VIER

Klasse !« Luisa klatscht begeistert in die Hände. »Ich will auf alle Fälle Blümchen streuen ! Das wollte ich schon immer mal machen !«

Marc lacht und streicht seiner Tochter zärtlich über den Kopf.

»Also, ich bin mir nicht sicher, ob wir das Fest so feiern, dass ein Job für ein Blumenstreumädchen dabei rausspringt. Ich glaube, Caro und ich wollen nur eine kleine, persönliche Feier. Nur mit dir und Henri, den Trauzeugen und den Omas und Opa.«

»Oh.« Luisa klingt sehr enttäuscht. Warum nur ? Ich finde nach wie vor, dass das eine ausgesprochen gute Botschaft ist. »Heißt das auch, dass Caro gar kein richtiges Brautkleid anzieht ?«

Marc zuckt mit den Schultern und schaut hilflos zu Carolin hinüber.

»Weiß nicht. Schatz, heißt es das ?«

Caro lächelt.

»Klar ziehe ich ein Brautkleid an. Vielleicht nicht weiß und mit Schleppe und Schleier. Aber auf alle Fälle ein schönes Kleid.«

Luisa schüttelt den Kopf.

»Dann ist es doch kein richtiges Brautkleid ! Dann ist es einfach irgendein Kleid. Und die Hochzeit ist dann keine Hochzeit, sondern irgendeine Feier.«

»Nun komm, Spatzl, sei nicht so enttäuscht«, tröstet sie Marc, »wir wollen eben nur mit den Menschen feiern, die uns ganz wichtig sind. Deswegen ist uns die Hochzeit selbst aber nicht weniger wichtig. Und es wird bestimmt trotzdem eine ganz tolle Feier. Du wirst schon sehen, wir überlegen uns etwas ganz Besonderes.«

Genau. Ein Spitzenplan, der meiner Meinung nach unbedingt auch die vierbeinigen Familienmitglieder umfassen sollte. Wenn ich schon diesem ominösen Georg als Trauzeuge weichen muss, will ich wenigstens bei der Party dabei sein. Während sich Luisa maulend in ihr Zimmer verzieht, bleibe ich noch ein bisschen bei Marc und Caro in der Küche. Vielleicht erfahre ich ein paar Details über das geplante Fest ?

»Oh, oh – da war jetzt aber eine gar nicht glücklich über unsere Hochzeitspläne im kleinen Kreis«, seufzt Marc und setzt sich zu Caro an den Küchentisch.

»Tja, das tut mir natürlich leid. Aber es ist ja in erster Linie unsere Hochzeit. Und ich finde, wir sollten sie genau so feiern, wie wir wollen. Nicht so, wie die anderen es erwarten.«

Ein sehr interessantes Konzept. Ich kenne mich mit menschlichen Feiern natürlich nicht so wahnsinnig gut aus. Zumindest bei der einzigen großen Feier auf Schloss Eschersbach, die ich selbst miterlebt habe, ging es jedoch eindeutig darum, die Erwartungen der Gäste zu erfüllen. Der junge Graf von Eschersbach hatte eingeladen, und ich würde sagen, dass diese Feier sogar ausschließlich für die Gäste veranstaltet wurde. Unsere Köchin Emilia und das andere Hauspersonal waren schon Tage vorher im absoluten Alarmzustand, weil der junge von Eschersbach eine fünf Meter lange Liste geschrieben hatte, die für das Fest abgearbeitet werden musste. Die Hecke wurde geschnitten, das Portal frisch gestrichen, der Rasen gemäht und überall Laternen befestigt, dazu wurden ganze Wagenladungen mit den leckersten Speisen zubereitet: Ich fresse einen Besen, wenn dieser ganze Aufwand nicht vor allem für die Gäste getrieben wurde. Die Hecke hatte doch vorher auch niemanden gestört. Der junge Eschersbach wollte also eindeutig feiern, um seine Gäste zu beeindrucken. Das hatte auch sein Vater so gesehen – der Alte hatte sich damals sehr über das Fest aufgeregt. Die ganze Veranstaltung sei neureicher Kram. Ich weiß zwar nicht, was neureicher Kram ist, aber es war klar, dass der Alte die Feier für Angeberei hielt.

