29


Bremers Nieren hatten sich den unpassendsten aller Augenblicke ausgesucht, um sich wieder daran zu erinnern, wie übel sie behandelt worden waren. Als sie in den Korridor hinaustraten, schoß ein so grausamer Schmerz durch seinen Rücken, daß er für einen Moment die Augen schloß und sich stöhnend gegen die Wand lehnte. Ihm wurde übel.

Angela sagte etwas zu ihm, aber er verstand es erst beim zweiten Mal, nachdem er die Augen wieder geöffnet hatte und sie ansah.

»Alles in Ordnung?«

»Nein«, preßte Bremer zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Natürlich ist nicht alles in Ordnung«

Angela runzelte die Stirn, dann nickte sie. »Okay. Dreh dich um.« Bremer fühlte sich viel zu mies, um zu widersprechen. Gehorsam drehte er sich herum, lehnte die Stirn gegen die kühle Kunststoffverkleidung der Wand und spürte, wie Angela seine Jacke hochschlug und anschließend sein Hemd aus der Jacke zerrte. Ihre Finger tasteten über seinen Rücken und machten sich an seiner Nierengegend zu schaffen. Er hatte keine Ahnung, was sie tat, aber er erwartete instinktiv, daß es weh tun würde, doch ganz das Gegenteil war der Fall: Von der Stelle ausgehend, an der ihre Finger seine Haut berührten, breitete sich ein prickelndes, wohltuendes Gefühl von Betäubung in seinem Rücken aus. Als es seine Nieren erreichte, verschwand der Schmerz zwar nicht ganz, sank aber auf ein halbwegs erträgliches Maß herab.

»So«, sagte sie. »Das muß für den Moment reichen.« Ihre Hände verschwanden von seinem Körper, und Bremer drehte sich verblüfft zu ihr herum.

»Wie hast du das gemacht?«

»Ich habe doch gesagt, ich habe heilende Hände«, lächelte Angela. Sie wurde fast sofort wieder ernst und sagte: »Es wird nicht allzu lange vorhalten. Wir sollten uns beeilen.«

Sie gingen nebeneinander den Flur entlang. Wie Brauns Büro, erinnerte auch er viel mehr an die Verwaltungsanlage eines modernen Industrieunternehmens als an ein Krankenhaus, aber Bremer vergaß trotzdem keine Sekunde, wo er war. Nur ein paar Etagen unter ihm lag eine von vermutlich sehr vielen modernen Versionen der berühmten Gummizellen. Er hatte sie kennengelernt. Nur für eine knappe Stunde, aber das war schon eine Stunde mehr, als er sich gewünscht hätte. Und vermutlich sehr viele Stunden weniger, als er noch darin zubringen würde, wenn er wirklich so dumm gewesen wäre, auf Brauns Beteuerungen hereinzufallen.

Es schien ihm selbst jetzt fast unglaublich, daß er auch nur eine Sekunde lang auf diesen Kerl hereingefallen sein sollte. Braun gehörte zu jener Art von Männern, denen er normalerweise nicht einmal mit gutem Gewissen geglaubt hätte, hätte er ihn nach der Uhrzeit gefragt.

Sie erreichten den Aufzug. Angela ging daran vorbei, ohne auch nur im Schritt zu stocken, und öffnete die Tür am Ende des langen Flurs. Zu Bremers Enttäuschung führte sie jedoch nicht ins Treppenhaus. Dahinter verbarg sich nur eine kleine Kammer, die mit Besen, Eimern und anderen Putzutensilien vollgestopft war. Trotzdem verharrte Angela einige Sekunden lang mit der Hand auf der Klinke und machte ein nachdenkliches Gesicht.

»Willst du einen davon nehmen und davonfliegen?« Bremer deutete auf die Besen, die säuberlich an der Wand aufgereiht waren.

»Und wie kommst du dann hier weg?« fragte Angela ernsthaft. Dann schüttelte sie den Kopf. »Vielleicht sollten wir uns einfach hier drinnen verstecken. Manchmal sind die simpelsten Pläne immer noch die besten.«

»Sie werden hier jeden Teppich hochheben und darunter sehen, wenn sie merken, daß wir weg sind«, sagte Bremer.

