Bemerkung distanzieren, die er gleich machen würde. »Ich meine, sehen Sie sich die Kleine an. Ihr früher Tod kann ja wohl kaum überraschen. Das kommt bei - bei solchen Kindern doch häufig vor.«

Lynley runzelte die Stirn, verwundert darüber, dass Wiley anscheinend nie von der tragischen Geschichte gehört hatte, die seinerzeit zweifellos Schlagzeilen gemacht hatte. Er sagte: »Waren Sie vor zwanzig Jahren in England, Major Wiley?«

Nein, nein, er sei… Wiley schien durch die Zeit zurückzublättern und die Jahre an sich vorüberziehen zu lassen, die er als aktiver Soldat verbracht hatte. Er sei damals auf den Falklandinseln gewesen, sagte er dann. Aber das sei lange her, und vielleicht sei er ja auch in Rhodesien gewesen - oder dem, was von Rhodesien noch übrig war. Warum?

»Mrs. Davies hat Ihnen nie gesagt, dass Sonia ermordet wurde?«

Betroffen blickte Wiley wieder zu den Fotografien. »Nein, das hat sie mir nicht gesagt… Nein… Nie. Nicht ein einziges Mal. Mein Gott!« Er griff in seine Hosentasche und zog ein Taschentuch heraus. Aber er benutzte es nicht, sondern sagte nur, auf die Bilder deutend: »Die gehören eigentlich gar nicht hier auf den Tisch. Haben Sie sie hierher gestellt?«

»Nein, wir haben sie hier gefunden«, antwortete Lynley.

»Sie waren immer im ganzen Haus verteilt. Im Wohnzimmer. Oben. Hier, in der Küche.« Er zog einen der beiden Küchenstühle heraus und ließ sich schwer darauf niedersinken. Er wirkte sehr erschöpft, aber er nickte Barbara, die beim Anrufbeantworter stand, auffordernd zu.

Lynley beobachtete Wiley, während er sich die telefonischen Nachrichten anhörte. Er wollte die Reaktionen des alten Mannes sehen, wenn dieser die Stimmen der beiden anderen Männer hörte, die, wie ihren Worten und ihrem Ton zu entnehmen war, in persönlicher Beziehung zu Eugenie Davies gestanden hatten. Aber wenn Wiley das bemerkte und diese Wahrnehmung ihn bekümmerte, so war ihm das nicht anzusehen.

Als das Band abgelaufen war, fragte Lynley: »Haben Sie jemanden erkannt?«

»Lynn«, antwortete er. »Von ihr hat Eugenie mir erzählt. Sie ist eine alte Freundin, deren Kind vor kurzem plötzlich gestorben ist. Eugenie fuhr zur Beerdigung. Nachdem sie vom Tod des Kindes gehört hatte, sagte sie zu mir, sie wisse genau, wie Lynn sich fühle, und wolle ihr beistehen.«

»Nachdem sie von dem Tod gehört hatte?«, hakte Barbara nach. »Von wem denn?«

Das wusste Wiley nicht. Er hatte nicht daran gedacht zu fragen.

»Ich nahm an, die Frau, diese Lynn, hätte sie angerufen«, sagte er.

»Wissen Sie, wo die Beerdigung stattfand?«

Er schüttelte den Kopf. »Sie war den ganzen Tag weg.«

»Und wann war das?«

»Letzten Dienstag. Ich habe sie gefragt, ob ich mitkommen soll. Ich dachte, bei einer Beerdigung hätte sie vielleicht ganz gern jemanden an ihrer Seite. Aber sie sagte, sie und Lynn hätten Verschiedenes zu besprechen, >lch muss sie sehenc, sagte sie. Das war alles.«

»Sie musste sie sehen?«, wiederholte Lynley. »Hat sie sich so ausgedrückt.«

»Ja.«

Ich muss, dachte Lynley, nicht: ich möchte. Was bedeutet das Wort müssen in diesem Zusammenhang? Es impliziert ein starkes Bedürfnis, und wenn wir ein Bedürfnis haben, also, etwas brauchen, so unternehmen wir im Allgemeinen etwas, um es zu befriedigen. Das ist nur menschlich. Manchmal ist das, was wir tun, erlaubt, vernünftig und klug. Manchmal ist es das nicht.

