Zurück in seiner Wohnung setzte er sich an den Küchentisch und breitete den Dienstplan vor sich aus. Abbott, Armstrong, Bancroft, Burns, Campbell, Denham, Dunders... John stöhnte. Wie sollte er herausbekommen, wo jeder der Männer zum fraglichen Zeitpunkt gewesen war – ohne dass jemand Verdacht schöpfte, warum er sich dafür interessierte? Dazu kamen noch die zahlreichen Ehefrauen, die im Tower wohnten. In den wenigen Monaten hier hatte John noch nicht einmal alle persönlich kennengelernt. Er brauchte Hilfe, das stand fest. Kurz entschlossen griff er zum Telefonhörer.
„Chief Mullins? Mackenzie hier. Ich bräuchte noch mehr Informationen, wenn ich unsere Männer und ihre Familien überprüfen soll. Wie wäre es, wenn wir Ihre Sekretärin mit einweihen würden? Es gibt wohl kaum etwas im Tower, was Bonnie entgeht.“
„Hmm. Eigentlich möchte ich den Kreis so klein wie möglich halten. Allerdings vertraue ich Bonnie hundertprozentig und da sie nicht im Tower wohnt, war sie vorgestern Abend auch nicht anwesend. Na gut, Mackenzie, ich verbinde Sie gleich mit ihr. Übrigens versuche ich schon den ganzen Tag, den Superintendenten zu sprechen, um mir über die Fortschritte der Polizei berichten zu lassen, aber er ist nie zu erreichen. Man sollte doch meinen, ich hätte ein Recht darauf, auf dem Laufenden gehalten zu werden. Außerdem mussten wir die Kontrollen an den Eingängen verstärken, da ansonsten Horden von Reportern unseren ganzen Betrieb lahmlegen würden. Verdammt lästig, so etwas.“
Hörbar verstimmt legte der Chief auf und gleich darauf war Bonnie in der Leitung. Schon nach wenigen Worten unterbrach sie ihn enthusiastisch.
„Sie können auf mich zählen, John! Am besten treffen wir uns gleich heute.“
„Möchten Sie in der Mittagspause zu mir herüberkommen? Ich brutzle uns etwas und wir können uns in Ruhe unterhalten.“
Dieses Angebot nahm Bonnie gerne an.
Mit einem Blick auf seine Vorräte entschied John, dass er erst einmal einkaufen musste.
Da der kleine, aber gut sortierte Lebensmittelladen von Mr. Shrinaga nur wenige Minuten vom Tower entfernt lag, nutzten ihn die meisten der Bewohner für ihre Einkäufe. John wählte gerade ein paar Okra-Schoten für das Wok-Gericht aus, das er Bonnie auftischen wollte, als er Marcia Campbell wenige Schritte entfernt erblickte.
Die Frau des Ravenmasters starrte geistesabwesend auf ihre Einkaufsliste und zuckte zusammen, als er sie ansprach.
„Oh, John, ich hatte dich gar nicht gesehen.“ Dann brach es förmlich aus ihr heraus.
„Ist es nicht schrecklich, was passiert ist? Dieses arme junge Mädchen. Das muss doch ein Wahnsinniger gewesen sein, nicht wahr? Nun ist man nicht einmal mehr im Tower seines Lebens sicher!“ Marcias Stimme war immer schriller geworden, so dass die wenigen Kunden im Laden nun unverhohlen neugierig zu ihnen herüberstarrten. Als Marcia das bemerkte, errötete sie peinlich berührt.
„Ach je, es tut mir leid, John, ich wollte wirklich keine Szene machen. Aber ich …“
„Marcia, es gibt keinen Grund, sich zu entschuldigen. Wir sind alle angespannt momentan, das ist schließlich ganz normal in so einer Situation.“ Die ältere Frau lächelte ihn zaghaft an.
