Cato wischte sich mit der dicklichen Hand über die Stirn. Die Winterkälte hatte Rom fest im Griff, aber das Senatsgebäude war voll, und die Wärme von dreihundert Mitgliedern der Nobilitas auf beengtem Raum hing in der Luft. Cato hob um Ruhe bittend die Hand und wartete geduldig, bis der Lärm des Stimmengewirrs langsam verebbte.
»Dieser Cäsar, dieser leichtsinnige junge Mann, hat dem Willen des Senats nichts als Verachtung entgegengebracht. Er hat auf eigene Faust gehandelt und hat den Tod Hunderter römischer Bürger verursacht, viele davon Veteranen unserer Legionen. Soweit ich gehört habe, hat er sich eine Befehlsgewalt angemaßt, die ihm nie verliehen worden ist, und sich im Großen und Ganzen genauso benommen, wie ich es von einem Neffen des Marius erwartet hätte. Ich rufe den Senat auf, diesen kleinen Gockel in seine Schranken zu verweisen – ihm zu zeigen, wie sehr sein sinnloses Opfer römischer Menschenleben und seine Missachtung unserer Autorität unseren Widerwillen erregt hat.«
Mit einem zufriedenen Ächzen nahm er wieder Platz, und der Vorsitzende erhob sich gelassen. Er war ein dicker Mann mit gerötetem Gesicht, der sich nicht viel gefallen ließ. Obwohl seine Autorität nur eine nominelle war, schien er es zu genießen, die Kontrolle über die mächtigeren Männer des Senats innezuhaben.
Cinna war bei Catos Worten mit zornrotem Gesicht aufgestanden. Der Vorsitzende erteilte ihm mit einem Nicken die Erlaubnis, zu reden, und Cinna ließ den Blick über die Reihen wandern, bis er sich ihrer Aufmerksamkeit sicher sein konnte.
»Wie viele von euch wissen, bin ich durch seine Ehe mit meiner Tochter mit Cäsar verwandt«, hob er an. »Ich bin nicht hierher gekommen, um zu seiner Verteidigung zu sprechen, sondern weil ich mich den verdienten und angebrachten Glückwünschen anschließen wollte, die ich erwartet habe.« Unter Catos Anhängern erhob sich lautes Gemurmel, das ihn am Weitersprechen hinderte, doch er wartete mit eisiger Geduld, bis es wieder ruhig wurde.
»Sollten wir einem Mann, der einen der Feinde Roms vernichtet hat, nicht gratulieren? Mithridates ist tot, seine Armee ist in alle Winde zerstreut, und einige von euch reden von Zurechtweisung? Es ist nicht zu glauben! Anstatt die Toten unter seinen Männern zu zählen, die im Kampf gegen eine Übermacht gefallen sind, solltet ihr lieber an die Unschuldigen denken, die jetzt weiterleben können, weil Mithridates vernichtend geschlagen wurde. Wie viele unserer Bürger wären wohl noch gestorben, bis sich unsere übervorsichtigen Legionen dem Feind endlich weit genug genähert hätten, um auch gegen ihn kämpfen zu können? Nach den Berichten zu schließen, sieht es so aus, als hätten sie die griechische Streitmacht niemals erreicht!«
Wieder brach entrüstetes Gemurmel aus, durch das Hohngelächter und Rufe zu hören waren. Auf beiden Seiten erhoben sich viele Senatoren, um sich zu Wort zu melden, und traten unruhig hin und her. Der Leiter der Debatte warf Cinna einen Blick zu und hob fragend die Augenbrauen. Cinna räumte widerwillig das Feld und setzte sich wieder.
Neben Cato stand jetzt Senator Prandus. Im Gegensatz zu seinem Gönner war er von hoch gewachsener, hagerer Gestalt. Er räusperte sich, als er die Erlaubnis zum Sprechen erhielt.
»Mein Sohn Suetonius war einer der Männer, die zusammen mit diesem Cäsar von den Piraten gefangen genommen wurden. Ich habe mir meine Meinung nach seinen Berichten gebildet, und alles deutet darauf hin, dass dieser Römer eine Gefahr für alles darstellt, woran wir glauben. Er handelt, ohne um Erlaubnis zu fragen. Er stürzt sich in Konflikte, ohne vorher zu überlegen, ob ein Problem auch auf andere Art zu lösen ist. Seine einzige Antwort auf alles ist blindwütiger Angriff. Mir liegen Einzelheiten über Hinrichtungen und Folterungen vor, die in seinem Namen durchgeführt wurden, ohne vom Senat gebilligt worden zu sein. Er hat alte Soldaten zur Schlacht gezwungen, nur um seinen persönlichen Ruhm zu mehren. Ich muss dem ehrenwerten Cato zustimmen, dass dieser Cäsar hierher zitiert werden sollte, um die gerechte Strafe für seine Taten zu empfangen. Außerdem sollten wir den Vorwurf der Piraterie gegen ihn nicht vergessen, den Quästor Pravitas erhoben hat. Wenn er eine Belobigung erhält, wie es manche für richtig zu halten scheinen, könnten wir leicht einen neuen Marius schaffen und unsere Großzügigkeit eines Tages bereuen.«
Cato schob einen nervös wirkenden Mann auf die Füße. Senator Bibulus wäre fast gestolpert, als er sich unter dem Nachdruck der schweren Hände erhob. Sein Gesicht war blass, und Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Er verstieß gegen die guten Sitten, indem er zu reden begann, ehe ihm die Erlaubnis dazu erteilt worden war, und seine ersten Worte gingen in den Hohnrufen unter, die darauf folgten.
