XXI

ES WAR ETWA EIN UHR am 4. August 1265, als Simon de Montfort, mit dem König zu seiner Rechten, begleitet von dem Oberstkronrichter Lord Le Despenser, dem Grafen von Monthermer und Lord Ralph Basset sowie fünfundzwanzig Rittern und Gentlemen, von der Hochstraße, die von Evesham nach Alcester führt, auf die seither berühmte Ebene hinaustritt, wo der Stab der Gewalt für immer seinen Händen entrungen werden sollte.

Ein kleiner Vortrab war vorausgesandt worden, um die vor ihnen liegende Gegend zu rekognoszieren, und die Spitze der Heersäule befand sich etwa hundert Schritt hinter dem Feldherrn und seinen Begleitern.

De Montfort war ruhig und heiter; er hoffte, binnen weniger Stunden seine Truppen mit denen seines Sohnes zu vereinigen und dann, auf den Feind sich werfend, den Kampf mit einem Schlage zu beenden. Ehe er jedoch den Stein erreichte, wo die Straßen ineinanderliefen, kam ein Reiter mit verhängten Zügeln die Anhöhe vor ihnen heruntergejagt, und einen Augenblick darauf sah man die gesamte Vorhut in vollem Rückzug begriffen.

»Was ist das?« fragte de Montfort, sein Roß dem ersten der heransprengenden Gewappneten entgegenspornend. »Welche Neuigkeit bringt Ihr in solcher Hast?«

»Mein Lord, eine gewaltige Macht rückt gegen Euch heran!« rief der Mann. »Wir sahen sie von der Anhöhe dort - wohl über zwanzigtausend Mann.«

»Habt Ihr ihre Banner gesehen?« fragte de Montfort.

»Nein«, antwortete der Bote. »Es waren Banner genug, aber welche es waren, habe ich nicht bemerkt.«

»Ihr laßt Euch sehr schnell erschrecken«, sagte der Graf kalt. »Hugh de Monthermer«, fuhr er fort, zu dem dicht hinter ihm reitenden jungen Lord sich wendend. »Galoppiert den Hügel dort zur Rechten hinauf und bringt uns Nachricht, was Ihr sehen könnt. Ich will die andere Anhöhe hinaufreiten und aus eigener Anschauung urteilen.«

Hugh war in einem Augenblick fort, und de Montfort, sich im Sattel umkehrend, sagte: »Mein gütiger Freund Monthermer, mein guter Lord Ralph - ich bitte Euch, die Leute in Ordnung aufzustellen, sobald sie aus dem Hohlweg kommen. Die hier anrückenden Truppen müssen das von Kenilworth herankommende Heer meines Sohnes sein, aber es ist immer gut, wenn man für alles gerüstet ist. Mein Lord Le Despenser, Euch überlasse ich es, Seine Majestät zu unterhalten - ich will im Augenblick wieder zurück sein. Einige von Euch Gentlemen folgen mir!« Sein Pferd zu raschem Galopp spornend, setzte er über den kleinen Bach und ritt die Anhöhe auf der anderen Seite hinan.

Hier hielt er einige Minuten, mit Aufmerksamkeit die Gegend vor sich beobachtend, durch die ein großer Heerhaufen unter zahlreichen Bannern heranrückte. Endlich schien er befriedigt, lenkte sein Pferd um und ritt in leichtem Trab dorthin zurück, wo der alte Graf von Monthermer und Lord Ralph Basset die Lanzenmänner, Bogen- und Armbrustschützen aufstellten, die inzwischen die Ebene erreicht hatten, während die Gewappneten zu Pferde ihre Stellung hinter dem Fußvolk einnahmen.

»Es ist auf alle Fälle gut«, sagte de Montfort, auf dem Rückweg mit einem der Ritter sprechend, die ihm gefolgt waren, »wenn man die Leute in Ordnung aufstellt; denn wir werden hier eine Stunde haltmachen, während sich das Heer erfrischt. - Ihr habt die Banner ebenfalls genau gesehen?«

»Ja, mein Lord«, antwortete der Ritter, »ich habe das Banner Eures Sohnes und das des Grafen von Oxford unterschieden.«

»Wir wollen sie mit einem Freudenruf begrüßen, wenn sie herankommen«, sagte de Montfort und ritt zu dem Grafen von Monthermer. »Es ist mein Sohn, Monthermer! Ich sah sein Banner und das Oxfords ebenfalls. - Aber da kommt Euer Neffe. Wer ist denn das, den er mit der Lanzenspitze vor sich hertreibt? Ein Armbrustschütze scheint's.«

