Nur wenige der Gebäude im Hafen hatten noch Dächer und Wände, die sicher genug waren, um von Julius’ Soldaten benutzt zu werden. Zu viele der anderen waren niedergebrannt worden, ihre Mauern nichts als leere Hüllen. Julius pendelte zwischen den drei Schiffen und den Lagerhäusern hin und her und schickte Männer auf die Suche nach Vorräten in die nähere Umgebung aus. Obwohl Celsus genug Proviant an Bord hatte, um seine Mannschaft über den größten Teil des Winters zu bringen, würde er kaum ausreichen, um so viele aktive Soldaten über längere Zeit zu ernähren.
Die Legionäre blieben auch unterwegs stets wachsam, zogen nie alleine aus und hielten stets Ausschau nach Überraschungsangriffen. Auch jetzt, nachdem sie die Leichen weggebracht und beerdigt hatten, blieb der Hafen ein stiller, bedrückender Ort, und sie lebten mit dem ständigen Gedanken, dass diejenigen, die diese friedliche römische Siedlung zerstört hatten, sich immer noch in der Nähe aufhalten oder zurückkehren könnten.
Sie fanden nur einen Überlebenden. Sein Bein war aufgeschlitzt worden, und die Entzündung hatte sich rasch ausgebreitet. Sie hörten ihn, als er sich bewegte, um eine Ratte zu töten, die vom Geruch des Bluts angelockt worden war. Er zerschmetterte ihr den Schädel mit einem Stein und schrie dann entsetzt auf, als ihn Julius’ Männer bei den Armen packten und ihn hinaus ins Tageslicht brachten. Nach Tagen in der Dunkelheit seines Verstecks hielt der Mann die schwache Morgensonne kaum aus und brabbelte wirres Zeug, als sie ihn zu den Schiffen trugen.
Sobald er das geschwollene Bein sah, rief Julius nach Cabera, obwohl er vermutete, dass es nichts mehr nützen würde. Die Lippen des Mannes waren raue, schmutzige Krusten, und er weinte ohne Tränen, als sie ihm eine Schale Wasser in den Mund gossen. Cabera betastete das aufgedunsene Fleisch des Beins mit seinen langen Fingern und schüttelte schließlich den Kopf. Er trat neben Julius.
»Es ist brandig und hat bereits seine Leiste erreicht. Es ist zu spät, um es abzunehmen. Ich kann versuchen, die Schmerzen zu lindern, aber ihm bleibt nicht mehr viel Zeit.«
»Kannst du ihm nicht… die Hände auflegen?«, fragte Julius den alten Mann.
»Es ist zu spät, Julius. Eigentlich müsste er schon tot sein.«
Julius nickte bitter und resigniert, nahm seinen Männern die Schale ab und half dem Mann, sie an die Lippen zu führen. Die dürren Finger zitterten zu stark, um sie ruhig halten zu können, und als Julius einen von ihnen berührte, schrak er fast vor der Hitze des Fiebers zurück, die durch die straffe Haut brannte.
»Verstehst du mich?«, fragte er.
Der Mann versuchte zu nicken, während er nippte, und verschluckte sich fürchterlich. Die Anstrengung, die an seiner letzten Kraft zehrte, ließ ihn krebsrot anlaufen.
»Kannst du mir erzählen, was passiert ist?«, drängte Julius und versuchte ihn mit reiner Willenskraft zum Atmen zu zwingen.
Endlich endeten die Krämpfe, und der Mann ließ erschöpft den Kopf auf die Brust fallen.
»Sie haben alle getötet. Das ganze Land steht in Flammen«, flüsterte er.
»Ein Aufstand?«, fragte Julius schnell. Er hatte fremde Eindringlinge vermutet, die ein paar Küstenstädte verwüstet hatten, ehe sie sich wieder auf ihre Schiffe zurückzogen. Das geschah nur allzu oft in diesem Teil der Welt. Der Mann nickte und deutete mit zitternden Fingern auf die Schale mit dem Wasser. Julius reichte sie ihm und sah zu, wie er sie leerte.
»Es war Mithridates«, sagte der Mann mit heiserer, krächzender Stimme. »Nachdem Sulla gestorben war, rief er sie…« Er hustete wieder, und Julius stand erschüttert auf. Er trat hinaus an Deck, weg von dem aufdringlichen Gestank der Krankheit, der den Raum erfüllte. Sulla war tot? Er umklammerte die Reling von Celsus’ Schiff, bis er Krämpfe in den Händen bekam. Er hoffte, der Mann, der ihm Marius genommen hatte, mochte einen langsamen, qualvollen Tod gestorben sein.
