Kapitel 19
Wieder in London, wieder warten. Zwei nasse Herbstwochen lang, seit Helga ihr die schreckliche Nachricht eröffnet hatte, war die Charlie ihrer Phantasie in eine grauenhafte, rachsüchtige Hölle gekommen und schmorte darin allein. Ich stehe unter Schock; ich bin eine besessene, einsame Trauernde ohne einen Freund, an den ich mich wenden könnte. Ich bin ein Soldat, dem man den General genommen hat, eine Revolutionärin, die von der Revolution abgeschnitten ist. Selbst Cathy hatte sie im Stich gelassen. »Von jetzt an schaffst du es ohne Kindermädchen«, hatte Joseph ihr mit einem verzerrten Lächeln gesagt. »Wir können dich nicht mehr in irgendwelche Telefonzellen lassen.« Sie trafen in dieser Zeit zusammen, und jedes Mal war es äußerst geschäftsmäßig; gewöhnlich wurde sie unter sehr genau geplanten Umständen mit dem Auto aufgelesen. Manchmal fuhr er mit ihr in abgelegene Restaurants am Rande Londons; einmal nach Burnham Beeches zum Spazierengehen, einmal in den Zoo im Regent’s Park. Doch wo immer sie auch waren, er sprach unentwegt mit ihr über ihre Geistesverfassung und instruierte sie für alle möglichen Zufälle, ohne jemals genau zu sagen, um was es dabei eigentlich ging. Was werden sie als nächstes tun? fragte sie.
Sie machen Nachprüfungen. Sie beobachten dich, denken über dich nach.
Manchmal erschrak sie über sich selbst, wenn es bei ihr zu unvorhergesehen feindseligen Ausfällen gegen ihn kam, doch versicherte er ihr wie ein guter Arzt, dass diese Symptome in ihrem Zustand ganz normal seien. »Mein Gott, ich bin der archetypische Feind. Ich habe Michel umgebracht, und wenn ich eine Möglichkeit hätte, würde ich dich auch umbringen. Du hast doch allen Grund, mich mit größtem Argwohn zu betrachten.«
Danke für die Absolution, dachte sie und wunderte sich insgeheim über die anscheinend endlosen Facetten ihrer gemeinsamen Schizophrenie: Verstehen heißt verzeihen!
Bis dann der Tag kam, an dem er ihr verkündete, sie dürften vorläufig überhaupt nicht mehr zusammentreffen, es sei denn, es käme zu einer extremen Notsituation. Er schien zu wissen, dass bald etwas passieren würde, weigerte sich jedoch, ihr zu sagen, um was es sich handelte, weil er fürchtete, sie würde nicht entsprechend ihrer Rolle reagieren. Oder überhaupt nicht reagieren. Er sei in der Nähe, sagte er und erinnerte sie an sein Versprechen, das er ihr in dem Haus in Athen gegeben hatte: in der Nähe - aber nicht da - und zwar Tag für Tag. Und nachdem er ihr Gefühl der Unsicherheit - vielleicht sogar absichtlich - fast bis zur Unerträglichkeit strapaziert hatte, schickte er sie zurück in das Leben der Isolation, das er für sie erfunden hatte; diesmal jedoch mit dem Tod ihres Liebhabers als Thema. Ihre einst geliebte Wohnung wurde jetzt, da sie sie bewusst vernachlässigte, zum ungepflegten Schrein der Erinnerung an Michel, wie eine Kapelle zum Ort schmieriger Stille. Bücher und Broschüren, die er ihr geschenkt hatte, lagen an angestrichenen Stellen aufgeschlagen und mit dem Text nach unten über Boden und Tisch verstreut. Nachts, wenn sie nicht schlafen konnte, setzte sie sich mit einem Schulheft an ihren Schreibtisch, schob es zwischen das Durcheinander und machte sich Auszüge aus einigen Briefen. Sie hatte vor, eine geheime Denkschrift über ihn zusammenzustellen, aus der er für eine bessere Welt als arabischer Che Guevara hervorgehen sollte. Sie dachte daran, sich an einen ihr bekannten Kleinverleger zu wenden: »Botschaften eines ermordeten Palästinensers«, auf schlechtem Papier gedruckt, mit vielen Druckfehlern. Diese Beschäftigungen waren, wie Charlie sehr wohl wusste, wenn sie die Dinge objektiv betrachtete, irgendwie wahnsinnig. Aber andererseits wusste sie auch, dass es ohne Wahnsinn keine Normalität gab; da war ihre Rolle - oder gar nichts.
Sie machte nur wenige Ausflüge in die Welt draußen, aber eines Abends besuchte sie, um sich selbst zu beweisen, dass sie entschlossen war, Michels Flagge für ihn in die Schlacht zu tragen, wenn sie nur ein Schlachtfeld fand, eine Versammlung von Genossen in den oberen Räumen einer Kneipe bei St. Pancras. Dort saß sie mit den Total-Verrückten zusammen, von denen die meisten bereits völlig stoned waren, wenn sie dorthin kamen. Trotzdem stand sie es durch und erschreckte sowohl sich selbst als auch die Leute dort mit einer wirklich wütenden Brandrede gegen den Zionismus in all seinen faschistischen und völkermordenden Ausprägungen, die bei Vertretern der radikalen jüdischen Linken, und darüber amüsierte sich ein anderer Teil von ihr insgeheim, nervös vorwurfsvolle Reaktionen hervorrief.
Ein andermal setzte sie Quilley mit Spektakel wegen künftiger Rollen zu - was sei denn eigentlich mit den Probeaufnahmen für den Film geworden? Verdammt noch mal, Ned, ich brauche Arbeit! In Wahrheit war es jedoch so, dass ihre Begeisterung für die Kunstbühne ziemlich nachließ. Sie hatte sich ganz dem Theater der Wirklichkeit verschrieben, solange es dauerte und trotz der immer größeren Risiken.
Dann begannen die Warnungen, wie das Heulen und Knarren in der Takelage, das auf hoher See einen Sturm ankündigt.
Die erste Warnung erreichte sie ausgerechnet über den armen Ned Quilley: er rief sie viel früher am Tage, als es seine Gewohnheit war, an und wollte angeblich einen Anruf von ihr erwidern, den sie am Tag zuvor gemacht hatte. Aber sie wusste sofort, das war etwas, was Marjory ihm aufgetragen hatte, gleich zu erledigen, wenn er ins Büro kam - ehe er es vergaß, sich nicht mehr traute oder sich einen Mutmacher genehmigte. Nein, er habe nichts für sie, wolle jedoch ihren Lunch für heute absagen, sagte Quilley. Kein Problem, erwiderte sie tapfer bemüht, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen; denn dieser Lunch hatte etwas Besonderes sein sollen, bei dem sie den Abschluss ihrer Tournee feiern und sich darüber hatten unterhalten wollen, was sie als nächstes machen könne. Sie hatte sich ausgesprochen darauf gefreut, hatte gemeint, sich so etwas ruhig einmal gönnen zu können.
»Ist schon in Ordnung«, sagte sie nochmals und wartete darauf, dass er nun mit seiner Entschuldigung herausrücken würde. Statt dessen drehte er den Spieß um und machte den ungeschickten Versuch, verletzend zu sein.