Vom Feiern mal ganz abgesehen: Nach meiner Dackellebenserfahrung ist es den meisten Menschen schon sehr wichtig, was wiederum andere Menschen von ihnen denken. Und das geht schon bei den kleinen Menschen los: Luisa zum Beispiel hat seit Kurzem nur noch bestimmte Sachen an. Die müssen aus einem besonderen Laden sein, sonst weigert sie sich, die anzuziehen. Dabei ist es in diesem Laden ganz dunkel, es ist fast unmöglich zu beurteilen, was man da gerade kauft. Ich weiß, wovon ich rede, denn Luisa hat mich einmal mitgeschleift. Ein Höllenlärm herrschte dort noch dazu, mir sind fast die Ohren abgefallen. Trotzdem müssen Luisas Klamotten unbedingt aus diesem Geschäft sein, etwas anderes will sie nicht mehr tragen. Oma Hedwig war neulich an einem Ort namens Teneriffa und hat als Geschenk ein T-Shirt von dort mitgebracht. Als Luisa es anziehen sollte, hat sie die Augen verdreht und verkündet, dass sie so etwas Uncooles niemals zur Schule anziehen würde. Da würden sich ja alle schlapp lachen. Oma Hedwig war tödlich beleidigt, aber das war Luisa egal. Markenwahn hat Hedwig das genannt und gesagt, dass es das zu ihrer Zeit nicht gegeben hätte. Das glaube ich aber nicht ganz, bestimmt gab es damals auch schon Sachen, mit denen man seine Mitmenschen beeindrucken konnte.

Nur besonders hartgesottenen Exemplaren ist die Meinung anderer Zweibeiner völlig wumpe. Der alte von Eschersbach ist so gestrickt. Was die Leute über ihn denken, interessiert ihn nicht. »Die Leute kaufen mit Geld, das sie nicht haben, Sachen, die sie nicht brauchen, um Menschen zu beeindrucken, die sie nicht mögen«, pflegt er häufiger zu sagen. Wahrscheinlich ist das tatsächlich so. Wie komme ich da jetzt eigentlich drauf ? Ach richtig, die Hochzeitsfeier ! Auf alle Fälle zeigt sich da, wie schlau Carolin ist, weil sie nur so feiern möchte, wie es ihr selbst gefällt. Nicht, wie die anderen es erwarten. Tolle Frau, mein Frauchen !

»Hm, ich glaube, bei Daniel und Claudia läuft es nicht mehr so rund.«

Nina ist zu Besuch, und Caro berichtet ihr von unserem Treffen mit Daniel. Als sie erzählt, dass er im Garten lag und sein Herzchakra suchte, runzelt Nina die Stirn.

»Er machte was ?«

»Er atmete gegen irgendwelche Blockaden in irgendeinem Chakra an.«

»Ach du Scheiße – seit wann ist Daniel denn auf dem Esoterik-Trip ?«

»Na, sag ich doch gerade – das hängt alles damit zusammen, dass er Stress mit Claudia hat. Ihr zuliebe hat er ein Yoga-Seminar besucht, und da haben sie festgestellt, dass er angeblich total blockiert ist.«

Nina schüttelt den Kopf.

»Auweia, da ist aber einer ganz schön verzweifelt.«

»Ja, ich fürchte auch. Das tut mir total leid.«

»Sollte es auch. Ist ja auch irgendwie deine Schuld.«

Caro reißt die Augen auf.

