Der Werdenbrücker Dichterklub gibt mir in der altdeutschen Stube der »Walhalla« einen Abschiedsabend. Die Dichter sind unruhig und tun, als wären sie bewegt. Hungermann tritt als erster auf mich zu. »Du kennst meine Gedichte. Du hast selbst gesagt, daß sie eines deiner stärksten dichterischen Erlebnisse waren. Stärker als Stefan George.«
Er sieht mich intensiv an. Ich habe das nie gesagt. Bambuss hat es gesagt; dafür hat Hungermann über Bambuss gesagt, daß er ihn für bedeutender als Rilke halte. Aber ich widerspreche nicht. Ich sehe den Dichter Casanovas und Mohammeds erwartungsvoll an.
»Also gut«, fährt Hungermann fort, wird aber abgelenkt. »Woher hast du übrigens diesen neuen Anzug?«
»Ich habe ihn mir heute von einem Schweizer Honorar gekauft«, erwidere ich mit der Bescheidenheit eines Pfauen. »Es ist mein erster neuer Anzug, seit ich Soldat Seiner Majestät wurde. Kein umgearbeiteter Militärrock. Echtes, richtiges Zivil! Die Inflation ist vorbei!«
»Ein Schweizer Honorar? Du bist also bereits international bekannt? Nun ja«, sagt Hungermann überrascht und sofort leicht verärgert:»Von einer Zeitung?«
Ich nicke. Der Autor Casanovas macht eine abschätzige Bewegung. »Dachte ich! Meine Sachen sind natürlich nichts für den Tagesverbrauch. Höchstens für literarische Zeitschriften ersten Ranges. Was ich vorher meinte, ist, daß ein Band Gedichte von mir unglücklicherweise vor drei Monaten bei Arthur Bauer in Werdenbrück erschienen ist! Ein Frevel!«
»Hat man dich dazu gezwungen?«
»Ja, moralisch. Bauer hat mich belogen. Er wolle enorme Reklame machen, den Verlag erweitern, Mörike, Goethe, Rilke, Stefan George, vor allem Hölderlin mit mir erscheinen lassen – und nichts davon hat er gehalten.«
»Er hat Otto Bambuss herausgebracht«, erwidere ich.
Hungermann winkt ab. »Bambuss – unter uns, ein Pfuscher und Nachempfinder. Hat mir nur geschadet. Weißt du, wieviel Bauer von meinem Werk verkauft hat? Nicht mehr als fünfhundert Exemplare!«
Ich weiß von Bauer, daß die Gesamtauflage zweihundertfünfzig Exemplare war; verkauft worden sind achtundzwanzig, davon heimlich von Hungermann angekauft neunzehn. Und zum Druck gezwungen wurde nicht Hungermann, sondern Bauer. Hungermann, als Deutschlehrer am Realgymnasium, hat Arthur erpreßt, da er sonst einen andern Buchhändler an seiner Schule empfehlen würde.
»Wenn du jetzt in Berlin an der Zeitung bist«, erklärt Hungermann,»du weißt, daß Kameradschaft unter Künstlern das edelste Gut ist!«
»Ich weiß es.« Hungermann zieht ein Bändchen seiner Gedichte aus der Tasche. »Hier – mit Widmung. Schreib darüber in Berlin. Und schick mir zwei Belegexemplare. Ich werde dir dafür hier in Werdenbrück die Treue halten. Und wenn du drüben einen guten Verleger findest – der zweite Band der Gedichte ist in Vorbereitung.«
»Gemacht.«
»Ich wußte, daß ich mich auf dich verlassen kann.« Hungermann schüttelt mir feierlich die Hand. »Bringst du nicht auch bald etwas heraus?«
»Nein. Ich habe es aufgegeben.«
»Was?«
»Ich will noch warten«, sage ich. »Ich will mich erst einmal in der Welt umsehen.«
»Sehr weise!« erklärt Hungermann nachdrücklich. »Wenn nur mehr Leute das machen würden, anstatt unreifes Zeug zu schmieren und den Könnern dadurch im Wege zu stehen!«
Er schaut scharf im Raume umher. Ich erwarte irgendein belustigtes Zwinkern von ihm; aber er ist plötzlich seriös. Ich bin für ihn eine Geschäftsmöglichkeit geworden; da hat ihn der Humor sofort verlassen. »Sag den anderen nichts von unserer Abmachung«, schärft er mir noch ein.
»Sicher nicht«, erwidere ich und sehe Otto Bambuss sich heranpirschen.
Eine Stunde später habe ich von Bambuss die »Stimmen der Stille« mit schmeichelhafter Widmung in der Tasche, dazu in Schreibmaschinen-Durchschlägen die exotischen Sonette »Die Tigerin«, die ich in Berlin anbringen soll – von Sommerfeld trage ich die Abschrift seines Buches vom Tode in freien Rhythmen bei mir – von anderen Mitgliedern ein Dutzend weitere Arbeiten in Kopien – und von Eduard den Durchschlag seines Päans auf den Tod eines Freundes, hundertundachtundsechzig Zeilen, die Valentin, dem Kameraden, Mitkämpfer und Menschen gewidmet sind. Eduard arbeitet schnell.
