ZWANZIG




Also, es hat versucht, mit einem Dreizack das Fenster einzuschlagen? Und es hat getobt und geheult?« Am nächsten Morgen sitzt Corinna von Eschersbach mit den Mädchen am Frühstückstisch und lässt sich noch einmal genau schildern, was in der Nacht zuvor passiert ist. Wobei nach dem Geschrei der Kinder eigentlich gar nichts mehr passiert ist, denn als Corinna und ihr Mann Gero daraufhin ins Zimmer geschossen kamen, gab es von dem Monster weit und breit keine Spur mehr.

Ich persönlich bin nach dieser Nacht völlig gerädert. Die Mädchen sind geschlossen in das Wohnzimmer von Corinna und Gero umgezogen und haben dort ein Matratzenlager aufgebaut. Von mir gewissenhaft bewacht, sind die Kinder auch irgendwann eingeschlafen, aber ich habe natürlich kein Auge zugetan. Immer wieder bin ich zur Tür geschlichen und habe geschnüffelt, ob sich dort etwas Verdächtiges tun könnte. Und als ich dann doch einmal kurz eingenickt bin, habe ich von glutäugigen Monstern und anderen Schlossgespenstern geträumt und bin sofort wieder aufgewacht.

»Vielleicht wohnt das Schlossgespenst ja schon ganz lange hier, und wir haben es irgendwie aufgeschreckt«, mutmaßt Luisa jetzt. Die anderen Mädchen nicken heftig.

»Also, ich lebe bereits seit zehn Jahren auf dem Schloss, und von einem Gespenst habe ich noch nie etwas gehört«, versucht Corinna zu beruhigen. Damit hat sie Recht. Mir geht es genauso, und ich bin mir sicher, Opili hätte ein Monster erwähnt, wenn es eines gegeben hätte. An den blassen Nasenspitzen von Luisa, Lena, Greta und den anderen kann ich allerdings ablesen, dass sie immer noch große Angst haben. Mist! Dabei sollte das hier doch ein ganz tolles Wochenende für die Mädchen werden, damit Luisa endlich ihre Freundin wird.

»Lasst es uns doch so machen: Nach dem Frühstück gehen wir gleich zu euren Ponys rüber. Das Wetter ist wunderschön, wir können ausreiten. Und nach ein, zwei Stunden in der Sonne sieht die Welt bestimmt wieder viel freundlicher aus. Gero wird in der Zwischenzeit das ganze Schloss und den Hof nach dem Gespenst absuchen. Und wenn er es findet, macht er es dingfest. Was meint ihr? Gute Idee?«

Die Mädchen nicken. Erst etwas zögerlich, dann überzeugter. Emmi, eine kleine Blonde, die bisher fast noch gar nichts gesagt hat, macht einen weiteren Vorschlag. »Luisa, vielleicht kann dein Hund ja mit suchen helfen. Dackel sind doch Jagdhunde – wenn Herkules eine Fährte aufnimmt, kann er sie bestimmt gut verfolgen.«

Och, nö! Das ist eine blöde Idee. Ich will mit auf den Ausritt!

»Das ist eine gute Idee!«, mischt sich nun ausgerechnet Lena ein. »Muss doch auch einen Sinn haben, dass du den Kleinen hier mitgeschleppt hast.«

»Das macht Herkules bestimmt gerne. Nicht wahr, Herkules? Du fängst das Gespenst!«

Ich hab’s geahnt: Wenn die Rudelchefin es wünscht, zögert Luisa keine Sekunde. Sonst tue ich ihr gerne jeden Gefallen, aber muss es ausgerechnet dieser sein? Ich will auch raus und durch den Wald und die Felder laufen, Kaninchen und Füchsen nachspüren, kurz: mich mal wieder richtig wie ein Hund fühlen. Aber dann sehe ich das Strahlen auf Luisas Gesicht. Zum ersten Mal an diesem Wochenende sieht sie glücklich aus. Es bedeutet ihr offenbar sehr viel, vor Lena gut dazustehen. Also gut: Adieu ihr Kaninchen und ihr Füchse, für heute habt ihr Glück gehabt.