»…sollte den Entzug der Senatsmitgliedschaft in Betracht ziehen«, sagte er und schluckte seinen Speichel hinunter. »Oder vielleicht das Verbot, einen Rang in der Armee zu bekleiden. Soll er doch mit dem geraubten Gold, das er mitgebracht hat, sein Geld als Kaufmann verdienen.«
Während er sprach, starrte ihn der Vorsitzende finster an, und nach einer kurzen Geste nahm Bibulus mit schamrotem Gesicht wieder Platz. Der verstimmte Vorsitzende drehte sich um und sah zu den gegenüberliegenden Bänken hinüber, offensichtlich entschlossen, mit seiner Wahl das Gleichgewicht wiederherzustellen. Crassus erhielt die Erlaubnis zu reden. Er nickte dankend und blickte sich ruhig in den randvollen Reihen um, bis wieder angemessene Stille herrschte.
»Wie sehr ihr eure geheimen Ängste offenbart!«, stieß er hervor. »Einen zweiten Marius, sagt ihr. Sein Neffe! Wie wir da zittern müssen! Glaubt ihr etwa, unsere geliebte Republik könne ohne militärische Macht überleben? Wie viele von euch haben schon erfolgreich Männer in eine Schlacht geführt?« Sein Blick wanderte durch die Reihen. Er wusste, dass Cato nur die minimale Dienstzeit von zwei Jahren abgeleistet hatte, um die politische Karriereleiter erklimmen zu können. Andere nickten, während Cato ein Gähnen unterdrückte und den Blick abwandte.
»Wir haben hier einen jungen Mann, der weiß, wie man Soldaten befehligt«, fuhr Crassus fort. »Er hat eine kleine Armee aufgestellt und damit eine Streitmacht besiegt, die acht oder neun Mal so groß war. Es stimmt, er hat gehandelt, ohne vorher unsere Zustimmung einzuholen, aber er hätte ja auch wohl kaum ein oder zwei Jahre warten können, bis wir die Angelegenheit ausdiskutiert hätten.«
Der Vorsitzende fing seinen Blick auf, doch Crassus ignorierte ihn.
»Nein, was in einigen von uns solch giftige Bosheit hervorruft, ist die Tatsache, dass dieser junge Mann gezeigt hat, dass unsere Wahl der Legionskommandeure falsch war. Sein Erfolg ist der Beweis dafür, dass wir nicht schnell und energisch genug reagiert haben, um unsere Besitzungen in Griechenland zu verteidigen. Das ist es, was diese Herren so ärgert. Das ist der einzige Grund, warum sie so wütend auf ihn sind. Er hat für seine Tapferkeit in Mytilene den Eichenkranz erhalten, wie ihr euch vielleicht erinnern werdet. Er ist ein begabter, treuer Soldat Roms, und es wäre eine Schande, wenn wir das nicht öffentlich anerkennen würden. Ich habe gehört, wie Bibulus forderte, ihn seines Rangs in der Legion zu berauben. Da frage ich mich unweigerlich, welche Siege Bibulus für uns errungen hat? Oder Cato? Und dann ist da noch Prandus, der Vorwürfe wegen Piraterie erhebt, obwohl er genau weiß, als wie unsinnig sich dieser Vorwurf erwiesen hat, sobald die Tatsachen ans Licht kamen. Es ist kein Wunder, dass er einen Bogen um ein solch schwieriges Thema macht, war doch sein Sohn einer der Angeklagten! Wir sollten Cäsar für seine ruhmvollen Taten ehren.«
»Genug, Crassus«, sagte der Vorsitzende streng, aber zufrieden, weil er genügend Zeit gelassen hatte, um Bibulus’ Ausbruch wieder auszugleichen. »Beide Seiten haben ihre Meinung vertreten. Wir können jetzt zur Abstimmung schreiten.«
Diejenigen, die noch standen, setzten sich widerwillig, schauten sich im Saal um und versuchten das Ergebnis abzuschätzen, ehe es offiziell ermittelt wurde. Bevor die Abstimmung beginnen konnte, schwangen die schweren Bronzetüren der Senatskammer auf, und Pompeius trat ein, was sofort allgemeines Interesse weckte. Seit dem Tod seiner Tochter hatte man ihn weder auf dem Forum noch im Senat gesehen, und viele flüsterten hinter vorgehaltener Hand Fragen über die Tragödie, die ihn ereilt hatte, und ihre möglichen Folgen.
