XXXVI

DER KÖNIG und Prinz Edward standen in der großen Schloßhalle, im Begriff auszureiten. Verhältnismäßig wenige Begleiter waren um sie, und eine lebhafte, aber geistlose Lustigkeit lag in des Königs Gesicht, als er jetzt mit einem fürchterlich verwachsenen Hofnarren spaßte, der, mit spöttischer Pracht herausstaffiert, an seiner mißgestalteten Person mehr Bänder, Federn und Spitzen zur Schau trug, als der ganze übrige Hof zusammen. Voll Bosheit, Witz und Unverschämtheit, war er vertraut mit jeder üblen Nachrede und Lästerung, mit jedem plumpen Spaß und jeder anstößigen Geschichte des Hofes und unterhielt damit den König in seinen müßigen Stunden, wenn dieser nicht in der Gesellschaft seiner ausländischen Günstlinge Unterhaltung suchte.



Die Stirn Edwards dagegen war finster und trüb. Viele Dinge waren seit dem Sieg von Evesham gegen seine Wünsche gegangen; sein Vater schien entschlossen, keine der Zusagen zu erfüllen, die er den patriotischen Edelleuten, welche die königliche Sache unterstützt hatten, gegeben, und obgleich Edward die kindliche Achtung gegen seinen Vater nicht in dem Maße minderte, wie ihm vielleicht seine hohen Absichten und seine großen Taten das Recht gegeben hätten, konnte er doch nicht umhin, seine Mißbilligung deutlich in seiner Miene kundzutun.

Der König war von seinen Gemächern heruntergekommen, ehe noch seine Pferde in den Hof geführt worden waren. Als nun die Tür am entgegengesetzten Ende des Saales sich öffnete, machte er einige Schritte in jene Richtung, gefolgt von den ihn umgebenden Herren, in der Meinung, daß Leute von seiner Bedienung kämen, ihn zu benachrichtigen, daß die Pferde für den Ausritt bereitstünden.

Zwar zeigten sich wirklich zwei von den königlichen Dienern, aber hinter ihnen sah man die kraftvolle Gestalt Hugh de Monthermers, begleitet von dem alten Ritter Sir John Hardy auf der einen und einem Pagen auf der anderen Seite. Er schritt rasch durch den Saal, und ehrerbietig vor dem König und dem Prinzen sich verbeugend, sagte er:

»Ich bin gekommen, Euer Gnaden, gemäß dem mir zugesicherten freien Geleit, mit einem Mann, der erfahren genug in Waffentaten ist, um mein Pate und Zeuge im ritterlichen Kampf zu sein, sowie mit fünfundzwanzig Begleitern. Ich will meinem Ankläger Angesicht in Angesicht gegenübertreten, seine Anklage für falsch erklären vor Gott und den Menschen und mit ihm kämpfen nach dem Gesetz der Waffen. Ich bitte Euch, gnädiger Herr, laßt mich wissen, wer mein Ankläger ist?«

»Ich!« antwortete jemand hinter dem König, und Alured de Ashby trat vor an Heinrichs Seite. »Ich bin es, Alured de Ashby, der Euch, Hugh de Monthermer, anklagt, verräterischer- und böswilligerweise umgebracht zu haben William de Ashby, meinen Vater. Ich stelle mich unter die Entscheidung des Himmels, und Gott schütze das Recht!«

Hugh de Monthermer war sehr blaß geworden. Seine Lippen zuckten, seine Augen blickten verstört, und ein paar Sekunden blieb er stumm. Endlich jedoch erwiderte er:

»Ihr tut mir bitteres Unrecht, Alured de Ashby! Ihr solltet mich besser kennen.«

»Wieso?« fragte sein Gegner. »Es liegt starker Verdacht gegen Euch vor.«

»Den ich im Nu zerstreuen kann«, sagte Hugh de Monthermer. »Aber selbst wenn zehnmal stärkerer Verdacht vorläge, solltet Ihr, sage ich, am wenigsten unter allen Menschen ihn aufnehmen.«

»Wie blaß er geworden ist!« bemerkte einer der Höflinge in der Nähe, laut genug, daß Hugh es hören konnte.