»Ich halte das im Augenblick einfach nicht für angebracht«, sagte er arrogant.
»Ned, was ist los? Wir sind schließlich nicht in der Fastenzeit. Was für eine Laus ist dir denn über die Leber gekrochen?« Ihre aufgesetzte Unbeschwertheit, mit der sie es ihm hatte leichter machen wollen, stachelte ihn jedoch womöglich nur dazu auf, noch hochtrabender zu werden.
»Charlie, ich weiß nicht, was du dir eigentlich dabei gedacht hast«, begann er sehr von oben herab. »Ich bin ja selbst mal jung gewesen und keineswegs so stockkonservativ, wie du vielleicht meinst, aber wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was mir so zugeflüstert wird - ich weiß nicht, aber dann wäre es vielleicht für uns beide besser…« Aber da er ihr bezaubernder Ned war, brachte er es einfach nicht fertig, ihr den Todesstoß zu versetzen, und so sagte er nur: »Lass uns unsere Verabredung verschieben, bis du wieder zur Vernunft gekommen bist.« An diesem Punkt hatte er nach Marjorys Drehbuch offensichtlich auflegen sollen, was ihm freilich erst nach mehreren Anläufen und einiger Hilfe von Charlie gelang. Sie rief augenblicklich zurück und bekam Mrs. Ellis an die Strippe, und genau das hatte sie gewollt.
»Was ist denn bloß los, Pheeb? Riech’ ich denn plötzlich aus dem Mund?«
»Ach, Charlie, was hast du dir denn nur dabei gedacht?« fragte Mrs. Ellis und sprach sehr leise aus Angst, ihr Telefon könnte angezapft sein. »Die Polizei war den ganzen Vormittag lang hier, deinetwegen, drei Mann hoch, und keiner von uns darf darüber reden.« »Na, die können mich mal!« sagte sie unverdrossen.
Eine ihrer routinemäßigen Überprüfungen, sagte sie sich. Die Schnüffler mit ihren genagelten Stiefeln, denen es darum ging, Charlies Dossier bis Weihnachten auf den neuesten Stand zu bringen. Das hatten sie schon des öfteren gemacht, und zwar seitdem sie angefangen hatte, die Wochenendseminare zu besuchen. Nur schien es sich diesmal freilich keineswegs um Routine zu handeln. Aber einen ganzen Vormittag lang, und drei Mann hoch! Das sah ganz so aus, als ob es diesmal um einen großen Fisch ging.
Dann ihr Friseur.
Sie hatte sich für elf Uhr angemeldet und ging auch hin, ob ihr Lunch nun geplatzt war oder nicht. Die Besitzerin war eine weitherzige Italienerin namens Bibi. Stirnrunzelnd sah sie Charlie an, als diese eintrat, und sagte, sie werde sie heute selbst bedienen. »Haben Sie sich schon wieder mit einem verheirateten Mann eingelassen?« schrie sie ihr ins Ohr, als sie ihr das Shampoo ins Haar rieb. »Sie sehen gar nicht gut aus, wissen Sie das? Sind Sie unartig gewesen und haben Sie jemand den Mann ausgespannt? Was machen Sie denn bloß, Charlie?«
Drei Männer, sagte Bibi, nachdem Charlie sie so weit hatte, dass sie mit der Sprache rausrückte. Gestern.
Behaupteten, von der Steuer zu sein, wollten Bibis Buch mit den Voranmeldungen und ihre Abrechnungen über die Mehrwertsteuer sehen.
Dabei war es ihnen einzig und allein darum gegangen, sie wegen Charlie auszuhorchen.
»›Wer ist hier diese Charlie?‹ fragen sie mich. ›Dann kennen Sie sie also gut, Bibi, oder?‹ - ›Klar‹ , sag’ ich. ›Charlie gutes Mädchen, Stammkundin.‹ - ›Soso, Stammkundin, ja? Dann redet sie auch über ihre Freunde, ja? Mit wem geht sie denn gerade? Mit wem schläft sie?‹ Reden davon, dass du Urlaub gemacht hast - mit wem du gehst, wo du in Griechenland warst. Ich sag’ ihnen keinen Ton. Auf Bibi kannst dich verlassen.« Doch an der Tür, nachdem Charlie schon bezahlt hatte, war Bibi doch ein bisschen zickig geworden, und das war vorher noch nie der Fall gewesen. »Bleib vorerst mal ‘ne Weile weg, okay? Will keine Scherereien haben. Mag die Bullen nicht.«
Ich weiß Gott auch nicht, Bib. Glaub mir. Und diese drei Hübschen schon gar nicht. Je früher die Behörden Wind von dir kriegen, desto früher zwingen wir die anderen, was zu unternehmen, hatte Joseph ihr versprochen. Doch dass es so gehen würde, hatte er nicht gesagt.
Als nächstes, keine zwei Stunden später, kam der hübsche Junge. Sie hatte irgendwo einen Hamburger gegessen und war dann trotz des Regens spazierengegangen; sie hatte nämlich die alberne Vorstellung, solange sie sich bewege, sei sie sicher und im Regen sogar noch sicherer. Sie ging in Richtung Westen, dachte vage an Primrose Hill, doch dann besann sie sich eines Besseren und sprang in letzter Minute auf einen Bus. Wahrscheinlich war es Zufall, doch als sie zur Bushaltestelle zurückblickte, sah sie keine fünfzig Schritt hinter sich einen Mann in ein Taxi steigen. Und als sie die Szene im Geist noch einmal abspulte, war ihr, als wäre der Zeiger am Taxameter bereits herunter gewesen, ehe er den Wagen herangewinkt hatte.
Tu nichts, was der Fiktion widerspricht, bleib bei der ihr innewohnenden Logik, hatte Joseph ihr wieder und wieder eingebleut. Ein Patzer, und die ganze Operation ist im Eimer. Halte dich an die Fiktion, und wenn alles vorbei ist, bringen wir den Schaden wieder in Ordnung.
Wie gehetzt, war sie drauf und dran, bei der Kostümschneiderin Schutz zu suchen und zu verlangen, dass Joseph augenblicklich zu ihr kam. Was sie letztlich davon abhielt, war ihre Treue zu ihm. Sie liebte ihn ohne Scham und ohne Hoffnung. Er war in der Welt, in der er für sie das Unterste zuoberst gekehrt hatte, die einzig ihr noch verbliebene Konstante in der Fiktion ebenso wie in der Wirklichkeit. Infolgedessen ging sie ins Kino, und dort versuchte dann der Schönling, sich an sie ranzumachen, und ums Haar hätte sie es zugelassen. Er war groß und keck, hatte einen langen neuen Ledermantel an und eine Omabrille auf der Nase, und als er während der Pause in der Reihe immer näher rückte, ging sie blöderweise davon aus, dass sie ihn kennte und, da sie so durcheinander war, nur nicht auf seinen Namen käme. Also erwiderte sie sein Lächeln.