Als die Mädchen in den Stall verschwunden sind, überlegen Corinna und Gero gemeinsam, wie sie dem Gespenst auf die Schliche kommen können.

»Was meinst du – haben die Mädchen tatsächlich etwas am Fenster gesehen? Oder hat eine schlecht geträumt, und der Rest war allgemeine Hysterie?« Corinna schaut ihren Mann nachdenklich an, der zuckt mit den Schultern.

»Nachdem wir uns wohl einig sind, dass es hier nicht spukt, wird es eher ein Alptraum gewesen sein. Aber sicherheitshalber sehe ich mir die Sache gleich mal von außen an. Vielleicht hat sich auch jemand einen schlechten Scherz erlaubt.«

»Danke, Gero. Das ist nett. Dann reite ich mit den Damen aus und versuche, sie auf andere Gedanken zu bringen. Nimm doch wirklich Herkules mit. Falls uns jemand einen Streich spielt, findet er vielleicht eine Spur.«

Was heißt denn hier vielleicht? Und wieso Alptraum? Ich weiß doch, was ich gesehen habe! Kinder mögen sich alles Mögliche einbilden – Dackel neigen nicht dazu. Es ist also bestimmt eine gute Idee, nach ein paar Spuren zu suchen. Am besten, wir fangen gleich damit an!

»Hoppla, Carl-Leopold! Du hast es ja auf einmal so eilig! Lass mich wenigstens noch die Tür aufmachen.« Gero von Eschersbach lacht und läuft hinter mir her. So, mal sehen – wie kommen wir denn jetzt auf die andere Seite des Fensters vom Mädchenschlafzimmer? Also an die Stelle, wo das Monster gestanden haben muss?

Gero öffnet erst die Tür zum Flur, dann die Ausgangstür des Westflügels. Dieser Teil des Schlosses hat längst nicht so ein eindrucksvolles Portal wie der Haupteingang in der Mitte des Gebäudes, aber ein paar Stufen müssen wir doch hinunter, um nach draußen zu gelangen. Dort angekommen, geht Gero ein paar Meter an der Hauswand entlang, dann bleibt er stehen. Gut, das ist offenbar die Stelle auf Höhe des Schlafzimmers.

Ich trabe auch dorthin und beginne, an dem Fleckchen Erde vor der Hauswand zu schnüffeln. Tatsächlich nehme ich noch den Hauch einer Geruchsspur wahr. Und ich bin mir sicher: Er gehört zu einem Menschen, nicht zu einem Monster! Eindeutig. So riecht nur ein Mensch. Die Erkenntnis beruhigt mich. Ich meine, nicht, dass ich vor einem Monster Angst hätte, o nein! Aber trotzdem ist mir der Gedanke an ein menschliches Wesen irgendwie sympathischer.

»Hm, was auch immer durch dieses Fenster geguckt haben mag, muss sehr, sehr groß gewesen sein«, überlegt Gero laut. »Denn das Zimmer liegt im Hochparterre, selbst ich kann kaum durch das Fenster schauen, und ich bin immerhin 1,90.«

Gero hat Recht. Ein echter Geist hätte womöglich bis zum Fenster fliegen können, aber der Mensch muss irgendwie anders dort hochgekommen sein. Ich schnüffle noch einmal an der Stelle. Gibt es irgendeine Spur, die uns noch weiterhelfen könnte?

Aha. Hier ist sie wieder, meine Fährte! Ich folge ihr von der Hauswand weg ein paar Meter weiter. Sie verläuft in Richtung der Ställe und endet schließlich vor einem alten Schuppen. Ich setze mich vor dessen Tür und beginne zu bellen. Gero kommt zu mir.