Der Vorsitzende gab Pompeius ein Zeichen und deutete auf einen Platz in den Reihen. Statt sich hinzusetzen, blieb Pompeius jedoch an seinem Platz stehen und wartete darauf, dass ihm das Wort erteilt wurde.
Mit einem Seufzer hob der Debattenleiter die Hand und zeigte auf ihn. Alle Geräusche verstummten, alle Augen richteten sich auf den Neuankömmling.
Besonders Cato beobachtete ihn scharf und achtete auf jede Einzelheit. Die Asche seiner Tochter konnte noch nicht lange in der Erde ruhen, aber in Pompeius’ Miene war kein Zeichen der Trauer zu finden. Er wirkte völlig ruhig, als er sich aufmerksam in den voll besetzten Bänken umsah.
»Verzeiht mir meine Abwesenheit und meine Verspätung, Senatoren. Ich habe meine Tochter beerdigt«, sagte er leise, ohne eine Spur von Schwäche in der Stimme. »Ich lege vor euch einen Eid ab, dass diejenigen, die dafür verantwortlich sind, es bereuen werden, Unschuldige für ihre Machtspiele benutzt zu haben, aber das ist ein Problem, das an einem anderen Tag gelöst werden wird.« Er sprach gefasst, doch die, die in seiner Nähe standen, konnten sehen, dass jeder Muskel in seinen Schultern angespannt war, als zügele er nur mit Mühe einen gewaltigen Zorn.
»Sag mir, worum geht es bei der Abstimmung heute Morgen?«, fragte er den Vorsitzenden.
»Es geht darum, ob die Taten von Julius Cäsar in Griechenland Missbilligung oder Beifall finden sollten«, erwiderte dieser.
»Ich verstehe. Und wie ist Catos Meinung dazu?«, fragte Pompeius, ohne zu der lässig zurückgelehnten Gestalt hinüberzusehen, die sich plötzlich gerade aufsetzte.
Der Debattenleiter riskierte einen Blick auf Cato.
»Er hat sich für eine Missbilligung ausgesprochen«, erwiderte er verwirrt.
Pompeius verschränkte die Hände hinter dem Rücken, und die in seiner Nähe Sitzenden konnten sehen, wie seine Knöchel weiß wurden, als er sprach.
»Dann werde ich gegen ihn stimmen.«
Einen langen Augenblick hielt er in der absoluten Stille Catos Blick stand, bis jedem die neue Feindschaft zwischen ihnen deutlich geworden war. Überall brach Geflüster aus, und die Älteren richteten sich mit neuem Interesse in ihren Sitzen auf.
»Außerdem rufe ich meine Anhänger dazu auf, gegen ihn zu stimmen. Ich fordere jede Stimme ein, mit der ihr noch in meiner Schuld steht. Begleicht sie jetzt, dann sind wir quitt.«
Plötzlich wurde der Senat von allgemeinem Gemurmel erfüllt, weil alle über die Bedeutung dieses Schachzugs diskutierten. Er kam praktisch einer Kriegserklärung gleich, und als der Debattenleiter zur Abstimmung aufrief, verwandelte sich Catos fleischiger Mund in eine dünne Linie des Grolls. Indem er alle Verpflichtungen auf einmal einforderte, warf Pompeius Jahre der sorgfältigen Absprachen und Bündnisse über Bord, nur um seine Verachtung öffentlich zu zeigen.
Crassus wurde ein wenig bleich. Pompeius’ Handeln war tollkühn, auch wenn er es zu verstehen glaubte. Keiner der Anwesenden würde jetzt noch daran zweifeln können, dass Pompeius auf raffinierte Weise den Mann offenbart hatte, der für den Tod seiner Tochter verantwortlich war. Cato würde viel von seiner Macht einbüßen, während die um ihn herum diese neue Bedrohung abwägen und sich überlegen mussten, ob es nicht ratsamer war, sich von ihm zu distanzieren. Crassus seufzte. Wenigstens würden sie diese Abstimmung gewinnen, und das Ergebnis würde Cato schaden. Obwohl die Zahlen viele langjährigen Verpflichtungen gegenüber Pompeius widerspiegelten, war es für den fetten Senator trotzdem schwierig, fast alleine dazustehen, während Hunderte seiner Kollegen sich gegen ihn stellten.
Die Abstimmung war alsbald erledigt. Pompeius setzte sich und beteiligte sich an den Beratungen darüber, welcher Legionsrang Julius verliehen werden sollte, wenn er in den Senat zurückkehrte. Da die meisten der Senatoren nur noch so schnell wie möglich hinaus an die frische Luft wollten, ging auch dies überraschend schnell vonstatten. Cato nahm kaum Notiz davon; er war von der Erniedrigung, die ihm zuteil geworden war, immer noch wie vor den Kopf geschlagen.
Als sie durch die Bronzetüren hinausgingen, verzog Cato das Gesicht und neigte den Kopf in Pompeius’ Richtung, um dessen Sieg anzuerkennen. Pompeius ignorierte ihn und machte sich eilig auf den Weg nach Hause, ohne ein Wort mit jemandem zu wechseln.