»Hallo, wie geht’s?« rief er, als er endlich auf dem Platz neben ihr saß. »Charmian, stimmt’s? Meine Güte, waren Sie phantastisch in Alpha Beta voriges Jahr! Wirklich umwerfend. Bedienen Sie sich«, sagte er und reichte ihr die Tüte mit Popcorn. Plötzlich passte überhaupt nichts mehr zusammen: sein unbekümmertes Lächeln nicht zu der totenkopfähnlichen Kinnlade, die Omabrille nicht zu seinen Rattenaugen, das Popcorn nicht zu den gewienerten Schuhen und der trockene Ledermantel nicht zum Wetter. Er war wie aus heiterem Himmel aufgetaucht und hatte offenbar nichts anderes im Sinn, als sie anzumachen.
»Soll ich den Geschäftsführer rufen, oder gehen Sie ohne Aufhebens?« fragte sie.
Er ließ sich jedoch nicht abwimmeln, protestierte, grinste geziert, fragte, ob sie denn durch nichts zu erweichen sei, doch als sie ins Foyer stürmte, um jemand zu Hilfe zu holen, war das Personal verschwunden wie Schnee im Sommer; nur eine kleine Schwarze an der Kasse war da, und die tat so, als sei sie mit dem Zählen des Kleingelds beschäftigt.
Nach Hause zu gehen erforderte mehr Mut, als sie hatte, mehr Mumm, als Joseph von ihr erwarten durfte, und so flehte sie den ganzen Weg über, sie möge sich den Fuß brechen, von einem Bus überfahren werden oder das Bewusstsein verlieren, wie es ihr sonst manchmal gelang. Es war sieben Uhr abends, und in der Kneipe war gerade Flaute. Der Koch grinste sie strahlend an, und sein frecher Freund winkte ihr wie gewöhnlich zu, als wäre sie nicht ganz richtig im Kopf. Als sie endlich drin war, knipste sie nicht wie sonst das Licht an, sondern setzte sich aufs Bett, zog auch die Vorhänge nicht zu, sondern beobachtete im Spiegel, wie zwei Männer auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig müßig auf und ab gingen, nie ein Wort miteinander wechselten und nie zu ihr hinaufsahen. Michels Briefe waren immer noch in ihrem Versteck unter dem Dielenbrett; desgleichen ihr Pass und ihre Kampfreserve. Dein Pass ist jetzt ein gefährliches Dokument, hatte Joseph sie gewarnt, als er sie eindringlich über den neuen Status belehrt hatte, den sie seit Michels Tod hatte; er hätte nie zulassen dürfen, dass du ihn auf der Fahrt benutzt. Dein Pass muss genauso gehütet werden wie deine anderen Geheimnisse.
Cindy, dachte Charlie.
Cindy stammte aus dem Norden Englands und half nachts in der Kneipe aus. Ihr westindischer Freund saß wegen schwerer Körperverletzung im Gefängnis, und Charlie gab ihr gelegentlich kostenlos Gitarrenunterricht, um ihr zu helfen, die Zeit totzuschlagen. »Cind«, schrieb sie. »Hier ein Geburtstagsgeschenk für Dich, egal, wann Du Geburtstag hast. Nimm sie mit nach Hause und üb darauf, bis Du halb tot bist. Begabung hast Du, gib also nicht auf! Nimm auch die Notentasche mit. Blöderweise habe ich den Schlüssel bei meiner Mum vergessen. Wenn ich sie das nächste Mal besuche, bringe ich ihn mit. Aber für diese Lieder bist Du sowieso noch nicht weit genug. Herzlichst, Chas.«
Die Notentasche war die strapazierfähige Aktenmappe aus den 30er Jahren ihres Vaters mit stabilen Schlössern und haltbaren Nähten. Sie verstaute Michels Briefe, ihr Geld und ihren Pass sowie eine Menge Noten darin. Und trug sie zusammen mit ihrer Gitarre hinunter.
»Das hier ist alles für Cindy«, sagte sie dem Koch, der sich daraufhin vor Lachen kaum noch halten konnte und die Sachen ins Damenklo stellte, wo schon der Staubsauger und die leeren Flaschen standen.
Charlie ging wieder nach oben, knipste das Licht an, zog die Vorhänge zu und legte sich ihre Kriegsbemalung zu, denn heute war Peckham-Abend. Weder alle Bullen auf Erden noch all ihre toten Liebhaber konnten sie davon abhalten, mit ihrer Jugendgruppe die Pantomime einzuüben. Kurz nach elf war sie wieder zu Hause; der Bürgersteig gegenüber war leer, und Cindy hatte Gitarre und Notentasche mitgenommen. Sie rief Al an, weil sie plötzlich verzweifelt einen Mann brauchte. Keine Antwort. Der Scheißkerl vögelt wieder irgendwo rum. Daraufhin rief sie noch ein paar von ihren Freunden an, die sie in Reserve hielt, doch ohne Erfolg. Das Telefon klingelte so komisch, aber in dem Zustand, in dem sie sich befand, konnte es auch an ihr liegen. Kurz vor dem Zubettgehen warf sie noch einmal einen Blick zum Fenster hinaus, und da hatten ihre beiden Wächter wieder auf dem Bürgersteig Stellung bezogen. Am nächsten Tag passierte gar nichts. Nur, als sie in der vagen Hoffnung, Al dort zu finden, Lucy besuchte, sagte diese ihr, Al sei wie vom Erdboden verschluckt, sie habe bereits bei der Polizei, in sämtlichen Krankenhäusern und bei allen Bekannten angerufen. »Versuch’s doch mal im Tierhort Battersea für streunende Hunde«, riet ihr Charlie. Doch als sie wieder in ihre eigene Wohnung zurückgekehrt war, rief nach kurzer Zeit ihr alter schrecklicher Al an, und zwar im Zustand alkoholisierter Hysterie.
»Komm auf der Stelle her, Weib. Red nicht, sondern komm, und zwar sofort!«
Sie ging und wusste, dass es wieder so etwas war. Wusste, dass es in ihrem Leben jetzt keine Ecke mehr gab, in der nicht Gefahr lauerte.
Al war bei Willy und Pauly untergekrochen, die nun doch nicht auseinander gehen wollten. Als Charlie hinkam, stellte sie fest, dass er seinen ganzen Fan-Klub zusammengetrommelt hatte. Robert hatte eine neue Freundin mitgebracht, ein schwachsinniges Mädchen namens Samantha mit weißem Lippenstift und malvenfarbenem Haar. Doch wie üblich war es Al, der die Bühne beherrschte. »Du kannst mir erzählen, was du willst, es ist egal!« schrie er sie an, als sie hereinkam. »Jetzt haben wir die Bescherung! Das bedeutet Krieg, und zwar totalen Krieg!«
Er tobte weiter, bis Charlie ihn anschrie: »Halt jetzt endlich die Klappe und sag mir, was passiert ist.« »Was passiert ist, Mädchen? Passiert? Nichts Geringeres, als dass die Konterrevolution ihre erste Salve abgefeuert hat, und zwar auf mich alten Esel.«
»Kannst du denn nicht mal klipp und klar sagen, was geschehen ist?« schrie Charlie zurück, verlor jedoch fast den Verstand, bis sie ihm endlich die Tatsachen aus der Nase gezogen hatte. Al sei aus so einer Stammkneipe gekommen, sagte er, und da hätten diese drei Gorillas ihn angefallen. Mit einem, ja sogar mit zweien wäre er ja noch fertig geworden, aber sie waren zu dritt und außerdem knallharte Burschen, sie hätten ihn gemeinsam in die Mangel genommen. Erst als sie ihn halb kastriert in den Polizeiwagen verfrachtet hatten, war’ ihm aufgegangen, dass es sich um Bullen handelte, die ihn aufgrund irgendeiner zusammen gesponnenen Anzeige wegen unsittlichen Verhaltens in der Öffentlichkeit eingelocht hätten.