Angela seufzte. »Wahrscheinlich hast du recht. Komm. Irgendwo muß dieses verdammte Treppenhaus ja sein.«

Hinter der dritten oder vierten Tür wurden sie fündig. Die Illusion, sich in einem supermodernen Gebäude zu befinden, zerplatzte wie eine Seifenblase, als sie in das Treppenhaus hinaustraten. Die Renovierungsarbeiten hatten sich nicht auf diesen Teil der Klinik erstreckt. Das Treppenhaus war groß, wie man es nur bei wirklich alten Gebäuden fand, und man sah ihm sein Alter an. Wände und Decke waren weiß verputzt, und hier und da sah man sogar noch die Reste von Stuckarbeiten, die vor einem Menschenalter abzubröckeln begonnen hatten. Die Treppe selbst und das Geländer waren in einem häßlichen Rot gestrichen. Als Bremer seinen Fuß auf die oberste Stufe setzte, knarrte sie so erbärmlich, daß er erschrocken zurückprallte.

»Los!« sagte Angela. Vollkommen überflüssig fügte sie hinzu: »Mach möglichst wenig Lärm!« Sie selbst stürmte los, das Bremer meinte, man müsse das Knarren und Dröhnen der Stufen im gesamten Gebäude hören.

Sie hatten die zweite Etage fast erreicht, als über und unter ihnen gleichzeitig Türen aufflogen. Aufgeregte Stimmen gellten durch das Treppenhaus. Ihre Flucht war entdeckt worden. Spätestens jetzt begann das, was Angela als den richtig spannenden Teil bezeichnet hatte. Bremer hätte allerdings gerne auf diese Art von Spannung verzichtet.

Während er noch wie angewurzelt dastand und sich seine Gedanken zu überschlagen begannen, änderte Angela plötzlich den Rhythmus ihrer Schritte. Sie schlich nicht etwa weiter, oder versuchte wenigstens, möglichst leise aufzutreten, wie es vermutlich jeder andere an ihrer Stelle getan hätte - der Takt ihrer Schritte änderte sich und paßte sich dem der Schritte an, die von unten auf sie zukamen. Das Geräusch verschmolz damit und wurde praktisch unhörbar.

Sie erreichte die Tür zur zweiten Etage, öffnete sie einen Spalt breit und drehte sich halb zu ihm herum. Ihre freie Hand gestikulierte hektisch, und ihre Lippen formten lautlose Worte, die er zwar nicht verstand, von denen er aber kaum glaubte, daß sie besonders freundlich waren.

Bremer wich lautlos bis zur Wand zurück, wodurch er Angela zwar für den Moment aus den Augen verlor, gleichzeitig aber auch nicht in Gefahr lief, entdeckt zu werden, sollte einer der Männer, die über ihnen herangestürmt kamen, einen Blick in die Tiefe werfen. Erst dann bewegte er sich weiter, so schnell er es eben konnte, ohne dabei allzu viel Lärm zu machen - was nicht eben schnell war. Die Schritte unter ihnen waren bereits unangenehm nahe herangekommen, als er Angela endlich erreichte.

Sie streckte ungeduldig den Arm aus, packte seine Handgelenke und stieß ihn so derb durch die Tür, daß er fast gestürzt wäre. Hastig huschte sie hinter ihm auf den Flur, drückte die Tür hinter sich zu und sah sich rasch nach beiden Seiten hin um.

Der Flur, in dem sie sich befanden, erinnerte schon eher an das, was man mit dem Begriff Klinik assoziieren mochte: ein langer, sehr breiter Gang, von dem in regelmäßigen Abständen Türen abzweigten. Ein gutes Stück entfernt schien es auch so etwas wie ein Schwesternzimmer zu geben, das aber offensichtlich nicht besetzt war, denn hinter der mannshohen Glasscheibe in der Tür brannte kein Licht. Auch die meisten Zimmer auf diesem Flur waren dunkel, nur unter zweien oder dreien der Türen drang ein blasser, gelber Lichtschimmer hervor. Es war fast vollkommen still. Einer der Unterschiede zwischen teuren Privatkliniken und solchen fürs gemeine Volk schien offensichtlich darin zu bestehen, daß man die Patienten hier nicht mitten in der Nacht aus dem Bett schmiß, um das Frühstück zu bringen oder die Laken auszutauschen.