»Ja, Sir, ich werde blaß«, versetzte Hugh, den Sprecher finster musternd. »Ich werde blaß, weil ich finde, daß ein Mann, gegen den ich zuallerletzt das Schwert ziehen möchte, es ist, der mich durch einen falschen und grundlosen Verdacht zwingt, es doch zu tun. - Alured de Ashby, Ihr wißt recht gut, als Ihr Euren Namen als den meines Anklägers verschweigen ließet, daß keine Ausforderung mich vermögen würde, meine Hand in das Blut des Bruders Eurer Schwester zu tauchen.«

»Das war der Grund, warum ich ihn verschweigen ließ«, antwortete Alured kurz.

»Hättet Ihr dann nicht ebenso wissen sollen«, fragte Hugh mit Schärfe, »daß derselbe Grund meinen Arm, und wäre er schon aufgehoben gewesen, noch mehr hätte abhalten müssen, das Blut ihres Vaters zu vergießen? Ihr wißt das, Alured de Ashby - in Eurem Herzen wißt Ihr das wohl!«

»Das führt alles zu nichts«, sagte Alured de Ashby mit unbewegter Miene. »Ihr, Hugh de Monthermer, unterliegt meiner Aufforderung. Ihr habt sie angenommen, und ich behaupte sie. Hier liegt mein Handschuh!«, und er warf ihn vor dem König nieder.

Sir John Hardy trat sogleich vor, hob ihn auf und sagte: »Im Namen des höchst edlen Lords Hugh de Monthermer, Baron von Amesbury, nehme ich auf Euer Pfand, Alured Graf von Ashby, und verspreche in seinem Namen, daß er mit Euch kämpfen wird in seiner Streitsache, wann und wo der König zu bestimmen geruht, zu Roß oder zu Fuß, mit den gebräuchlichen Waffen und Rüstungen, gemäß dem Gesetz der Waffen und den Gebräuchen der englischen Ritterschaft.«

Hugh de Monthermer kreuzte die Anne über der Brust und schlug die Augen zu Boden nieder. Es war geschehen - die nicht mehr zu lösende Verpflichtung war eingegangen! Er mußte entweder das Blut von Lucys Bruder vergießen, die ihm die Teuerste auf Erden war, oder er mußte der Ehre für immer entsagen. Zwischen diesen beiden Aussichten, jede gleich drohend und fürchterlich, konnte er nur den vor ihm liegenden Weg blindlings verfolgen. Er mußte deinem Ankläger mit den Waffen entgegentreten, mußte mit ihm kämpfen auf Leben und Tod, mußte ihn besiegen, er mußte ihn töten. Er kannte wohl seine Geschicklichkeit in den Waffen und zweifelte nicht, daß er den Sieg davontragen würde. Aber er wußte auch, daß er Alured de Ashby nicht leicht würde entwaffnen oder verwunden und damit retten können. Wenn sie einmal gegeneinander im Kampf standen, so galt es Leben gegen Leben, bis der eine oder der andere erschlagen war. Auch konnte er sich nicht nur verteidigen und seinen Gegner schonen; denn für ihn als Angeklagten war nicht der Tod allein, sondern Entehrung die notwendige Folge des Besiegtseins. Nein! Mit eigner Hand mußte er sein Glück zerstören, die süßesten Bande des Herzens zerreißen und sich zu lebenslänglicher Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit verurteilen.