»Mein Lord!« schrie Hugh de Monthermer schon von weitem. »Rüstet Euch ohne Verzug zur Schlacht! Prinz Edwards Heer ist nur eine Meile entfernt, und Mortimer rückt von rechts heran!«

»Laßt sie kommen!« rief de Montfort. »Sie werden eine stärkere Macht finden, als sie vermuten. Mein Sohn nähert sich mit seinem Heer von links. Rückt mit Eurem Flügel vor, mein guter Lord von Monthermer, damit wir uns leichter mit ihm vereinigen.«

»Mein Lord, Ihr seid im Irrtum!« sagte Hugh, heftig den Kopf schüttelnd. »Die Banner, die Ihr gesehen habt, sind nicht die Eures Sohnes!«

»Aber ich habe...«, rief de Montfort zweifelnd.

»Sprecht Ihr, Bursche!« unterbrach ihn Hugh, sich zu dem Armbrustschützen wendend, den er vor sich hergetrieben hatte. »Sprecht, und laßt den Grafen die Wahrheit hören! So bittere Nachrichten sollen nur aus dem Mund eines Feindes kommen. - Mein Lord, das ist einer von Gloucesters Schützen. Er wird Euch mehr berichten.«

»So redet!« befahl der Graf, äußerlich sehr ruhig. »Wer sind die gegen mich Anrückenden?«

»Prinz Edward, Roger Mortimer und Gilbert de Cläre«, antwortete der Mann. »Euer Sohn, mein Lord - tötet mich, wenn Ihr wollt, aber ich rede die Wahrheit Euer Sohn ward zu Kenilworth im Bett überfallen, sein Heer geschlagen und zerstreut. Dreizehn Barone, die ihr eigenes Banner entfaltet hatten, wurden gefangen und ebensoviel erschlagen. Die Banner, die Ihr gesehen, wurden von dem Prinzen erbeutet und jetzt vorgetragen, um Euch zu täuschen.«

»Und mein Sohn?« fragte de Montfort, dem Mann ängstlich ins Gesicht starrend. »Was ist mit meinem Sohn?«

»Er entkam, mein Lord«, antwortete der Schütze.

»Führt ihn hinter das Heer«, befahl erleichtert aufatmend de Montfort; dann sagte er leise, doch so, daß die Umstehenden ihn wohl verstanden: »Seht, wie sie daherrücken! Eine gewaltige Macht, wahrhaftig! Wie geordnet, wie fest! Der Knabe Edward hat das von mir gelernt. Mir scheint, wir haben nur wenig Aussichten, das Treffen für uns günstig zu entscheiden!« Nach einem kurzen Schweigen erhob er stolz sein Haupt und fuhr mit seiner gewohnten Festigkeit fort: »Indessen, wir müssen ihm mutig entgegentreten und unsere Schuldigkeit tun als Ritter. Jeder, der dazu entschlossen ist, kann heute hohen Ruhm davontragen, wenn er auch sonst keinen Preis erringt. Sollte aber einer hier sein, der sich fürchtet, mit de Montfort zu fechten, dem steht es frei zu gehen; denn ich möchte nicht, daß, wenn die Leute von diesem glorreichen, obwohl vielleicht unglücklichen Tage sprechen, man sagen kann, es sei auch nur ein Feiger unter denen gewesen, die bei Evesham kämpften. Laßt uns unsere Schlachtordnung so gut machen wie möglich, mein Lord von Monthermer. Jener Wald dort ist ein Punkt, der behauptet werden muß. Ihr, Hugh, besetzt die Hecken dieses kleinen Feldes mit Bogenschützen - stellt nur unsere tüchtigen Waidmänner aus dem Sherwood dahin; es ist ein Punkt von großer Wichtigkeit.

Neben ihnen nehmt Ihr selbst Euern Posten ein und behauptet mit Euern Gewappneten das Terrain zwischen dem entfernteren Gehege und den Krüppelbüschen und Weißdornen, wo ihre Reiterei nicht eingreifen kann. Ich stelle Euch auf einen gefährlichen Posten, mein junger Freund, aber ich weiß, daß Ihr Eure Pflicht erfüllen werdet. - Und nun das übrige Heer geordnet, wir dürfen keine Zeit verlieren!«

Mit diesen Worten ritt er dem Wald zu, gab unterwegs seine Befehle und stellte seine Truppen zur Schlacht auf, während Hugh de Monthermer ohne Zögern die erhaltenen Befehle vollzog. Bald waren alle Posten verteilt, und vor zwei Uhr standen die feindlichen Heere in Schlachtordnung einander gegenüber.

