KAPITEL 22

Ralf starrte den Kybernetiker einen Moment nur blöde an. Dann drückte er eine Taste an dem Kontrollinstrument, das er am Handgelenk trug, und murmelte etwas in sein Mikrophon. Gleich darauf öffnete sich das Brückenschott, und Khalid stieß zu uns.

»Was ist mit dem Kommandanten?« wollte er wissen.

»Er ist krank«, sagte Jay.

»Was heißt krank? Hat er die Grippe? Hat er sich den Arm gebrochen? Was hat er?«

»Es ist offenbar eine Herzerkrankung.«

»Wollen Sie mich zum Narren halten? Eine Herzerkrankung bei einem Astronauten?«

»Moriyama hat es verschwiegen. Er ist nicht mehr der Jüngste, und er wollte diese Dienstperiode noch mitmachen. Ich habe vor ein paar Wochen zufällig eine Art Krankentagebuch des Kommandanten im Computer entdeckt. Es war natürlich gesperrt, aber da ich der EDV-Administrator bin und alle Zugriffsrechte besitze, konnte ich es lesen.«

»Ich will dieses Tagebuch sehen.«

»Moriyama hat es wieder gelöscht.«

»Ich glaube Ihnen kein Wort.«

Jayakar verdrehte die Augen. »Dann schlage ich vor, daß Sie ihn sich einfach ansehen. Er liegt in einer Kabine, blaß und bleich und zitternd, mit einem Puls, den Sie kaum noch spüren, und hechelt wie ein Fisch auf dem Trockenen. Vielleicht ist er tot, wenn ich zurückkomme.«

Khalid musterte ihn abschätzig. »Ich glaube Ihnen nicht«, beharrte er. »Das ist ein Trick.«

Jayakar atmete tief ein und wieder aus.

Man merkte ihm an, daß er sich nur mühsam beherrschte. »Was für ein Trick könnte das wohl sein, wenn Sie der Ärztin gestatten, ihn kurz zu untersuchen? Wenn sie bei uns in der Gruppe wäre, hätte sie das schon längst getan, ohne daß wir Sie überhaupt gefragt hätten.«

»Sie ist aber nicht bei Ihnen in der Gruppe.«

»Sie müssen mächtig Angst vor uns haben, Khalid«, höhnte der Kybernetiker. »Wir sind geteilt und eingesperrt und von aller Welt abgeschnitten, und Sie haben immer noch Angst vor uns.«

Zu meiner Überraschung nickte Khalid langsam und nachdenklich. »Ja, ich habe Angst vor Ihnen«, murmelte er, mehr zu sich selbst. Dann gab er Ralf einen Wink. »Bring die Ärztin her.«

Wahrend Ralf und Sven das andere Schott öffneten, trieb Khalid Jayakar, Tanaka und mich in einer Ecke des Kraftraums zusammen und bewachte uns dort. Als seine beiden Spießgesellen mit Oba zurückkamen, fragte er: »In welcher Kabine ist er?«

»Die zweite rechts«, sagte Jayakar.

Immer noch mißtrauisch, glitt Khalid in den dunklen Gang zu den Kabinen. Meine Kabine war die erste links; die zweite rechts war Kims Kabine. Khalid öffnete alle Türen und sah in die Räume dahinter, während Ralf uns bewachte und enttäuscht schien, daß wir uns ruhig und folgsam verhielten.

Schließlich kam er wieder heraus und nickte Oba zu. »Er scheint tatsächlich krank zu sein. Kümmern Sie sich um ihn.«

Oba wirkte äußerst beunruhigt. Sie hangelte sich hastig zwischen den Bodybuildinggeräten hindurch und den Gang entlang, wies ein Ansinnen Khalids, ihr bei der Untersuchung zusehen zu wollen, mit heftigen Worten zurück und schlug dem verblüfften Piraten die Kabinentür vor der Nase zu.

Die Minuten vergingen. Khalid hing noch eine Weile unschlüssig im Gang zwischen den Kabinen, dann kam er wieder nach vorn zu uns. Plötzlich herrschte eine Atmosphäre wie in jedem beliebigen Krankenhaus, in dem Leute auf den Gängen darauf warten, daß der Arzt auftaucht und sie ihn fragen können, wie es um den Patienten steht.