„Ja, nicht wahr? Selbst George, der in all den Jahren unserer Ehe immer mein Fels in der Brandung war, ist seit jenem Abend nicht er selbst. Es hat ihn sehr mitgenommen, dass diese Frau ums Leben gekommen ist, während er und Richard keine hundert Schritte entfernt im Club mit Richards Gästen gefeiert haben.“
Tatsächlich war der Ravenmaster zum Zeitpunkt der Tat dem Verrätertor noch sehr viel näher gewesen, ging es John blitzartig durch den Kopf. George hatte ihm selbst gesagt, dass er die Gäste zur Schlüsselzeremonie begleitet hatte. Erst hernach war er mit ihnen wieder in den Club zurückgekehrt. John nahm sich vor, so bald wie möglich noch einmal mit George zu sprechen.
„Und natürlich sind wir beide momentan etwas nervös wegen Richard.“, sprach Marcia weiter. „Wir hoffen so sehr, dass er bei den Wahlen erfolgreich ist. Er ist so ehrgeizig. Ich weiß nicht, ob er eine Niederlage verkraften könnte. Wir unterstützen ihn, wo wir nur können. Am Samstag spricht er in Chelsea auf einer Versammlung, dort werden wir auch hingehen.“ Sie sah John erwartungsvoll an. „Wie wäre es, John, würdest du auch mitkommen?“
Im ersten Moment wollte John höflich ablehnen, aber dann fiel ihm ein, dass dies eine gute Gelegenheit wäre, den hoffnungsvollen Jungpolitiker ein wenig über den Verlauf des Mordabends auszuhorchen. Also sagte er zur Freude Marcias zu.
John schmeckte gerade das thailändische Gemüsegericht ab, als Bonnie klingelte.
„Kann ich einstweilen den Tisch decken, John?“, fragte sie, als sie ihren Mantel abgelegt hatte.
„Gern, Bonnie. Die Teller sind in dem Schrank dort drüben.“
„Was haben Sie denn hier für eine eigenartige Pflanze?“ Sie stand am Küchenfenster, das nach Süden hinaus auf den Innenhof ging. John brachte den gusseisernen Wok zum Tisch.
„Vorsicht, heiß. Das ist ein Kapok-Sprössling. Ich konnte einen Samen von diesem tropischen Baum bekommen und er hat vor kurzem ausgetrieben. Meine Mutter, die eine leidenschaftliche Gärtnerin ist, wird sich zu Weihnachten sicher über das Pflänzchen freuen.“
Er deutete auf die offenstehende Tür zum Wohnzimmer, das von einer ganzen Reihe von Topfpflanzen bevölkert war.
„Nachdem ich so viele Jahre in der Welt herumgezogen bin, bin ich glücklich, nun sesshaft geworden zu sein. So kann ich wenigstens in der Wohnung einige interessante Pflanzen ziehen. Scheinbar hat die Leidenschaft meiner Mutter für Grünzeug aller Art ein wenig auf mich abgefärbt.“
Bonnie setzte sich und probierte ihr Essen.
„Hm, köstlich. John, Sie haben scheinbar nicht nur einen grünen Daumen, sondern auch ein Talent zum Kochen.“ Bonnie zwinkerte ihm über ihre voll beladene Gabel hinweg zu. Bescheiden zuckte John mit den Schultern.
„Es hat mir immer schon Spaß gemacht, zu kochen, vor allem gemeinsam. So habe ich im Lauf der Jahre an den verschiedenen Orten, wo ich stationiert war, viele Kontakte geknüpft.“ Er grinste. „Schweinebraten nach original deutschem Rezept? Kein Problem. Oder lieber ein afghanischer Lammeintopf mit Rosinen? Den hat mir unser Fahrer in Kabul beigebracht. Das einzige Gericht, bei dem ich mich weigere, es zuzubereiten oder zu essen, ist ausgerechnet das Nationalgericht meines Vaters, Haggis.“
Bonnie verzog angewidert das Gesicht.
„Uh, das habe ich vor vielen Jahren einmal probiert, als ich mit meinem damaligen Freund eine Woche Urlaub in Schottland gemacht habe.“ Sie schüttelte sich theatralisch. John lachte.