»Und weißt du, worum es ihnen wirklich ging, ja?« Er zeigte mit dem ausgestreckten Arm auf sie. »Um dich, Mädchen! Um dich und mich und unsere Scheißpolitik, kapiert? Und ob wir wohl zufällig irgendwelche netten palästinensischen Aktivisten in unserem Freundeskreis hätten. Zwischendurch wollten sie mir weismachen, ich hätte im Klo von der Rising Sun den Pimmel rausgeholt, hätte irgendeinem reizenden Jung-Bullen einen unsittlichen Antrag und mit der rechten Hand Wichsbewegungen gemacht! Und als sie damit aufhörten, sagten sie mir, sie würden mir die Fingernägel einzeln ausreißen und mich für zehn Jahre nach Sing-Sing bringen, weil ich mit meinen schwulen Radikalenfreunden wie Willy und Pauly hier auf irgendwelchen griechischen Inseln anarchistische Umsturzpläne geschmiedet hätte. Ich meine, jetzt reicht’s, Mädchen! Das ist erst der Anfang, und wir in diesem Raum sind in vorderster Front.«
Sie hätten ihn so geohrfeigt, dass er sein eigenes Wort nicht mehr habe verstehen können, sagte er; er habe Straußeneier zwischen den Beinen, und sieh dir mal diese Schramme hier am Arm an! Vierundzwanzig Stunden lang hätten sie ihn eingebuchtet gehalten und sechs Stunden davon ausgequetscht. Sie hätten ihm angeboten zu telefonieren, aber kein Kleingeld gegeben, und als er das Telefonbuch verlangt habe, sei das verloren gegangen gewesen, und so habe er nicht mal seinen Agenten anrufen können. Dann hätten sie aus unerfindlichen Gründen die Anklage wegen unsittlichen Verhaltens in der Öffentlichkeit fallenlassen und ihn auf Kaution freigelassen.
Unter den Anwesenden befand sich auch ein junger Mann namens Matthew, ein Buchhalterlehrling mit weichem Kinn, der hier nach den Alternativen des Lebens Ausschau hielt; und er hatte eine Wohnung. Zu seiner Überraschung ging Charlie mit ihm hin und schlief mit ihm. Für den nächsten Tag waren keine Proben angesetzt, und sie hatte vorgehabt, ihre Mutter zu besuchen, doch als sie gegen Mittag in Matthews Bett aufwachte, hatte sie einfach nicht den Mumm hinzufahren, und so rief sie sie an und sagte ab, und das schmiss wahrscheinlich die Polizei restlos, denn als sie am Abend vor der Goanesischen Kneipe ankam, standen schon ein Mannschaftswagen am Bürgersteig und ein uniformierter Wachtmeister in der offenen Tür und neben ihm der Koch, der sie mit asiatischer Verlegenheit angrinste.
Es ist soweit, dachte sie ruhig. Wird auch allerhöchste Zeit. Endlich haben sie sich aus dem Dickicht hervorgewagt. Der Wachtmeister war der Zornige-Augen-kurz-geschorenes-Haar-Typ, der einen Rochus auf die ganze Welt hat, aber auf Inder und hübsche Mädchen ganz besonders. Vielleicht war es sein Hass, der ihn in diesem entscheidenden Augenblick des Dramas dafür blind machte, wer Charlie sein könnte.
»Die Kneipe ist vorübergehend geschlossen«, fauchte er sie an. »Suchen Sie sich was anderes.«
Trauer ruft besondere Reaktionen hervor. »Ist jemand gestorben?« fragte sie ängstlich.
»Wenn ja - mir hat man jedenfalls nichts davon gesagt. Eine verdächtige Person ist beobachtet worden, die vermutlich einbrechen wollte. Meine Beamten gehen der Sache gerade nach. Und jetzt weiter!« Vielleicht hatte er schon zu lange Dienst und war müde. Vielleicht wusste er auch nicht, wie schnell ein impulsives Mädchen denken und sich ducken kann. Jedenfalls schoss sie unter seinen Augen in die Kneipe und knallte im Laufen die Tür hinter sich ins Schloss. Das Lokal war leer, die Geräte waren ausgeschaltet. Ihre Wohnungstür war geschlossen, doch hörte sie dahinter das Gemurmel von Männerstimmen. Unten schrie der Wachtmeister und hämmerte gegen die Tür. Sie hörte: »Sie! Lassen Sie das. Kommen Sie raus!« Aber nur ganz leise. Sie dachte: Schlüssel, und machte die Handtasche auf. Sah das weiße Kopftuch und setzte das statt dessen auf, ein fliegender Kostümwechsel zwischen zwei Szenen. Dann klingelte sie, zweimal und sehr zuversichtlich. Und hob dann die Klappe ihres Briefschlitzes in die Höhe.
»Chas? Bist du da? Ich bin’s, Sandy.«
Totenstille plötzlich, dann Schritte und ein geflüstertes: »Harry, schnell!« Die Tür ging zögernd auf, und sie starrte einem grauhaarigen, wilden kleinen Mann in grauem Anzug in die Augen. Hinter ihm sah sie überall verstreut die Reste dessen, was ihr von Michel geblieben war, ihr Bett war hochkam gestellt, die Poster von den Wänden genommen, der Teppich aufgerollt und die Dielenbretter geöffnet. Sie sah eine nach unten gerichtete Kamera auf einem Stativ und einen zweiten Mann, der durch den Sucher spähte, darunter waren etliche von den Briefen ihrer Mutter ausgebreitet. Sie sah Meißel und Zangen, und ihr Möchtegern-Aufreißer mit der Omabrille aus dem Kino, der zwischen einem Haufen ihrer teuren neuen Kleider kniete, und sie erkannte auf einen Blick, dass sie nicht in die Untersuchung hineingeplatzt war, sondern in den Einbruch.
»Ich suche meine Schwester Charmian«, sagte sie. »Wer um alles auf der Welt sind Sie?« »Sie ist nicht hier«, erwiderte der Grauhaarige, und Charlie bekam eine Spur Waliser Akzent mit und bemerkte Kratzspuren an seinem Kinn.