»Was sollte das gerade?« fauchte Angela. »Willst du mit Gewalt erwischt werden, oder wolltest du die Sache einfach nur ein bißchen spannender gestalten?«

»Es ist nun mal nicht jeder ein Freizeit-Ninja«, antwortete Bremer patzig.

»Ja, leider«, maulte Angela. Sie deutete nach links, in die längere Hälfte des Korridors. »Los!« Sie stürmte voraus.

Bremer nahm an, daß sie einen anderen Ausgang aus der Etage suchte, aber sie öffnete praktisch die erstbeste Tür, an der sie vorbeikamen, warf einen Blick hindurch und gestikulierte ihm dann hektisch zu, ihr zu folgen. Fast zu Bremers Entsetzen schaltete sie das Licht ein, als er hinter ihr ins Zimmer trat, und schloß die Tür. Bremer wollte sich herumdrehen und die Kette vorlegen, aber Angela schüttelte rasch den Kopf, und Bremer mußte - wieder einmal - zugeben, daß sie recht hatte: Wenn jemand von außen an der Tür rüttelte, würde es nur auffallen, wenn sie verschlossen war.

Er drehte sich herum und ließ seinen Blick durch das Zimmer schweifen. Er hatte kein normales Krankenzimmer erwartet, aber was er sah, übertraf seine Erwartungen bei weitem: Der Raum war mindestens dreißig Quadratmeter groß und so behaglich wie ein Wohnzimmer eingerichtet.

Auf dem Boden lag ein dicker, teurer Teppich, und in einer Ecke stand ein Fernseher, dessen Mattscheibe ihm größer vorkam als die Leinwand so manchen Kinos, in dem er gewesen war. Goldgerahmte Bilder und teure Seidentapeten an den Wänden vervollständigten den Eindruck von unverblümt zur Schau gestelltem Luxus.

Unglücklicherweise war das Zimmer nicht leer. Sein Bewohner lag in einem überdimensionalen Bett mit gedrechselten Beinen, hob genau in diesem Moment den Kopf aus dem Kissen und blinzelte verschlafen ins Licht. »Was ... was ist ... denn?« nuschelte er.

Bremer schätzte sein Alter auf zwanzig, vielleicht fünfundzwanzig Jahre. Soweit das bei einem Menschen zu beurteilen war, der zugedeckt im Bett lag und sich halb auf die Ellbogen hochgestemmt hatte, schien er ungewöhnlich kräftig gebaut zu sein, aber das war bei Leuten mit seiner Krankheit normal, soviel Bremer wußte: Sein Gesicht war sehr breit, und alles darin wirkte seltsam unfertig, als wären seine Züge eigentlich nur angedeutet. Er hatte eine breite Nase und geschlitzte Augen, die jetzt noch dazu vom Schlaf verquollen waren. Der Junge litt am Down-Syndrom. Ein bösartiges Schicksal hatte seine Eltern zwar offensichtlich mit mehr Geld gesegnet, als sie ausgeben konnten, aber auch mit einem mongoloiden Sohn.

Bremer wollte sich wieder herumdrehen und das Zimmer verlassen, aber Angela hielt ihn abermals zurück. »Warte.« Sie wandte sich an den mongoloiden Jungen im Bett: »Wie heißt du?«

»Albert«, antwortete der Junge. »Und wer seid ihr? Ist schon Frühstückszeit? Ich will noch nichts essen.«

»Mein Name ist Angela«, antwortete Angela. Sie warf Bremer einen raschen, mahnenden Blick zu, dann drehte sie sich wieder zu Albert herum. »Du brauchst keine Angst zu haben, Albert.«

»Das habe ich auch nicht. Ich habe vor nichts Angst, hörst du? Vor gar nichts!« Albert setzte sich weiter im Bett auf. Die Decke rutschte herunter, und Bremer sah, daß der Mongoloide Schultern wie ein Preisboxer hatte. Er war mit einemmal nicht mehr vollkommen davon überzeugt, daß sie hier drinnen wirklich sicher waren. Neigten Mongoloide eigentlich zu Gewalttaten? Er wußte es nicht.

»Das ist gut«, sagte Angela. »Dann haben wir ja den richtigen ausgesucht.«

»Den richtigen ausgesucht? Wozu?« Alberts Augen wurden noch schmaler, als sie ohnehin schon waren.