»Na, hast du was gefunden? In diesem Schuppen? Mal sehen.« Er öffnet die Tür. Direkt dahinter steht eine Leiter aus Holz. Jetzt ist mir alles klar: Der Mensch, der uns das Monster vorgegaukelt hat, ist offensichtlich auf die Leiter gestiegen, um ans Fenster zu gelangen. Die Leiter ist jedenfalls von dem gleichen Menschen angefasst worden, der auch die Spur vom Schloss hierher hinterlassen hat. Und nicht nur das: An der Bretterwand des Schuppens lehnt der Dreizack! Aufgeregt laufe ich hinüber, belle und stupse den Stiel mit meiner Nase an.

»Hey, an dir ist ja ein echter Polizeihund verloren gegangen! Das ist doch mit Sicherheit der Dreizack, den die Mädchen gesehen haben. Eine Mistgabel! Und eine Leiter, um an das Fenster zu reichen. Also war die Monster-Attacke doch kein Alptraum. Aber wer versetzt denn hier harmlose kleine Mädchen in Angst und Schrecken?«

Tja, keine Ahnung. Ich habe mich zwar daran gewöhnt, dass Menschen unsinnige Sachen machen, aber das hier ist schon sehr seltsam. Warum sollte das jemand tun? Ich schnuppere noch ein bisschen an Leiter und Mistgabel, aber hier verliert sich die Spur. Ein Grund mehr, den düsteren Schuppen wieder zu verlassen und ein wenig an der frischen Luft herumzustromern. Auch Geros Interesse an der Monsterjagd scheint etwas abgeflaut zu sein. Jedenfalls öffnet er die Schuppentür und geht wieder mit mir nach draußen.

»Was mache ich denn jetzt mit dir, Carl-Leopold? Den Ausritt hast du verpasst, und ich muss kurz in die Stadt. Wer auch immer der ungebetene Besucher war, ich kann mich momentan nicht damit beschäftigen, um den müssen wir uns also später kümmern. Denkst du, du kommst alleine klar? Du kennst dich doch hier aus.«

Ich wedele mit dem Schwanz. Klar komme ich klar. Ich brauche doch kein Kindermädchen. Und wenn ich schon keine Kaninchen jagen kann, will ich wenigstens meine Zeit auf dem Schloss genießen. Vielleicht hat Charlotte Lust, etwas zu unternehmen. Gero bückt sich kurz und klopft mir auf den Rücken.

»Braver Hund. Bis später.«

Als Gero weg ist, laufe ich zur anderen Seite des Schlosses. Ich habe Glück: Die Küchentür steht offen, und ich kann sogar Emilias Stimme hören. Schnell hüpfe ich die Stufen zum Eingang hoch, ihrer Stimme und einem sehr verführerischen Geruch folgend.

»Hoppla, Carl-Leopold – was machst du denn hier?« Emilia ist überrascht, mich zu sehen, ihrem Lächeln nach zu urteilen, freut sie sich aber. Ich springe an ihr hoch und mache Männchen. »Ja, bist ein ganz Lieber. Warte mal, ich habe gerade ein leckeres Hühnerfrikassee für den alten Herrn zubereitet. Es ist noch nicht so stark gewürzt, du kannst es gerne mal probieren.«

Sie dreht sich um, nimmt eine Schüssel und schöpft etwas von dem Inhalt des großen Topfes, der auf dem Herd steht, hinein. Es riecht so lecker, dass mir sofort das Wasser in der Schnauze zusammenläuft.

»Hier, guten Appetit! Es müsste kalt genug sein, sonst musst du eben noch ein bisschen warten.«

Vorsichtig nehme ich den ersten Brocken ins Maul – herrlich! Und auch nicht zu heiß. Schnell schlinge ich den Rest hinterher, fahre mir mit der Zunge über die Schnauze und blicke Emilia noch einmal erwartungsvoll an.

