Gemächlich spazierte Hercule Poirot die Hauptstraße entlang, doch strebte er nicht dem »Hirschen«, zu, sondern lenkte seine Schritte dem weißen Haus zu, in dem Lynn Marchmont wohnte.
Es war ein herrlicher Tag, ein sommerlicher Frühlingsmorgen mit jener Frische, die dem Hochsommermorgen fehlt.
Poirot bog in den Pfad ein, der zu Mrs Marchmonts Haus führte. In einem Liegestuhl unter dem mächtigen Apfelbaum im Garten lag Lynn Marchmont.
Sie sprang erschrocken auf, als sie eine höfliche Stimme neben sich »guten Morgen«, sagen hörte.
»Oh, haben Sie mich erschreckt, Monsieur Poirot. Sie sind also noch immer hier?«
»Ich bin noch immer hier – allerdings.«
»Bedeutet dies, dass Sie mit dem Gang der Dinge nicht zufrieden sind?«, fragte Lynn mit hoffnungsfroher Stimme. »Ich meine, nicht zufrieden damit, dass man David eingesperrt hat?«
»Sie wünschen sich sehr, dass er unschuldig sein möge, nicht wahr?«
Hercule Poirots Stimme klang sanft.
»Ich will nur nicht, dass ein Unschuldiger gehängt wird«, wehrte Lynn ab. »Aber die Polizei ist voreingenommen. Weil er sich trotzig gebärdet, halten sie ihn für schuldig.«
»Sie tun der Polizei unrecht. Die Geschworenen fällten das Urteil: schuldig, also musste die Polizei David Hunter in Haft nehmen. Aber ich kann Ihnen verraten, dass sie weit davon entfernt sind, sich mit der Lage abzufinden.«
»Sie lassen ihn vielleicht frei?«
Poirot zuckte vielsagend die Achseln.
»Wen verdächtigt man denn, Monsieur Poirot?«
»Man hat eine Frau in der betreffenden Nacht am Tatort gesehen.«
»Ich verstehe überhaupt nichts mehr«, rief Lynn aus. »Als wir glaubten, der Fremde sei Robert Underhay, schien alles so einfach. Warum hat dieser Major Porter denn behauptet, er sei Underhay, wenn er es gar nicht war? Und warum hat er sich erschossen? Wir sind wieder da, wo wir angefangen haben.«
»Sie sind jetzt schon der dritte Mensch, der das sagt«, stellte Poirot fest.
»Ja?« Sie schaute fragend zu dem Detektiv auf. »Was gedenken Sie zu tun, Monsieur Poirot?«
»Ich gedenke, nach Furrowbank hinaufzugehen, und ich möchte Sie auffordern, mich zu begleiten«, erwiderte Poirot, obwohl er sehr gut verstand, dass Lynn ihre Frage anders gemeint hatte.
»Nach Furrowbank? Ich war gestern oben und habe Rosaleen gefragt, ob ich ihr in irgendeiner Beziehung behilflich sein könnte. Sie hat mich angesehen und gesagt: ›Sie! Ausgerechnet Sie!‹ Ich glaube, sie hasst mich.«
»Zeigen Sie sich großmütig und verständnisvoll«, erwiderte Poirot. »Rosaleen Cloade tut mir Leid. Ich würde ihr gern helfen. Selbst jetzt noch, wenn sie auf mich hören wollte – «
Mit einem plötzlichen Entschluss richtete er sich auf.
»Kommen Sie, Mademoiselle, gehen wir nach Furrowbank.«