»Wir spielen ein Spiel«, antwortete Angela. »Und dazu brauchen wir deine Hilfe.« Sie deutete auf die Tür hinter sich. »Hör zu, Albert. Da draußen sind Männer, die uns suchen. Wir haben nichts getan oder so, wir haben nur gewettet, daß sie uns nicht finden können, und die Männer haben gewettet, daß sie es doch können. Wenn sie jetzt hier reinkommen und uns sehen, dann haben wir verloren, und das wäre ziemlich schade. Wirst du uns helfen?«

Einen Moment lang sah es ganz und gar nicht so aus, als wäre es ihr gelungen, Alberts Mißtrauen zu besänftigen. Aber dann hellte sich sein Gesicht auf, und er kicherte. »Das ist lustig«, sagte er. »Ich helfe euch. Das ist ein lustiges Spiel.«

»Gut«, sagte Angela. »Weißt du ein gutes Versteck für uns?«

»Unter dem Bett.« Albert nickte hektisch und begann vor Aufregung auf und ab zu hüpfen, so daß das ganze Bett wackelte. »Ich verstecke mich immer unterm Bett! Niemand wird euch da finden!« Das war geradezu idiotisch, fand Bremer. Angela schien wohl zu dem gleichen Ergebnis zu kommen, denn sie ging rasch durchs Zimmer und öffnete die beiden anderen Türen, die es noch gab. Eine führte ins Bad, die andere in einen weitläufigen, begehbaren Schrank.

»Das sind keine guten Verstecke«, meinte Albert. Er hatte einen tiefen, sonoren Baß, sprach aber wie ein Fünfjähriger. Es machte Bremer ganz kribbelig, ihm zuzuhören.

»Ich weiß«, seufzte Angela. Sie sah sich weitere zwei oder drei Sekunden lang um, dann ging sie zum Fenster und öffnete es. Bremer trat rasch an ihre Seite und blickte nach draußen.

Sofort wurde ihm schwindelig. Sie befanden sich in der zweiten Etage, also keine zehn Meter über dem Erdboden aber große Höhen waren noch nie seine Sache gewesen Und es war draußen immer noch so dunkel, daß er den Erdboden nicht einmal sehen konnte.

»Perfekt!« sagte Angela. Sie deutete auf einen kaum zehn Zentimeter breiten Sims, der unter dem Fenster an der Wand entlang verlief. »Los!« Ohne seine Antwort auch nur abzuwarten, schwang sie sich auf den Fenstersims hinaus, richtete sich auf und schob sich an der Wand entlang ein Stück zur Seite. Sie bewegte sich so sicher, als stünde sie auf einer zwei Meter breiten Brücke, nicht auf einem Sims, der Bremer mittlerweile schmaler vorkam als sein Daumen.

»Worauf wartest du?« fragte sie.

»Da hinaus?« Bremer schüttelte entschieden den Kopf. »Lieber lasse ich mich erschießen!«

»Tja, dann bleibt dir wohl wirklich nur das Bett«, sagte Angela spöttisch. »Aber beeil dich lieber. Sie müssen gleich hier sein.« Bremer drehte sich unsicher herum. Er hörte absolut nichts Verdächtiges, aber wenn er im Laufe der letzten vierundzwanzig Stunden etwas gelernt hatte, dann war es, auf Angelas Warnungen zu hören. Ihre Sinne schienen weitaus schärfer zu sein als seine. Kunststück. Sie war ja auch höchstens halb so alt wie er.

Er sah sich noch zwei oder drei weitere Sekunden lang unschlüssig um, spielte einen Moment lang mit den Gedanken, sich zwischen den Kleidern im Schrank zu verstecken und entschied sich dann doch für das Bett. Es war ein idiotisches Versteck. Vielleicht idiotisch genug, daß sie nicht dort nachsehen würden.

Unter Alberts feixenden Blicken legte er sich auf den Rücken und schob sich unter das Bett. Es war zwar sehr groß, aber so niedrig, daß er kaum darunter paßte. Als er es endlich geschafft hatte, befand sich die Stahlmatratze nur wenige Zentimeter über seinem Gesicht. Wenn Albert seinen mondgroßen Hintern bewegte, würden die Sprungfedern einen Abdruck in Bremers Gesicht hinterlassen.

Bremer lag eine gute Minute unter dem Bett und kam sich einfach nur dämlich vor, dann flog die Tür auf, und schwere Schritte polterten herein. Mühsam drehte Bremer den Kopf und sah ein Paar teure, auf Hochglanz polierte Schuhe, die in den Beinen maßgeschneiderter Anzugshosen endeten.

