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Julius nahm die Schale mit Eintopf mit einem gemurmelten Dank entgegen. So weit sein Auge reichte, bedeckten die Soldaten der griechischen Legionen die Wiesen ringsumher und aßen; die dünnen weißen Rauchfäden ihrer Kochfeuer kräuselten sich in die Luft. Der Boden war lehmig, schwere Klumpen klebten an den Sandalen und ließen sie nur langsam vorankommen. Diejenigen, die Umhänge besaßen, setzten sich darauf und drehten die Innenseite nach unten, damit später, wenn sie wieder aufbrachen, die Schlammflecken nicht zu sehen waren. Viele andere saßen auf allem, was sie finden konnten: auf flachen Steinen, dürrem Gras oder einem Haufen losem Heu, das sie auf dem Lehm ausgebreitet hatten.

Julius wusste, dass die Rast nur kurz sein würde. Die Extraordinarii waren früh am Morgen von ihren Erkundungsritten zurückgekommen, und noch bevor die offizielle Nachricht die reguläre Kommandokette durchlaufen hatte, machten Gerüchte die Runde.

Die Berichte verhießen nichts Gutes. Julius hatte neben Pompeius gestanden, als der Heerführer vernommen hatte, dass die Sklavenarmee nach Norden zöge und somit auf sie zukäme – und dass keine Einzige von Crassus’ Adlerstandarten zu sehen gewesen sei. Pompeius hatte den Reiter, der die Neuigkeiten gebracht hatte, angefahren und Einzelheiten verlangt, die dieser ihm hatte nicht geben können. Wo Crassus auch sein mochte, er hatte es nicht geschafft, die Sklaven an der Küste festzuhalten. Julius überlegte, ob er wohl noch am Leben war, brachte es jedoch nicht fertig, sich sonderlich mit dieser Frage zu beschäftigen. Er hatte so viel Tod gesehen. Auf einen Senator mehr kam es bei diesem katastrophalen Feldzug nicht mehr an.

Cabera wischte seine Schale mit dem Finger aus und reichte sie den Küchenbediensteten, die durch das riesige Lager streiften. Es gab nie genug zu essen, und bis die Schüsseln verteilt waren, war das Essen meistens ebenso kalt wie der ganze Tag. Die Männer um sie herum warteten in jener schlafwandlerischen Ruhe vor der Schlacht. Keiner von ihnen hatte schon einmal gegen die Sklaven gekämpft, aber von dem üblichen Gemurmel und Geplauder war nichts zu hören. Es war nicht schwer, sich irgendwo weiter im Süden ein Feld auszumalen, ähnlich dem, auf dem sie kampierten, nur übersät von römischen Gefallenen und Krähen.

Als der Regen wieder einsetzte, seufzte Julius. Der Boden würde noch weicher werden. Gleichwohl. Das passte genau zu seiner Stimmung, der Himmel spiegelte die Niedergeschlagenheit, die von ihm Besitz ergriffen hatte. Das Bild von dem bleichen Gesicht seiner Frau und dem von Fackeln erhellten Zimmer stand ihm stets deutlich vor Augen, als sähe er es immer noch. Tubruk, sogar Cato. Es kam ihm alles so schrecklich sinnlos vor. Zu Anfang hatte ihn der Kampf begeistert, als Marius noch der goldene Heerführer war, als sie wussten, dass sie für die Stadt und füreinander fochten, doch seither hatten sich die Grenzen verwischt. Er fühlte sich nur noch angewidert und von Schuld zerfressen.

Julius tauchte die Finger in den Eintopf und schob das Essen in den Mund, ohne etwas zu schmecken. Als Pelitas gestorben war, hatte er geweint, jetzt jedoch hatte er keine Tränen mehr für all die anderen. Er hatte keine Lügen mehr für sie, keine heldenhaften Reden. Die große Lüge war die gewesen, dass es überhaupt etwas gab, wofür man kämpfte.

Sein Vater hatte anscheinend in der Republik etwas gesehen, das zu bewahren sich lohnte, doch davon war nichts geblieben. Es gab nur noch kleinmütige Männer wie Cato und Pompeius, die nicht weiter blickten als bis zu ihrem eigenen Ruhm. Männer ohne Visionen, die sich nicht um die Dinge scherten, von denen Tubruk ihm erzählt hatte, dass sie wichtig seien. Julius hatte das, was ihn die großen Männer gelehrt hatten, geglaubt, doch sie waren alle für ihre Träume gestorben.

Er griff in den Matsch zwischen seinen Füßen und zog mit dem Finger eine Linie. Nichts von alledem war den Tod auch nur eines von ihnen wert. Nicht den Cornelias, nicht Tubruks, und auch nicht den Tod auch nur eines der Männer, die er in Griechenland angeführt hatte. Sie waren ihm gefolgt und hatten klaglos ihr Leben gegeben. Nun, zumindest das konnte er auch tun.