Es ist plötzlich alles weit weg.
Es ist so weit weg wie die Inflation, die vor zwei Wochen gestorben ist – oder die Kindheit, die von einem Tage zum andern in einem Militärrock erstickt wurde. Es ist so weit weg wie Isabelle.
Ich sehe die Gesichter an. Sind es noch die Gesichter staunender Kinder, die dem Chaos oder dem Wunder gegenüberstehen, oder sind es bereits die Gesichter betriebsamer Vereinsmeier? Ist in ihnen noch etwas von dem hingerissenen und entsetzten Antlitz Isabelles, oder sind es nur die Imitatoren und geschwätzigen Wichtigtuer des Zehntel-Talents, das jede Jugend hat und dessen Verglimmen sie großsprecherisch und neidisch besingen, anstatt ihm schweigend zuzuschauen und einen Funken davon in ihr Dasein hinüberzuretten?
»Kameraden«, sage ich. »Ich trete hiermit aus eurem Klub aus.«
Alle Gesichter wenden sich mir zu. »Ausgeschlossen! Du bleibst korrespondierendes Mitglied des Klubs in Berlin«, erklärt Hungermann.
»Ich trete aus«, sage ich.
Einen Augenblick schweigen die Poeten. Sie sehen mich an. Irre ich mich, oder sehe ich in einigen Augen etwas wie Angst vor einer Entdeckung?»Du meinst das wirklich?« fragt Hungermann.
»Ich meine es wirklich.«
»Gut. Wir nehmen deinen Austritt an und ernennen dich hiermit zum Ehrenmitglied des Klubs.«
Hungermann blickt sich um. Er erhält rauschenden Beifall. Die Gesichter entspannen sich. »Einstimmig angenommen!« sagt der Dichter des Casanova.
»Ich danke euch«, erwidere ich. »Es ist ein stolzer Moment. Aber ich kann das nicht annehmen. Es wäre so, wie sich in seine eigene Statue zu verwandeln. Ich will nicht als Ehrenmitglied von irgend etwas in die Welt gehen, nicht einmal als das von unserem Etablissement in der Bahnstraße.«
»Das ist kein schöner Vergleich«, erklärt Sommerfeld, der Poet des Todes.
»Es sei ihm gestattet«, erwidert Hungermann. »Als was willst du dann in die Welt gehen?«
Ich lache. »Als kleiner Funke Leben, der versuchen wird, nicht zu erlöschen.«
»Du lieber Gott«, sagt Bambuss. »Steht das nicht ähnlich schon bei Euripides?«
»Möglich, Otto. Dann muß etwas daran sein. Ich will auch nicht darüber schreiben; ich will versuchen, es zu sein.«
»Es steht nicht bei Euripides«, erklärt Hungermann, der Akademiker, mit freudigem Blick auf den Dorfschulmeister Bambuss. »Du willst also -« fragt er mich.
»Ich habe gestern abend ein Feuer gemacht«, sage ich. »Es brannte gut. Ihr kennt die alte Marschregel: leichtes Gepäck.«
Sie nicken alle eifrig. Sie kennen sie »nicht« mehr, das weiß ich plötzlich. »Also dann«, sage ich. »Eduard, ich habe hier noch zwölf Eßmarken. Die Deflation hat sie überholt; aber ich glaube, ich hätte noch ein legales Recht, wenn ich es vor Gericht durchfechten müßte, dafür mein Essen zu verlangen. Willst du sie in zwei Flaschen Johannisberger umtauschen? Wir wollen sie jetzt trinken.«
Eduard kalkuliert blitzschnell. Er kalkuliert auch Valentin ein und das Gedicht über ihn in meiner Tasche. »In drei«, sagt er.
Willy sitzt in einem kleinen Zimmer. Er hat es gegen seine elegante Wohnung getauscht. Es ist ein mächtiger Sprung in die Armut, aber Willy erträgt ihn gut. Er hat seine Anzüge gerettet, etwas Schmuck, und er wird dadurch noch lange Zeit ein eleganter Kavalier sein. Das rote Auto hat er verkaufen müssen. Er hatte zu waghalsig nach unten spekuliert. Die Wände seines Zimmers hat er selbst tapeziert – mit Geldscheinen und wertlosen Aktien der Inflation. »Es war billiger als eine Tapete«, erklärt er. »Und unterhaltender.«
»Und sonst?«
»Ich werde wahrscheinlich einen kleinen Posten bei der Werdenbrücker Bank bekommen.« Willy grinst. »Renée ist in Magdeburg. Großer Erfolg im „Grünen Kakadu“, schreibt sie.«
»Schön, daß sie wenigstens noch schreibt.«
Willy macht eine großzügige Geste. »Macht alles nichts, Ludwig. Weg ist weg und hin ist hin! Außerdem – in den letzten Monaten konnte ich Renée nie mehr dazu bringen, nachts einen General zu markieren. So war es nur noch halb der Spaß. Das erstemal, daß sie wieder kommandiert hat, war in der denkwürdigen Schlacht am Pissoir auf dem Neumarkt. Leb wohl, mein Junge! Als Abschiedsgeschenk -« Er öffnet einen Koffer mit Aktien und Papiergeld. »Nimm, was du willst! Millionen, Milliarden – es war ein Traum, was?«
»Ja«, sage ich.