Immer wieder hatte er die Vorstellung gehegt, wie er mit seinen neuen Männern nach Rom zurückkehrte, reich und mit gewachsener Macht, um gegen Sulla zu kämpfen und Marius zu rächen. In ruhigeren Momenten hatte er dies als eine kindliche Phantasie erkannt, die ihm aber lange Zeit Kraft gegeben hatte, ein Traum, der ihn die Monate in der Zelle, die Anfälle, all das hatte ertragen lassen.
Während der Tag weiter voranschritt, stürzte sich Julius auf die tausend Aufgaben, die erledigt werden mussten, um das Hafengebiet zu sichern. Die Befehle, die er gab, und die Männer, mit denen er sprach, schienen weit entfernt, während er über die Neuigkeiten nachdachte, die ihm der Sterbende mitgeteilt hatte. Den Nachschub und die Unterkünfte zu organisieren, bot ihm wenigstens die Möglichkeit, sich zu beschäftigen. Sullas Tod hinterließ eine Lücke in seiner Zukunft, eine Leere, die all seine Anstrengungen zunichte machte.
Als ihn der Händler Durus fand, war er gerade dabei, mit drei Legionären einen vergifteten Brunnen zu säubern. Es gehörte zum üblichen Vorgehen eines Eroberers, die Wasserversorgung eines Ortes mit verwesenden Tierkadavern zu verunreinigen. Julius arbeitete wie betäubt zusammen mit den anderen, zog tote Hühner heraus und versuchte, sich bei dem Geruch nicht zu übergeben, während er sie beiseite warf.
»Ich muss mit dir reden, Herr«, verkündete Durus.
Da Julius ihn zuerst nicht zu hören schien, wiederholte er die Worte noch einmal lauter. Julius seufzte, ging zu ihm hinüber und ließ die Legionäre die mit Haken versehenen Seile allein zu einem weiteren Versuch hinunterwerfen. Julius wischte sich beim Gehen die stinkenden Hände an der Tunika ab, und Durus konnte sehen, wie erschöpft er war. Plötzlich wurde ihm klar, wie jung dieser Mann war. Jetzt, nachdem die Müdigkeit das Feuer in ihm fast zum Erlöschen gebracht hatte, sah er beinahe verloren aus. Der Händler räusperte sich.
»Ich würde gerne mit meinen beiden Triremen in See stechen. Ich habe meinen Namen unter einen Brief gesetzt, in dem steht, dass du die Ventulus gemietet hast, um Jagd auf die Piraten zu machen. Es wird Zeit für mich, zu meiner Familie und meinem Leben zurückzukehren.«
Julius sah ihn unverwandt an, ohne zu antworten. Nach einer Weile setzte Durus von neuem an. »Unserer Vereinbarung nach sollte ich mein Schiff und die andere Trireme als Ersatz für die verlorene Ladung bekommen, sobald du Celsus gefunden hast. Ich habe keine weiteren Beschwerden vorzubringen, aber du musst deinen Männern den Befehl geben, meine Schiffe zu verlassen, damit ich nach Hause segeln kann. Von mir nehmen sie keine Befehle entgegen, Herr.«
Julius fühlte sich innerlich zerrissen und wütend. Ihm war nie klar gewesen, wie schwer es sein konnte, wenigstens den Anschein von Ehre aufrechtzuerhalten. Er hatte Durus die beiden Schiffe versprochen, aber das war gewesen, bevor er den griechischen Hafen vom Krieg verwüstet vorgefunden hatte. Was erwartete der Mann denn? Jeder kriegerische Instinkt, den man Julius eingebläut hatte, sagte ihm, er solle die Forderungen kurzerhand zurückweisen. Wie konnte er auch nur daran denken, zwei seiner wertvollsten Trümpfe aus der Hand zu geben, während Mithridates alles Römische aus dem Fleisch Griechenlands herausschnitt?
»Geh ein paar Schritte mit mir«, sagte er zu Durus und strebte eilig an ihm vorbei, wodurch der Kapitän gezwungen wurde, in Laufschritt zu fallen, um mit ihm mithalten zu können. Julius ging schnell zum Hafen zurück, wo sich die drei Schiffe sanft auf dem Wasser auf und ab wiegten. Als er näher kam, salutierten die Wachen. Julius erwiderte den Gruß und blieb plötzlich an der Kaimauer stehen, wo die Galeeren über ihnen aufragten.