»Bitte ? Wie meinst du das denn ?«

»Na, ist doch klar: Eigentlich bist du nach wie vor Daniels Traumfrau. Und da er dich nicht kriegen kann, ist es mit allen anderen einfach nicht das Wahre. Das ging doch schon mit Aurora los.«

»Na hör mal«, schnaubt Caro und klingt dabei höchst empört, »Aurora ist eine schwierige, egozentrische Kuh. Dass das in die Hose gegangen ist, hat nun wirklich nichts mit mir zu tun !«

Genau ! Das kann ich nur bestätigen ! Ich weiß zwar nicht, was egozentrisch ist, aber schwierig war Aurora auf alle Fälle. Sie konnte zum Beispiel überhaupt nicht mit Hunden umgehen, und schlimmer noch: Sie mochte sie auch nicht. Das habe ich sofort gerochen, als sie das erste Mal in unserer Werkstatt auftauchte. Mag sein, dass sie eine tolle Geigerin war – als Frau fand ich sie furchtbar. Gut, dass Daniel das auch irgendwann eingesehen hat ! Mit Caro hatte das bestimmt nichts zu tun.

»Klar war die schwierig. Aber die Frage ist doch, warum Daniel überhaupt etwas mit der angefangen hat«, lässt Nina nicht locker. »Das war doch eine reine Verzweiflungstat. Das hat doch ein Blinder mit Krückstock gesehen. Insofern konnte einem Aurora fast leidtun. Ist bestimmt nicht schön, mit jemandem zusammen zu sein, der eigentlich eine andere liebt.«

Sind die Menschen kompliziert, oder sind sie kompliziert ? Aurora ist die Zicke, die den armen Daniel ziemlich terrorisiert hat, und ausgerechnet die tut Nina jetzt leid ? Unserer Nina, die sonst jede menschliche Schwäche erbarmungslos ins Visier nimmt ? Das verstehe, wer will. Ich tu es nicht. Wieso war es nicht schön für Aurora, mit Daniel zusammen zu sein ? Für ihn war es bestimmt noch unschöner. Und was heißt hier »mit jemandem, der eigentlich eine andere liebt« ? Wenn das nicht so gewesen wäre, hätte Aurora ihn doch gar nicht gekriegt. Also, wenn er mit der Frau zusammen gewesen wäre, die er tatsächlich geliebt hat. Denn das wäre ja meine Caro gewesen, und dann hätte Aurora ja erst recht ein langes Gesicht gemacht. Dann doch besser nehmen, was man kriegen kann, und damit glücklich sein. Wenn Schinken aus ist, tut es eben auch Fleischwurst.

Aber wie immer scheint es so einfach beim Menschen nicht zu funktionieren. Der Mensch nimmt dann offenbar die Fleischwurst und heult die ganze Zeit wegen des Schinkens – sinnbildlich gesprochen. Und das ist ziemlich blöd, denn natürlich kann einem so die leckerste Fleischwurst nicht schmecken. Das Gleiche gilt natürlich umgekehrt auch für Daniel, denn offensichtlich hat es ihm mit Aurora nicht gefallen. Tja, es ist schon sehr schwierig, einen Menschen glücklich zu machen. Und umso weniger finde ich, dass Caro etwas dafür kann, wenn Daniel nicht mit einer anderen Frau glücklich wird. Wuff !

Caro seufzt. Natürlich tut ihr Daniel leid. Er ist immerhin ihr bester Freund.

»Tja, dann ist es vielleicht gut, dass Daniel sich demnächst richtig in die Arbeit stürzen kann. Wir haben nämlich einen Superauftrag an Land gezogen !«

»Echt ? Was denn ?«

»Die Restaurierung einer historischen Instrumentensammlung. Insgesamt über fünfzig Geigen und Celli, auch ein paar Bratschen und Kontrabässe sind dabei und sogar eine alte Mandoline. Eine unglaublich tolle Geschichte ! Es haben sich noch drei andere Geigenbauer beworben, aber wir haben die Ausschreibung gewonnen.«

Nina lächelt und klopft Caro auf die Schulter.

»Super ! Und bestimmt spannender, als sich den ganzen Tag nur mit Windeln zu beschäftigen. Apropos – was machst du denn mit dem kleinen Hosenscheißer ? Kannst du den mit in die Werkstatt nehmen ?«

Carolin schüttelt den Kopf.