Tubruk stieg die Stufen zu den Mauern des Anwesens hinauf, dankbar für die frühe Warnung, die er von den Feldsklaven erhalten hatte. Von dort aus versuchte er, in der Marschkolonne, die auf der Landstraße auf sie zukam, Einzelheiten zu erkennen.
»Es sind zwei oder drei Zenturien, so wie es aussieht!«, rief er zu Cornelia hinab, die aus einem der Wirtschaftsgebäude gekommen war, als sie die Rufe gehört hatte. »Ich kann die Standarten nicht erkennen, aber sie tragen volle Rüstung. Es könnte ein Teil der römischen Garnison sein.«
»Wirst du die Männer antreten lassen?«, fragte Cornelia nervös.
Tubruk antwortete zunächst nicht und konzentrierte sich darauf, die näher kommenden Soldaten zu beobachten. Sie waren diszipliniert und bewaffnet, doch das Fehlen der Standarten beunruhigte ihn. Der Mord an Pompeius’ Tochter hatte unter den alten Familien Roms wieder eine Anspannung aufkommen lassen, die seit Sullas Tod überwunden schien. Wenn ein so mächtiger Senator einen solchen Schlag gegen sein Haus erleiden konnte, dann war niemand sicher. Tubruk zögerte. Wenn er nach Brutus und seinen Soldaten rief, damit sie das Tor bewachten, konnte das als Provokation aufgefasst werden, oder als Beleidigung einer regulären Truppe. Seine Hände umfassten die harten Steine der Mauer, und er traf seine Entscheidung. Lieber würde er jemanden kränken, als unvorbereitet sein, und die anrückenden Zenturien ohne Legionszeichen konnten durchaus Meuchelmörder sein.
»Ruf Brutus. Sag ihm, ich brauche seine Männer auf der Stelle hier draußen!«, rief Tubruk zu Cornelia hinunter.
Sie schlug jegliche Würde in den Wind und rannte zurück ins Haus.
Als die nahende Kolonne auf weniger als eintausend Schritte herangekommen war, waren Brutus’ Männer in Formation hinter dem Tor angetreten, bereit, jederzeit hinauszustürmen und anzugreifen. Er hatte nur zwanzig Männer dabei, und Tubruk wünschte, sie hätten genug Platz, um noch mehr unterzubringen, obwohl er zuerst über den jungen Kommandeur gelacht hatte, der mit so vielen Soldaten unterwegs war.
Brutus spürte, wie die alte Erwartung seinen Magen zusammenkrampfte. Das Kind in ihm wünschte sich, er hätte Renius nicht in den Kasernen in der Stadt zurückgelassen, aber das war nur eine vorübergehende Schwäche. In dem Augenblick, als er seinen Gladius zog, kehrte sein Selbstvertrauen zurück, und seine Männer reagierten; ihre Anspannung machte einem knappen Lächeln Platz. Sie konnten alle den Marschschritt der Soldaten hören, die immer näher auf das Gut zukamen, aber ihnen war keinerlei Angst anzusehen.
Eine kleine Gestalt stürzte aus dem Stall und kam schlitternd dicht vor Brutus’ Füßen zum Stehen.
»Du bleibst hier!«, kam Brutus barsch der Bitte zuvor. Er wusste nur sehr wenig über den Gassenjungen, den Tubruk aufgenommen hatte, und im Augenblick hatte er keine Geduld für Streitereien. Octavian öffnete den Mund, und Brutus, den der Anblick eines glänzenden Dolchs in der Hand des Jungen wütend machte, fauchte ihm einen Befehl ins Gesicht.
»Hau ab! Sofort!«
Octavian erstarrte mit weit aufgerissenen Augen, machte dann auf dem Absatz kehrt und schlich ohne ein weiteres Wort davon. Brutus beachtete ihn nicht weiter und blinzelte stattdessen zu Tubruk hinauf, um zu erfahren, ob sich draußen etwas Neues tat. Hier zu warten, ohne selbst etwas sehen zu können, war nervenaufreibend, aber Brutus sah ein, dass man Soldaten, die der Senat schickte, nicht mit dem gezogenen Schwert empfangen konnte. Das würde in jedem Fall Blutvergießen nach sich ziehen, auch wenn das ursprüngliche Anliegen etwas ganz Harmloses gewesen sein mochte.
Oben auf der Mauer kniff Tubruk die Augen zusammen, während die Armee mit gleichmäßigem Schritt näher kam. Er atmete tief aus, als die Anspannung, von den unten Stehenden unbemerkt, aus ihm wich.
»Marcus Brutus«, rief er hinunter, »deine Männer sollen das Tor öffnen und ihnen entgegengehen!«
Brutus blickte fragend zu ihm hinauf. »Bist du sicher? Wenn sie feindliche Absichten haben, können wir uns hinter den Mauern besser verteidigen.«
»Mach das Tor auf«, antwortete Tubruk leise. Auf seinem Gesicht lag ein eigenartiger Ausdruck.