Während er sie noch immer anblickte, hob er die Stimme und bellte fast: »Sergeant Mallis! Sergeant Mallis, schaffen Sie die Dame hier raus, und nehmen Sie ihre Personalien auf.« Die Tür wurde ihr vor der Nase zugeschlagen. Von unten hörte sie den glücklosen Sergeant immer noch lauthals schreien. Leise stieg sie die Treppe hinunter, ging aber nur bis zur Mute des Hausflurs. Dort zwängte sie sich zwischen Haufen von Pappkartons zur Hoftür durch, die zwar verriegelt, aber nicht abgeschlossen war. Der Hof führte auf einen Garagenplatz und der Garagenplatz auf die Straße, in der Miss Dubber wohnte. Als sie an deren Fenster vorüberkam, klopfte Charlie dagegen und winkte ihr fröhlich zu. Wie sie das schaffte, woher sie ihre Geistesgegenwart hatte, sollte sie nie erfahren. Sie ging weiter, und keine Schritte oder wütenden Stimmen folgten ihr, kein Auto hielt mit quietschenden Bremsen neben ihr. Sie erreichte die Hauptstraße, und irgendwo unterwegs streifte sie einen Lederhandschuh über; wie Joseph ihr gesagt hatte, sollte sie das tun, falls und wenn sie sie jagten. Sie sah ein leeres Taxi und winkte es heran. Nun, dachte sie erheitert, da wären wir alle. Erst viel, viel später in einem ihrer vielen Leben kam ihr der Gedanke, dass sie sie möglicherweise absichtlich hatten laufen lassen. Joseph hatte erklärt, auf ihren Fiat dürfe sie auf gar keinen Fall zurückgreifen, und widerstrebend sah sie ein, dass er recht hatte. So bewegte sie sich etappenweise weiter und überstürzte nichts. Das redete sie sich selbst ein. Nach dem Taxi nehmen wir einen Bus, sagte sie sich, gehen ein Stück zu Fuß und fahren dann mit der U-Bahn. In ihrem Kopf war alles glasklar, nur musste sie ihre Gedanken hintereinander kriegen; ihre Heiterkeit hatte sich nicht gelegt; sie wusste, dass sie sich ihrer Reaktionen ganz sicher sein musste, ehe sie ihren nächsten Schritt machte, denn wenn sie dies jetzt verpatzte, verpatzte sie alles. Joseph hatte ihr das gesagt, und sie glaubte ihm. Ich bin auf der Flucht. Sie sind hinter mir her. Himmel, Helg, was mach’ ich nur?
Diese Nummer dürfen Sie nur im äußersten Notfall anrufen, Charlie. Wenn Sie anrufen, und es war gar nicht unbedingt nötig, werde ich sehr böse, hören Sie?
Ja, Helg, ich hab’ verstanden.
Sie saß in einem Pub, trank einen von Michels Wodkas und rief sich den Rest jenes kostenlosen Rats ins Gedächtnis, den Helga ihr gegeben hatte, als Mesterbein draußen im Auto gehockt hatte. Überzeuge dich, dass niemand dir folgt. Benutze nicht das Telefon von Freunden oder von deiner Familie. Und ruf auch nicht von der Telefonzelle an der Ecke an oder von der Zelle auf der anderen Straßenseite oder von der weiter unten an der Straße oder weiter oben an der Straße, wo du wohnst.
Niemals, hören Sie? Die sind alle außerordentlich gefährlich. Die Bullen können eine Leitung in Null Komma nichts anzapfen, da können Sie ganz sicher sein. Und niemals dasselbe Telefon zweimal benutzen. Hören Sie, Charlie?/p>
Ja, Helg, ich höre dich sehr gut.
Sie trat auf die Straße hinaus und sah einen Mann, der in ein unbeleuchtetes Schaufenster starrte, während ein zweiter sich von ihm entfernte und auf ein Auto mit Antenne zuging. Jetzt hatte der Schrecken sie gepackt, und es war so schlimm, dass sie sich am liebsten wimmernd aufs Pflaster gelegt, alles gestanden und die Welt gebeten hätte, sie in Gnaden wieder aufzunehmen. Die Leute vor ihr waren genauso bedrohlich wie die Leute hinter ihr, die gespenstischen Linien des Bordsteins führten zu irgendeinem schrecklichen, verschwindenden Punkt, der ihr eigener Untergang war. Helga, flehte sie; ach, Helga, hol mich hier raus! Sie nahm einen Bus, der in die falsche Richtung fuhr, wartete, nahm einen anderen und ging wieder zu Fuß weiter, mied jedoch die U-Bahn, weil der Gedanke, irgendwo unter der Erde zu sein, ihr Angst machte. Folglich wurde sie schwach, nahm sich wieder ein Taxi und schaute zum Rückfenster hinaus. Niemand folgte ihr. Die Straße war leer. Zum Teufel mit dem Zu-Fuß-Gehen, zum Teufel mit der U-Bahn und mit den Bussen.
»Nach Peckham«, sagte sie zu dem Fahrer und fuhr großartig vor. Der Saal, in dem sie probten, lag hinter einer Kirche, ein scheunenartiges Ding neben einem Abenteuerspielplatz, auf dem die Kinder schon vor langer Zeit alles kurz und klein geschlagen hatten. Um dort hinzukommen, musste sie an einer Reihe von Eiben entlanggehen. Nirgends war Licht, doch sie drückte wegen Lofty auf die Klingel. Lofty, ein ehemaliger Boxer, war der Nachtwächter, der seit den Geldkürzungen jedoch höchstens dreimal in der Woche kam. Ihr fiel ein Stein von der Seele, als sich auf ihr Klingeln hin keine Schritte vernehmen ließen. So schloss sie auf und trat ein. Die kalte abgestandene Luft erinnerte sie an die Kirche in Cornwall, die sie betreten hatte, nachdem sie ihr Gebinde auf das Grab des unbekannten Revolutionärs gelegt hatte. Sie zog die Tür hinter sich zu und riss ein Streichholz an. Das Flämmchen spiegelte sich flackernd in den glänzenden grünen Kacheln und dem hohen Gewölbe der viktorianischen Deckenkonstruktion aus Fichtenholz. Um sich bei Laune zu halten, rief sie lustig »Loftiii«. Das Streichholz ging aus, doch sie fand die Kette an der Tür und ließ sie in der Gleitschiene einrasten, ehe sie ein neues Streichholz anzündete. Ihre Stimme, ihre Schritte und das Gerassel der Kette hallten in dem pechdunklen Raum noch stundenlang wie verrückt wider.