„In meiner Familie ist es Brauch, dass sich jedes Jahr am 25. Januar die Verwandtschaft zum Haggis-Essen trifft. Diese schottische Tradition hat mein Vater aufrechterhalten, auch wenn er schon als junger Mann Inverness verlassen hat und nach England gegangen ist. Früher sind wir dazu sogar einige Male ins Elternhaus meines Vaters gefahren. Dort führt meine Großtante Isabel das Regiment, eine bemerkenswerte Frau.“
Die Erinnerung ließ ihn versonnen lächeln. „Sie hat nach dem Tod meiner Großeltern deren Schafzucht übernommen und führt sie bis heute, obwohl sie schon weit über neunzig ist. Aber sie ist keinesfalls eine provinzielle Schaffarmerin, ganz im Gegenteil. Sie ist unheimlich belesen und für ihre scharfe Zunge berühmt. Wäre sie sieben-, achthundert Jahre eher geboren worden, hätte sie sicher an der Seite von Robert the Bruce den Freiheitskampf der Schotten gegen die Engländer geführt. Immerhin hat sie jahrelang beim Kampf für ein eigenes schottisches Parlament mitgewirkt und wäre 1999, als dann die ersten Regionalwahlen stattfanden, sogar um ein Haar als Abgeordnete gewählt worden.“ Bonnie staunte.
„Damals muss sie ja auch schon gut über achtzig gewesen sein. Donnerwetter.“ John grinste.
„Ja, und ich denke, dass sie in Edinburgh für ganz schönen Wirbel gesorgt hätte.“ Er nahm einen Bissen von dem nach Ingwer und Kokos duftenden Gemüse.
„Sie hat es meinem Vater lange nicht verziehen, dass er nach London gegangen ist und dann auch noch eine Engländerin geheiratet hat. Meine Mutter, die auch nicht auf den Mund gefallen ist, und Tante Isabel haben sich bei den jährlichen Familientreffen manchmal legendäre Wortgefechte geliefert. Das Feuerwerk, das die beiden abbrannten, war für meine Geschwister und mich immer das einzig Unterhaltsame an diesen Haggisessen. Mein jüngerer Bruder David musste stets ein Stück auf dem Dudelsack vorspielen und Maggie – meine Schwester – oder ich mussten die „Ode an den Haggis“ von Robert Burns vortragen. Dann wurde der prall gefüllte Schafsmagen aufgeschnitten und die ganze Pampe aus Innereien und Hafergrütze quoll heraus.“ Er verzog das Gesicht. „Es ist ein Glück, dass wir immer mehrere Hunde hatten, denen ich meine Portion möglichst diskret zukommen lassen konnte.
Eines Tages, ich muss ungefähr vierzehn Jahre alt gewesen sein, hatte ich unserer Hündin Bess wohl zu viel zugeschoben. Unter dem Tisch waren plötzlich würgende Geräusche zu hören. Bess war eine gute Menschenkennerin. Sie hat sich genau über die maßgefertigten Wildlederschuhe meines nervtötenden jüngeren Cousins übergeben.“ Er konnte Simons über die Maßen entsetztes Gesicht immer noch vor sich sehen.
Der Gedanke an Simon Whittington brachte ihn schlagartig in die Gegenwart zurück. Er schob seinen Teller von sich.
„Bonnie, ich bin sehr dankbar, dass Sie mir bei diesen Ermittlungen helfen. Können Sie mir etwas über die Angehörigen unserer Männer erzählen, die im Tower leben?“ Bonnie grinste ihn an und zog schwungvoll ein gefaltetes Blatt Papier aus der Tasche.
„Ich habe Ihnen hier schon mal eine Aufstellung aller Beefeater mit ihren Familienangehörigen gemacht. Und ich habe auch schon eine Idee, wo Sie mit ihren Nachforschungen ansetzen können.“ Beeindruckt blickte John auf die Auflistung. Methodisch hatte Bonnie Namen und Alter aller im Tower Lebenden verzeichnet.
„Mrs. Dunders leitet eine Frauengruppe, die bei ihren wöchentlichen Treffen allerlei Sachen herstellt, die dann für wohltätige Zwecke verkauft werden. Bestimmt hat sie Sie auch schon einmal zu einem Kauf überredet?“ John blickte bedeutungsvoll auf ein grünes Kissen, das mit dem leuchtend roten Schriftzug „Home, sweet home“ bestickt war.