»Was denn? Schon fertig? Na gut, einen kleinen Nachschlag bekommst du noch, aber dann ist Schluss. Sonst schimpft der Alte, wenn er das merkt!«

Sie gibt mir noch eine Portion. Ich bin im Hundehimmel, eindeutig! Seltsam, dass Charlotte immer noch so schlank ist. Muss am Trainingsprogramm vom Alten liegen.

»Jetzt fällt es mir auch wieder ein: die Lütte vom Tierarzt verbringt das Wochenende mit den Ponys der jungen Gräfin, richtig? Oh, da war der alte von Eschersbach überhaupt nicht begeistert von. Aber Corinna plant schon so lange einen Ferienhof für Kinder, da ist das doch eine gute Gelegenheit, mal zu üben. Ist schön, dass du mitgekommen bist.« Sie kniet sich neben mich und streichelt mich. Gerne würde ich schnurren. Ob mir Herr Beck irgendwann beibringen kann, wie er das immer hinkriegt?

»Hallo, Carli – oder soll ich Herkules sagen?«

Charlotte ist in die Küche gekommen und setzt sich neben mich.

»Hallo, Charlotte. Gerne Herkules. Ich habe mich schon so daran gewöhnt, dass mir Carl-Leopold mittlerweile selbst komisch vorkommt.«

»Ich höre, du musst dich mit den langweiligen Ponys beschäftigen? Du Armer.«

»Ach, ich freue mich eher, dass ich schon wieder hier bin. Außerdem ist es überhaupt nicht langweilig – im Gegenteil: Gestern Nacht sind wir überfallen worden. Von einem Monster! «

Charlotte reißt die Augen auf.

»Von einem Monster?«

»Genau! Es tauchte nachts vor dem Fenster auf und bedrohte die Mädchen. Ich habe es verbellt!«

Das stimmt zwar nicht so ganz, aber es ist auch nicht wirklich gelogen.

»Nein! Das gibt’s doch nicht! Von einem Monster habe ich hier noch nie gehört. Konntest du es stellen?«

Ich schüttle den Kopf.

»Nein, leider nicht. Aber ich habe heute zusammen mit Gero nach ihm gesucht. Und habe dabei eine sensationelle Entdeckung gemacht.«

»Nämlich?«

»Das Monster ist ein Mensch. Ich habe es gerochen.«

»Ach. Und was willst du nun unternehmen?«

»So genau weiß ich das auch nicht. Was würdest du denn tun?«

»Also, ich würde schon versuchen, den Menschen irgendwie zu schnappen. Sonst überfällt der die Mädchen vielleicht ein zweites Mal. Immerhin läuft er ja noch frei herum.«

Wahrscheinlich hat Charlotte Recht. Aber wie könnte man das anstellen? Falls das vermeintliche Gespenst heute Nacht wieder auftaucht, müsste ich schnell nach draußen rennen und es schnappen. Doch wenn die Mädchen wieder schreien und es dann so schnell weg ist wie gestern, kann ich das kaum schaffen. Andererseits kann ich auch nicht von vornherein draußen warten, ob es kommt. Denn dann kann ich nicht drinnen bei Luisa bleiben. Die aber wird heute auf keinen Fall ohne mich schlafen wollen. Und falls es doch kein Mensch, sondern ein Monster ist, muss ich die Mädchen beschützen können. Wie ich es auch drehe und wende: Ich müsste schon an zwei Orten gleichzeitig sein. Und das ist unmöglich. Es sei denn …



»Alles klar, sie schlafen fest. Kannst reinkommen.«

Ich hüpfe aus Luisas Bett und mache den Platz für Charlotte frei, die gerade ins Zimmer geschlichen gekommen ist. Sie springt hoch und kuschelt sich ans Kopfende, genau so, wie ich dort gerade noch gelegen habe. Das war zwar ziemlich warm, hat Luisa aber wirklich beruhigt. Sollte sie nun wach werden, wird sie den Unterschied nicht merken und wieder einschlafen. Charlotte sieht mir ziemlich ähnlich, und im Dunkeln sind wir bestimmt nicht voneinander zu unterscheiden.