Sie dachte an Fledermäuse und andere Widerwärtigkeiten; daran, dass ihr Tang übers Gesicht gezogen wurde. Eine Treppe mit eisernem Handlauf führte auf eine hölzerne Empore hinauf, die schönfärberisch »Gemeinschaftsraum« genannt wurde und die sie seit ihrem heimlichen Besuch in der Münchener Atelierwohnung an Michel erinnerte. Sie griff nach dem Geländer und ging daran nach oben, stand dann regungslos auf der Empore, starrte hinunter ins Dunkel des Saals und horchte, bis sich ihre Augen an das Dunkel gewöhnt hatten. Sie erkannte die Bühne, dann die wallenden psychedelischen Wolken, die den Hintergrund ihres Bühnenbilds bildeten, dann die Tragebalken und das Dach. Sie entdeckte den silbernen Schimmer ihres einzigen Scheinwerfers, ein umgebauter Autoscheinwerfer, den ein Junge namens Gums von den Bahamas auf einem Autofriedhof geklaut hatte. Auf der Empore stand ein altes Sofa und daneben ein Tisch mit einer hellen Plastikplatte, in der sich der durch das Fenster hereinfallende Helligkeitsschimmer der Stadt fing. Auf dem Tisch stand ein schwarzes, ausschließlich für den dienstlichen Gebrauch bestimmtes Telefon, und daneben lag das Schulheft, in das man Privatgespräche eintragen sollte, über die mindestens sechsmal jeden Monat großes Geschrei angestimmt wurde. Charlie saß auf dem Sofa und wartete, bis ihr Magen sich entkrampft und ihr Pulsschlag unter die Dreihundertgrenze gerutscht war. Dann hob sie das Telefon samt Hörer vom Tisch herunter und stellte es auf den Boden. In der Tischschublade waren immer ein paar Haushaltskerzen gewesen, falls die Beleuchtung mal ausfiel, was häufig der Fall war, aber jemand hatte auch die mitgehen lassen. So blieb ihr nichts anderes übrig, als die Seite eines alten Gemeindeblättchens zu einem Fidibus zusammenzudrehen, und nachdem sie ihn in eine schmutzige Teetasse gesteckt hatte, zündete sie ein Ende an, um ein Licht zu bekommen. Mit dem Tisch darüber und der Balustrade der Empore daneben war die Flamme so wenig zu sehen, wie es nur irgend ging. Trotzdem blies sie sie aus, sobald sie gewählt hatte. Sie musste fünfzehn Zahlen wählen, und beim ersten Mal gab das Telefon nur einen Misston von sich. Beim zweiten Mal verwählte sie sich und bekam irgendeinen Italiener an die Strippe, der sie wüst beschimpfte. Beim dritten Mal rutschte ihr die Fingerspitze ab, aber beim vierten Versuch kam ein gedankenvolles Schweigen, dem das Klingeln eines Anschlusses auf dem Festland folgte. Viel später folgte die schrille, deutsch sprechende Stimme von Helga.
»Hier spricht Johanna«, sagte Charlie. »Wissen Sie noch?« -Wieder gedankenvolles Schweigen. »Wo sind Sie, Johanna?«
»Kümmern Sie sich doch um Ihren eigenen Dreck.« »Haben Sie Probleme, Johanna?«
»Eigentlich nicht. Ich wollt’ bloß danke schön sagen, dass Sie mir die Bullen auf den Hals gehetzt haben.«
Dann packte sie, das muss zu ihrem Ruhm gesagt werden, die alte Wahnsinnswut, und sie ließ ihr mit einer Hemmungslosigkeit freien Lauf, wie sie sie seit jenem Tag, an den sie sich nicht erinnern durfte, nicht mehr hatte aufbringen können, als Joseph sie einen Blick auf ihren jungen Liebhaber hatte werfen lassen, ehe sie ihn in die Luft hatten gehen lassen. Schweigend hörte Helga sie bis zu Ende an. »Wo sind Sie?« sagte sie, als Charlie fertig zu sein schien. Sie sprach mit größter Zurückhaltung, als verstoße sie gegen ihre eigenen Regeln.
»Vergessen Sie’s«, sagte Charlie.
»Kann man Sie irgendwo erreichen? Sagen Sie mir, wo sie die nächsten achtundvierzig Stunden sind.«
»Nein.«
»Könnten Sie mich bitte in einer Stunde noch mal anrufen?«
»Kann ich nicht.«
Langes Schweigen. »Wo sind die Briefe?«
»In Sicherheit.«
Nochmals Schweigen. »Nehmen Sie Bleistift und Papier.«
»Brauche ich nicht.«
»Trotzdem. Sie sind nicht in der Verfassung, um etwas genau behalten zu können. Fertig?«
Keine Adresse, und auch keine Telefonnummer. Dafür Straßenangaben, eine Zeit und genaue Anweisungen, wie sie zu dem Treffpunkt kommen sollte. »Tun Sie genau, was ich Ihnen sage. Wenn Sie es nicht schaffen, wenn Sie noch mehr Schwierigkeiten haben, rufen Sie die Nummer an, die auf Antons Visitenkarte steht, und sagen Sie, Sie wollten sich mit Petra in Verbindung setzen. Bringen Sie die Briefe mit. Hören Sie mich? Petra, und die Briefe mitbringen! Wenn Sie die Briefe nicht mitbringen, werden wir sehr, sehr böse auf Sie sein.«
Als Charlie auflegte, hörte sie, wie unten im Zuschauerraum ein einzelnes Paar Hände leise Beifall klatschte. Sie trat an die Balustrade, blickte hinunter und sah zu ihrer unsagbaren Wonne Joseph ganz allein in der Mitte der ersten Reihe sitzen. Sie machte kehrt und flog die Treppe zu ihm hinunter. Als sie die unterste Stufe erreichte, erwartete er sie mit ausgebreiteten Armen. Er hatte Angst, dass sie in der Dunkelheit ausrutschen könnte. Er küsste sie und hörte nicht auf, sie zu küssen; dann führte er sie wieder auf die Empore hinauf, hielt auch an der schmälsten Stelle der Treppe noch den Arm um sie gelegt, in der anderen Hand trug er einen Korb. Er hatte Räucherlachs und eine Flasche Wein mitgebracht, hatte alles unausgepackt auf den Tisch gestellt. Er wusste, wo die Teller unter dem Ausguss standen und wie man den Heizofen an die Extrasteckdose des Herds anschloss. Er hatte eine Thermosflasche mit Kaffee und ein paar ziemlich vergammelte Wolldecken aus Loftys Höhle unten heraufgebracht. Er stellte die Thermosflasche mit den Tellern hin und ging dann herum, um die großen viktorianischen Türen zu überprüfen und von innen zu verriegeln. Selbst in dem dämmerigen Licht erkannte sie - sah es an der Haltung seines Rückens und seinen bewusst vertraulichen Bewegungen -, dass er etwas tat, was nicht im Rollenbuch stand, er verschloss die Türen vor allem, was nicht in ihre Welt gehörte. Er setzte sich neben sie aufs Sofa und legte eine Wolldecke um sie, denn gegen die Kälte im Saal musste man wirklich etwas unternehmen genauso wie gegen ihr Zittern, mit dem sie nicht aufhören konnte. Der Anruf bei Helga hatte sie vor Angst ganz krank gemacht wie die Scharfrichteraugen des Polizisten in ihrer Wohnung, wie die sich häufenden Tage des Wartens und nur halb Wissens, was viel, viel schlimmer war, als überhaupt nichts zu wissen.
Das einzige Licht kam von dem Heizofen und beleuchtete sein Gesicht von unten wie ein bleiches Rampenlicht aus jener Zeit, als man im Theater noch diese Beleuchtung verwendete. Sie erinnerte sich daran, dass er ihr in Griechenland erzählt hatte, die antiken Stätten anzustrahlen, sei ein Akt des modernen Vandalismus; die Tempel seien gebaut worden, um mit der Sonne über ihnen und nicht unter ihnen gesehen zu werden. Er hatte ihr unter der Decke den Arm um die Schultern gelegt, und ihr fiel auf, wie dünn sie neben ihm war.
»Ich habe abgenommen«, sagte sie, und das war so etwas wie eine Warnung an ihn.