»Nee, wir werden auch viel vor Ort arbeiten – wenn Henri dabei ist, kann ich mich nicht richtig konzentrieren, und das ist auch zu gefährlich. Die Instrumente sind unglaublich wertvoll, ich will mir gar nicht erst vorstellen, dass Henri so eine dreihundert Jahre alte Geige zu fassen kriegt.«

Die beiden lachen. Was ist daran so komisch ? Henri ist ja nicht nur dumm, er ist auch total ungeschickt. Was er in die Finger bekommt, ist kurz darauf kaputt. Er hat schon Bücher zu Schnipseln verarbeitet und ein hübsches Armband von Luisa in seine Einzelteile zerlegt. UND Letztere auch noch geschluckt. Worauf der Kleine erst einmal unter großem Hallo ins nächste Krankenhaus gefahren wurde. Also: Sollten diese Geigen noch irgendetwas wert sein, obwohl sie schon so alt sind, sollte man Henri tunlichst auf Abstand halten.

»Nee, nee, Henri kommt nicht mit.«

»Aber was machst du dann mit ihm ? Allein zu Hause bleiben kann er ja wohl kaum mit seinen neun Monaten. Springt Oma Hedwig als Kindermädchen ein ?«

Abrupt setzt sich Carolin gerade hin und schüttelt energisch den Kopf.

»Nee. Um Gottes willen ! Bloß nicht ! Da würde ich lieber für den Rest meiner Tage Hausfrau bleiben.«

»Wieso ? Kann Hedwig nicht gut mit ihrem Enkel ?«

»Der Enkel ist nicht das Problem. Sie kann nicht gut mit ihrer Schwiegertochter. Ich erinnere mich noch mit Grauen an die Zeit, als Hedwig Marcs schwangere Arzthelferin vertreten hat. Furchtbar ! Ständig tauchte sie auch in der Wohnung auf und gab für alles und jedes kluge Ratschläge. Ich schwöre dir, wenn sie ständig auf Henri aufpassen würde, gäbe es bald Tote !«

Oha ! Das ist hoffentlich eine dieser menschlichen Übertreibungen ! Wobei ich die Zeit mit Hedwig deutlich schöner in Erinnerung habe, immerhin hat sie jeden Mittag gekocht – auch für mich ! Es war fast wie früher auf Schloss Eschersbach, wo Köchin Emilia auch für die Dackelverpflegung zuständig war. Hach, selige Zeiten ! Herr Beck findet zwar, ich hätte damals so zugenommen, dass ich irgendwann wie eine Wurst auf Beinen ausgesehen hätte, aber das ist natürlich völliger Unsinn. Und das muss gerade der Richtige sagen. Mit Sicherheit war ich nicht so fett wie der Kater. Insofern: Die Idee, dass Hedwig sich um Henri kümmert, ist meiner Meinung nach großartig ! Dann kann sie nämlich auch gleich ein Auge auf den Familiendackel werfen. Leider hat Caro wohl andere Pläne.

»Nun ja, aber immerhin ist Hedwig hier vor Ort. Deine Eltern wohnen in Lüneburg – für die wäre es zu weit, jeden Tag nach Hamburg zu fahren, um auf Henri aufzupassen.«

»Richtig. Aber alles kein Problem, ich habe eine ganz tolle Tagesmutter für Henri gefunden, die wird sich ab nächster Woche um ihn kümmern. Eine gute Freundin meiner Hebamme. Sie war lange selbst Hebamme und hat zwei Kinder, kennt sich also wunderbar mit Babys und Kleinkindern aus. Ein richtiger Glücksgriff, diese Frau Langhagen !«

Eine TagesMUTTER. Was in aller Welt ist das ? Carolin ist doch die Mutter von Henri. Und man kann doch wohl kaum zwei Mütter haben. Selbst als kleiner Mensch nicht. Ich war selbst dabei, als Caro Henri geboren hat. Aus Versehen auf der Parkbank eines Friedhofs. Mann, das war vielleicht aufregend ! Und es war garantiert keine Frau Langhagen dabei – das hätte ich bemerkt. Nur Caro, Marc und zwei Polizisten. Und natürlich ich. Und später Henri. Wieso braucht der jetzt also eine zweite Mutter ? Er hat doch eine. Und ein tolle noch dazu.