Willy begleitete mich bis zur Straße. »Ich habe ein paar hundert Mark gerettet«, flüstert er. »Noch ist das Vaterland nicht verloren! Der französische Franc ist dran. Werde da auf Baisse spekulieren. Hast du Lust, mit einer kleinen Einlage mitzugehen?«
»Nein, Willy. Ich spekuliere nur noch auf Hausse.«
»Hausse«, sagt er, als sage er: Popokatepetl.
Ich sitze allein im Büro. Es ist der letzte Tag. Nachts werde ich fahren. Ich blättere in einem der Kataloge und überlege, ob ich zum Abschied noch den Namen Watzeks auf einem der von mir gezeichneten Grabsteine unterbringen soll- da klingelt das Telefon.
»Bist du der, der Ludwig heißt?« fragt eine rauhe Stimme. »Der, der die Frösche und Blindschleichen gesammelt hat?«
»Kann sein«, erwidere ich. »Kommt darauf an, wozu. Wer ist denn da?«
»Fritzi.«
»Fritzi! Natürlich bin ich es. Was ist los? Hat Otto Bambuss -«
»Das Eiserne Pferd ist tot.«
»Was?«
»Ja. Gestern abend. Herzschlag. Bei der Arbeit.«
»Ein schöner Tod«, sage ich. »Aber zu früh!«
Fritzi hustet. Dann sagt sie:»Ihr habt doch da bei euch ein Denkmalsgeschäft, nicht? Ihr sagtet doch so etwas!«
»Wir haben das beste Denkmalgeschäft in der Stadt«, erwidere ich. »Warum?«
»Warum? Mein Gott, Ludwig, dreimal darfst du raten! Die Madame will den Auftrag natürlich einem Kunden geben. Und du hast doch auch auf dem Eisernen Pferd -«
»Ich nicht«, unterbreche ich sie. »Aber es kann sein, daß mein Freund Georg -«
»Einerlei, ein Kunde soll den Auftrag haben. Komm raus! Aber bald! Es war schon einer hier, ein Reisender von der Konkurrenz – er weinte dicke Tränen und behauptete, er hätte auch auf dem Pferd -«
Tränen-Oskar! Kein Zweifel!»Ich komme sofort!« sage ich. »Die Heulboje lügt!«
Die Madame empfängt mich. »Wollen Sie sie sehen?« fragt sie.
»Ist sie hier aufgebahrt?«
»Oben, in ihrem Zimmer.«
Wir gehen die knarrenden Treppen hinauf. Die Türen stehen offen. Ich sehe, daß die Mädchen sich anziehen.
»Arbeiten sie heute auch?« frage ich.
Die Madame schüttelt den Kopf. »Heute abend nicht. Die Damen ziehen sich nur an. Gewohnheit, verstehen Sie? Ist übrigens kein großer Verlust. Seit eine Mark wieder eine Mark ist, ist das Geschäft wie abgeschnitten. Kein Aas hat mehr Geld. Komisch, was?«
Es ist nicht komisch; es ist wahr. Die Inflation ist sofort zur Deflation geworden. Da, wo es vorher von Billionen gewimmelt hat, rechnet man jetzt wieder mit Pfennigen. Es herrscht überall Geldmangel. Der entsetzliche Karneval ist vorbei. Ein spartanischer Aschermittwoch ist angebrochen.
Das Eiserne Pferd liegt zwischen grünen Topfpflanzen und Lilien aufgebahrt. Es hat plötzlich ein strenges, altes Gesicht, und ich erkenne es nur wieder an einem Goldzahn, der an einer Seite kaum sichtbar zwischen den Lippen blinkt. Der Spiegel, vor dem es sich so oft zurechtgemacht hat, ist mit weißem Tüll verhängt. Das Zimmer riecht nach altem Parfüm, Tannengrün und Tod. Auf der Kommode stehen ein paar Fotografien und eine abgeflachte Kristallkugel, auf deren flacher Seite ein Bild klebt. Wenn man die Kugel schüttelt, sieht es aus, als seien die Leute auf dem Bilde in einem Schneesturm. Ich kenne das Stück gut; es gehört zu den schönsten Erinnerungen meiner Kindheit. Ich hätte es gern gestohlen, als ich noch in der Bahnstraße meine Schularbeiten machte.