Hier, in dieser kleinen Küche in Henley, schienen unterschiedliche Bedürfnisse aufeinander zu prallen. Eugenie Davies' Bedürfnis, dem Major zu beichten. Das Bedürfnis eines Fremden, mit Eugenie Davies zu sprechen. Und Ted Wileys Bedürfnis - wonach?

Lynley bat Barbara, die Nachrichten noch einmal abzuspielen, und fragte sich, ob Wileys kaum wahrnehmbare Änderung seiner Haltung - er zog die Arme näher an seinen Körper- eine Schutzhaltung war. Er behielt den Major unverwandt im Auge, während die beiden Männer noch einmal erklärten, dass sie Eugenie Davies sprechen müssten.

Ich muss unbedingt mit dir sprechen, erklärte die eine Stimme. Ich musste noch einmal anrufen.

Wieder dieses Wörtchen muss, das ein Bedürfnis ausdrückte. Wozu war ein Mann fähig, der meinte, dringend etwas ganz Bestimmtes zu brauchen?


Wie würdest du 's mir denn machen, wenn du könntest?

Die Zunge las Feuerladys Frage ohne die gewohnte Genugtuung. Wochenlang waren sie um diesen Moment herumgeschlichen wie zwei Katzen um den heißen Brei, dabei hatte er zu Anfang auf Grund seiner - leider falschen - Einschätzung ihrer Person geglaubt, er würde sie noch vor dem »Sahnehöschen« soweit haben. Da konnte man mal wieder sehen, dass überhaupt nichts darauf zu geben war, wie anzüglich eine im Netz chattete. Anfangs hatte Feuerlady die schärfsten Beschreibungen geliefert, aber die waren schnell fade geworden, als sich der Austausch vom Fantasiefick zwischen Prominenten (ihr Talent, eine heiße Szene zwischen einem lilahaarigen Rockstar und der Monarchin des Landes zu beschreiben, war umwerfend) dem Fantasiefick mit eigener Beteiligung zugewandt hatte. Eine Zeit lang hatte er tatsächlich geglaubt, sie wäre ihm ganz durch die Lappen gegangen, weil er zu früh Druck gemacht und zu viel enthüllt hatte. Er hatte schon mit dem Gedanken gespielt, zur nächsten Kandidatin überzugehen, als Feuerlady doch wieder auf der Cyberbildfläche erschienen war. Sie hatte offensichtlich Bedenkzeit gebraucht. Aber jetzt wusste sie, was sie wollte.

Wie würdest du 's mir denn machen, wenn du könntest?

Er überlegte die Antwort und bemerkte, dass seine Fantasie nicht wie sonst bei der Vorstellung einer persönlichen, wenn auch halb anonymen Begegnung mit einer Cybermieze auf Hochtouren zu arbeiten begann. Das kam wahrscheinlich daher, dass ihm die letzte Begegnung und die Ereignisse, die ihr gefolgt waren, noch nachhingen: die grellen Blinklichter der Polizeifahrzeuge, die Straßensperren, die Beschlagnahme des Porsche, seine eigene Vernehmung durch die Bullen, die ihn wie den Hauptverdächtigen behandelt hatten. Aber er hatte sich gut gehalten. Ja, er hatte das hingekriegt wie ein echter Profi.