Brutus zuckte die Achseln und gab den Männern der Primigenia, die im Vorwärtsschreiten ihre Schwerter zogen, den Befehl. Sein Herz hämmerte, und er spürte die wilde Freude, die aus seiner Gewissheit kam. Es gab niemanden auf der Welt, der ihn mit dem Schwert schlagen konnte, nicht seit jenem Tag mit Renius vor vielen Jahren, in ebendiesem Hof.
»In Ordnung, du alter Teufel, aber wenn ich dabei umkomme, werde ich auf dich warten, wenn deine Zeit gekommen ist!«
Julius sah die bewaffneten Männer aus dem Tor herauskommen und erstarrte. Was war geschehen?
»Waffen bereithalten!«, befahl er, und die fröhlichen Mienen seiner Männer verschwanden augenblicklich. Was als siegreiche Heimkehr begonnen hatte, wurde plötzlich von Gefahr überschattet. Cabera fuhr bei dem Befehl zusammen und betrachtete die unbekannte Streitmacht mit zusammengekniffenen Augen. Er wollte schon die Hand nach Julius ausstrecken und ihn auf etwas aufmerksam machen, dann jedoch überlegte er es sich anders und grinste still vor sich hin. Dabei hob er seinen Dolch und fuchtelte wild damit herum. Er amüsierte sich köstlich, doch die Soldaten um ihn herum teilten seine Stimmung keineswegs. Nach den langen, harten Monaten des Herumziehens und Tötens hatten sie einen Empfang für Helden erwartet. Mit grimmigen Blicken zogen sie ihre Schwerter ein weiteres Mal.
»Linienformation!«, befahl Julius kochend vor Wut. Wenn sein Heim erobert worden war, würde er sie vernichten und nichts am Leben lassen. Sein Herz schmerzte vor Sorge um seine Mutter und Tubruk.
Mit geübtem Blick schätzte er den Gegner ab, der sich vor den Mauern formierte. Es waren nicht mehr als zwanzig, obwohl sich noch mehr Männer im Hof verbergen konnten. Legionäre. Sie bewegten sich sicher, aber seine Wölfe waren besser als alle anderen Soldaten, und sie waren in der Überzahl. Er verdrängte alle Gedanken an seine Familie und machte sich bereit, den Befehl zum Angriff zu geben.
»Großer Mars! Sie wollen angreifen!«, rief Brutus, als er sah, wie die Kolonne eine Angriffsformation bildete. Als er die Übermacht der anderen sah, war er in Versuchung, seine Männer wieder hinter die Mauern zu beordern, aber die Zeit würde nicht reichen, um das Tor zu schließen, und der Feind würde sie beim Rückzug niedermetzeln.
»Sichere das Tor, Tubruk!«, rief er. Der alte Narr hatte die Bedrohung vollkommen falsch eingeschätzt, und jetzt mussten sie dafür bezahlen.
Brutus sah mit Stolz, dass die Männer der Primigenia nicht zurückwichen, als ihnen die Tatsache ihrer unvermeidlichen Vernichtung bewusst wurde. Sie nahmen ihre Positionen nahe der Mauer des Guts ein, hielten ihre Waffen bereit und schnallten die Speere ab, die sie werfen würden, sobald der Angriff begann. Jeder von ihnen trug vier der langen Speere bei sich, und viele Feinde würden sterben, ehe sie dicht genug herangekommen waren, um die Schwerter zu benutzen.
»Warten…«, rief Brutus über die Köpfe seiner Männer hinweg. Nur noch ein paar Schritte, dann würden die vorrückenden Linien in Wurfweite sein.
Ohne Warnung erschallte der Befehl zum Halten, und die gegnerischen Reihen kamen diszipliniert zum Stehen. Brutus hob überrascht die Augenbrauen und musterte die Gesichter der Feinde prüfend. Dann erblickte er Julius und lachte zur Überraschung der Umstehenden plötzlich laut auf.
»Die Waffen weg!«, befahl er seinen zwanzig Mann und sah zu, wie sie ihre Speere wieder festschnallten und die Schwerter zurück in die Scheiden schoben. Als alles wieder an seinem Platz war, schritt er schmunzelnd auf die Soldaten zu.
Julius sprach zuerst.
»Hast du eigentlich eine Ahnung, wie dicht ich daran war, euch niederzumetzeln?«, fragte er grinsend.
»Ich habe eben das Gleiche gedacht. Meine Männer hätten ein paar von euch mit Speeren aufgespießt, ehe ihr zehn Schritte näher gekommen wärt. Du hast also immer noch Glück, wie ich sehe.«
»Ich habe dich erkannt«, warf Cabera verschmitzt ein.
Brutus jauchzte, als er den alten Mann lebendig vor sich stehen sah. Alle drei umarmten sich, zur völligen Verwirrung der waffenstarrenden Legionäre, die sie umgaben. Julius löste sich als Erster und bemerkte die drei gekreuzten Pfeile auf Brutus’ Brustpanzer.