»Für euch war sie ja fast wie eine Stiefmutter, was?« fragt mich die Madame.
»Sagen wir ruhig eine Art Mutter. Ohne das Eiserne Pferd wäre ich wahrscheinlich Biologe geworden. Sie liebte aber Gedichte so sehr – ich mußte immer neue mitbringen -, daß ich die Biologie links liegenließ.«
»Richtig«, sagt die Madame. »Sie waren ja der mit den Molchen und Fischen!«
Wir gehen hinaus. Im Vorbeigehen sehe ich auf dem Schrank die Kosakenmütze liegen. »Wo sind denn ihre hohen Stiefel?« frage ich.
»Die hat Fritzi jetzt. Fritzi hat keine Lust zu was anderm mehr. Prügeln strengt weniger an. Und es bringt mehr ein. Außerdem müssen wir ja eine Nachfolgerin haben. Wir haben einen kleinen Kundenkreis für eine strenge Masseuse.«
»Wie ist das mit dem Pferd eigentlich passiert?«
»Im Dienst. Sie hatte immer noch zu viel Interesse an der Sache, das war der eigentliche Grund. Wir haben einen einäugigen holländischen Kaufmann, einen sehr feinen Herrn, er sieht gar nicht so aus, aber der Mann will nichts als Prügel und kommt jeden Sonnabend. Kräht, wenn er genug hat, wie der beste Hahn, sehr drollig. Verheiratet, drei süße Kinder, kann natürlich von der eigenen Frau nicht verlangen, daß sie ihn durchhaut – ein Dauerkunde also, dazu die Devisen, er zahlte in Gulden – wir haben den Mann fast angebetet, mit der hohen Valuta. Na, da ist es denn gestern passiert. Malwine hat sich zu sehr aufgeregt – und plötzlich fällt sie um, die Peitsche in der Hand.«
»Malwine?«
»Das ist ihr Vorname. Wußten Sie nicht, wie? Der Herr natürlich, so was an Schrecken! Der kommt nicht wieder«, sagt die Puffmutter wehmütig. »So ein Kunde! Reiner Zucker! Von den Devisen haben wir immer das Fleisch und den Kuchen für ’n ganzen Monat kaufen können. Übrigens, wie ist das denn jetzt?« Sie wendet sich mir zu. »Das ist dann ja nun gar nicht mehr so viel wert, was?«
»Ein Gulden ungefähr soviel wie zwei Mark.«
»Ist das möglich! Und früher waren es Billionen! Na, dann ist es mit dem Kunden nicht so schlimm, wenn er wegbleibt. Wollen Sie nicht noch irgendeine Kleinigkeit mitnehmen als Andenken an das Pferd?«
Ich denke einen Augenblick an das Glas mit dem Schneegestöber. Aber man soll keine Andenken mitnehmen. Ich schüttle den Kopf.
»Dann wollen wir unten eine Tasse guten Kaffee trinken und das Denkmal aussuchen.«
Ich habe auf einen kleinen Hügelstein gerechnet; aber es stellt sich heraus, daß das Eiserne Pferd durch den holländischen Kaufmann Devisen hat sparen können. Es hat die Guldenscheine in eine Kassette getan und nicht eingewechselt. Jetzt sind sie da, und es ist eine stattliche Summe. Der Kaufmann war seit Jahren ein treuer Kunde.
»Malwine hat keine Verwandten«, sagt die Madame.
»Dann natürlich«, erwidere ich,»können wir in die große Klasse der Grabdenkmäler einsteigen. In den Marmor und den Granit.«
»Marmor ist nichts für das Roß«, sagt Fritzi. »Das ist doch mehr für Kinder, was?«
»Längst nicht immer! Wir haben schon Generäle unter Marmorsäulen zur Ruhe gebracht.«
»Granit!« sagt die Puffmutter. »Granit ist besser. Paßt besser zu ihrer eisernen Natur.«
Wir sitzen im großen Zimmer. Der Kaffee dampft, es gibt selbstgebackenen Kuchen mit Schlagsahne und eine Flasche Curacao. Ich fühle mich fast in die alten Zeiten versetzt. Die Damen schauen mir über die Schultern in den Katalog, wie einst in die Schulbücher.
»Hier ist das beste, was wir haben«, sage ich. »Schwarzer schwedischer Granit, ein Kreuzdenkmal mit zwei Sockeln. Es gibt davon nicht mehr als vielleicht zwei oder drei in der ganzen Stadt.«
Die Damen betrachten die Zeichnung. Es ist eine meiner letzten. Ich habe den Major Wolkenstein für die Inschrift verwendet – als 1915 an der Spitze seiner Truppe gefallen -, was mindestens für den ermordeten Tischler in Wüstringen besser gewesen wäre. »War das Pferd katholisch?« fragt Fritzi.
»Ein Kreuz ist nicht nur für Katholiken«, erwidere ich.