Die Bullen rechneten nicht damit, dass einer sich mit ihren Methoden auskannte. Die erwarteten, dass man sofort in die Knie ging, wenn sie anfingen, einen mit Fragen zu bombardieren. Sie glaubten, in seinem Eifer zu beweisen, dass er nichts zu verbergen hatte, würde der brave Bürger sich von ihnen problemlos ins Bockshorn jagen und dahin bringen lassen, wo sie ihn haben wollten. Und tatsächlich trotteten ja die meisten Leute, wenn die Bullen sagten: »Wir haben ein paar Fragen an Sie, hätten Sie was dagegen, mit uns aufs Revier zu kommen?«, brav mit, weil sie sich einbildeten, sie besäßen so was wie Immunität in einem Rechtssystem, das es, wie jeder mit dem geringsten Funken Verstand wusste, erlaubte, den

Gutgläubigen in ungefähr fünf Minuten total fertig zu machen.

Die Zunge jedoch war alles andere als gutgläubig. Er machte sich keine Illusionen darüber, was einem blühen konnte, wenn man sich auf Kooperation einließ, weil man naiverweise glaubte, man brauche nur seine Bürgerpflicht zu tun, dann wäre die eigene Harmlosigkeit schon bewiesen. Nichts als Quatsch! Er hatte sofort gewusst, wie der Hase lief, und daher schleunigst seinen Anwalt mobil gemacht, als die Bullen sagten, die Frau auf der Straße hätte seine Adresse bei sich gehabt und sie wurden ihm gern ein paar Fragen stellen.

Jake Azoff hatte es natürlich überhaupt nicht witzig gefunden, um Mitternacht aus dem Bett geholt zu werden, und hatte was von »präsenzpflichtigen Pflichtverteidigern« gemurmelt, die sich gefälligst das Geld verdienen sollten, das Vater Staat ihnen bezahlt. Aber Pitchley dachte nicht daran, seine Zukunft - ganz zu schweigen von seiner Gegenwart - in die Hände eines Pflichtverteidigers zu legen. Gewiss, so ein Rechtsbeistand hätte ihn nichts gekostet, aber er hätte auch keinerlei persönliches Interesse an Pitchleys weiterem Fortkommen gehabt. Bei Azoff, mit dem ihn eine ziemlich komplizierte Beziehung verband, in der es um Aktien, Obligationen, Investmentfonds und dergleichen ging, war das ganz anders. Außerdem zahlte er Azoff genug dafür, dass der sofort da war, wenn juristischer Rat gebraucht wurde.

Trotzdem war er nervös. Es lag auf der Hand. Er konnte versuchen, sich was vorzumachen. Er konnte versuchen, sich abzulenken, indem er sich in der Firma krankmeldete und für ein paar Stunden lustvoller Fantasieübungen ins Netz einloggte. Aber sein Körper machte solche Verdrängungsmanöver nicht mit. Und die Tatsache, dass er auf die Frage:How wd u do it 2 me if u cd?, Wie würdest du's mir denn machen, wenn du könntest?, überhaupt keine körperliche Reaktion verspürte, sagte alles.

Er tippte: U wdnt 4get it soon. Du würdest es auf jeden Fall nicht so schnell vergessen.

Sie erwiderte:R u shy 2day? Cm on. Tell how. Bist du heute schüchtern? Komm schon, sag mir, wie.

Wie?, überlegte er. Genau das war es - wie? Sei locker, sagte er sich. Lass deiner Fantasie freien Lauf. Darin war er doch gut. Darin war er Meister. Und sie war zweifellos wie alle anderen vor ihr schon älter und begierig auf ein Zeichen, dass sie einen Mann noch reizen konnte.

Whr do u want my tong? Wo willst du meine Zunge spüren?, tippte er, ein Versuch, sie die Arbeit tun zu lassen.

No fair. R Ujst all tlk? Hey, das ist unfair. Hast du nur eine große Klappe?

Heute hatte er nicht einmal eine große Klappe, wie sie schnell genug merken würde, wenn sie noch länger auf diese Art weitermachten. Es war an der Zeit, den Eingeschnappten zu spielen und Feuerlady die kalte Schulter zu zeigen. Er brauchte erst mal eine Pause, um mit sich selber klarzukommen.