Inzwischen hatte sich Heinrich mit seinem Sohn besprochen, und der König wandte sich nun zuerst gegen den Ankläger und dann gegen den Angeklagten und sagte; »Meine Lords, wir wollen den nächsten Montag zur Entscheidung dieser Sache durch die Waffen bestimmen. Der Platz soll die Schießstatt am Ufer des Trent unterhalb der Brücke sein. Wir wollen Sorge tragen, daß ordentliche Schranken errichtet werden, und verpflichten Euch beide, bis zum Tage des Kampfes miteinander Frieden zu halten und in ruhiger Freundschaft zu leben, wie edle Ritter tun mögen, wenn auch tödlicher Streit zwischen ihnen obwaltet, der nachmals entschieden werden soll.«

Nach diesen Worten schickte sich der König an, die Halle zu verlassen; Edward aber blieb noch einen Augenblick stehen und faßte Hugh de Monthermer bei der Hand. »Ich beklage es zutiefst, Hugh«, sagte er, »daß durch traurige Mißverständnisse - ja, und durch eine gewissenlose Handlungsweise von Seiten einiger Gentlemen dieses Hofes«, fuhr er laut fort, »eine ungerechte Anklage seinerzeit gegen Euch erhoben worden ist, aus der dann zum Teil diese zweite Anschuldigung entsprang. Von der ersten Anklage habt Ihr Euch gereinigt; von der zweiten werdet Ihr, das weiß ich, Euch ebenfalls reinigen, wie es Euch geziemt. Inzwischen seid Ihr mein Gast; einer der Türme auf dem untern Wall ist für Euch und Eure Leute in Bereitschaft gesetzt. Da der Tag für diesen Kampf etwas bald angesetzt ist, steht Euch mein Waffenmeister zu Gebot, um Euch mit allem zu versehen, dessen Ihr bedürfen mögt; denn Eure Wohnung ist zu entfernt, um von dort Harnisch und Waffen holen zu lassen. - Wir kennen diesen tapferen Grafen zu gut«, fuhr er, sich gegen Alured de Ashby wendend, fort, »um nicht überzeugt zu sein, daß sein Gegner in den Schranken jede Vorsicht und Verteidigungsmaßregel anwenden muß, die das Gesetz der Waffen gestattet.«

Alured lächelte stolz und folgte dem König, der nun mit seinem Sohn und den übrigen Hofleuten die Halle verließ, in deren Mitte Hugh de Monthermer mit seinen Begleitern stehenblieb, wenig beachtend, was um ihn vorging, ganz versunken in seine trüben Gedanken.

»Mein Lord, ich habe den Auftrag, Euch Eure Gemächer anzuweisen«, sagte ein Diener, der sich ihm ehrerbietig genähert hatte. »Der Turm ist sehr bequem, aber die Ställe sind nicht ebensogut, und Ihr müßt sechs von Euern Pferden in der Stadt einstellen. Hierher, mein Lord, wenn es Euch beliebt.«

Hugh de Monthermer folgte ihm schweigend, und so führte ihn der Mann über den Hof nach einem der Türme, der auf einem abgesonderten Gebäude stand, nur durch die Wälle mit dem übrigen Schloß verbunden.

»Dies, Sir«, sagte der Diener, mit ihm eintretend, »ist der Raum für Eure Leute, die von des Königs Vögten mit allem Nötigen versehen werden. Dort sind zwei Schlafzimmer, und hier ist ein Gemach für den tapferen Ritter Sir John Hardy. Jetzt diese Treppe hinauf, mein Lord: Hier ist ein leeres Zimmer für Euch, Eure Waffen aufzustellen und nachzusehen, ob alles für Mann und Roß recht imstande ist. Hier ein Pflock für Euren Hut und Helm, hier Ständer für Eure Lanzen, hier ein Haken für Euren Schild und ein Block für den Harnisch und die übrige Rüstung. Dort ist das Vorzimmer, mein Lord, mit Rollbetten für einen Yeoman und einen Pagen. Diese Tür führt durch den Wall direkt zu den Gemächern des Prinzen und diese zu Eurem Schlafzimmer.«

Dann entfernte sich der Diener mit dem Versprechen, des jungen Ritters Leute zu schicken und ihnen zu zeigen, wo sie ihre Pferde einstellen sollten.