Schließlich kam Oba wieder heraus, und dem angespannten Zug um ihre Mundwinkel zufolge stand es nicht sehr gut um den Patienten.

»Ich brauche ein Medikament und ein paar Geräte aus dem Arztschrank«, erklärte sie mit fester Stimme, als sei sie die Chefärztin und Khalid, Ralf und Sven nur drei schüchterne Krankenpfleger. »Und dann muß ich noch einmal zu ihm.«

»Was fehlt ihm?« wollte Khalid wissen.

»Es ist das Herz. Genaueres kann ich Ihnen erst sagen, wenn ich ihn untersucht habe.«

Ohne eine Erlaubnis dazu abzuwarten, glitt sie durch das offenstehende Schott, und die Gangster folgten ihr.

»Wie kann ein Astronaut einen Herzanfall bekommen?« fragte Khalid.

Obas Antwort darauf bekamen wir nicht mehr mit, denn in diesem Augenblick begann sich das Schott zischend und pfeifend wieder zu schließen, und alles ging in einem unverständlichen Gebrabbel unter.

Als das Schott mit einem abschließenden Schlag ins Schloß gefallen war, setzte ich mich sofort in Bewegung, um den Kommandanten zu sehen.

Moriyama hing in Kims Kabine im Schlafsack, hatte die Augen geschlossen und bewegte sich unruhig. Er stöhnte leise, sein Atem ging flach und schnell, und auf seiner Stirn glitzerten feine Schweißperlen.

Ich faßte ihm an die Halsschlagader, um den Puls zu fühlen. Für meine Begriffe fühlte er sich ziemlich normal an. Dann fuhr ich ihm mit der anderen Hand über die Stirn und rieb die Feuchtigkeit verwundert zwischen meinen Fingern.

»Seltsam«, murmelte ich. »Das fühlt sich an wie Wasser.«

Moriyama schlug die Augen auf und sah mich mit klarem Blick an. »Es ist Wasser«, sagte er kehlig.

Ich war verblüfft. »Sie sind überhaupt nicht krank!«

»Nein. Aber ich habe kräftig geübt, krank auszusehen.«

»Aber warum?«

»Wir haben einen Plan«, eröffnete mir der Kommandant ernst. »Einen Plan, wie wir die Piraten vielleicht überwältigen können.«

»Einen Plan?« echote ich entsetzt.

»Es war Jayakars Idee«, sagte Moriyama und erläuterte mir, was sie vorhatten. Und anscheinend glaubte er tatsächlich, daß es funktionieren könnte.

Ich war sprachlos vor Entsetzen. »Das ist nicht Ihr Ernst.«

»Wir müssen jede Chance nutzen, die wir haben«, erklärte Moriyama dickköpfig.

»Aber Khalid ist mißtrauisch!« rief ich. »Er war schon mißtrauisch, bevor das hier begann! Er wird ihr auf die Finger schauen wie… wie…« Mir fiel kein Vergleich ein, der drastisch genug war.

»Ich habe Oba eingeschärft, kein Risiko einzugehen.«

»Woher weiß sie, wann sie ein Risiko eingeht?«

»Sie ist Ärztin. Sie hat ihr Leben lang mit Fragen von Leben und Tod zu tun gehabt. Ich glaube nicht, daß ihr irgend jemand von uns etwas über Risiko erzählen muß.«

Ich starrte den Kommandanten an und fragte mich, wie sie ihn so bleich hinbekommen hatten. Schminke aus der Kabine von einer der Frauen, wahrscheinlich. Konnte das klappen? Hatte dieser Plan eine Chance, zu funktionieren?

Unter dem Vorwand, medizinische Ausrüstung für die Behandlung Moriyamas zusammenzustellen, sollte Oba versuchen, eine der Gaspatronen mit dem Betäubungsgas und mindestens eine Atemmaske in ihren Besitz zu bringen. Wahrscheinlich gab es in der Bordapotheke tatsächlich keine Herzmedikamente; noch immer galt die Regel, daß ein Astronaut körperlich hundertprozentig gesund und topfit sein mußte. Aber die Atemmasken waren simple Sauerstoffatemgeräte – es würde sich gut erklären lassen, daß sie eine davon mitnehmen wollte. Die Gaspatrone dagegen, groß, in auffälligem Pink und mit eindeutiger Beschriftung…