If thts wt u think, bby. Na schön, wenn du's so siehst, dann tschüss!, tippte er und loggte sich aus. Sollte sie ruhig mal ein, zwei Tage schmoren.

Er schaute noch, wie es an der Börse lief, ehe er abschaltete und aus dem Arbeitszimmer in die Küche hinunterging, wo in der Glaskaraffe der Kaffeemaschine gerade noch genug Kaffee für eine Tasse war. Er schenkte sich ein und trank das Gebräu so, wie er es am liebsten mochte: stark, schwarz und bitter.

Ein bisschen wie das Leben, dachte er und lachte kurz, ohne Erheiterung. Die letzten zwölf Stunden waren nicht ohne Ironie gewesen, und er war sicher, er würde dahinter kommen, worin die Ironie steckte, wenn er nur lange genug darüber nachdachte. Aber eben das, über die Ereignisse der vergangenen Stunden nachdenken, wollte er nicht. Ihm saß eine ganze Horde Bullen im Nacken, da war Gelassenheit gefragt. Das war überhaupt das Geheimnis des Lebens, Gelassenheit: angesichts der Niederlage, angesichts des Sieges, angesichts - Ein Steinchen schlug klirrend ans Küchenfenster. Aus seinen Gedanken gerissen, fuhr er hoch und sah hinaus. Zwei ungepflegt wirkende Männer standen mitten in seinem Garten. Sie waren vom Park aus hereingekommen, der sich an die Gärten hinter den Häusern auf der Ostseite der Straße anschloss. Da er zwischen seinem Grundstück und dem Park keinen Zaun gezogen hatte, war es ihnen ein Leichtes gewesen, bei ihm einzudringen. Da würde er bald mal etwas unternehmen müssen.

Als die beiden Männer ihn sahen, stießen sie einander an. Der eine rief: »Mach auf, Jay. Wir haben uns ja 'ne Ewigkeit nicht gesehen«, und der andere fügte mit einem herausfordernden Grinsen hinzu: »Kannst froh sein, dass wir extra von hinten rein gekommen sind.«

Pitchley fluchte. Erst eine Leiche auf der Straße. Dann der Porsche beschlagnahmt. Dann er selbst von den Bullen aufs Korn genommen. Und jetzt das. Man sollte eben nie glauben, es könne nicht noch schlimmer kommen, sagte er sich, als er ins Esszimmer hinüberging und die Terrassentür öffnete.

»Hallo, Robbie! Hallo, Brent!« Er begrüßte die beiden Männer, als hätte er sie erst in der vergangenen Woche gesehen. Mit hochgezogenen Schultern standen sie draußen in der Kälte, stampfend und schnaubend wie zwei gereizte Stiere in Erwartung des Matadors. »Was wollt ihr denn hier?«

»Wie war's, wenn du uns rein bittest«, sagte Robbie. »Für den Garten ist das heute nicht das richtige Wetter.«

Pitchley seufzte. Es war immer das Gleiche - jedes Mal, wenn er einen Schritt vorwärts geschafft hatte, tauchte irgendwas auf und zerrte ihn zwei Schritte zurück. »Worum geht's?«, fragte er. Aber in Wirklichkeit meinte er, wie habt ihr mich diesmal gefunden?

Brent grinste wieder. »Das Übliche, Jay«, antwortete er, besaß aber wenigstens Anstand genug, eine gewisse Verlegenheit zu zeigen und unbehaglich von einem Fuß auf den anderen zu treten.

Derjenige, vor dem man auf der Hut sein musste, war Robbie. Das war schon immer so gewesen. Der würde seine Großmutter vor die U-Bahn stoßen, wenn er glaubte, es würde sich für ihn lohnen, und Pitchley wusste, dass er von dem Typen weder Rücksicht noch Respekt oder Anteilnahme erwarten konnte.