»Bei den Göttern! Das ist die Primigenia, oder?«
Brutus nickte mit leuchtenden Augen.
»Ich habe den Oberbefehl, auch wenn wir noch ein bisschen unter der normalen Truppenstärke liegen.«
»Um wie viel?«
»Im Augenblick um ungefähr viertausend Mann, aber ich bin noch dabei, sie aufzustocken.«
Julius stieß einen leisen Pfiff aus.
»Wir müssen über vieles reden. Weiß Tubruk, dass ich wieder da bin?«
Brutus warf einen Blick über die Schulter auf die weißen Mauern des Guts. Die Gestalt des Gutsverwalters hob von der Mauerkrone den Arm zum Gruß. Cabera winkte begeistert zurück.
»Ja, er weiß es«, erwiderte Brutus mit einem trockenen Lächeln.
»Ich muss in der Stadt Kasernen für meine Männer finden«, sagte Julius. »Sie können ihre Zelte hier auf dem Gut aufschlagen, während ich mich um das Nötigste kümmere, aber sie werden ein festes Quartier brauchen und einen Ort zum Exerzieren.«
»Ich weiß schon, wo, und ich kenne auch den richtigen Ausbilder«, antwortete Brutus. »Renius ist mit mir zurückgekommen.«
»Ich werde ihn brauchen, und dich auch«, erwiderte Julius, der bereits Pläne schmiedete.
Brutus lächelte. Sein Herz war leicht, als er seinen alten Freund betrachtete. Dessen Gesicht wies etliche neue Narben auf, die ihn härter aussehen ließen, als er ihn in Erinnerung hatte, doch er war noch immer derselbe. Spontan streckte er den Arm aus, und Julius, der von ähnlichen Gefühlen bewegt wurde, packte ihn fest.
»Ist meine Frau in Sicherheit?«, fragte Julius und suchte im Gesicht seines ältesten Freundes nach Neuigkeiten.
»Sie ist hier, mit deiner Tochter.«
»Ich habe eine Tochter?« Julius’ Lächeln zog sich in einem dümmlichen Strahlen über sein ganzes Gesicht. »Warum stehen wir denn dann noch hier herum? Eine Tochter! Komm mit!«
Rasch gab er den Befehl, unterhalb der Mauern das Lager aufzuschlagen, und eilte davon. Brutus folgte ihm mit seinen zwanzig Mann, während sein Verstand wild arbeitete. Er hatte Julius so viel zu erzählen. Über die Morde an Sulla und Pompeius’ Tochter, die Gerüchte aus dem Senat, die ihm seine Mutter zugetragen hatte. Sein Freund musste Servilia kennen lernen! Nun, da Julius zurückgekehrt war, schien die Welt wieder stabil zu sein, und Brutus spürte, wie ihn alle seine Sorgen verließen. Jetzt würde er mit Julius’ Hilfe die Primigenia zu alter Stärke zurückführen, und mit den Männern, die dieser mitgebracht hatte, würden sie anfangen. In Julius’ Nähe schienen Probleme ganz einfach zu lösen zu sein. Außerdem würde gerade sein Jugendfreund verstehen, warum die »Verräterlegion« wiedergeboren werden musste.
Brutus lachte, als er auf Tubruk traf, der mit belustigtem Gesichtsausdruck hinter dem Tor auf ihn gewartet hatte.
»Für einen Mann deines Alters hast du gute Augen«, sagte er zu dem alten Gladiator.
Tubruk lachte. »Ein Soldat achtet auf Einzelheiten, zum Beispiel darauf, wer den Befehl hat«, entgegnete er fröhlich.
Brutus schüttelte seine Verlegenheit mit einem Achselzucken ab.
»Wo ist denn Julius hingerannt?«
»Er ist bei seiner Frau und seiner Tochter, Junge. Lass ihn ein bisschen mit ihnen allein.«
Brutus’ Blick verfinsterte sich ein wenig. »Natürlich. Ich werde mit meinen Männern zurück in die Kaserne in der Stadt marschieren und dort die Nacht verbringen. Sag ihm, wo ich zu finden bin.«
»So habe ich das nicht gemeint… du brauchst nicht zu gehen, Junge«, beteuerte Tubruk schnell.
Brutus schüttelte den Kopf. »Nein. Du hast Recht. Er soll jetzt bei seiner Familie sein. Ich rede morgen mit ihm.« Steif drehte er sich um und befahl seinen Männern, vor dem Tor in Marschformation anzutreten.
Cabera kam in den Hof gewandert und strahlte in alle Richtungen.
»Tubruk!«, rief er. »Du sorgst doch bestimmt dafür, dass wir etwas Anständiges zu essen bekommen, oder? Es ist sehr lange her, seit ich das letzte Mal einen guten Wein getrunken und eins von diesen zivilisierten kleinen Gerichten gegessen habe, auf die ihr Römer so stolz seid. Soll ich schon mal zum Koch gehen? Ich mochte ihn gerne, er war ein guter Sänger. Bist du wohlauf?«
Die Sorgenfalten, die Tubruks Stirn durchzogen hatten, seit Brutus davonmarschiert war, glätteten sich. Es war unmöglich, nicht von der Begeisterung ergriffen zu werden, die Cabera überall zu verbreiten schien, wo er auftauchte. Der alte Mann hatte ihm ebenso sehr gefehlt wie allen anderen, und er stieg die Treppe hinunter, um ihn zu begrüßen.