»Faßt Euch, mein Lord«, sagte Sir John Hardy. »Das ist freilich ein bitterer Wechsel des Gegners, aber nun es so ist, läßt es sich nicht mehr ändern, und Ihr müßt Eure Schuldigkeit tun gegen diesen Grafen, der selbst sein Schicksal auf sein Haupt herabbeschwört.«

»Ich glaubte ihn zweihundert Meilen entfernt«, erwiderte Hugh. »Aber wie Ihr sagt: Ich muß meine Schuldigkeit tun. Sorgt für alles Erforderliche, Sir John, denn ich habe kein Herz dazu. Ein guter einfacher Harnisch ist alles, was ich verlange; das Pferd, das mich hierhergetragen, wird es so gut tun als ein anderes.«

»Nein, mein Lord, Ihr dürft nicht zu hastig sein«, sagte der alte Ritter ermahnend. »Es könnte sonst ein Unglück eintreten.«

»Das schlimmste Unglück tritt so oder so ein«, versetzte Hugh de Monthermer mit einer resignierenden Handbewegung. »Ich kann in diesem Augenblick nichts bedenken und nichts besprechen und will mich in mein Zimmer begeben. Wenn jemand kommen sollte, sagt, ich sei beschäftigt - bin ich doch beschäftigt genug mit finsteren Grübeleien!«

Er begab sich in das ihm angewiesene Schlafzimmer, und sich in einen Sessel werfend, stützte er die Arme auf den Tisch und bedeckte die Augen mit den Händen.

Die ihm gegönnte Frist war kurz - nur drei Tage -, so daß keine Hoffnung war, vor dem zum Kampf anberaumten Zeitpunkt Beweise seiner Unschuld herbeizubringen. Er konnte zwar in den Wald schicken, konnte selbst Nachforschungen anstellen, wenn er wollte - aber Robin Hood hatte ihm ausdrücklich erklärt, daß die Beweise gegen Richard de Ashby frühestens in acht Tagen vorgebracht werden konnten, und seine eigene Ungeduld, sich von der Anklage zu reinigen, hatte ihn viel früher an den Hof geführt, als seine Freunde im Wald gutgeheißen hatten. So blieb ihm nichts übrig, als den Kampf auszutragen, sollte darüber auch sein Glück zerstört werden.

Die Tür ihm gegenüber wurde langsam geöffnet, und Prinz Edward trat ein. »Ich habe gepocht«, sagte er, »aber Ihr habt nicht geantwortet.«

»Verzeiht mir, Edward«, erwiderte Hugh aufstehend. »Meine Gedanken waren so beschäftigt, daß ich nichts hörte. Aber Ihr wißt, Eure Gegenwart ist das einzige, was mich aufrichten kann.«

»Das ist in der Tat ein trauriger Handel«, sagte Edward, sich setzend. »Kommt, Hugh, und erzählt mir, wie alles gekommen ist.«

»Ich weiß es selbst nicht. Ihr müßt mehr Nachrichten haben als ich; denn hier ist das Komplott geschmiedet worden. Hier, an Eures Vaters Hof, wo sie es vor kurzer Zeit einzuleiten wußten, daß ich ohne Untersuchung, ungehört, ohne Verteidigung zum Tode verurteilt wurde - hier haben sie, als jenes fehlschlug, einen neuen Anschlag zu meinem Verderben ausgeheckt.«

»Nein, nicht das meinte ich«, sagte Edward. »Ich wollte fragen, wie Ihr so übereilt die Entscheidung durch die Waffen fordern konntet, während ich erwartete, Ihr würdet gehörige Untersuchung und richterliches Urteil nach den Gesetzen verlangen?«

»Ith bin getäuscht worden, mein Lord«, versetzte Hugh. »Sogar Lucy war der Meinung, Richard de Ashby sei mein Ankläger. Ich wußte gar nicht, daß Alured zurückgekommen; sonst hätte ich freilich vermutet, daß er den Kampf selbst aufnehmen würde, mochte er nun der Anklage Glauben schenken oder nicht.«