»Die Straße ist abgesperrt.« Robbie wies mit dem Kopf in Richtung des unteren Straßenendes. »Ist da was passiert?«

»Gestern Abend ist eine Frau überfahren worden.«

»Ach was.« Robbies Ton verriet, dass das für ihn keine Neuigkeit war. »Und deswegen bist du heute nicht in der Arbeit?«

»Ich arbeite manchmal zu Hause. Das habe ich euch doch gesagt.«

»Klar, kann schon sein. Aber wir haben uns ja 'ne Weile nicht gesehen.« Er sagte nicht, wie viel Zeit genau vergangen war, seit er sich das letzte Mal gemeldet hatte, und wie mühevoll es gewesen war, diese Adresse ausfindig zu machen. Stattdessen erklärte er: »Aber von deinem Büro hab ich erfahren, dass du heute eine Besprechung abgesagt hast, weil du die Grippe hast. Oder war's 'ne Erkältung? Weißt du's noch, Brent?«

»Was fällt euch ein, mit meiner -« Pitchley brach ab. Das war genau die Reaktion, auf die Robbie spekulierte. Er sagte: »Ich dachte, das wäre ein für allemal klar zwischen uns. Ich hab euch gesagt, ihr sollt mit keinem außer mir reden, wenn ihr in der Firma anruft. Ihr wisst die Durchwahl. Es besteht überhaupt kein Grund, mit meiner Sekretärin zu reden.«

»Hey, findest du nicht, du verlangst 'n bisschen viel?«, meinte Robbie. »Was, Brent?« Die letzte Frage sollte offensichtlich den anderen - der mit der geringeren Intelligenz ausgestattet war - daran erinnern, auf welcher Seite er stand.

Brent sagte: »Genau. Also, Jay, bittest du uns jetzt vielleicht mal rein? Ist verdammt kalt hier draußen.«

Und Robbie fügte wie beiläufig hinzu: »Unten am Ende der Straße stehen übrigens drei Typen von der Presse. Hast du das gewusst, Jay? Was läuft'n da?«

Lautlos fluchend trat Pitchley von der Terrassentür zurück. Die beiden Männer draußen klatschten einander lachend auf die Schulter und liefen über die Terrasse.

»Da ist ein Fußabstreifer«, sagte Pitchley. »Benutzt ihn gefälligst.« Die Regenfälle der vergangenen Nacht hatten den Boden unter den Bäumen an der Grenze zwischen den Häusern und dem Park in einen Morast verwandelt. Robbie und Brent waren mittendurch gestapft wie zwei Bauerntrampel durch den Schweinepferch. »Ich hab Perserteppiche im Haus.«

»Zieh die Botten aus, Brent«, sagte Robbie scheinbar gutmütig.

»Okay, Jay, wir lassen unsere verdreckten Stiefel hier draußen stehen. Wir wissen schließlich, wie man sich als Gast benimmt.«

»Ein Gast lädt sich nicht selber ein.«

»Na ja, so genau muss man's auch wieder nicht nehmen.«

Die beiden Männer drängten durch die Tür ins Haus. Sie hatten zwar noch nie versucht, ihn durch ihre körperliche Überlegenheit einzuschüchtern, aber er wusste, dass sie nicht zögern würden, um ihn ihren Wünschen gefügig zu machen.

»Wieso lungern diese Pressetypen da unten rum?«, fragte Robbie. »So viel ich weiß, kriegen die Revolverblätter ihr Zeug doch immer von Leuten, die wegen 'ner heißen Story anrufen.«

»Genau.« Brent ging vor der Porzellanvitrine ein wenig in die Knie, um im Glas der Tür seine Frisur zu inspizieren. »Da gibt's 'ne heiße Story, Jay.« Er rüttelte an der Schranktür.

»He, Vorsicht! Der ist antik.«

»Hat uns neugierig gemacht, wie die Kerle da rumhingen«, bemerkte Robbie. »Drum haben wir sie gefragt, stimmt's, Brent?«

»Stimmt.« Brent öffnete die Tür der Vitrine und nahm eine der Sammeltassen heraus. »Hübsch. Auch alt, was, Jay?«

»Hör auf, Brent.«

»Er hat was gefragt, Jay.«

»Ja, okay. Sie ist alt. Frühes neunzehntes Jahrhundert. Wenn du sie demolieren willst, dann tu's gleich und erspar mir die prickelnde Spannung.«

Robbie lachte leise. Brent grinste und stellte die Tasse wieder in den Schrank. Er schloss die Tür mit einer Behutsamkeit, die der blanke Hohn war.