„Mhm. Gleich nach meinem Einzug war sie einmal hier. Sie ist wirklich sehr … überzeugend.“
„Das ist sie. Bis auf zwei, drei Ausnahmen hat sie es in all den Jahren auch geschafft, alle hier lebenden Frauen für die Gruppe zu engagieren. Sie treffen sich jeden Dienstagabend in einem Nebenzimmer unserer Cafeteria.“ Aufgeregt lehnte John sich nach vorn.
„Dann waren die Frauen am Mordabend zusammen?“ Bonnie lächelte spitzbübisch.
„Nicht nur die Frauen. Etliche der Männer versammeln sich gleichzeitig im Schulungsraum, um auf dem großen Bildschirm dort das Dienstagsspiel der Premier League anzusehen. Chief Mullins ist meistens auch dabei.“
„Aber natürlich! Ich bin schon einige Male gefragt worden, ob ich nicht bei so einem Abend dabei sein möchte. Bis jetzt bin ich aber nie hingegangen. Fußball interessiert mich eigentlich nicht und feuchtfröhliche Gelage sind schon gar nicht mein Ding.“ Bonnie bedachte ihn mit einem amüsierten Blick.
„John, Sie sind wirklich ein untypisches Exemplar eines englischen Mannes!“
Nachdem Bonnie gegangen war, machte John sich auf, um Edwina Dunders einen Besuch abzustatten. Bonnie hatte ihm gesagt, dass die Frauengruppe momentan mit der Herstellung von Weihnachtsdekorationen beschäftigt war. Also hatte John seinen Geldbeutel eingesteckt. Er hatte ohnehin vorgehabt, ein paar hübsche Weihnachtssachen zu erstehen, um seine Wohnung zu schmücken und mit der Aussicht auf einige Einnahmen wäre Mrs. Dunders sicher zu einem kleinen Schwatz bereit.
Dieser Plan ging voll auf. Mit einem entzückten „Oh bitte, nennen Sie mich Edwina“ hatte sie John hereingebeten, ihn zu einer Tasse Tee und frisch gebackenen Keksen eingeladen und eilfertig Körbe voller Dekorationen aus einem Hinterzimmer der Wohnung herangeschleppt. Als John den zarten Schmelz der Kekse lobte und mit einem gewinnenden Lächeln um einen Nachschlag bat, schmolz sie sichtlich dahin. Sie setzte sich zu ihm und schenkte sich ebenfalls eine Tasse ein.
„Ach, wie schön, wenn mein Selbstgebackenes so geschätzt wird. Mein Philipp, wissen Sie, ist nämlich zuckerkrank, seit etlichen Jahren schon. Er muss immer aufpassen, was er zu sich nimmt, und so kann er meine guten Kekse kaum noch genießen. Nun esse ich die meisten davon selbst.“ Sie schaute verschämt an ihrer molligen Figur hinunter.
„Aber Mrs. Dunders – Edwina – eine Frau wie Sie, die solche Köstlichkeiten zaubern kann, hat es sich doch auch verdient, sie zu probieren. Zumal sie offensichtlich kaum anschlagen.“, erwiderte John galant. Sichtlich geschmeichelt zog Edwina einen der Körbe heran und begann, Weihnachtsschmuck aller Art auf dem Tisch auszubreiten.
„Wir arbeiten gerade mit Hochdruck an der Vorbereitung unseres Weihnachtsbasars. Es ist noch so viel zu tun. Nächste Woche werden wir im Innenhof einige Stände aufbauen und dort die Sachen verkaufen. Auch unser Chor wird singen. Da wir für das St. Bartholomew´s Krankenhaus spenden, wird der dortige Chefarzt die Eröffnungsansprache halten. Ein kleiner Teil wird auch für unsere Raben zur Verfügung gestellt, um die Voliere noch besser auszustatten und die Futterkosten zu decken. Deshalb wird auch unser Ravenmaster ein paar Worte sagen.“
Während Edwina weiterschwatzte, besah sich John das vielfältige Angebot. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass viele geschmackvolle und schön gearbeitete Figuren dabei waren.