»Würden Sie mir bitte noch etwas Wasser ins Gesicht sprühen?« unterbrach Moriyama meine Gedanken und deutete mit einem Nicken des Kinns auf eines der Wandfächer. »Oba und Khalid können jeden Moment zurückkommen.«

Ich öffnete das Fach und fand, in einem Plastikbeutel, einen nassen Schwamm und eine Zahnbürste. Widerstrebend mußte ich Jays Einfallsreichtum bewundern. Ich tränkte die Zahnbürste mit Wasser und besprühte das Gesicht des Kommandanten, bis es wieder von einem hauchfeinen Film winziger Tröpfchen bedeckt war, die wie kalter Todesschweiß wirkten. Mit geschlossenen Augen und hechelndem, flachem Atem sah er tatsächlich zum Erbarmen aus.

»Und jetzt gesellen Sie sich bitte wieder zur Trauergemeinde«, verabschiedete mich Moriyama flüsternd und ohne die Augen noch einmal zu öffnen.

Als ich nach vorn kam, hatten Tanaka und Jayakar sich bereits mehr oder weniger bequeme Plätze inmitten der chromblitzenden Gestänge und hydraulischen Kolben der Bodybuilding-Maschinen gesucht und sich angeschnallt. Eine Variante des Plans sah vor, daß Oba die Gaspatrone noch im biologischen Labor öffnen sollte, um die Piraten so früh wie möglich auszuschalten. Ausgerüstet mit dem Atemgerät sollte sie dann alle Gangster entwaffnen und ihnen hochwirksame Schlafmittel injizieren.

»Ist das Gas unangenehm?« wollte Tanaka wissen.

»Ich weiß es nicht«, erklärte ich geistesabwesend. »Ich nehme an, nein. Wahrscheinlich werden wir nicht einmal etwas merken. Es ist ein Kontaktnervengift, das augenblicklich wirkt, wenn man es einatmet.«

»Auch auf Menschen?«

»Auf alle Säugetiere und auf die meisten Wirbeltiere.«

Jayakar schloß die Augen und lehnte sich nach hinten. Die Hände legte er auf die Griffe einer glänzenden Zugstange über seinem Kopf, als wolle er sich so einen besseren Halt sichern. »Hoffentlich kommt sie rechtzeitig an ein Atemgerät«, meinte er. »Sonst war alles umsonst.«

Ich nickte lethargisch. Plötzlich spürte ich ein Kribbeln im Bauch, wie ich es das letzte Mal in jener Nacht erlebt hatte, als wir mit unseren F 16-Jägern von den Flugzeugträgern gestartet waren und der Erste Golfkrieg begonnen hatte. Angst. »Als ich zuletzt im Biolabor geputzt habe, habe ich eine Atemmaske in der gleichen Schublade gesehen, in der auch die Gaspatrone liegt.«

»Sie schafft es«, flüsterte Tanaka, aber es klang mehr nach einer Hoffnung als nach einer Überzeugung.

In Gedanken begleitete ich Oba auf ihrem Weg ins biologische Labor, wo der Arztschrank stand und gleich daneben der Schrank mit der Veterinärsausrüstung. Ich versuchte mir vorzustellen, was sie in diesem Augenblick wohl gerade tat. Inzwischen hatte sie sicher das Labor schon betreten, wahrscheinlich in Begleitung der beiden Revolverhelden. Jetzt wühlte sie sicher in den Ampullen und Instrumenten und versuchte, die beiden abzulenken, so daß sie sich unauffällig der Gaspatrone bemächtigen konnte.

Vielleicht versuchte sie, ihre ärztliche Autorität auszuspielen.

»Ach, Sakai, irgendwo muß hier ein kleines EKG-Gerät sein, helfen Sie mir doch mal, es zu finden.« Dann öffnete sie wie selbstverständlich die Schubladen des tierärztlichen Schrankes und packte den kleinen stählernen Zylinder in ihren Arztkoffer, als handle es sich um den unentbehrlichsten Bestandteil ihrer Ausrüstung.