Er antwortete nicht, hielt sie aber fester, um ihr Zittern zu bezwingen, es in sich aufzunehmen und sich zu eigen zu machen. Ihr ging durch den Kopf, dass sie trotz all seiner Ausflüchte und Verkleidungen im Grunde immer gewusst hatte, dass er ein gütiger Mann war, der instinktiv für jeden Sympathie übrig hatte, in der Schlacht wie im Frieden ein bekümmerter Mann, der es hasste, Schmerz zuzufügen. Sie legte ihm die Hand ans Gesicht und spürte erfreut, dass er sich nicht rasiert hatte, denn heute Abend wollte sie nicht daran denken, dass er etwas aus Berechnung tat, obwohl es nicht ihre erste Nacht war, aber auch noch nicht ihre fünfzigste - sie waren ein altes rasendes Liebespaar, das die Hälfte der Motels Englands hinter sich hatte, außerdem Griechenland und Salzburg und Gott weiß wie viel andere Leben noch; denn plötzlich war ihr klar, dass die ganze Fiktion, die sie gemeinsam durchlebt hatten, nichts war als das Vorspiel für diese Nacht der Tatsachen.
Er nahm ihre Hand weg, zog Charlie an sich und küsste sie auf den Mund, und sie reagierte keusch und wartete darauf, dass er die Leidenschaften in ihr entzündete, von denen sie so oft gesprochen hatten. Sie liebte seine Handgelenke, seine Hände. Nie waren Hände so wissend gewesen. Er berührte ihr Gesicht, ihren Hals, ihre Brüste, und sie hielt sich zurück, küsste ihn nicht, weil sie eines nach dem anderen genießen wollte: Jetzt küsst er mich, jetzt berührt er mich, zieht er mich aus, er liegt in meinen Armen, wir sind nackt, wir liegen wieder am Strand, auf dem kratzenden Sand von Mykonos, wir sind barbarisch verschandelte Bauten, und die Sonne versengt uns von unten. Er lachte, rollte von ihr weg und zog den Elektroofen zurück. Und bei all ihren Liebeserfahrungen hatte sie nie etwas so Schönes gesehen wie seinen über die rote Glut gebeugten Körper, das Feuer war da am hellsten, wo sein eigener Körper brannte. Er kehrte zu ihr zurück, kniete neben ihr nieder und fing noch einmal von vorn an, für den Fall, dass sie die Geschichte bis zu diesem Punkt vergessen hatte, und küsste und berührte alles mit einem sanften Inbesitznehmen, das nach und nach alle Scheu verlor, aber er kehrte immer wieder zu ihrem Gesicht zurück, denn es war ihnen beiden ein Bedürfnis, sich immer wieder zu sehen und zu schmecken und zu versichern, dass sie wirklich die waren, die zu sein sie behaupteten. Schon lange ehe er in sie eindrang, war er der beste, der einzige, unvergleichliche Liebhaber, den sie nie gehabt hatte, der ferne Stern, dem sie durch dieses verkommene Land gefolgt war. Wäre sie blind gewesen, sie hätte es an seiner Berührung erkannt; hätte sie im Sterben gelegen, an seinem traurigen Siegerlächeln, das Schrecken und Ungläubigkeit besiegte, weil es dort vor ihr war; an seiner instinktiven Kraft, sie zu kennen und ihr Wissen zu vertiefen.
Als sie aufwachte, saß er beschützend bei ihr und wartete darauf, dass sie zu sich kam. Er hatte alles fortgepackt. »Es ist ein Junge«, sagte er und lächelte.
»Es sind Zwillinge«, erwiderte sie, zog seinen Kopf herunter, bis er an ihrer Schulter ruhte. Er wollte etwas sagen, doch sie unterbrach ihn streng, warnend. »Ich möchte nicht, dass du aus der Schule plauderst«, sagte sie. »Keine Tarngeschichten, keine Entschuldigungen, keine Lügen. Wenn es zum Dienst gehört, sag’s mir nicht. Wie spät ist es?«
»Mitternacht.«
»Dann komm wieder ins Bett.«
»Marty möchte mir dir reden«, sagte er.
Aber etwas in seiner Stimme und der Art und Weise, wie er es sagte, verrieten ihr, dass dies nicht auf Marty, sondern auf ihn zurückging.
Es war Josephs Wohnung.
Das wusste sie, sobald sie eingetreten war: eine rechteckige kleine Gelehrtenklause zu ebener Erde irgendwo in Bloomsbury, mit Spitzengardinen und Platz nur für einen kleinen Bewohner. An einer Wand hingen Pläne der Londoner Innenstadt; an der anderen stand ein Sideboard mit zwei Telefonen. Ein unbenutztes Klappbett nahm eine dritte Wand ein, und an der vierten stand ein Kiefernholzschreibtisch mit einer alten Lampe darauf. Neben den Telefonen blubberte eine Kaffeemaschine, und im Kamin brannte ein Feuer. Marty stand nicht auf, als sie hereinkam, sondern wandte den Kopf zu ihr um und schenkte ihr das herzlichste und schönste Lächeln, mit dem er sie je bedacht hatte, doch vielleicht meinte sie das auch nur, weil sie selbst die Welt so freundlich sah. Er streckte die Arme nach ihr aus, und sie beugte sich über ihn und ließ sich ausgiebig väterlich von ihm umarmen: meine Tochter, von ihren Reisen zurück. Sie saß ihm gegenüber, während Joseph im Schneidersitz auf den Boden hockte wie ein Araber, so, wie er auf der Hügelkuppe gesessen hatte, als er sie zu sich heruntergezogen und ihr einen Vortrag über die Pistole gehalten hatte. »Wollen Sie sich mal selbst hören?« lud Kurtz sie ein und zeigte auf ein neben ihm stehendes Bandgerät. Sie schüttelte den Kopf. »Charlie, Sie waren hinreißend. Nicht die Drittbeste und auch nicht die Zweitbeste, sondern ganz unbestreitbar die Beste, die es je gab.« »Er schmeichelt dir«, warnte Joseph sie, aber er meinte das nicht komisch.
Eine kleine braungekleidete Dame kam, ohne anzuklopfen, herein, und es ging darum, wer Zucker nahm und wer nicht.
»Charlie, es steht Ihnen frei auszusteigen«, sagte Kurtz, nachdem sie wieder gegangen war. »Joseph besteht darauf, dass ich Sie laut und deutlich darauf hinweise. Gehen Sie jetzt, und Sie gehen mit Ehren. Stimmt’s, Joseph? Viel Geld und viel Ehr’. Alles, was wir Ihnen versprochen haben, und noch mehr.« »Ich hab’s ihr schon gesagt«, erklärte Joseph. Sie sah, dass Kurtz’ Lächeln breiter wurde, um seine Verwirrung zu verbergen. »Natürlich hast du es ihr gesagt, Joseph, aber jetzt sage ich es ihr noch mal. Möchtest du nicht, dass ich das tu’? Charlie, Sie haben für uns den Deckel einer Büchse voller Würmer gelüftet, hinter denen wir schon seit langer Zeit her sind. Sie haben mehr Namen und Orte und Verbindungen für uns aufgedeckt, als Sie wissen, und es werden sich noch mehr daraus ergeben, ob Sie nun weitermachen oder nicht. In Ihrer näheren Umgebung sind Sie immer noch sauber, und wenn irgendwo Dreck ist - nun, geben Sie uns ein paar Monate Zeit, und wir bereinigen das für Sie. Wir ziehen Sie eine Zeitlang aus dem Verkehr, damit die Dinge sich abkühlen. Nehmen Sie einen Freund oder eine Freundin mit - wenn Sie das möchten, Sie haben ein Recht darauf, es zu tun.«
»Er meint es ernst«, sagte Joseph. »Sag nicht einfach, du machst weiter. Überleg es dir genau!« Wieder fiel ihr eine gewisse Gereiztheit an Martys Stimme auf, als er sich an seinen Untergebenen wandte:
»Selbstverständlich meine ich es ernst, und wenn ich es nicht ernst meinte - dies wäre der letzte Augenblick auf Erden, damit zu liebäugeln, es nicht ernst zu meinen«, sagte er und schaffte es am Ende noch, seine scharfe Erwiderung in einen Witz zu verwandeln.