Andererseits: Vielleicht ist es für die Mutter selbst gar nicht schlecht, wenn es noch eine Ersatzfrau gibt. Ich erinnere mich, dass unsere Mutter manchmal ziemlich genervt von uns war. Wenn wir etwa alle gleichzeitig an ihren Zitzen trinken wollten, hat sie den einen oder anderen von uns, der besonders stürmisch war, schon mal gezwickt. Oder uns allesamt angeknurrt, wenn sie gerade ihre Ruhe haben wollte. Gekümmert hat sie sich dann aber trotzdem, wenn auch schlecht gelaunt. Hätte es aber eine Ersatzdackelmama gegeben, hätte sich meine Mutter einfach mal faul in ihren Hundekorb hauen und Welpen Welpen sein lassen können. Wobei sie das sicherlich auch gerne nachts gemacht hätte, da wäre eine Nachtmutter eigentlich praktischer gewesen als eine Tagesmutter.

Wie auch immer: Wenn die Tatsache, dass Henri demnächst eine zweite Mutter für tagsüber bekommt, bedeutet, dass wir ihn doch behalten können, wenn diese Geschichte namens Elternzeit vorbei ist, ist das natürlich eine feine Sache. Deswegen ist Caro auch noch so gut gelaunt. Wüsste sie, dass Henri demnächst weg ist, wäre sie bestimmt traurig. Als meine Tante ihren Wurf abgeben musste, war sie tagelang ganz mickrig, und ich hoffe doch, dass meine Mutter mich auch vermisst hat, als ich ins Tierheim kam.

Während ich noch darüber sinniere, auf welch praktische Ideen Menschen immer wieder kommen, auch wenn sie sonst so kompliziert denken, steht Caro auf und holt zwei Gläser aus dem Wohnzimmerschrank.

»Oh, gibt’s was zu feiern ?«, erkundigt sich Nina.

Gute Frage, denn tatsächlich deuten diese Gläser meiner Erfahrung nach darauf hin, dass Caro ihrer Freundin gleich Alkohol servieren wird. Und dafür ist es vor dem Mittagessen eigentlich noch etwas früh. Es sei denn, es ist ein besonderer Anlass. So weit immerhin habe ich das Alkoholtrinkritual schon durchschaut.

Caro lacht und stellt die Gläser auf den Tisch.

»Na klar, wir haben doch noch gar nicht auf dein Trauzeugenamt angestoßen ! Und ich dachte, ein Gläschen Prosecco könnte ein anschließendes Brainstorming mit dir, wie genau wir feiern wollen, deutlich befördern. Moment, ich hole mal die Flasche aus dem Kühlschrank.«

Sie geht in Richtung Küche, Nina bleibt sitzen und beginnt, mich gedankenverloren hinter den Ohren zu kraulen. Komisch – das macht sie sonst nie ! Als sie dann auch abgrundtief seufzt, ist mir klar, dass hier etwas nicht stimmt. Und zwar absolut nicht.

Aus der Küche kommt ein lautes Plopp, kurz darauf kommt Carolin mit einer Flasche zurück und füllt die Gläser mit sprudelndem Inhalt.

»So, dann würde ich mal sagen: Auf die Liebe !«

Sie hebt ihr Glas, Nina zögert einen Moment, dann nimmt sie ebenfalls ihr Glas.

»Ja, prost, auf die Liebe.«

Die beiden trinken, dann setzt sich Carolin wieder neben Nina.