Vielleicht drängelte sie auch. »Schnell, schnell, das Leben des Kommandanten ist in Gefahr. Wo ist die Sauerstoffmaske? Aha, hier. Sakai, sehen Sie irgendwo einen schwarzen Beatmungsbalg? So helfen Sie mir doch ein bißchen, die Zeit drängt…«

Mir wurde mulmig, während ich versuchte, mir die Szenerie auszumalen. In meiner Vorstellung konnte ich mir die Aufpasser nicht anders denken als im höchsten Grade mißtrauisch, jeden Handgriff der Ärztin genauestens verfolgend. Moriyama hatte ihr eingeschärft, kein Risiko einzugehen. Wenn die Gefahr der Entdeckung bestand, lieber nichts tun. Nur eine Ampulle mit irgendeinem Stärkungsmittel nehmen und zurückkommen. Aber vielleicht hatte er es ihr nicht eindringlich genug gesagt.

Ich lugte auf meine Armbanduhr und merkte, daß ich unwillkürlich den Atem angehalten hatte. Das dauerte alles viel zu lange. Was geschah dort unten im Labor?

Jay warf mir einen unruhigen Blick zu. »Vielleicht war das alles keine so gute Idee«, murmelte er. Vielleicht hätte er sich das etwas früher überlegen sollen.

Aber möglicherweise war sie ja schon auf dem Rückweg. Ich musterte die länglichen Lamellen des Belüftungssystems. Das Gas war unsichtbar, und selbst wenn es das nicht gewesen wäre, hätten wir keine Chance gehabt, es aus den Lüftungsschlitzen quellen zu sehen, weil wir noch im selben Augenblick bewußtlos zusammengesunken wären. Vielleicht hatte Oba es geschafft, die Gaspatrone zusammen mit der Atemmaske einzustecken; dann konnten wir das Gas in dem Moment freisetzen, in dem das Schott das nächste Mal geöffnet wurde.

Ich lauschte, alle Sinne angespannt, in der Hoffnung, aus den vielfältigen Geräuschen der Raumstation etwas herauszuhören. Die Klimaanlage surrte unmerklich, von ferne war das Vibrieren arbeitender Maschinen zu hören und klopfende Geräusche von irgendwoher. Nichts.

Das Schott rührte sich nicht. Die Zeit schien zu Kaugummi zu werden und sich endlos zu dehnen, bis in die unermeßlichen Tiefen des Alls.

»Sie ist diesen Kerlen nicht gewachsen«, flüsterte Jayakar mit geschlossenen Augen. »Es war falsch, alles ihr aufzubürden.«

Ich mußte mich beherrschen, ihn nicht anzuschreien. Und ich mußte mich zwingen zu atmen. Mein Körper schien immer noch zu glauben, daß jeden Augenblick Betäubungsgas hereindringen würde – und daß er eine Chance hatte, wenn er darauf verzichtete zu atmen.

Wieder die Armbanduhr. Viel zu lange. Das dauerte alles viel zu lange.

Stille. Ich konnte das Zifferblatt meiner Uhr schon nicht mehr sehen. Der Sekundenzeiger schien sich festgefressen zu haben. Vielleicht ging die Batterie zur Neige. Wieder lauschte ich, aber nichts war zu hören, das Aufschluß gegeben hätte darüber, was im Rest der Station vor sich ging.

Es war wie ein Schock, als plötzlich der Videomonitor brüllend aufflammte und Khalids Gesicht uns daraus entgegensprang – ein Gesicht, aus dem alle Beherrschung verschwunden war wie weggewischt, ein Gesicht, das gezeichnet war von rasender Wut. Der Anführer der Piraten war außer sich, und er schrie die Videokamera an, als könne er uns ebenfalls sehen – was er nicht konnte.

»Sie werden unsere Mission nicht gefährden!« tobte er. »Carr, Sie verdammter Lügner, Sie elender Sohn einer Hündin! Es war ein Fehler, Ihnen zu glauben, hören Sie? Es war ein Fehler, meine innere Stimme zu übergehen, nicht auf meinen Instinkt zu hören! Und das wird Ihnen noch leid tun, Ihnen allen, denn ich erkenne jetzt, daß ich zu weich war, zu nachgiebig, zu sanftmütig – ich war nicht hart genug, ich war nicht grausam genug…«

Sein wutverzerrtes Gesicht beherrschte den ganzen Bildschirm, und wir starrten darauf wie hypnotisierte Kaninchen. Es war nicht zu erkennen, in welchem Raum Khalid war.