»Daß Richard der eigentliche Ankläger ist und seinen Vetter nur vorgeschoben hat, daran kann kein Zweifel sein«, sagte der Prinz. »Dennoch wart Ihr zu hastig, und ich weiß jetzt nicht, was geschehen kann, Euch zu helfen. Wer kann beweisen, was Ihr getrieben habt an dem Tage, als das Verbrechen verübt wurde?«

»Geächtete und Verbannte, sonst niemand, mein Lord; Zeugen, deren Aussagen nicht gegeben oder nicht angenommen werden können. Aber ich möchte Euch bitten, mich wissen zu lassen, welche Verdachtsmomente gegen mich sprechen.«

»Der Anschlag ist mit Geschick angelegt«, antwortete Edward. »Die Beweise sind vielfach - aber Ihr sollt das Ganze hören.«

Hugh folgte aufmerksam dem Bericht des Prinzen. »Gut angelegt, in der Tat, mein Lord«, sagte er dann nach einer Pause. »Aber gar zu verwickelt, um den Zweck zu erreichen. War denn niemand, Sir, der etwas zu meiner Verteidigung zu finden vermochte?«

»Ja«, antwortete Edward, »es fand sich jemand, und zwar sie, die Ihr liebt. Sie trat vor, um Euch Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Sie tilgte selbst in den Gemütern Eurer Feinde zum Teil den Verdacht und bewies, daß die eine Hälfte der Angaben falsch, die andere mehr als zweifelhaft sei.«

»Teures Mädchen!« rief Monthermer. Dann, Edward prüfend ins Gesicht schauend, fragte er: »Soll meine Hand ihres Bruders Blut vergießen?«

»Überdies«, fuhr der Prinz, die Frage nicht beachtend, fort, »sprach sie ihre Überzeugung aus, daß der wirkliche Mörder auf Euch Verdacht geworfen habe, um sich zu decken.«

»Der Anschlag, mein Lord, geht noch weiter«, setzte Hugh de Monthermer seine Überlegungen fort, »oder ich müßte sehr blind sein. Hat Lucy gesagt, wen sie für den Schuldigen hält?«

»Sie wollte es in der Gegenwart des Hofes nicht einmal andeuten; aber inzwischen hat die Prinzessin ihr unter der Hand das Geheimnis entlockt. Wir hegen übrigens denselben Argwohn. - Und Ihr? Habt auch Ihr einen bestimmten Verdacht?«

»Verdacht, mein Lord?« rief Hugh leidenschaftlich aus. »Ich hege nicht nur einen Verdacht, bei mir ist es Gewißheit. Sagt selbst: Wäre es nicht ein wohlausgesonnener Anschlag - vorausgesetzt, daß zwischen einem gewissen Mann und einem großen Vermögen, nebst der Hand der liebenswürdigsten Lady im Lande, ein Vater, ein Bruder und ein Geliebter stünden -, den alten Mann heimlich umzubringen und den Sohn anzustiften, daß er den Verlobten der Tochter des Verbrechens beschuldige, um einen Kampf zwischen beiden herbeizuführen, in der Hoffnung, des Bräutigams wohlbekannte Lanze werde gleichzeitig beide Hindernisse wegräumen, indem sie mit der Tötung des einen zugleich jede Hoffnung des anderen auf eine Heirat mit dem Fräulein im Blute des Bruders ersticke? So wären Vater, Bruder, Geliebter allesamt beseitigt, Ländereien und Lordschaft sein und das Fräulein seiner Willkür preisgegeben. Versteht Ihr mich, mein Lord?«

»Wohl!« antwortete der Prinz. »Ihr meint also ...«

»... Richard de Ashby, mein Lord, und wenn der Tag für diesen Kampf nicht so zeitig anberaumt worden wäre, so würde ich, gemäß einem mir gegebenen Versprechen, binnen acht Tagen Zeugnisse bekommen haben, die dem Verbrecher seine tückische Bosheit bewiesen hätten.«

Edward überlegte die Möglichkeit, den Kampf aufzuschieben. Ein gerichtlicher Zweikampf war zu jener Zeit aber eine Angelegenheit, in die sich selbst ein Prinz nicht einmischen durfte. Er sah deshalb keine Möglichkeit, den Tag oder auch nur die Stunde des Kampfes zu verlegen, wenn nicht ein unvorhergesehener Umstand eintrat, der eine solche Änderung motivierte. Sonst, wußte er, würde die ganze Ritterschaft Europas sein Verfahren verurteilen, und das war eine Stimme, der selbst er sich nicht entgegenstellen durfte.