»Hallo!« sagte Albert über ihm. »Seid ihr gekommen, um zu spielen?«

»Bestimmt nicht«, antwortete eine Stimme. »War jemand hier? Ein Mann und eine Frau?« Das Paar Schuhe bewegte sich weiter, und Bremer konnte hören, wie die Schranktür aufgerissen wurde und Stoff raschelte. Der andere blieb, wo er war.

»Klar«, antwortete Albert. »Sie sind immer noch hier. Ihr seid die, die sie suchen, nicht wahr? Ihr spielt Verstecken.«

Bremers Herz machte einen entsetzten Sprung. Wie hatte er auch nur eine Sekunde lang diesem Verrückten trauen können?

»Die Frau ist aus dem Fenster gesprungen, und der andere liegt unter dem Bett«, fuhr Albert fort.

Bremer verspürte plötzlich den intensiven Wunsch, aus seinem Versteck herauszustürzen und die Hände um Alberts Kehle zu legen. Vielleicht blieb ihm ja noch Zeit genug, den Kerl zu erwürgen, bevor sie ihn erschossen. Er konnte sich allerdings nicht von der Stelle rühren, denn Albert begann nun zu allem Überfluß tatsächlich im Bett auf und ab zu hüpfen, wodurch er regelrecht festgenagelt wurde und alle Mühe hatte, überhaupt noch Luft zu bekommen.

Er hörte, wie sich schnelle Schritte dem Fenster näherten und es aufgerissen wurde. In der nächsten Sekunde würde der Mann überrascht aufschreien, wenn er nicht gleich seine Waffe zog und Angela vom Sims herunterschoß wie einen Vogel auf der Stange. Er versuchte, an die Pistole heranzukommen, die er in seine Jackentasche gesteckt hatte, aber es gelang ihm nicht. Alberts Gewicht schien ihn regelrecht in den Boden hineinzupressen.

Der Mann auf der anderen Seite des Bettes schrie nicht auf. Er schoß auch nicht. Statt dessen schloß er das Fenster wieder, verriegelte es sorgfältig und sagte: »Hier ist niemand.«

»Natürlich ist hier niemand«, sagte sein Kollege. »Der Bekloppte verarscht uns doch, merkst du das nicht?«

»Albert verarscht keinen!« protestierte Albert. »Der andere liegt unter dem Bett! Seht doch nach!«

»Halt die Fresse, Idiot!« murmelte der Agent. »Seht doch nach!« höhnte Albert. »Seht doch nach! Seht doch nach!« Er begann im Takt seiner Worte im Bett auf und ab zu hüpfen, und Bremer wurde erneut und noch gründlicher die Luft aus den Lungen gepreßt. Er begann Sterne zu sehen.

»Sieh unter dem Bett nach«, sagte der erste Agent. Bremer drehte mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, den Kopf auf die Seite. Der Agent näherte sich dem Bett und ließ sich in die Hocke herab, und Albert krähte noch lauter: »Seht doch nach!« und furzte so laut, wie Bremer es noch nie zuvor im Leben gehört hatte.

Der Agent stieß einen angewiderte Laut aus und richtete sich abrupt wieder auf, ohne unter das Bett gesehen zu haben. »Das ist ja widerlich!« keuchte er. »Ich hätte Lust, diesem verrückten Idioten den Schädel runterzuschießen!«

»Du hast recht«, seufzte sein Kollege. »Er nimmt uns auf den Arm. Komm weiter. Wir haben noch eine Menge Zimmer zu untersuchen!« Die beiden Männer verließen den Raum. Bremer wartete, bis sie die Tür hinter sich zugeworfen hatten, dann kroch er wieder unter dem Bett hervor - eine Aufgabe, die nicht gerade leicht war, weil Albert immer noch vor Vergnügen krähte und im Bett auf und ab hüpfte wie auf einem Trampolin. Vollkommen außer Atem stemmte er sich hoch, warf dem mongoloiden Jungen einen zornigen Blick zu und hetzte dann zum Fenster. Seine Finger zitterten, als er es aufriß. Hastig beugte er sich nach draußen.

Der Sims war leer. Es war so, wie der Agent gesagt hatte. Angela war nicht mehr da.

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