»Weißt du, ich habe schon mal überlegt, wo wir feiern können. Antje und Jörg haben doch damals gleich die Trauung ins Jacobs verlegt – die haben wohl ein extra Trauzimmer im Hotel. Und danach haben sie dort mit der Familie gegessen und gefeiert. Muss ein sehr schönes Fest gewesen sein, ganz intim und besonders. Und eine Hochzeitsnacht im Jacobs ist natürlich ein Traum, oder ?«

»Ja, hm. Weiß nicht. Meins wär’s nicht. Viel zu vornehm.«

Nina klingt, als habe sie Zahnschmerzen. Oder schlechte Laune.

»Meinst du ?«, fragt Caro enttäuscht. »Also, ich finde, für so einen besonderen Anlass …«

»Gut, ist nur meine Meinung«, unterbricht Nina sie, »aber euer Fest.«

»Nein, nein, deine Meinung ist mir ja wichtig. Okay, ich habe neulich in einer dieser Hochzeitszeitschriften einen Artikel über einen Leuchtturm an der Elbe gesehen, da kann man heiraten und mit einer kleinen Gruppe auch feiern.«

»Leuchtturm ? Verbindet euch denn irgendwas mit der Seefahrt ?«

Okay, keine Zahnschmerzen. Sondern definitiv und einfach schlechte Laune. Und zwar so deutlich, dass es jetzt auch mein Frauchen merkt.

»Sag mal, was ist denn los mit dir ? Ich hatte gehofft, dass es dir Spaß macht, ein bisschen Wedding-Planerin zu spielen.«

Was mag eine Wedding-Planerin sein ? Auf alle Fälle wohl etwas, zu dem Nina nicht die geringste Lust hat. Das ist mehr als offensichtlich.

»Na ja, Heiraten ist irgendwie gerade nicht mein Lieblingsthema.«

Sie stellt ihr Glas auf dem Couchtisch vor sich ab und starrt an die Decke. Carolin mustert sie nachdenklich.

»Liegt das an Marc ? Ist Trauzeugin doch nicht ganz das Richtige ?«

Nina schüttelt den Kopf.

»Nein, nein, das ist es nicht. Sonst hätte ich schon etwas gesagt, als du mich gefragt hast. Es ist nur … seit ich von meinem Auslandsjahr zurück bin, läuft es mit Alex nicht mehr so. Keine Ahnung, woran das liegt. Er ist lieb und nett und kümmert sich um alles, aber irgendwie … ach, ich weiß auch nicht. Wenn du dann übers Heiraten sprichst, ist mir ein bisschen seltsam zumute.«

»Hey !« Carolin streicht Nina über den Arm. »Warum hast du mir denn nichts davon erzählt ?«

»Weiß nicht. Ich wollte dir nicht die gute Laune verderben. Und ich freu mich ja auch für dich. Und natürlich für Marc. Aber ich wäre eben auch gern richtig glücklich verliebt.«

Auweia ! Die arme Nina ! Ich kann sie so gut verstehen ! Ich glaube, wenn der fette Kater mir vorsäuseln würde, wie glücklich er mit der getigerten Lady aus dem Haus zwei Ecken weiter ist, könnte ich mich auch nur begrenzt für ihn freuen. Ich meine, klar, er ist mein Freund, aber so etwas hört man sich doch ungern an, wenn man selbst Liebeskummer hat. Und nun hat es unsere Nina getroffen, und sie fühlt sich schlecht. Obwohl die doch sonst immer so hart im Nehmen ist.

Komisch ist allerdings, dass sich die Zweibeiner für ihre Beziehungskrisen offenbar den Frühling aussuchen. Ich meine, das kann doch kein Zufall sein, dass es nun gleichzeitig bei Daniel und Nina brodelt. Bei uns Vierbeinern ist das eigentlich die passende Zeit im Jahr, einen Partner zu finden. Nicht, ihn loszuwerden. Wobei – wenn ich bei Cherie endlich eine Chance hätte, wäre mir die Jahreszeit egal. Es könnte von mir aus auch tiefster Winter sein. Jaul, Liebeskummer ist furchtbar ! Ich sollte vielleicht eine Selbsthilfegruppe mit Nina und Daniel gründen.

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