Die Puffmutter kratzt sich den Kopf. »Ich weiß nicht, ob ihr so was Religiöses recht gewesen wäre. Gibt’s nicht was anderes? So eine Art Naturfelsen?«
Mir setzt einen Augenblick der Atem aus. »Wenn Sie so etwas wollen«, sage ich dann,»dann habe ich etwas ganz Besonderes. Etwas Klassisches! Einen Obelisken!«
Es ist ein Schuß in die Nacht, das weiß ich; aber mit plötzlich vor Jagdfieber eifrigen Fingern suche ich die Zeichnung des Veteranen hervor und lege sie auf den Tisch.
Die Damen schweigen und studieren. Ich halte mich zurück. Es gibt manchmal ein Finderglück – im Anfang oder am Schluß, wo einem mit der Kinderhand Dinge gelingen, an denen Spezialisten verzweifelt sind. Fritzi lacht plötzlich. »Eigentlich nicht schlecht für das Pferd«, sagt sie.
Die Puffmutter grinst ebenfalls. »Was kostet das Ding?«
Der Obelisk hat, solange ich im Geschäft bin, nie einen Preis gehabt, da jeder wußte, daß er unverkäuflich war. Ich kalkuliere rasch. »Tausend Mark offiziell«, sage ich. »Für euch, als Freunde, sechshundert. Ich kann mir erlauben, diesen Schandpreis zu machen, da heute ohnehin mein letzter Tag im Büro ist – sonst würde ich entlassen. Barzahlung natürlich! Und die Inschrift extra.«
»Warum eigentlich nicht?« sagt Fritzi.
»Von mir aus!« Die Puffmutter nickt.
Ich traue meinen Ohren nicht. »Also abgemacht?« frage ich.
»Abgemacht«, erwidert die Puffmutter. »Wieviel sind sechshundert Mark in Gulden?«
Sie beginnt, die Scheine abzuzählen. Aus der Kuckucksuhr an der Wand schießt der Vogel und ruft die Stunde aus. Es ist sechs Uhr. Ich stecke das Geld ein. »Ein Gedächtnisschnaps«, sagt die Puffmutter. »Für Malwine. Morgen früh wird sie beerdigt. Wir brauchen das Lokal wieder für morgen abend.«
»Schade, daß ich nicht zur Beerdigung bleiben kann«, sage ich.
Wir trinken alle einen Kognak mit einem Schuß Pfefferminzschnaps. Die Puffmutter wischt sich die Augen. »Es geht mir nahe«, erklärt sie.
Es geht uns allen nahe. Ich stehe auf und verabschiede mich.
»Georg Kroll wird das Denkmal setzen lassen«, sage ich.
Die Damen nicken. Ich habe nie soviel Treu und Glauben gesehen wie hier. Sie winken aus den Fenstern. Die Doggen bellen. Ich gehe rasch den Bach entlang der Stadt zu.
»Was?« sagt Georg. »Unmöglich!«
Ich ziehe schweigend die Gulden hervor und breite sie auf dem Schreibtisch aus. »Was hast du dafür verkauft?« fragt er.
»Warte einen Augenblick.«
Ich habe eine Fahrradklingel gehört. Gleich darauf ertönt ein gebieterisches Räuspern vor der Tür. Ich raffe die Scheine zusammen und stecke sie wieder in die Tasche. Heinrich Kroll erscheint in der Tür, die Hosensäume leicht mit Straßenschmutz bekleckert. »Nun«, frage ich. »Was verkauft?«
Er starrt mich giftig an. »Gehen Sie mal ‚raus und verkaufen Sie! Bei der Pleite. Kein Mensch hat Geld! Und wer ein paar Mark hat, hält sie fest!«
»Ich war draußen«, erwidere ich. »Und ich habe verkauft.«
»So? Was?«
Ich drehe mich so, daß ich beide Brüder im Auge habe, und sage:»Den Obelisken.«
»Quatsch!« sagt Heinrich kurz. »Machen Sie Ihre Witze doch in Berlin!«
»Ich habe mit dem Geschäft hier zwar nichts mehr zu tun«, erkläre ich,»da ich heute mittag um zwölf Uhr meinen Dienst beendet habe. Trotzdem lag mir daran, Ihnen mal zu zeigen, wie einfach es ist, Denkmäler zu verkaufen. Direkt eine Ferienbeschäftigung.«
Heinrich schwillt an, hält sich aber mit Mühe. »Gottlob, wir brauchen diesen Unsinn nicht mehr lange anzuhören! Gute Reise! In Berlin wird man Ihnen schon die Flötentöne beibringen.«
»Er hat den Obelisken tatsächlich verkauft, Heinrich«, sagt Georg.
Heinrich starrt ihn ungläubig an. »Beweise!« faucht er dann.