»Einer von den Pressefuzzis hat uns erzählt, dass die Bullen sich für jemanden hier in der Straße interessieren«, sagte Robbie. »Er hat's von einem Kumpel auf dem Revier. Die Tote von gestern Abend hatte anscheinend 'ne Adresse bei sich. Aber die Adresse hat er uns nicht verraten. Wenn er sie überhaupt wusste. Der hat uns nämlich für Konkurrenz gehalten.«

Wohl kaum, dachte Pitchley. Aber er ahnte schon, woher der Wind wehte, und versuchte, sich zu wappnen.

»Ist schon irre«, fuhr Robbie fort, »was diese Leute von der Sensationspresse so alles ans Licht bringen können, wenn man ihnen nicht gleich das Handwerk legt.«

»Ja, irre«, stimmte Brent zu. Und dann sagte er, als spielte er dem anderen nur die Stichworte zu und sei selbst nicht an der Sache beteiligt: »Das Geschäft, Jay, das braucht 'ne kleine Spritze.«

»Ich hab ihm erst vor 'nem halben Jahr eine gegeben.«

»Stimmt. Aber das war damals, im Frühling. Im Moment läuft's schlecht. Und dazu kommt - na, du weißt schon.« Brent warf einen Blick auf Robbie.

Und Pitchley begriff. »Ihr habt das Geschäft beliehen!«, sagte er. »Was ist es denn diesmal? Pferde? Hunde? Karten? Fällt mir doch nicht im Traum ein -«

»He, Moment mal!« Robbie trat einen Schritt näher, wie um den beträchtlichen Unterschied in ihrer Körpergröße zu verdeutlichen. »Du bist uns was schuldig, Kumpel. Wer hat denn zu dir gehalten, als es darauf ankam, hm? Wer ist jeder Dreckschleuder sofort auf die Pelle gerückt, die nur daran gedacht hat, dir was anzuhängen? Brent hat sich wegen dir den Arm brechen lassen, und ich -«

»Ich kenn die Story, Rob.«

»Gut. Dann hör dir das Ende an. Wir brauchen Kohle, wir brauchen sie heute, und wenn das für dich ein Problem ist, dann sag's lieber gleich.«

Pitchley blickte von einem zum anderen, und vor ihm entrollte sich die Zukunft wie ein endloser Läufer mit ewig gleichem Muster. Er würde wieder einmal alle Brücken abbrechen, umziehen, sich neu einrichten, die Stellung wechseln, wenn nötig - und sie würden ihn trotzdem aufstöbern. Und wenn sie ihn gefunden hatten, würden sie dieselben Geschütze auffahren, die sie schon seit Jahren mit so großem Erfolg einsetzten. So würde es immer sein. Sie waren der Meinung, er wäre ihnen etwas schuldig. Und sie vergaßen nie.

»Was braucht ihr?«, fragte er resigniert.

Robbie nannte seinen Preis. Brent zwinkerte und grinste.

Pitchley holte sein Scheckbuch und trug den Betrag ein. Dann ließ er sie auf dem Weg hinaus, auf dem sie gekommen waren: durch das Esszimmer in den Garten. Er wartete, bis sie unter den kahlen Ästen der Platanen am Rand des Parks hindurchtauchten. Dann ging er zum Telefon.

Als Jake Azoff sich meldete, holte er einmal tief Luft, und dabei war ihm, als träfe ihn ein Messerstich ins Herz. »Rob und Brent haben mich wieder mal gefunden«, teilte er seinem Anwalt mit. »Sagen Sie den Bullen, ich bin bereit zu reden.«

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