»Ich will nicht, dass du nach Hause segelst«, sagte er knapp.
Durus wurde rot vor Überraschung. »Du hast mir dein Wort gegeben, ich könne verschwinden, wenn du Celsus’ Schiff erobert hast«, stieß er hervor.
»Daran brauchst du mich nicht zu erinnern, Kapitän. Ich werde dich nicht aufhalten. Aber Rom braucht diese Schiffe.« Er dachte lange nach, während er mit finsterem Blick die Schiffe betrachtete, die sich in dem schmutzigen Wasser hoben und senkten.
»Ich möchte, dass du mit ihnen so schnell wie möglich die Küste entlangsegelst und den Hafen findest, den Rom benutzt, um die Legionen im Westen an Land zu bringen. Übergib ihnen in meinem Namen das Silber der Legion… und im Namen von Kapitän Gaditicus von der Accipiter. Ich vermute, sie werden dich nach Rom zurückschicken, um weitere Soldaten zu holen. Dabei wirst du keinen Gewinn machen, aber beide Schiffe sind schnell, und sie werden alles brauchen können, was schwimmt.«
Durus trat überrascht von einem Fuß auf den anderen.
»Ich bin schon seit Monaten überfällig. Meine Familie und meine Geldgeber denken bestimmt jetzt schon, ich sei tot«, sagte er, um Zeit zu gewinnen.
»Hier sind tatsächlich Römer gestorben, hast du die Leichen nicht gesehen? Bei den Göttern, ich bitte dich um einen Dienst für die Stadt, die dich geboren und großgezogen hat. Du hast nie für sie gekämpft oder für sie geblutet. Ich biete dir die Chance, ein wenig von dem zurückzuzahlen, was du ihr schuldig bist.«
Bei diesen Worten musste Durus fast lächeln, doch er riss sich zusammen, als ihm bewusst wurde, dass der junge Mann es vollkommen ernst meinte. Er fragte sich, was wohl seine Freunde in der Stadt von diesem Soldaten halten würden. Er schien ein Bild Roms im Kopf zu haben, in dem weder Bettler noch Ratten noch Krankheiten vorkamen. Julius betrachtete die Stadt als etwas, das größer und erhabener war als er selbst, das wurde Durus klar, und einen Augenblick lang schämte er sich im Angesicht dieses Glaubens.
»Und wenn ich das Geld nicht abliefere und direkt nach Norditalien steuere, nach Hause?«, fragte er.
Julius runzelte leicht die Stirn und schaute den Kaufmann mit kalten Augen an.
»Wenn du das tust, machst du mich zu deinem Feind, und du weißt nur zu gut, dass ich dich früher oder später aufspüren und vernichten werde.« Die Worte wurden leichthin gesprochen, doch nachdem er die Hinrichtungen gesehen und davon gehört hatte, wie Celsus von seinem eigenen Schiff über Bord geworfen worden war, hüllte sich Durus fester in seinen Umhang, um sich vor dem eisigen Wind zu schützen.
»In Ordnung. Ich tue, was du sagst, auch wenn ich den Tag verfluchen werde, an dem du deinen Fuß auf die Ventulus gesetzt hast«, antwortete er zähneknirschend.
Julius rief den Wachen am Bug von Durus’ Schiffen einen knappen Befehl zu.
»Meine Männer von Bord!«
Die Soldaten, die zu sehen waren, salutierten und gingen, um die anderen zu holen. Durus empfand eine Erleichterung, die ihn schwindeln ließ.
»Vielen Dank«, sagte er.
Julius wollte zu den Lagerhäusern zurückgehen, blieb aber noch einmal stehen.
Hinter ihm, dort, wo das Pflaster der Kais in gestampfte Erde überging, hingen fünf Gestalten an Kreuzen.
»Vergiss das nicht«, sagte er, wandte dem Kapitän den Rücken zu und ging davon.
Durus bezweifelte, dass das überhaupt möglich war.
Bei Einbruch der Nacht versammelten sich die Männer in dem am besten erhaltenen Lagerhaus. Eine der Wände war von Ruß geschwärzt, doch das Feuer hatte sich nicht ausgebreitet, obwohl immer noch ein beißender Geruch in der Luft lag. Immerhin war es warm und trocken, und als es zu regnen anfing, trommelten die Tropfen leise auf das dünne Holzdach.