»Wie komme ich denn jetzt nach draußen? Die Eingangstür hier ist doch bestimmt verschlossen.«

»Du musst dich durch die Katzenklappe zwängen. Die ist ein bisschen eng, aber das schaffst du. Sie ist direkt neben dem Eingang am Hauptportal. Findest du das?«

»Ja, ich glaube schon.«

Ich flitze los. Im Dunkeln ist es zwar nicht so einfach, sich zurechtzufinden, aber nachdem sich meine Augen daran gewöhnt haben, bin ich schnell am Ziel. Da ist die Klappe: Ich halte die Luft an und ziehe den Bauch ein – uff, vielleicht habe ich wirklich zugenommen – aber dann habe ich mich ins Freie gedrückt. Jetzt noch zweimal um die Ecke – geschafft! Ich stehe unter dem Fenster zum Schlafzimmer.

Eine ganze Weile passiert erst einmal: nix. Ich lege mich hin. Eigentlich bin ich unglaublich müde, vielleicht sollte ich ein Nickerchen machen. Wenn das Monster auftaucht, werde ich bestimmt von allein wach. Andererseits: Was, wenn nicht? Dann würde ich den Angriff verpassen, und der ganze tolle Plan mit Charlotte wäre vergebens. Nein, ich bleibe lieber wach. Zumindest versuche ich es.

Kurz bevor mir doch die Augen zufallen, passiert es endlich: Ich höre etwas hinter dem alten Schuppen rumpeln. Irgendjemand hat die Tür geöffnet. Schritte – dann sehe ich zwei Gestalten mit Leiter und Mistgabel auf das Schloss zuhuschen. Und ich habe richtig geschnuppert: Die Umrisse sind eindeutig menschlich, obwohl beide Gestalten weite Umhänge mit Kapuzen tragen. Die Bewegungen kommen mir bekannt vor, als hätte ich sie schon einmal gesehen.

Die beiden nähern sich, ich drücke mich in den Schatten der Hauswand. Jetzt lehnt der eine die Leiter ans Fenster, und mit einem Mal scheint ihm der Mond, gespiegelt durch das Fenster, genau ins Gesicht. Wie gruselig! Es ist der Totenkopf! Ich reiße mich zusammen, um nicht wieder zu kläffen. Für dieses Aussehen muss es eine ganz einfache Erklärung geben, denn Menschen sehen im Normalfall nicht so aus, und dieser Kollege riecht eindeutig wie ein normaler Mensch. Kein Grund zur Panik, Herkules! Aber mulmig ist mir trotzdem.

Totenkopf steigt auf die Leiter, der andere reicht ihm die Mistgabel – und nun beginnt das gleiche Spektakel wie gestern Abend, nur dass ich diesmal auf der anderen Seite des Fensters stehe. Erst kratzt Totenkopf mit der Gabel ein wenig an der Fensterscheibe, dann fängt er an zu heulen. Das ist mein Einsatz! Ich komme aus der Deckung, mache einen Satz auf die beiden Unholde zu und schnappe nach dem Erstbesten, was mir vor den Fang kommt. Offenbar eine menschliche Wade, denn jetzt heult nicht nur der Totenkopf, sondern auch sein Kumpan.

»Aua! Verdammt, was ist das?«

Ich hüpfe hinterher, um ihn nicht entkommen zu lassen. Dabei knurre und belle ich laut und springe an ihm hoch.

»He, lass los!« Totenkopf hüpft von der Leiter und versucht, nach mir zu greifen, aber ich bin schneller und springe einen Meter zurück. Die beiden Kapuzenmänner stehen jetzt zwischen mir und dem Haus, mit dem Rücken zur Wand. In diesem Moment geht die Außenbeleuchtung über dem Seiteneingang an.