In der Mitte der Schlachtreihe befand sich der Graf von Leicester selbst, nicht weit von ihm entfernt saß in voller Rüstung, die königliche Standarte in der Linken, der schwache und falsche König Heinrich III. auf einem starken, schwarzen Streitroß. In einer kurzen Beratung der vornehmsten Edelleute war die Teilnahme des Königs an der Schlacht für notwendig erachtet worden, da sein Name allen öffentlichen Erlassen vorangestellt wurde. Man mußte ihn den Soldaten deshalb als wirklich auf ihrer Seite die Waffe führend zeigen. Der König war nicht abgeneigt gewesen, diese Rolle zu spielen, hegte er doch, obwohl von zahlreichen Wachen umgeben, die Hoffnung, in der Verwirrung der Schlacht entfliehen zu können.

Auf dem rechten Flügel des Heeres stand der tapfere junge Heinrich de Montfort, wie Hugh de Monthermer ein Spielkamerad des Prinzen Edward, und auf dem linken Flügel wehte das Banner Hugh de Monthermers, unter dem nicht nur die regulären Anhänger des Hauses, sondern auch die Yeomen und Waidmänner von Yorkshire und Nottingham fochten.

Die Schleuderer waren wie üblich etwa hundertfünfzig Schritt vor das übrige Heer vorgeschoben; sie wurden unterstützt von den nahe bei ihnen aufgestellten leichten Pikenmännerm. Hinter ihnen standen einige tausend Mann Fußvolks, und dann kamen die Linien tüchtiger englischer Bogenschützen und regulärer Lanzenmänner, unterstützt von den berittenen Gewappneten. Drohend und fest erschien de Montforts Schlachtreihe, aber die ungeheure Überzahl der Feinde warf gleichsam einen Schatten auf den guten Mut der Soldaten.

Das feindliche Heer hatte inzwischen die Banner, die vorangetragen worden waren, um de Montfort zu täuschen, weggeworfen und seine eigenen Feldzeichen entfaltet. Die Truppen Mortimers und der Grenzlords standen auf dem rechten, der Heerhaufe Gloucesters auf dem linken Flügel und die Truppen Edwards im Zentrum. Beim Heer des Prinzen war Hoffnung und Zuversicht, und besonders die ausländischen Günstlinge Heinrichs III., die in diesem Heer standen, beherrschte ein brennender Durst nach Rache an dem, der ihr Glück umgestürzt und sie beinahe aus dem Lande getrieben hatte.

Nachdem die Schlachtordnung auf beiden Seiten vollständig war, lag ein finsteres, düsteres Schweigen über der ganzen Schlachtlinie de Montforts. Jeder Mann dachte an die Heimat, die er vielleicht nie wiedersehen würde, an die Kinder, das Weib und die Verhältnisse des häuslichen Lebens, die bald von der blutigen Hand des Krieges zerrissen werden sollten.

Aber nicht einer ließ es sich einfallen, dem bevorstehenden Kampf ausweichen zu wollen; denn jeder stand hier mit der festen Überzeugung, daß Recht und Gerechtigkeit auf seiner Seite seien. Jeder war bereit, für die Befreiung seines Vaterlandes von ausländischer Herrschaft zu fechten und, wenn nötig, für die Freiheit und Unabhängigkeit des Volkes von England zu sterben. So erwarteten alle gefaßt und entschlossen den Angriff des Feindes.

Auf der Gegenseite war eine Zeitlang nichts als fröhliches Lärmen, die Zurufe der Führer und das wiederholte Schmettern der Hörner und Trompeten zu hören, bis endlich auch bei ihnen eine feierliche Stille eintrat, die andeutete, daß jetzt die Schlacht beginnen werde. Einen Augenblick lang schienen die dichten Reihen der Kämpfer zu schwanken. Dann rannten einige vor und schleuderten, obwohl auf diese Entfernung noch keine Wirkung möglich war, große Kugeln von Stein oder Blei gegen de Montforts Linie. Andere folgten ihnen schnell in unregelmäßigen Haufen, und schließlich rückte langsam, aber in fester Schlachtordnung die Hauptmacht Edwards vor.

Eine Nadel hätte man fallen hören können in de Montforts Heer, so tief war das ahnungsvolle Schweigen, womit sie das ungeheure Heer erwarteten, das nicht nur von vorn angriff, sondern gleichzeitig den Versuch machte, die linke Flanke mit dem Andrang einer zahlreichen Reiterei zu zermalmen.

Die geschickten Anordnungen des Grafen von Leicester hatten jedoch diese Gefahr ausgeschaltet, denn den Wald dort verteidigten die Bogenschützen und Lanzenmänner zu Fuß, während die Hecken und Weißdornbüsche durch Hugh de Monthermer und die Bogenschützen vom Sherwood geschützt wurden.