»Hier!« sage ich und lasse die Gulden flattern. »Sogar Devisen!«
Heinrich glotzt. Dann hascht er nach einem der Scheine, dreht ihn um und prüft, ob er echt sei. »Glück«, knirscht er schließlich hervor. »Blödes Glück!«
»Wir können das Glück brauchen, Heinrich«, sagt Georg. »Ohne diesen Betrag könnten wir den Wechsel nicht bezahlen, der morgen fällig ist. Du solltest lieber herzlichen Dank sagen. Es ist das erste wirkliche Geld, das wir hereinkriegen. Wir brauchen es verdammt nötig.«
»Dank? Fällt mir gerade ein!«
Heinrich verschwindet türenschmetternd, ein echter, aufrechter Deutscher, der niemandem jemals Dank schuldet.
»Brauchen wir den Zaster tatsächlich so dringend?« frage ich.
»Dringend genug«, erwidert Georg. »Aber jetzt laß uns abrechnen. Wieviel Geld hast du?«
»Genug. Ich habe das Reisegeld dritter Klasse geschickt bekommen. Ich fahre vierter und spare damit zwölf Mark. Mein Klavier habe ich verkauft – ich kann es nicht mitschleppen. Der alte Kasten hat hundert Mark eingebracht. Das sind zusammen hundertzwölf Mark. Davon kann ich leben, bis ich mein erstes Gehalt bekomme.«
Georg nimmt dreißig holländische Gulden und hält sie mir hin. »Du hast als Spezialagent gearbeitet. Damit hast du Anrecht auf eine Provision wie Tränen-Oskar. Für besondere Leistung fünf Prozent Zuschlag.«
Es entsteht ein kurzer Wettstreit; dann nehme ich das Geld als Rücklage für den Fall, daß ich im ersten Monat bereits aus meiner neuen Stellung rausfliege. »Weißt du schon, was du in Berlin machen mußt?« fragt Georg.
Ich nicke. »Feuer melden; Diebstähle beschreiben; kleine Bücher besprechen; Bier holen für die Redakteure; Bleistifte anspitzen; Druckfehler korrigieren – und versuchen, weiterzukommen.«
Die Tür wird mit einem Fußtritt geöffnet. Wie ein Gespenst steht der Feldwebel Knopf im Rahmen. »Ich verlange acht Billionen«, krächzt er.
»Herr Knopf«, sage ich. »Sie sind aus einem langen Traum noch gar nicht ganz aufgewacht. Die Inflation ist vorbei. Vor vierzehn Tagen hätten Sie acht Billionen für den Stein bekommen können, den Sie für acht Milliarden gekauft haben. Heute sind es acht Mark.«
»Ihr Lumpen! Ihr habt das absichtlich getan!«
»Was?«
»Mit der Inflation aufgehört! Um mich auszuräubern! Aber ich verkaufe nicht! Ich warte auf die nächste!«
»Was?«
»Die nächste Inflation!«
»Gut«, sagt Georg. »Darauf wollen wir einen trinken.«
Knopf greift als erster nach der Flasche. »Wetten?« fragt er.
»Um was?«
»Daß ich schmecken kann, woher die Flasche kommt.«
Er zieht den Korken heraus und riecht. »Ausgeschlossen, daß Sie das rausfinden«, sage ich. »Bei Korn vom Faß vielleicht – wir wissen, daß Sie darin der beste Kenner der Provinz sind -, aber nie bei Schnaps in der Flasche.«
»Um wieviel wetten Sie? Um den Preis des Grabsteins?«
»Wir sind plötzlich verarmt«, erwidert Georg. »Aber wir wollen drei Mark riskieren. Auch in Ihrem Interesse.«
»Gut. Geben Sie mir ein Glas.«
Knopf riecht und probiert. Dann verlangt er ein zweites und ein drittes Glas voll. »Geben Sie es auf«, sage ich. »Es ist unmöglich. Sie brauchen nicht zu zahlen.«
»Dieser Schnaps ist aus dem Delikatessengeschäft von Brockmann an der Marienstraße«, sagt Knopf.
Wir starren ihn an. Es stimmt. »Her mit dem Zaster!« krächzt er. Georg zahlt die drei Mark, und der Feldwebel verschwindet. »Wie war das möglich?« sage ich. »Hat die alte Schnapsdrossel übersinnliche Kräfte?«
Georg lacht plötzlich. »Er hat uns reingelegt!«
»Wie?«
Er hebt die Flasche. Auf die Rückseite ist unten ein winziges Schildchen geklebt: J. Brockmann, Delikatessen, Marienstraße 18. »So ein Gauner!« sagt er vergnügt. »Und was für Augen er noch hat!«
»Augen!« sage ich. »Übermorgen nacht wird er daran zweifeln, wenn er nach Hause kommt und den Obelisken nicht mehr findet. Auch seine Welt wird für ihn einstürzen.«
»Stürzt deine ein?« fragt Georg.
»Täglich«, erwidere ich. »Wie sollte man sonst leben?«
Zwei Stunden vor der Abfahrt glauben wir draußen Trappeln, Stimmen und Töne zu hören.