»Es ist dumm«, sagte er, »daß der Tag so bald angesetzt wurde, daran läßt sich nichts mehr ändern. Aber seid Ihr fest überzeugt, daß Ihr binnen acht Tagen Beweise aufbringen könnt, die die Schuld dieses Elenden klar dartun?«

»Ganz gewiß«, versetzte Hugh de Monthermer. »Ich habe das Wort eines Mannes, der mich noch nie enttäuschte - das Wort eines Mannes, der nie leichtsinnig und unbedacht spricht.«

»Und wer ist das?« fragte Edward.

Ein schwaches Lächeln flog über das Gesicht Hugh de Monthermers. »Es ist einer von des Königs Geächteten«, antwortete er, »aber doch kann man sich auf sein Wort verlassen.«

Der Prinz sann eine kleine Weile nach und sagte dann zögernd: »Es ist wahrscheinlich, daß die Geächteten im Walde etwas von der Sache wissen. Glaubt Ihr, daß sie daran beteiligt sind?«

»Was? Bei dem Mord?« rief Hugh de Monthermer empört. »O nein, mein Lord! Wollte Gott, Ihr hättet so ehrliche Männer in Nottingham-Castle, wie es sie im Sherwood gibt!«

»Ihr seid bitter, Hugh, aber vielleicht habt Ihr recht«, versetzte der Prinz nachdenklich. »Ich bin dafür, daß Ihr schleunigst zu diesen Leuten schickt und sie bitten laßt, ohne Verzug alle Beweismittel, die in ihren Händen sind, Euch mitzuteilen. Wenn dabei irgendein Zeugnis an den Tag kommt, daß Richard de Ashby das Verbrechen begangen hat, so werde ich dem Kampf Einhalt gebieten. Aber wenn ich meine Sache nicht beweisen kann, darf ich das nicht wagen.«

»Der Beweis wird, denke ich, herbeigeschafft werden können, mein Lord. Ich will augenblicklich jemand fortschicken, wie Ihr mir ratet. Alles, was ich an Zeugnissen bekomme, will ich dann in Eure Hand geben.«

»Gut! Ich muß Euch jetzt aber verlassen. Ihr seid natürlich zum Nachtessen des Königs geladen. Zeigt, ich bitte Euch, ein ruhiges und festes Auftreten, damit Eure Feinde nicht triumphieren. Euer Ankläger ist nach Lindwell zurück, und Edwards Freund darf nicht niedergeschlagen scheinen.«

Edward erhob sich, aber ehe er ging, sagte er noch leise: »Ohne Zweifel wißt Ihr, daß die Dame Eurer Liebe hier ist - ja, hier in Nottingham-Castle, bei der Prinzessin Eleonore. Natürlich zeigt sie sich in diesen Tagen der Trauer nicht am Hof; aber wenn es möglich ist, will ich es einzurichten suchen, daß Ihr sie seht. Mich dünkt, die Gesetze der Ritterschaft verlangen das so!«

»Ich würde sie gern sehen, und keiner, der des Ritters Schwert und Sporen trägt, würde wagen, mir das zu verweigern. Muß ich ihr nicht dartun, daß dies nicht mein Werk ist, daß ich für den Tod ihres Bruders sowenig verantwortlich bin wie die Lanze, die ihn durchbohrt? Ja, mein Lord, ich muß sie sehen!«

»Das sollt Ihr«, versetzte Edward, »aber nicht heute abend. Lebt wohl für jetzt!«


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