„Mein Kompliment, Edwina. Ihre Gruppe leistet ja hervorragende Arbeit. Durch Ihren Einsatz konnten Sie über die Jahre sicher viele Gelder für wohltätige Zwecke zur Verfügung stellen.“
„Allein im letzten Jahr waren es über fünftausend Pfund. Warten Sie, ich zeige Ihnen meine Sammlung.“ Edwina holte ein Album, in das sie fein säuberlich Zeitungsausschnitte eingeklebt hatte. Alle zeigten sie selbst, wie sie Schecks an diverse Organisationen überreichte. Die ersten Artikel waren über zehn Jahre alt. John äußerte seine ehrliche Bewunderung über ihr langjähriges Engagement und erkundigte sich dann beiläufig, „Sind Ihre Mitstreiterinnen auch schon so lange dabei?“
„Viele von ihnen. Ich spreche alle Frauen an, die mit ihren Männern hier im Tower leben und fast alle beteiligen sich auch.“ Sie rümpfte ein wenig die Nase. „Nur ganz wenige haben sich über die Jahre geweigert, unseren guten Zweck zu unterstützen. Von der momentanen Besatzung sind eigentlich alle dabei. Allerdings konnte sich Ellinor Burns nach ihrem Herzinfarkt die letzten Monate nicht mehr beteiligen und Rachel Armstrong macht ihr Rheuma so zu schaffen, dass sie kaum noch etwas mit den Händen arbeiten kann. Jaja, wir werden alle alt.“ Sie seufzte ein wenig, dann hellte ihr Gesicht sich auf und sie blätterte ans Ende des Albums.
„Da, sehen Sie. Das sind meine Damen.“ Die Aufnahme zeigte eine rund zwanzigköpfige Frauengruppe, die stolz einen Tisch mit Basteleien präsentierte, sowie zu Johns Erstaunen auch einen seiner Beefeater-Kollegen.
„Oh ja, George Denham ist unser Hahn im Korb. Er schnitzt leidenschaftlich gern. Von ihm sind auch einige der Weihnachtsfigürchen hier.“
„Er hat wirklich Talent“, lobte John. „Ich denke, von diesen Engeln hier werde ich einige nehmen. Dann bräuchte ich noch einen schönen Türkranz…“ Als John schließlich die Wohnung der Dunders´ verließ, hatte sein Bauch deutlich an Umfang zugenommen, der Inhalt seines Geldbeutels war im Gegenzug jedoch stark geschrumpft. Dennoch war er mit der Ausbeute des Nachmittags sehr zufrieden. Er deponierte seine Schätze vorerst in der kleinen Abstellkammer neben der Küche und setzte sich dann mit seinem Laptop an den Tisch.
In seinen früheren Gesprächen mit den Rat suchenden Truppenangehörigen hatte er sich stets voll auf sein Gegenüber konzentrieren wollen. Daher hatte er sich vor langer Zeit angewöhnt, alle Informationen, die er erhielt, im Gedächtnis abzuspeichern und erst nach der Sitzung festzuhalten. Dies kam ihm nun zugute, hatte ihm Edwina doch, hocherfreut über sein Interesse, eine Fülle von Geschichten über „ihre Damen“ erzählt.
Besonders genüsslich hatte sie sich über die kleinen und großen Missetaten einiger Sprösslinge der Beefeater ausgelassen. Mit verschwörerischer Miene und geröteten Wangen hatte sie schließlich auch noch Andeutungen über ein, zwei Liebschaften gemacht, die der kleinen Tower-Gemeinschaft in den letzten Jahren Gesprächsstoff geliefert hatten.
„Wie nett, dass Sie Bonnie Sedgwick heute zum Mittagessen eingeladen haben.“, bemerkte sie abschließend mit einem Glitzern in den Augen. „Sie ist wirklich apart, finden Sie nicht? Auch wenn ihr Blondschopf natürlich gefärbt ist. Und sie dürfte in Ihrem Alter sein.“
Sprachlos angesichts der Schnelligkeit, mit der sich Neuigkeiten innerhalb des Towers herumsprachen, hatte John beschlossen, dass es nun an der Zeit wäre, den Rückzug anzutreten.