Aber gerade der letzte Punkt war sehr bedroht; denn Edward schien hier die schwächste Stelle von de Montforts Schlachtlinie zu vermuten. Kaum hatte sich das Heer des Prinzen in Bewegung gesetzt, als Hugh de Monthermer eine starke Schar Reiterei, einer dichten Linie von Armbrustschützen folgend, direkt auf seinen Posten zukommen sah, an ihrer Spitze das Banner des Grafen von Norfolk. Sofort verließ Hugh auf einen Augenblick seine Gewappneten und galoppierte zu seinem Freunde Robin hinüber.

»Sie werden hier ihren ersten Angriff machen, Robin«, sagte er mit leiser Stimme.

»Laßt sie kommen!« versetzte Robin Hood. »Wir wollen sie gut empfangen. Wir haben Pfähle in den Boden gerammt, um ihre Reiter aufzuhalten, mein Lord. Habt daher acht auf die Lücken, wenn Ihr gegen sie anrückt.«

»Das sehe ich!« rief Hugh de Monthermer. »Aber da es von großer Wichtigkeit ist, sie in Unordnung zu bringen, schickt ihnen einen Flug Pfeile von Euern Bogensehnen entgegen, sobald sie in Euern Bereich kommen.«

»Das sind sie inzwischen schon!« sagte Robin, und zugleich hob er den Bogen über seinen Kopf als Zeichen für seine Leute.

In diesem Augenblick fielen einige Kugeln von den feindlichen Schleuderern kraftlos vor ihnen nieder, aber dann schnellten hundertfünfzig Pfeile durch die Luft, zerstreuten die feindlichen Armbrustschützen und richteten selbst unter den berittenen Gewappneten von Norfolk beträchtliche Verwirrung an.

Ein ganzer Hagel von Pfeilen von Edwards Heer schwirrte nun durch die Luft, aber sie erreichten nicht Hugh de Monthermers Linie. Der alte Graf von Monthermer, den ungestümen Kampfgeist seines Neffen fürchtend, ritt zu ihm und bat ihn, unter keinen Umständen anzugreifen, bevor die Schlacht begonnen habe.

Doch schon rückte mit steigender Schnelligkeit das Heer des Prinzen heran. Die nun zu Hunderten abgeschossenen Pfeile und Armbrustbolzen begannen auf beiden Seiten große Verheerungen in den Reihen der Kämpfer anzurichten. Vor allem die Pfeile der unübertrefflichen Nottinghamer Schützen wirkten fürchterlich unter den Armbrustschützen des Prinzen. Einer nach dem anderen sank nieder, ihre Reihen wurden immer dünner, und endlich riefen die nachrückenden Gewappneten ihnen zu, sie sollten sich zurückziehen, damit sie selbst angreifen könnten. Ehe noch der Rückzug des Fußvolks recht bewerkstelligt werden konnte, gab der Graf von Norfolk Befehl zum Angriff, und mit gesenkten Lanzen stürmten die Reiter daher, obwohl wiederholt Bogenschüsse von einer nie fehlenden Hand jeden Teil der Rüstung des vorrückenden Grafen trafen.

»Auf die Pferde!« rief Robin Hood, als die Gewappneten näher kamen, und im Augenblick darauf rasselte wieder ein Flug von Pfeilen mit blanken Spitzen wie ein Hagel gegen die anrückende Reiterei. Fünf bis sechs Streitrosse stürzten sogleich zu Boden, andere bäumten sich vor Schmerz auf, schlugen aus und verbreiteten Verwirrung.

Hugh de Monthermer wollte soeben seinen Reitern Befehl zum Vorrücken geben, um Robin Hood und seine Bogenschützen zu entlasten, als vom rechten Flügel Geschrei erscholl. »Sie fliehen!« hörte er, und wie er die Schlachtlinie entlangschaute, sah er die ausländischen Hilfstruppen des Prinzen in wilder Unordnung vom Schlachtfeld laufen. Aber die entstandenen Lücken wurden so schnell wiederaufgefüllt, daß das Vorrücken von Prinz Edwards Heer kaum eine Stockung erfuhr. Immerhin war nun eines der Hauptangriffsmittel des Prinzen dahin, und da gleichzeitig ein Angriff der Reiter Simon de Montforts begann, war bald der ganze rechte Flügel im Kampf begriffen.