Cabera sah, wie der alte Gladiator Brutus nachschaute, und klopfte ihm auf die Schulter.
»Lass den Jungen ziehen. Er war immer schon ein bisschen schwierig, weißt du nicht mehr? Morgen werden sie wieder wie Brüder sein, aber Julius hat erst einmal eine Menge nachzuholen.«
Tubruk ließ die Luft aus den Wangen entweichen und packte die Schultern des Heilers mit neuer Begeisterung.
»Der Koch wird verzweifeln, wenn er sieht, wie viele Mäuler er zu stopfen hat, aber ich kann dir versprechen, dass er etwas Besseres zustande bringt als die Rationen, an die ihr gewöhnt seid.«
»Viel, viel besser, will ich doch hoffen«, erwiderte Cabera ernst.
Cornelia drehte sich hastig um, als sie eilige Schritte hörte. Einen Augenblick lang erkannte sie den Offizier nicht, der da nach seinen Irrfahrten abgemagert und braun gebrannt vor ihr stand. Dann leuchtete sein Gesicht vor Freude auf, und er trat vor, um sie in die Arme zu schließen. Sie drückte ihn an sich, atmete den Geruch seiner Haut ein und lachte, als er sie auf die Zehenspitzen hob.
»Ich war so lange ohne dich«, sagte er, und seine Augen funkelten über ihrer Schulter, während er die Luft aus ihr herauspresste. Als er sie wieder losließ, taten ihr die Rippen weh, doch das kümmerte sie nicht.
Lange gelang es Julius, alles außer der wunderschönen Frau in seinen Armen zu vergessen. Schließlich setzte er sie ab und wich einen Schritt zurück, wobei er ihre Hand festhielt, als wolle er sie nie wieder loslassen.
»Du siehst immer noch betörend aus, Weib«, sagte er. »Und wir haben eine Tochter, habe ich gehört.«
Cornelia verzog verärgert den Mund.
»Ich hatte es dir eigentlich selbst sagen wollen. Clodia, bring sie jetzt herein«, rief sie, und ihre Amme trat schnell ein. Offensichtlich hatte sie draußen gestanden und nur auf ihren Auftritt gewartet.
Das kleine Mädchen blickte sich neugierig um, als es auf Clodias Armen zu seinen Eltern getragen wurde. Seine Augen waren von dem gleichen sanften Braun wie die seiner Mutter, aber sein Haar war ebenso dunkel wie das von Julius. Er lächelte das Kind an, das mit einem Strahlen antwortete, wobei sich tiefe Grübchen auf seinen Wangen bildeten.
»Sie ist jetzt fast zwei, und der Schrecken aller hier im Haus. Sie kennt schon eine Menge Wörter, wenn sie nicht zu schüchtern ist«, sagte Cornelia stolz und nahm Clodia das Kind ab.
Julius legte die Arme um die beiden und drückte sie sanft.
»Immer, wenn es ganz schlimm wurde, habe ich davon geträumt, dich wiederzusehen. Ich wusste nicht einmal, dass du schwanger bist, als ich fortmusste«, sagte er und ließ sie wieder los. »Kann sie schon laufen?«
Clodia und Cornelia nickten und lächelten sich an. Cornelia setzte ihre Tochter ab, und sie sahen zu, wie sie durchs Zimmer trottete und alles genau untersuchte, was ihr in die Quere kam.
»Ich habe sie Julia genannt, nach dir. Ich wusste nicht, ob du zurückkommst, und…« Cornelia schossen die Tränen in die Augen, und Julius nahm sie erneut in die Arme.
»Schon gut, Weib. Ich bin wieder nach Hause gekommen. Jetzt ist alles wieder gut.«
»Eine Weile war es… schwierig. Tubruk musste etwas von dem Land verkaufen, um das Lösegeld zu bezahlen.«
Sie zögerte, ehe sie ihm alles erzählte. Sulla war tot, der Gnade der Götter sei Dank. Es würde Julius nur wehtun, wenn er erfuhr, was Sulla ihr angetan hatte. Sie würde Tubruk bitten, nichts zu sagen.
»Tubruk hat Land verkauft?«, fragte Julius überrascht. »Ich hatte gehofft… nein, es spielt keine Rolle. Ich werde es zurückkaufen. Ich will alles hören, was in der Stadt passiert ist, seit ich weg war, aber das wird warten müssen, bis ich ein langes Bad genommen und mir frische Sachen angezogen habe. Wir sind direkt von der Küste hierher marschiert, ohne die Stadt zu betreten.« Er strich ihr über das Haar, und sie erzitterte bei der Berührung leicht. »Ich habe eine Überraschung für dich«, sagte er und rief seine Männer herein.