Plötzlich hatte er eine rosarote Gaspatrone in der Hand und hielt sie dicht vor das Objektiv, als wolle er sie uns ins Gesicht drücken. »Dieses Medikament wollte Ihre Ärztin an sich bringen. Was hat Ihr Kommandant für eine seltsame Krankheit, daß er mit einem Betäubungsgas behandelt werden muß? Das war alles ein Trick, ein abgekartetes Spiel, mit dem Sie mit hereinlegen wollten, und ich durchschaue es jetzt.

Moriyama simuliert. Ich weiß es von hier aus. Ich kann es fühlen, als ob es ein Teil von mir wäre. Sie werden mich nicht noch einmal belügen, das schwöre ich Ihnen beim Barte des Propheten…«

Khalids Worte lösten eine verschwommene, schwache Erinnerung in mir aus, zu diffus, um greifbar zu werden. Da war irgend etwas, aber ich wußte nicht, was. Etwas Wichtiges. Ich starrte sein Gesicht an und begriff plötzlich etwas von der Gefährlichkeit dieses Mannes. Bis zu diesem Moment hatte ich Angst vor Ralf gehabt, und Khalid für einen Mann gehalten, der zwar ein Gangster sein mochte, mit dem man aber grundsätzlich reden konnte, verhandeln, auf einer vernünftigen Basis Übereinkünfte treffen. Jetzt ahnte ich plötzlich, wie falsch ich damit lag. Ralf mochte ein psychopathischer Killer sein, aber er war nichts gegen Khalid. Ralf mochte verrückt sein, aber er war es innerhalb der Grenzen unserer Welt. Khalid dagegen gehorchte ganz eigenen Gesetzen und war nicht nach unseren Maßstäben zu messen. In diesem Augenblick erschien er mir wie ein Wesen aus einem anderen Universum.

Eben noch sinnlos rasend und tobend, wurde er übergangslos ruhig, gefährlich ruhig, kalt wie Eis.

»Ich hoffe, Sie schauen jetzt alle gut zu«, sagte er mit zornig funkelnden Augen. »Ich werde jetzt nämlich ein Exempel statuieren, wie ich es schon längst hätte tun sollen. Ich werde dieses Exempel jederzeit wiederholen, so lange, bis Sie gelernt haben, meine Macht zu respektieren, oder bis Sie alle tot sind.«

Er trat offenbar zur Seite, denn sein Gesicht verschwand vom Schirm, und wir sahen das Innere des Biolabors. Oba schwebte in der Mitte des Raumes, mit großen, angstvoll geweiteten Augen, die Hände verkrampft vor die Brust gepreßt, den Kopf zwischen den hochgezogenen Schultern in den Nacken gelegt. Der Grund dafür war Ralf, der mit einem furchterregend ekstatischen Gesichtsausdruck hinter ihr hing und sie an den Haaren festhielt. Nun setzte er den Lauf des Revolvers von hinten auf den Schädel der Ärztin und suchte den Blick Khalids, während Oba angstvoll aufschrie. Ich mußte daran denken, was sie mir erzählt hatte, von dem Mann, der auf sie wartete, und von dem Haus mit dem Blick auf das Meer. Ihr Arztkoffer trieb durch das Bild, offen, in einer Wolke von Ampullen und Binden und Scheren und Spritzen. Der Mann würde vergebens warten. Das Meer würde sie nie wiedersehen. Khalids Nicken, das Ralf galt, war das letzte, was Oba in ihrem Leben sehen sollte. Ralf schoß, und Obas Körper bäumte sich auf. Das Geschoß trat nicht wieder aus, aber ihr Gesicht, ihr ganzer Schädel war plötzlich deformiert. Und obwohl die Frau ohne einen Zweifel tot war, schoß Ralf ein zweites Mal. Vielleicht schoß er auch noch einmal, aber in diesem Augenblick wurde der Bildschirm wieder dunkel.

Das, was mir ins Gedächtnis eingegraben blieb und was ich wie ein langsam verlöschendes Nachbild noch auf dem Schirm zu sehen glaubte, war der Ausdruck unverstellter, lustvoller Grausamkeit in Ralfs Augen, der nackte Blutrausch.

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