Durch den unaufhörlichen Pfeilhagel der Bogenschützen von Nottingham wurden auf dem linken Flügel die Truppen des Grafen von Norfolk in Unordnung zur Umkehr gezwungen, bevor sie die Pfähle erreicht hatten. Hugh de Monthermer griff sie nun, ihre Verwirrung ausnützend, mit seiner Schar an und warf sie in vollständiger Auflösung zurück. Die heranströmenden Truppen Mortimers gaben ihnen aber wieder Halt, und Hugh de Monthermer, die unerläßliche Notwendigkeit erkennend, seinen Posten zu behaupten, zog sich mit Widerstreben in seine ursprüngliche Stellung zurück.

Nun leisteten die Lanzenmänner von Yorkshire, mit dem jungen Freisassen Ralph Harland an ihrer Spitze, der Sache, der sie sich angeschlossen, glänzende Dienste. Mit ihren langen Lanzen vorrückend, hielten sie den Feind zurück, und obgleich Mortimer im Verein mit Norfolk Angriff auf Angriff machte, behaupteten sie ihre Stellung gegen den gesamten rechten Flügel des Prinzen.

Auf den anderen Teilen des Schlachtfeldes trug jedoch allmählich die Zahl den Sieg davon über alle Anstrengungen des Mutes und der Entschlossenheit. Das Handgemenge hatte in all seiner Erbitterung begonnen: Ritter focht gegen Ritter, Mann trat gegen Mann an, Drängen und Verwirrung beherrschten das Schlachtfeld, während das Klirren der Waffen, das Schmettern der Trompeten, das Geschrei der Kämpfenden, das laute Rufen der Befehlshaber, das Galoppieren der Pferde und das Stöhnen der Sterbenden ein wahrhaft höllisches Getöse zum Himmel emporsandten.

Angriff auf Angriff erfolgte gegen den linken Flügel von de Montforts Schlachtreihe, aber Mortimer, Bigod und der Graf von Pembroke führten vergebens ihre Reiterei gegen die tapfere Schar der Lanzenmänner und Bogenschützen heran. So oft sie sich näherten, wurden sie zurückgetrieben, entweder durch den entsetzlichen Pfeilhagel oder durch die langen Spieße derer von Pontefrakt oder durch die ihnen entgegenrückenden Gewappneten Hugh de Monthermers.

Nur einmal wurde die Linie zwischen den Weißdornbüschen für einen Augenblick erschüttert durch die Überzahl, und da galoppierte der alte Graf von Monthermer an der Spitze eines starken Trupps von Gewappneten herbei und half, den Feind zurückzuschlagen.

Ehe er wieder zurückritt, verweilte er einen Augenblick an der Seite seines Neffen und sagte: »Es wird ruhmvoll genug sein, Hugh, wenn wir unsere Stellung bis zum Abend behaupten. Lebt wohl, mein lieber Junge! Tut Eure Pflicht, und wenn wir uns auf Erden nicht wiedersehen...«

»Ich bitte Euch, Sir! Tragt Sorge für Euer unschätzbares Leben. Bedenkt, der Haß der Fremden ist sosehr gegen Euch wie gegen die Montfort selbst gerichtet.«

»Ich will nie lebend in ihre Hände fallen«, versetzte der alte Graf. »Aber ich verlasse dies Feld nicht, solange es noch hell genug ist, das Schwert zu schwingen.«

Mit diesen Worten ritt er weg zu einer Stelle, wo das dichte Schlachtgewühl um das Banner de Montforts selbst tobte, und seine Gegenwart trug hier allem Anschein nach sehr dazu bei, das Treffen günstig zu beeinflussen; denn bald darauf zog sich die gesamte Streitmacht des Prinzen Edward wie ein Tiger, der einen Fehlsprung getan hat, zurück und hielt schwankend am Saum der Anhöhe.


Die Pause, die nun eintrat, war nicht von langer Dauer. Schon bliesen des Prinzen Trompeter wieder zum Angriff, und heran raste die donnernde Reiterei, de Montforts Heer von allen Seiten anfallend. Auch auf de Montforts Seite stürmten nach einem raschen Pfeilhagel die gewappneten Ritter dem andringenden Feind entgegen, und das Handgemenge entbrannte von neuem.

Plötzlich wurde im Zentrum des Gewühls der König selbst angegriffen und von einem der Anhänger seines eigenen Sohnes verwundet. Schon wollte der Soldat mit der Lanze ausholen, um ihn an die Erde zu spießen, als der Monarch sein Visier öffnete und rief: »Pfui über dich, Verräter! Ich bin Heinrich von Winchester, dein König! Wo ist mein Sohn?«

Wie er sprach, sprang ein Ritter, um eines Hauptes Länge größer als alle ringsum und vom Scheitel bis zur Ferse in einem Schuppenharnisch steckend, neben ihm vom Pferde, stieß den Soldaten heftig zurück, hob den Monarchen vom Boden auf und rief: »Steigt auf, mein Vater, und fort! Kommt hinter das Treffen und laßt Eure Wunde untersuchen. - Gebt mir Eures Pferdes Zügel. - Ihr wenigstens seid befreit, und das gilt schon als ein Sieg.«

Der König sprang auf sein Pferd, und Edward führte es am Zügel hinter sein Heer zurück.