Von allen Soldaten wünschte sich Julius die Schlacht am sehnlichsten herbei. Eine letzte Stunde lang würde er sich in die erste Reihe stellen, bis endlich alles vorbei war. Er hatte genug vom Senat und genug von dem eingeschlagenen Weg. Er zuckte zusammen, als er an den Tag dachte, an dem ihn Marius zum ersten Mal in das Gebäude mitgenommen hatte. Damals hatte ihn das Herz der Macht mit Ehrfurcht erfüllt. Diese Männer waren ihm damals so erhaben erschienen, bevor er sie zu gut kennen gelernt hatte, als dass er sie noch hätte respektieren können. Er zog den Mantel enger um sich, als der Wind auffrischte und der Regen heftig zu fallen begann und klatschend in den aufgeweichten Matsch ringsum prasselte. Einige Männer fluchten, doch die meisten waren still, machten ihren Frieden mit den Göttern, bevor das Töten begann.

»Julius?«, sagte Cabera und schreckte ihn aus seinen Gedanken hoch.

Julius drehte sich um und sah, dass der alte Mann ihm die Hände entgegenstreckte. Als er sah, was Cabera für ihn angefertigt hatte, musste er lächeln. Es war ein Kranz aus Blättern, die er von den Büschen abgerissen und mit einem Faden von seinem Gewand umwickelt hatte.

»Wofür ist das?«, fragte ihn Julius.

Cabera drückte ihm den Kranz in die Hände. »Setz ihn auf, mein Junge. Er gehört dir.«

Julius schüttelte den Kopf. »Nein, nicht heute, Cabera. Nicht hier.«

»Ich habe ihn für dich geflochten, Julius. Ich bitte dich.«

Sie erhoben sich beide, und Julius streckte die Hand aus, um den Nacken des alten Mannes zu umfassen.

»Nun gut, alter Freund«, sagte er und atmete tief aus. Dann nahm er den Helm ab, drückte sich den Kranz nasser Blätter aufs Haar und spürte, wie sie an seiner Haut stachen. Einige Soldaten starrten ihn an, aber Julius machte sich nichts daraus. Cabera war immer bei ihm gewesen, und er verdiente es nicht, darauf zu warten, auf einem schlammigen Acker zu sterben, weit weg von seiner eigenen Heimat. Noch einer, der an seiner Seite sterben würde.

»Wenn sie kommen, möchte ich, dass du dich von der Frontlinie fern hältst, Cabera«, sagte er. »Du musst das hier überstehen.«

»Dein Pfad ist der meine, hast du das vergessen?«, sagte der alte Mann. Seine Augen glitzerten im Regen. Sein weißes Haar hing ihm in dünnen Strähnen über das Gesicht, und er hatte etwas so Verwahrlostes an sich, dass Julius leise lachen musste.

Rings um die beiden Männer erhoben sich schweigend Soldaten. Julius hob mit einem Ruck den Kopf, als er die Bewegung bemerkte; er dachte, es sei Zeit, aufzubrechen, aber sie standen nur da und sahen ihn an. Immer mehr kamen hinzu, als es sich herumsprach, bis jeder einzelne von ihnen auf den Beinen war. Teller wurden auf den Boden gestellt, liegen gelassene Mäntel wurden nass, während sie ihn ansahen und der Regen fiel.

Verwundert berührte Julius den Blätterkranz und spürte, wie sein Herz leichter wurde. Dies hier waren keine kleinmütigen Menschen. Sie gaben ihr Leben sorglos hin und vertrauten darauf, dass ihre Kommandeure das, was sie anzubieten hatten, nicht sinnlos vergeudeten. Wenn er ihnen in die Augen sah, lächelten sie und lachten, und wieder spürte er die Bande, die sie zusammenhielten.

»Wir sind Rom«, flüsterte er, drehte sich um und sah, dass Tausende für ihn aufgestanden waren. In diesem Augenblick begriff er, was Tubruk zu seiner Treue und zum Glauben seines Vaters hatte stehen lassen. Er würde seine Hand für den Traum einsetzen, so wie es bessere Männer vor ihm getan hatten, und ihnen mit seinem Leben Ehre erweisen.

In der Ferne bliesen die Hornisten mit langen Tönen zum Aufbruch.

»Vorwärts, meine Brüder, immer vorwärts!«, brüllte Spartacus. Es war das Ende, und eigenartigerweise verspürte er keine Furcht. Seine Sklaven hatten gezeigt, dass die Legionen besiegt werden konnten, und er wusste, dass der Tag kommen musste, an dem die Risse, die sie geschlagen hatten, breiter würden, und dann würde Rom fallen. Die Legionen hinter ihnen glitzerten in der Morgensonne und stießen ein lautes Gebrüll aus, als Pompeius’ Tausende auf sie zumarschiert kamen, schneller und immer schneller, wie ein großes Maul, das die Sklaven zermalmen wollte. Spartacus sah, dass die unregelmäßigen Reihen seiner Sklaven eingeschlossen würden. Er zog sein Schwert und zog den Eisenhelm übers Gesicht.

»Bei den Göttern, wir haben sie ganz schön gehetzt«, sagte er leise, als die Luft von Speeren verdunkelt wurde.

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