»Los, lass uns abhauen, sonst kriegen wir richtig Ärger!«

Das könnte euch so passen! Ich belle weiter so laut und furchteinflößend, wie ich nur kann. Dabei springe ich vor den beiden auf und ab und drücke sie förmlich gegen die Wand.

»Nun lauf doch!«, ruft Totenkopfs Helfer, ohne allerdings selbst loszurennen.

»Ich trau mich nicht an dem Hund vorbei! Vielleicht hat der ja Tollwut. Und wenn wir rennen, beißt er garantiert nochmal.«

Richtig, mein Freund. Volle Punktzahl – genau das würde ich tun. Bevor es aber dazu kommt, biegt Gero von Eschersbach um die Ecke. Auch er hatte offenbar auf das Monster gewartet, jedenfalls hat er eine Taschenlampe in der Hand und leuchtet die beiden Gestalten an.

»Aha, ich dachte mir doch, dass wir heute Nacht wieder Besuch bekommen. Und nun lasst mich mal raten, wer unsere Gäste sind. So, Carl-Leopold, nun ist gut. Aus und sitz.«

Ich gebe den perfekt dressierten Dackel und tue, wie mir geheißen. Gero geht an mir vorbei und zieht Totenkopf und seinem Freund die Kapuzen von den Köpfen, und Totenkopf das böse Gesicht gleich mit: Es ist eine Maske! Zum Vorschein kommen …

»Lasse und Max! Also wirklich! Schämt euch!«

Die beiden Jungs gucken schuldbewusst zu Boden.

»Was fällt euch ein, diese kleinen Mädchen so zu erschrecken? Ich glaube, ihr habt sie nicht mehr alle. Ich dachte, ihr wolltet Corinna bei dem Ponywochenende helfen? Also, wenn die Hilfe so aussieht, dann vielen Dank!«

Nun kommen auch Corinna und die Mädchen zu uns nach draußen.

Corinna schüttelt den Kopf. »Ich bin wirklich ziemlich enttäuscht von euch. Wie seid ihr auf so eine Idee gekommen? Die Mädchen hatten Todesangst.«

Lasse räuspert sich. »Na ja, wir wollten ja auch helfen. Aber dann waren die Mädchen gleich so doof zu uns. Besonders die da!« Er zeigt auf Lena. »Da haben wir uns überlegt, denen mal richtig Dampf zu machen. Wir dachten, dann freuen die sich vielleicht über uns als Beschützer und sind ein bisschen netter zu uns.«

Gero schüttelt den Kopf. »Tja, da habt ihr aber offensichtlich die Rechnung ohne den Hund gemacht. Denn wenn wir hier schon von Beschützern reden – Carl-Leopold hat sich heute als Ia-Schutzhund erwiesen. Stellen und verbellen. Besser kann man es nicht machen.«

Luisa kommt zu mir und nimmt mich auf den Arm. »Mein lieber Herkules! So ein toller Hund! Du bist wirklich ein Held. Vielleicht von außen nicht der Größte, aber von innen bist du mindestens ein Schäferhund. Mindestens!«

Jetzt tritt Lena neben sie. »Du hast Recht, Luisa. Dein Hund ist wirklich ein Held. Es ist gut, dass er dabei war. Vielleicht bringst du ihn zum nächsten Treffen vom Tussi-Club mal mit? Wir hätten euch beide sehr gerne als Mitglieder.«

Luisa macht einen kleinen Freudensprung und drückt mich noch fester. Dann flüstert sie in mein Ohr: »Mein Heldendackel, vielen Dank für alles.«

Ich, ein Held? Und Mitglied in einem exklusiven Club? Ich spüre, wie ich tatsächlich ein paar Zentimeter wachse. Und in diesem Moment kommt mir eine geniale Idee.

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