Beinahe in demselben Augenblick preschten auf dem linken Flügel von de Montforts Schlachtreihe Alured de Ashby und Hugh de Monthermer in voller Karriere aufeinander los. Alured richtete seine Lanze auf den Schild de Monthermers mit einer vielleicht nur um so heftigeren Erbitterung, weil er wußte, daß sie ungerecht war. Hugh dagegen stellte sich nur mit Widerstreben zum Kampf, obwohl er durch die Umstände gezwungen war, seiner Ritterpflicht zu genügen. Gerade durch sein Widerstreben war er jedoch ruhiger und besonnener als sein hitziger Gegner. Er zielte mit der Lanze nach dem Helm seines Gegners, um ihn vom Pferde zu werfen und zum Gefangenen zu machen. Des jungen Lords von Ashby Waffe, gut und fest gezielt, traf auf den Schild seines Feindes, drang durch die Stahlplatte und berührte den Harnisch. Hier aber brach sie in Splitter, ohne Hugh auch nur im Sattel zu erschüttern, während dessen Lanze, den stählernen Helm gerade über dem Visier fassend, den Gegner ohne Wunde vom Pferd warf und zu Boden streckte.

Einige von Monthermers Fußvolk sprangen sogleich herbei, um den niedergeworfenen Ritter zu packen und zum Gefangenen zu machen, aber ein Angriff von frischen Truppen trieb sie zurück, und Alured de Ashby hatte Gelegenheit, sein Pferd wieder zu besteigen. Mit gesteigertem Haß auf Hugh de Monthermer ritt er zurück.

Ein von Edward erneut befohlener Rückzug vom Schlachtfeld brachte jetzt die Schlacht wieder zum Stillstand. Nur die Bogenschützen fuhren auf beiden Seiten fort, ihre Pfeile abzuschießen, doch mit geringer Wirkung. Plötzlich zuckte ein blasser Blitz blau und geisterhaft am Himmel hin, und dann folgte das ferne Grollen des Donners.

»Ha!« sagte Robin Hood, der in diesem Augenblick neben Hugh de Monthermer stand. »Auf diese Trompete wird man heute nur wenig achten.«

»Das denke ich auch!« antwortete Hugh. »Habt Ihr viele Leute verloren, Robin?«



»Wohl gegen vierzig, fürchte ich«, antwortete Robin Hood. »Der arme Brown war zu hitzig und wagte sich mit seiner kleinen Schar von Mansfielder Männern über die Pfähle hinaus. Es ist keiner zurückgekehrt ...«

»Könnt Ihr Euern Posten noch behaupten?« fragte Hugh.

»Wir wollen uns schon halten«, sagte Robin mit Nachdruck. »Aber ich fürchte für das Zentrum und den rechten Flügel. Schaut dorthin, in der zweiten Linie, wo so viele sich auf einem Fleck zusammendrängen! - Ein bedeutender Mann muß dort verletzt sein!«

»Mein Oheim war vor einem Augenblick dort!« rief Hugh erschrocken. »Ich fürchte, er ist es!«

»Nein, nein, mein Lord!« versetzte ein alter Ritter vom Hause der Monthermer, der ganz nahe dabei zu Pferde hielt. »Euer Oheim ist unverletzt. Ich habe ihn nach dem letzten Angriff gesehen, aber er scheint allerdings entschlossen, sein Leben zu opfern.«

»Ich bitte Euch, Sir John Hardy«, sagte Hugh. »Wenn wir die Schlacht verlieren, so seht nach meinem Oheim und führt ihn mit Gewalt zurück, falls es nötig sein sollte.«

»So bleibt Ihr also auf dem Schlachtfeld, mein Lord?« fragte der alte Ritter.

»Ja«, antwortete Hugh.

»Nun, dann bleibe ich auch«, erwiderte Sir John Hardy.

»Nein, das ist Torheit!« schrie Robin Hood. »Fechte jeder Mann so lange, wie das Fechten Sinn hat. Aber wenn der Tag offenbar verloren ist, rettet der mutige Mann, der gern sein Blut vergossen hätte, ihn zu gewinnen, das Leben, um zu einer anderen Zeit seiner Sache zu dienen! - Aber seht! Alle Anführer drängen sich dort zusammen! Ihr tätet gut, Lord Hugh, hinzureiten und uns Nachricht zu bringen. Wir wollen den Platz bis zu Eurer Rückkehr schon behaupten.«




»So übernehmt den Befehl über die Truppen, bis ich zurück komme, Robin«, sagte Hugh. Dann ritt er unter einem Hagel feindlicher Pfeile die Front der Schlachtreihe hinab und näherte sich der Stelle, wo eine Gruppe von Edelleuten ersten Ranges versammelt war, um, wie es schien, bei der dort aufgerichteten königlichen Standarte Rat zu halten.