Gleich darauf geht es auf der Straße vierstimmig los:
»Heil’ge Nacht, o gieße du
Himmelsfrieden in dies Herz -«
Wir treten ans Fenster. Auf der Straße steht Bodo Ledderhoses Verein. »Was ist denn das?« frage ich. »Mach Licht, Georg!«
Im matten Schein, der vom Fenster auf die Straße fällt, erkennen wir Bodo. »Es gilt dir«, sagt Georg. »Ein Abschiedsständchen deines Vereins. Vergiß nicht, daß du dort Mitglied bist.«
»Schenk dem müden Pilger Ruh, holde Labung seinem Schmerz -« tönt es mächtig weiter.
Fenster öffnen sich. »Ruhe!« schreit die alte Konersmann.
»Es ist Mitternacht, ihr besoffenes Gesindel!«
»Hell schon erglühn die Sterne, leuchten in blauer Ferne -«
Lisa erscheint im Fenster und verneigt sich. Sie glaubt, das Ständchen gelte ihr.
Kurz darauf ist die Polizei da. »Gehen Sie auseinander!« kommandiert eine markige Stimme.
Die Polizei hat sich mit der Deflation geändert. Sie ist scharf und energisch geworden. Der alte Preußengeist ist wieder da.
Jeder Zivilist ist ein ewiger Rekrut.
»Nächtliche Ruhestörung!« schnauzt der amusische Uniformträger.
»Verhaftet sie!« heult die Witwe Konersmann.
Bodos Verein besteht aus zwanzig handfesten Sängern. Dagegen stehen zwei Polizisten. »Bodo«, rufe ich besorgt. »Rührt sie nicht an! Verteidigt euch nicht! Ihr kommt sonst für Jahre ins Zuchthaus!«
Bodo macht eine beruhigende Geste und singt mit weit offenem Munde:
»Möchte mit dir so gerne ziehn – himmelwärts.«
»Ruhe, wir wollen schlafen!« schreit die Witwe Konersmann.
»Heda!« ruft Lisa den Polizisten zu. »Laßt doch die Sänger in Ruhe! Warum seid ihr nicht da, wo gestohlen wird?«
Die Polizisten sind verwirrt. Sie kommandieren noch ein paarmal:»Alles zur Polizeistation!«- aber niemand rührt sich. Bodo beginnt die zweite Strophe. Die Polizisten tun schließlich, was sie können – sie verhaften jeder einen Sänger. »Verteidigt euch nicht!« rufe ich. »Es ist Widerstand gegen die Staatsgewalt!«
Die Sänger leisten keinen Widerstand. Sie lassen sich abführen.
Der Rest singt weiter, als wäre nichts geschehen. Die Station ist nicht weit. Die Polizisten kommen im Laufschritt wieder und verhaften zwei weitere Sänger. Die andern singen weiter; aber der erste Tenor ist recht schwach geworden. Die Polizisten verhaften von rechts; beim drittenmal wird Willy abgeführt, und damit ist der erste Tenor zum Schweigen gebracht. Wir reichen Bierflaschen aus den Fenstern. »Halte aus, Bodo!« sage ich.
»Keine Angst! Bis zum letzten Mann!«
Die Polizei kommt wieder und verhaftet im zweiten Tenor. Wir haben kein Bier mehr und stiften unsern Korn. Zehn Minuten später singen nur noch die Bässe. Sie stehen da, ohne hinzuschauen, wie verhaftet wird. Ich habe einmal gelesen, daß Walroßherden so unbeteiligt bleiben, während Jäger unter ihnen mit Keulen die Nachbarn erschlagen – und gesehen habe ich, daß ganze Völker im Kriege dasselbe tun.
Nach einer weiteren Viertelstunde steht Bodo Ledderhose allein da. Die schwitzenden, wütenden Polizisten kommen zum letztenmal angaloppiert. Sie nehmen Bodo in die Mitte. Wir folgen ihm zur Station. Bodo summt einsam weiter. »Beethoven«, sagt er kurz und summt wieder, eine einzelne musikalische Biene.
Aber plötzlich ist es, als ob Windharfen ihn aus unendlicher Ferne begleiteten. Wir horchen auf. Es klingt wie ein Wunder – aber Engel scheinen tatsächlich mitzusummen, Engel im ersten und zweiten Tenor und in den beiden Bässen. Sie umschmeicheln und umgaukeln Bodo und werden deutlicher, je weiter wir kommen, und als wir um die Kirche biegen, können wir die fliegenden, körperlosen Stimmen sogar verstehen. Sie singen »Heil’ge Nacht, o gieße du -«, und an der nächsten Ecke erkennen wir, woher sie kommen: aus der Polizeiwache, in der Bodos verhaftete Kameraden furchtlos stehen und weitersingen, ohne sich um etwas zu kümmern. Bodo als Dirigent tritt zwischen sie, als wäre das die alltäglichste Sache von der Welt, und weiter geht es:»Schenk dem müden Pilger Ruh -«
»Herr Kroll, was soll das?« fragt der Vorsteher der Wache perplex.