Die Öllampen stammten von Celsus’ Schiff. Wenn sie erst einmal leer waren, mussten die Männer in den verlassenen Häusern der Hafenstadt nach Vorräten suchen. Als wollten die Lampen die Soldaten schon darauf vorbereiten, flackerten nur kleine Flammen, die das leere Lagerhaus nur spärlich erleuchteten. Überall lagen Getreidekörner verstreut, die die Plünderer verschüttet hatten, und die Soldaten saßen auf zerrissenen Säcken und machten es sich so bequem wie möglich.
Gaditicus erhob sich, um zu den zusammengekauerten Männern zu sprechen. Die meisten von ihnen hatten den ganzen Tag gearbeitet, hatten entweder bei der Reparatur des Dachs geholfen oder Vorräte auf die Schiffe geschleppt, die mit der Morgenflut in See stechen würden.
»Es wird Zeit, dass wir uns Gedanken über die Zukunft machen, meine Herren. Ich hatte eigentlich vorgehabt, mich eine Weile in einem anständigen römischen Hafen auszuruhen und dann die Heimat zu benachrichtigen. Stattdessen hat ein griechischer König unsere Soldaten ermordet. Das darf nicht ungesühnt bleiben.«
Gemurmel erhob sich unter den Männern, aber ob es Zustimmung oder Enttäuschung ausdrückte, ließ sich nicht feststellen. Julius, der neben Gaditicus saß, sah sie der Reihe nach an. Es waren seine Männer. Er hatte so viel Zeit mit dem einfachen Ziel verbracht, Celsus aufzuspüren und zu töten, dass er sich nie große Gedanken darüber gemacht hatte, was danach kommen würde, den entfernten Traum, eines Tages dem Diktator von Rom gegenüberzutreten, einmal ausgenommen. Wenn er eine neue Zenturie in eine Legion mitbrachte, würde der Senat seine Autorität mit einem offiziellen Posten anerkennen müssen.
Unbemerkt verzog er im Halbdunkel sein Gesicht. Oder auch nicht. Sie konnten Gaditicus das Kommando geben und Julius wieder auf den Befehl über zwanzig Mann zurückstufen. Die Senatoren waren nicht unbedingt die Richtigen, um seine außergewöhnliche Autorität bei dem zusammengewürfelten Haufen zu erkennen, auch wenn ihm sein neuer Reichtum, wenn er ihn richtig einsetzte, Einfluss verschaffen konnte. Er fragte sich, ob er wohl mit einer solchen Position zufrieden sein könnte, und lächelte vor sich hin, was die Männer, die Gaditicus beobachteten, nicht sahen. Darauf gab es eine einfache Antwort. Es gab nichts Schöneres, als andere anzuführen, das hatte er erfahren, und keine größere Herausforderung, als ganz auf sich allein gestellt zu sein. In den schlimmsten Augenblicken hatten sie sich an ihn gewandt, damit er ihnen den Weg nach vorne wies, den nächsten Schritt. Die Götter wussten, dass es einfacher war, zu folgen, ohne nachdenken zu müssen, aber keinesfalls so befriedigend. Ein Teil von ihm sehnte sich nach dieser Sicherheit, nach dem einfachen Vergnügen, Teil einer Einheit zu sein. In seinem Herzen jedoch sehnte er sich nach der berauschenden Mischung aus Angst und Gefahr, die einem nur das Befehlen bieten konnte.
Wie konnte es sein, dass Sulla tot war? Der Gedanke tauchte immer wieder auf und quälte ihn. Der verwundete Mann an Bord von Celsus’ Schiff hatte nichts weiter gewusst, sondern hatte nur von dem Befehl an die Soldaten gehört, ein ganzes Jahr lang Schwarz zu tragen. Als der Mann das Bewusstsein verlor, hatte ihn Julius in Caberas Händen zurückgelassen. Er starb, als die Sonne unterging und sein Herz endlich versagte. Julius hatte befohlen, ihn neben den anderen römischen Toten zu begraben, und ein Gefühl der Scham überkam ihn, weil er den Mann nie nach seinem Namen gefragt hatte.
»Julius? Möchtest du ihnen etwas sagen?«, unterbrach Gaditicus seine Grübeleien. Erschrocken und schuldbewusst merkte er, dass er nichts von dem, was der ältere Offizier gesagt hatte, gehört hatte. Er stand langsam auf und sammelte seine Gedanken.