Als Hugh jedoch näher kam, sah er, daß es eine traurigere Veranlassung war. Sein Oheim, die Lords Mandeville, Basset, Crespigny, Beauchamp und Le Despenser waren abgesessen und standen um den berühmten Grafen von Leicester herum, der ausgestreckt auf dem Boden lag, Haupt und Schultern unterstützt von dem Knie und dem Arm eines Mönches. Tief in seiner Brust, durch den Stahlharnisch gedrungen, steckte die Spitze einer abgebrochenen Lanze. Er hatte soeben seine letzte Beichte geendigt, und der Mönch murmelte über ihm in Eile die hastige Absolution des Schlachtfeldes. De Montforts Gesicht war blaß, die Lippen waren farblos, und der Mund stand weit offen, als koste ihn das Atemholen schmerzhafte Anstrengung. Aber die Augen waren noch glänzend und klar, und sein Blick flog ernst über die Gesichter aller Anwesenden hin und haftete lange auf denjenigen, die ihm die vertrautesten Freunde waren.

»Zieht die Lanze heraus«, sagte er stöhnend zu seinem neben ihm stehenden Wundarzt.

»Wenn ich es tue, mein Lord«, versetzte der Arzt, »so könnt Ihr nicht über zehn Minuten leben.«

»Das ist lange genug«, sagte de Montfort. »Mein Sohn Heinrich ist tot. Ich habe ihn fallen sehen und möchte nicht lange hinter ihm zurückbleiben. Zieht sie heraus, sage ich; denn ich kann nicht atmen und muß doch notwendig mit meinen Freunden sprechen. Le Despenser, macht, daß er sie herauszieht. Ich werde noch Zeit genug haben für alles, was mir zu tun übrig ist.«

Widerstrebend und nicht ohne Anstrengung zog der Wundarzt die Lanzenspitze aus der Wunde.

Der Verwundete schien augenblicklich eine Erleichterving zu fühlen und sagte, nachdem er versucht hatte durchzuatmen, mit fester Stimme: »Merkt meine Worte und vergeßt nicht, daß Montfort in seiner letzten Stunde erklärt, daß diejenigen ihn verleumden, die ihn des Ehrgeizes anklagen. Ich sage jetzt, wie ich es immer gesagt habe, daß jede meiner Handlungen und jeder meiner Gedanken auf das Wohl meines Landes gerichtet gewesen. Ich kann mich geirrt haben - ich habe ohne Zweifel oft geirrt -, aber meine Absichten sind gut gewesen. Unsere Sache kann ich jetzt nicht mehr verfechten, aber ihr, meine Freunde, erhaltet euch für diese Aufgabe; ich bitte, ich beschwöre euch! Basset, Monthermer, Le Despenser! Diese Schlacht ist verloren. Aber ihr könnt noch, da die Nacht anbricht, euern Rückzug ungefährdet bewerkstelligen. Es ist keine Unehre, von einem tapfer behaupteten, aber allzu ungleichen Feld zu weichen. Zeigt dem Feind eine feste Stirn, sammelt alle eure armen Soldaten und zieht euch so geordnet wie möglich zurück, bis die Nacht euch deckt. Dann zerstreut euch, und jeder Mann eile zu seiner Feste. - Monthermer, Ihr schüttelt den Kopf?«

»Ich habe geschworen, de Montfort«, sagte sein alter Freund, niederkniend und seine Hand fassend, »dies Schlachtfeld nicht zu verlassen, solange noch am Himmel Licht genug ist, um ein Schwert zu zücken, und ich muß mein Gelübde halten.«

»Ihr tretet, mein edler Freund de Montfort«, sagte nun auch Lord Ralph Basset, »eine Reise an, auf der Ihr Begleiter haben müßt. Ich gehe mit Euch, Leicester, und das recht bald.«

»Lebt wohl, de Montfort«, sagte Lord Le Despenser. »Auch ich werde Euch bald folgen.«

Ein schwaches Lächeln schwebte um die Lippen des Sterbenden.