»Wo stehen wir denn?« fragte Charlie. »Was ist es denn für ein Augenblick?«
Joseph wollte etwas sagen, doch Marty fiel ihm wie einem schlechten Autofahrer ins Steuer. »Charlie, in dieser Sache gibt es ein Oben und ein Unten. Bis jetzt haben Sie sich oben bewegt, es aber trotzdem fertig gebracht, uns zu zeigen, was weiter unten vorgeht. Aber von jetzt an - nun, könnte alles ein wenig anders laufen. So sehen wir das jedenfalls. Könnte sein, dass wir uns irren, aber zumindest deuten wir die Zeichen so.« »Er meint damit, dass du bis jetzt in Freundesland gewesen bist. Wir haben in deiner Nähe sein können, wir hätten dich herausholen können, falls das nötig gewesen wäre. Doch damit ist es jetzt vorbei. Du wirst eine der ihren sein. Teilst ihr Leben. Ihre Denkweise, ihre Verhaltensnormen. Könnte sein, dass du wochen-, ja monatelang ganz auf dich allein gestellt bist.«
»Vielleicht nicht völlig auf dich allein gestellt, aber du könntest uns nicht erreichen, das stimmt wohl im großen und ganzen«, räumte Marty ein. Er lächelte, doch er lächelte nicht Joseph an. »Aber wir werden in der Nähe sein, Sie können auf uns zählen.«
»Zu welchem Zweck?« fragte Charlie.
Marty schien vorübergehend verwirrt. »Was für ein Zweck, meine Liebe - der Zweck, der diese Mittel heiligt? Ich glaube, ich habe nicht richtig verstanden, was Sie meinen.«
»Wonach soll ich suchen? Wann werden Sie zufrieden sein?«
»Charlie, wir sind schon jetzt mehr als zufrieden«, sagte Marty liebenswürdig, und sie wusste, dass er Ausflüchte machte. »Das, worum es uns geht, ist ein Mann«, sagte Joseph unvermittelt, und sie sah, wie Martys Kopf zu ihm herumfuhr, bis sie sein Gesicht nicht mehr sehen konnte. Aber Josephs Gesicht konnte sie sehen, und sein eindringlicher Blick, mit dem er Martys begegnete, war von einer trotzigen Offenheit, die sie bisher noch nicht bei ihm erlebt hatte.
»Charlie, unser Ziel ist ein Mann«, gab Marty schließlich zu und wandte sich wieder ihr zu. »Wenn Sie weitermachen, müssen Sie sich darüber im klaren sein.«
»Khalil«, sagte sie.
»Richtig, Khalil«, sagte Marty. »Khalil steht an der Spitze ihrer ganzen europäischen Organisation. Er ist der Mann, den wir haben müssen.«
»Er ist gefährlich«, sagte Joseph. »Er ist so gut, wie Michel schlecht war.«
Vielleicht um ihn auszumanövrieren, knüpfte Kurtz an diesen Gedanken an. »Khalil hat keinen Menschen, auf den er sich verlässt, keine feste Freundin. Er schläft niemals zwei Nächte hintereinander im selben Bett. Er hat sich von den Menschen gelöst, hat seine Grundbedürfnisse auf ein Minimum beschränkt, so dass er fast unabhängig ist. Ein Mann, der außerordentlich, klug vorgeht«, schloss Kurtz und bedachte sie mit einem besonders nachsichtigen Lächeln. Doch als er sich eine neue Zigarre anzündete, erkannte sie am Zittern des Streichholzes, dass er sehr ärgerlich war. Warum schwankte sie nicht?
Eine ungewöhnliche Ruhe hatte sich ihrer bemächtigt, eine Klarheit - des Gefühls, wie sie sie bisher noch nie erlebt hatte. Joseph hatte nicht mir ihr geschlafen, um sie fortzuschicken, sondern um sie zurückzuhalten. Er durchlitt für sie all die Ängste und Befürchtungen, die eigentlich sie haben sollte. Trotzdem wusste sie, dass in diesem geheimen Mikrokosmos, bei dieser Existenz, die sie für sie geschaffen hatten, jetzt einen Rückzieher zu machen, bedeutete, für immer auszusteigen; dass eine Liebe, die sich nicht weiterentwickelte, sich niemals erneuern konnte; sie konnte nur in die Grube der Mittelmäßigkeit stürzen, der auch Charlies andere Lieben ausgeliefert waren, seitdem sie ihr Leben mit Joseph begonnen hatte. Die Tatsache, dass er wollte, dass sie aufhörte, hielt sie nicht zurück; im Gegenteil, sie bestärkte sie in ihrem Entschluss. Sie waren Partner. Sie waren ein Liebespaar. Sie waren einem gemeinsamen Schicksal, gemeinsamem Vorwärtsgehen verbunden.
Sie fragte Kurtz, woran sie das Wild, das Opfer erkennen könne. Ob er aussehe wie Michel? Marty schüttelte den Kopf und lachte. »Ach, meine Liebe - er hat sich unseren Fotografen nie gestellt.« Während Joseph bewusst von ihm weg auf das verrußte Fenster starrte, stand Kurtz schnell auf und holte aus einer alten schwarzen Aktentasche, die neben seinem Lehnsessel gestanden hatte, etwas heraus, das wie eine dicke Kugelschreibermine aussah, die an einem Ende angewürgt war und aus der zwei rote Drähte wie die Fühler eines Hummers herausguckten.
»Das hier nennen wir einen Zünder, meine Liebe«, erklärte er und tippte mit seinem knubbeligen Finger munter auf die Patrone. »Hier am Ende ist der Mündungspfropfen, und in diesen Mündungspfropfen führen die beiden Drähte. Ein Stückchen von dem Draht braucht er. Das, was übrig bleibt, legt er so zusammen.« Er holte eine kleine Drahtzange aus der Aktenmappe hervor, knipste nacheinander die Drähte ab, so dass noch etwa vierzig Zentimeter daran blieben. Dann wand er den Rest des Drahtes mit einer flinken, geübten Bewegung zu einem säuberlichen Strang zusammen und wickelte das letzte Stück wie einen Gürtel darum. Darauf gab er es ihr in die Hand. »Dies Püppchen ist für uns seine Signatur. Früher oder später hat jeder eine Signatur. Das ist seine.«
Sie ließ es sich von ihm wieder aus der Hand nehmen. Joseph hatte eine Adresse für sie, wo sie hingehen konnte. Die kleine Dame in Braun brachte sie an die Tür. Charlie trat auf die Straße und stellte fest, dass bereits ein Taxi auf sie wartete. Es war früher Morgen, und die Spatzen fingen an zu tschilpen.