»Es ist die Macht der Musik«, erwidert Georg. »Ein Abschiedsständchen für einen Menschen, der in die Welt hinausgeht. Harmlos und eigentlich zu fördern.«
»Das ist alles?«
»Das ist alles.«
»Es ist nächtliche Ruhestörung«, erklärt einer der Verhafter.
»Wäre es auch nächtliche Ruhestörung, wenn sie „Deutschland, Deutschland über alles“ sängen?« frage ich ihn.
»Das wäre was anderes!«
»Wer singt, stiehlt nicht, mordet nicht und versucht nicht, die Regierung zu stürzen«, erklärt Georg dem Vorsteher der Wache. »Wollen Sie den ganzen Chor einsperren, weil er das alles nicht tut?«
»Werft sie raus!« zetert der Vorsteher. »Aber sie sollen jetzt ruhig bleiben.«
»Sie werden ruhig bleiben. Sie sind kein Preuße, wie?«
»Franke.«
»Das dachte ich mir«, sagt Georg.
Wir stehen am Bahnhof. Es ist windig, und niemand ist außer uns auf dem Perron. »Du wirst mich besuchen, Georg«, sage ich. »Ich werde alles daransetzen, die Frauen deiner Träume kennenzulernen. Zwei bis drei werden für dich da sein, wenn du kommst.«
»Ich komme.«
Ich weiß, daß er nicht kommen wird. »Du bist es allein schon deinem Smoking schuldig«, sage ich. »Wo sonst könntest du ihn anziehen?«
»Das ist wahr.«
Der Zug bohrt ein paar glühende Augen in das Dunkel.
»Halte die Fahne hoch, Georg! Du weißt, wir sind unsterblich.«
»Das sind wir. Und du, laß dich nicht unterkriegen. Du bist so oft gerettet worden, daß du die Verpflichtung hast, weiter durchzukommen.«
»Klar«, sage ich. »Schon der andern wegen, die nicht gerettet wurden. Schon Valentins wegen.«
»Unsinn. Einfach, weil du lebst.«
Der Zug braust in die Halle, als warteten fünfhundert Leute auf ihn. Aber nur ich warte. Ich suche ein Abteil und steige ein. Das Abteil riecht nach Schlaf und Menschen. Ich ziehe das Fenster im Gang auf und lehne mich hinaus. »Wenn man etwas aufgibt, braucht man es nicht zu verlieren«, sagt Georg. »Nur Idioten tun das.«
»Wer redet schon von Verlieren«, erwidere ich, während der Zug anzieht. »Da wir sowieso am Ende verlieren, können wir uns erlauben, vorher zu siegen wie die gefleckten Waldaffen.«
»Siegen die immer?«
»Ja – weil sie gar nicht wissen, was das ist.«
Der Zug rollt bereits. Ich fühle Georgs Hand. Sie ist zu klein und zu weich, und in der Schlacht an der Pißbude hat sie Schrammen bekommen, die noch nicht heil sind. Der Zug wird schneller, Georg bleibt zurück, er istplötzlich älter und blasser, als ich dachte, ich sehe nur noch seine blasse Hand und seinen blassen Kopf, und dann ist nichts mehr da als der Himmel und das fliegende Dunkel.
Ich gehe in das Abteil. Ein Reisender mit einer Brille röchelt in einer Ecke; ein Förster in einer andern. In der dritten schnarcht ein fetter Mann mit einem Schnurrbart; in einer vierten gibt eine Frau mit Hängebacken und einem verrutschten Hut seufzende Triller von sich.
Ich spüre den scharfen Hunger der Traurigkeit und öffne meinen Koffer, der im Gepäcknetz liegt. Frau Kroll hat mich mit belegten Butterbroten bis Berlin versehen. Ich fingere danach, finde sie aber nicht und hole den Koffer aus dem Netz. Die Frau mit dem verrutschten Hut und den Trillern erwacht, sieht mich wütend an und trillert gleich darauf herausfordernd weiter. Ich sehe, weshalb ich die Butterbrote nicht gefunden habe. Georgs Smoking liegt darüber. Er hat ihn wahrscheinlich eingepackt, während ich den Obelisken verkauft habe. Ich sehe eine Weile auf das schwarze Tuch; dann hole ich die Butterbrote heraus und beginne zu essen. Es sind gute, erstklassig belegte Butterbrote. Das ganze Abteil wacht einen Augenblick vom Geruch des Brotes und der herrlichen Leberwurst auf. Ich kümmere mich um nichts und esse weiter. Dann lehne ich mich zurück auf meinen Sitz und sehe in das Dunkel, durch das ab und zu Lichter fliegen, und ich denke an Georg und den Smoking, und dann denke ich an Isabelle und Hermann Lotz und an den Obelisken, der angepißt wurde und zum Schluß die Firma gerettet hat, und zuletzt denke ich an gar nichts mehr.