»Ich weiß, dass die meisten von euch gehofft haben, Rom bald mit eigenen Augen zu sehen, und das werdet ihr auch. Meine Stadt ist ein seltsamer Ort aus Marmor und Träumen, errichtet aus der Kraft der Legionen. Jeder Legionär ist durch seinen Eid dazu verpflichtet, unsere Bürger überall zu beschützen, wo immer ihr ihnen auch begegnen mögt. Ein Römer braucht nur die Worte ›Ich bin ein Bürger Roms‹ zu sagen, und unser Schutz und unsere Autorität sind ihm sicher.« Er machte eine Pause. Jedes Auge im Lagerhaus war auf ihn gerichtet.
»Aber ihr habt diesen Eid nie abgelegt, und ich kann euch nicht zwingen, für eine Stadt zu kämpfen, die ihr noch nie gesehen habt. Ihr besitzt mehr Geld, als die meisten Soldaten in zehn Jahren verdienen. Ihr müsst eure Entscheidung frei treffen – unter Eid zu dienen oder zu gehen. Wenn ihr uns verlasst, werdet ihr als Freunde gehen. Wir haben zusammen gekämpft, und einige von uns haben es nicht bis hierher geschafft. Für andere von euch mag das weit genug sein. Wenn ihr bleibt, werde ich Celsus’ Schatz Kapitän Durus anvertrauen, der mit uns an der Westküste zusammentreffen wird, sobald wir Mithridates geschlagen haben.«
Als er innehielt, füllte sich der Raum erneut mit dem Gemurmel leiser Stimmen.
»Kannst du Durus vertrauen?«, fragte ihn Gaditicus.
Julius überlegte einen Augenblick und schüttelte dann den Kopf.
»Nicht bei so viel Gold. Ich lasse Prax bei ihm, damit er ehrlich bleibt.« Er sah sich nach dem alten Optio um und freute sich, als ihm dieser sein Einverständnis signalisierte. Nachdem das erledigt war, holte Julius tief Luft und blickte seine dasitzenden Männer einen nach dem anderen an. Er kannte den Namen jedes Einzelnen.
»Wollt ihr den Eid der Legion ablegen und auf meinen Befehl schwören?«
Sie brüllten ihm ihre Zustimmung zu.
Gaditicus beugte sich dicht zu Julius’ Ohr und flüsterte ihm heiser zu: »Bei den Göttern, Mann. Der Senat reißt mir die Eier ab, wenn ich das tue!«
»Dann solltest du gehen, Gadi, und dich zu Suetonius auf dem Schiff gesellen, während ich ihnen den Eid abnehme«, erwiderte Julius.
Gaditicus betrachtete ihn kühl und abschätzend. »Ich hatte mich schon gefragt, warum du ihn dort zurückgelassen hast. Er würde sowieso jeden Eid brechen«, sagte er. »Hast du dir schon überlegt, wohin du sie führen willst?«
»Allerdings. Ich will eine Armee aufstellen und Mithridates gradewegs an die Gurgel gehen.«
Er streckte die Hand aus. Gaditicus zögerte einen Augenblick. Dann packte er sie in einem kurzen Griff, der beinahe schmerzte.
»Dann haben wir den gleichen Weg«, sagte er, und Julius nickte zustimmend.
Julius bat mit erhobenen Armen um Ruhe und lächelte, als das Stimmengewirr verstummte. Seine Stimme drang klar und deutlich durch die plötzliche Stille. »Ich habe nie an euch gezweifelt«, sagte er zu den Männern. »Nicht einen Augenblick. Jetzt erhebt euch und wiederholt diese Worte.«
Sie standen wie ein Mann auf und nahmen mit erhobenen Köpfen und geradem Rücken Haltung an.
Julius betrachtete sie und wusste, dass es keinen anderen Weg für ihn gab. Er vernahm keine Stimme in seinem Inneren, die ihn aufforderte, umzukehren, obwohl dieser Schwur sein Leben abermals in andere Bahnen lenken würde – bis Mithridates tot war.
Er sprach die Worte, die ihn sein Vater gelehrt hatte, damals, als die Welt noch klein und überschaubar gewesen war.
»Jupiter Victor, höre diesen Eid. Wir geloben, unsere Kraft, unser Blut, unser Leben für Rom zu geben. Wir werden nicht umkehren. Wir werden nicht aufgeben. Wir werden uns nicht um Leid und Schmerz scheren. Solange es noch Licht gibt, von hier bis ans Ende der Welt, stehen wir für Rom und den Befehl Cäsars ein.«
Mit festen und klaren Stimmen wiederholten sie im Chor seine Worte.