»Muß es so sein?« fragte er. »Nun denn, so ordnet eure Leute und macht den Abtrünnigen, die ihr Vaterland verraten haben, den Tag so heiß und schwer, daß man von der Schlacht von Evesham reden soll, solange die Freiheit den Engländern teuer ist. - Horch, sie rücken an!« fuhr er mit schwacher Stimme fort.

»Nein, mein Lord, das ist der Donner«, sagte der Wundarzt.

»Donner?« murmelte de Montfort halb bewußtlos. »Ich bin sehr durstig!« - Einer lief hin und brachte ihm etwas Wasser vom Bach. Es schien ihn zu erquicken, und sich einen Augenblick auf seinen Arm stützend, sah er sich im Kreis um und rief laut: »Tut eure Pflicht!« Dann sank er tot um.

Ein Dutzend Stimmen antworteten: »Das wollen wir!«, und jeder sprang auf sein Pferd und eilte wieder an die Spitze seiner Truppen. Gerade als Edwards Heer sich in Bewegung setzte, um erneut vorzurücken, ward die ganze Schlachtreihe der Konföderierten entlang der Befehl zum Vormarsch gegeben. Die Trompeter bliesen zum Angriff, und das Heer, das bis zu dieser Stunde seine feste Verteidigungsstellung behauptet hatte, stürmte vorwärts, dem Feind entgegen.

Beide Heere prallten wild gegeneinander, und furchtbar war der Kampf, als sie bald, sich über die ganze Ebene hin in Gruppen auflösend, handgemein wurden. In einer dieser Gruppen befanden sich der junge Lord Monthermer und Robin mit einem kleinen Haufen Bogenschützen.

»Mein Lord, mein Lord!« rief Sir John Hardy, heranreitend. »Euer Oheim ist verwundet!«

»Tragt ihn vom Schlachtfeld, Sir John«, erwiderte Hugh. »Robin, ich bitte Euch, seht nach ihm. Tragt ihn vom Schlachtfeld!«

»Holla, Monthermer!« schrie eine laute Stimme aus einem Haufen von feindlichen Berittenen heraus, die herbeijagten. »Nieder mit Eurer Lanze! Ergebt Euch dem Prinzen!«

»Wenn der Prinz mich fangen kann!« antwortete Hugh, mit der Lanze auf Edwards Schild zielend und die Sporen seinem Roß tief in die Seiten stoßend.

»Zurück!« schrie Edward seinen Leuten zu. »Zurück, alle, bei Eurem Leben!« Dann rannte er in vollem Jagen dem jungen Lord entgegen, und ihre Lanzen splitterten wie bei einem Turnierkampf auf dem Stechplatz.

Hugh de Monthermers Schwert flog im Nu aus der Scheide, während Edward schrie: »Ergib dich, Hugh, ergib dich!« Aber eine Anzahl von Kriegern zu Fuß rannte herbei, und plötzlich erhielt der junge Ritter einen heftigen Schlag mit einer Keule, während sein Pferd verwundet von dem breiten Schwert eines Armbrustschützen, taumelte und niederstürzte. Ein Dutzend Lanzen waren in einem Augenblick gegen seine Kehle gerichtet. Edward sprang vom Pferd, beugte sich über den jungen Ritter und rief: »Jetzt, Hugh, ergebt Ihr Euch ohne Widerruf?«

»Ich habe keine Wahl, mein Lord«, versetzte der andere. »Ich bin in Eurer Hand.«

»Tragt ihn hinter das Treffen«, befahl Edward, »aber behandelt ihn mit aller Sorgfalt und Milde als Eures Prinzen Freund. - Nun, meine Lords«, fuhr er fort, sein Pferd wieder besteigend, »ist, dünkt mich, das Feld unser, und es ist kaum noch hell genug, um einen Streich zu führen. Tapfer ist der Kampf gefachten worden, und die Gerechtigkeit gegen unsere Feinde erheischt die Anerkennung, daß nie mehr Tapferkeit, Geschicklichkeit und Ritterlichkeit bewährt wurde als heute von ihnen. Jemand hat gesagt, de Montfort sei tot. Hat sich die Nachricht bestätigt?«

»Sie ist gewiß, mein Lord«, antwortete einer seiner Begleiter. »Der Lord von Vesci, der schwerverwundet gefangengenommen worden ist, sah ihn sterben.«

»Er war ein großer Mann«, sagte Edward. »Jetzt gebt Euren Rossen die Sporen und säubert das Feld, aber seid barmherzig! Bedenkt, es sind tapfere Männer und Landsleute!«

Mit diesen Worten rückte der Prinz wieder vor. Als er sah, daß nirgends mehr ein ernstlicher Kampf tobte, ließ er sein Banner am Ufer eines kleinen Baches aufpflanzen und seine Trompeter die Streiter zurückrufen.

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