Cornelia wartete geduldig mit Clodia und ihrer Tochter, während Julius’ Männer ihre Tornister hereinbrachten und sie in der Mitte des Zimmers aufstapelten. Ihr Gemahl war immer noch dasselbe Energiebündel, das sie in ihrer Erinnerung bewahrt hatte. Er rief nach den Dienern, damit sie den Männern den Weg zum Weinlager zeigten, wo diese sich so viel Wein holen sollten, wie sie brauchten. Andere wurden auf verschiedene Botengänge geschickt, und das ganze Haus erwachte um ihn herum zu geschäftigem Leben. Endlich schloss er die Tür und winkte Cornelia zu den Lederrucksäcken herüber.
Ihr und Clodia stockte hörbar der Atem, als er die Verschlüsse öffnete und sie die Goldmünzen darin glänzen sahen. Er lachte vor Vergnügen und zeigte ihnen immer mehr und mehr Reichtümer, Barren und Münzen aus Silber und Gold.
»Das ganze Lösegeld, und noch viermal so viel«, sagte er fröhlich, während er die Tornister wieder schloss. »Wir werden unser Land zurückkaufen.«
Cornelia wollte ihn fragen, wo er diesen Reichtum her hatte, doch als ihr Blick über die weißen Narben auf seinen braunen Armen und die tiefe Kerbe an seiner Stirn glitt, schwieg sie. Er hatte teuer dafür bezahlen müssen.
»Tata?«, ließ sich eine zarte Stimme vernehmen, und Julius lachte, als er hinunterblickte und die kleine Gestalt sah, die die Arme ausstreckte, um hochgehoben zu werden.
»Ja, mein kleiner Liebling. Ich bin dein Vater, der von den Schiffen heimgekehrt ist. Und jetzt brauche ich vor dem Schlafen ein schönes Bad und eine gute Mahlzeit. Der Gedanke an mein eigenes Bett bereitet mir ein Vergnügen, das ich kaum beschreiben kann.«
Seine Tochter lachte über seine Worte, und er drückte sie an sich.
»Vorsichtig! Sie ist keiner von deinen Soldaten, weißt du«, sagte Clodia und nahm sie ihm ab.
Julius verspürte einen Stich im Herzen, als das Kind seine Arme verließ, und er stieß einen zufriedenen Seufzer aus, als er sie alle betrachtete.
»Es gibt so viel zu tun, mein Liebling«, sagte er zu seiner Frau.
Schließlich war Julius doch zu ungeduldig gewesen, um zu warten und hatte nach Tubruk rufen lassen, damit dieser ihm Bericht erstattete, während er sich im Bad den Staub und Dreck der langen Reise vom Körper wusch. Das heiße Wasser hatte schon nach Augenblicken des Schrubbens eine dunkelgraue Farbe angenommen, und die Wärme vertrieb die Müdigkeit aus seinen Knochen.
Tubruk stand am Ende des schmalen Beckens und berichtete über die Geschäfte des Landgutes während der letzten drei Jahre, so wie er es früher auch vor Julius’ Vater getan hatte. Als Julius endlich sauber war, sah er jünger aus als der dunkle Krieger, der an der Spitze einer Marschkolonne aufgetaucht war. Das Blau seiner Augen wirkte wie ausgewaschen, und als der Energieschub des warmen Wassers verging, schaffte er es kaum noch, wach zu bleiben und zuzuhören.
Ehe der junge Mann in dem Becken einschlief, reichte ihm Tubruk ein paar Handtücher und ein weiches Gewand und verließ ihn. Er ging leichten Schrittes durch die Gänge des Gutshauses und lauschte den Gesängen der betrunkenen Soldaten draußen. Zum ersten Mal seit der Tat verließen ihn die Schuldgefühle, die ihn wegen seiner Rolle bei Sullas Tod geplagt hatten, als hätte es sie nie gegeben. Er hatte sich überlegt, Julius davon zu erzählen, wenn dieser richtig in Rom angekommen war und die Dinge wieder ihren normalen Gang gingen. Der Mord war schließlich in seinem Namen geschehen, und wenn Julius Bescheid wusste, konnte Tubruk den Familien von Casaverius, Fercus und den Eltern des jungen Soldaten, der ihn am Tor hatte aufhalten wollen, anonym etwas zukommen lassen. Vor allem der Familie von Fercus, die ohne ihn fast völlig mittellos war. Tubruk stand wegen des Mutes ihres Vaters tief in ihrer Schuld, und er wusste, dass Julius daselbe empfinden würde.
Als er an Aurelias Tür vorbeikam, hörte er von drinnen leises Wehklagen. Tubruk zögerte. Julius war zu müde, um noch einmal geweckt zu werden, und er hatte sich noch nicht nach seiner Mutter erkundigt. Tubruk wünschte sich nichts sehnlicher, als selbst nach einem langen Tag in sein Bett zu steigen, doch dann seufzte er und ging hinein.