Im grauen Abendlicht kletterte Brutus hastig an der Seite des Hauses herunter und riss dabei einen Großteil der Kletterrosen ab. Knapp über dem Boden verfing sich sein Fuß in einer Dornenranke, und er fiel flach auf den Rücken. Dabei rutschte sein Schwert klirrend über das Pflaster. Hastig befreite er sich von den Dornen und rappelte sich wieder auf. Von oben ertönte wütendes Gebrüll, dann trat Livias Vater ans Fenster und blickte auf den Eindringling herab. Brutus schaute zu ihm hinauf, zerrte seine Bracae hoch und stieß einen kurzen Schmerzenslaut aus, weil der Stoff an einem Dorn in seinem Oberschenkel hängen blieb.
Livias Vater war ein Bulle von einem Mann, der eine schwere Axt wie ein Kriegsbeil trug und sich anscheinend gerade überlegte, ob er Brutus mit einem gut gezielten Wurf erwischen konnte.
»Ich krieg dich, du Hund!«, brüllte der Mann zu ihm herunter und spuckte dabei vor Zorn durch seinen Bart.
Brutus machte ein paar Schritte rückwärts und versuchte seinen Gladius wieder aufzuheben, ohne dabei den Blick von dem rotgesichtigen Griechen abzuwenden. Mit einer Hand hielt er die Bracae fest, mit der anderen tastete er nach dem Schwertknauf. Er wünschte, er hätte während der sportlichen Liebesspiele mit Livia wenigstens die Sandalen anbehalten. Falls ihr Vater versuchte, ihre Unschuld zu bewahren, dann war er etwa drei Jahre zu spät dran, dachte Brutus. Er überlegte, ob er dem tobenden Mann über sich diese Information zuteil werden lassen sollte, aber Livia war anständig zu dem jungen Römer gewesen. Trotzdem hätte sie besser erst nachgesehen, ob die Luft rein war, bevor sie ihn zu sich in ihr Zimmer zerrte, als er daran vorbeiging. Da sie bereits nackt war, hatte er es als eine Frage der Höflichkeit betrachtet, seine Sandalen auszuziehen, bevor sie beide aufs Bett fielen. Diese Höflichkeit würde ihn nun auf der Flucht durch die verschlafene Stadt teuer zu stehen kommen.
Renius lag sicher noch schnarchend in dem Zimmer, für das Brutus gezahlt hatte. Nachdem sie fünf Nächte im Freien kampiert hatten, waren sie beide froh gewesen, ihre Reise mit der Aussicht auf ein heißes Bad und eine Rasur zu unterbrechen. Doch wie es jetzt aussah, würde wohl nur Renius diesen Luxus genießen können, während Brutus in die Hügel flüchtete.
Unentschlossen trat er von einem Fuß auf den anderen und wog seine Möglichkeiten ab. Leise verfluchte er Renius. Einmal, weil er mitten in einer solchen Krisensituation einfach schlief, hauptsächlich jedoch deshalb, weil dieser ihn davon überzeugt hatte, dass ein Pferd ihre Ersparnisse auffressen würde, noch bevor sie die Küste erreicht und eine Überfahrt nach Rom gefunden hätten. Renius hatte gesagt, ein Legionär könne ohne Schwierigkeiten den ganzen Weg zu Fuß gehen. Jetzt aber wäre für eine schnelle Flucht sogar ein kleines Pony recht praktisch gewesen.
Das wütende Bartgesicht über ihm war plötzlich verschwunden, und während Brutus noch zögerte, erschien Livia im Fenster. Ihre Haut war von ihrem Liebesspiel noch immer gerötet, eine gute, gesunde Farbe, wie Brutus feststellte. Selbst in dieser Situation musste er ihren wohl geformten Brüsten, die auf dem Fenstersims auflagen, Anerkennung zollen.
»Lauf!«, flüsterte sie heiser. »Er ist hinter dir her!«
»Dann wirf mir meine Sandalen herunter. So kann ich nicht rennen!«, zischte Brutus zurück. Gleich darauf kam das Gewünschte zu ihm herabgeflogen, und er band sie eilig fest. Schon waren die klobigen Schritte ihres Vaters zu vernehmen, der sich der Tür näherte. Dann hörte Brutus sogar den zufriedenen Laut, als der Mann ihn immer noch im Hof stehen sah. Ohne sich umzudrehen, sprintete er los, rutschte jedoch mit den eisernen Beschlagnägeln der Sohlen auf dem Pflaster aus. Hinter ihm schrie Livias Vater bereits die ganze Stadt zusammen, um ihn aufzuhalten. Das sorgte für einige Aufregung unter den Einwohnern, die bis jetzt ihren eigenen Geschäften nachgegangen waren. Brutus stöhnte im Laufen auf. Von hier und dort ertönten Antwortrufe, und er hörte, wie sich immer mehr Menschen seinem Verfolger anschlossen.
Fieberhaft versuchte er sich in dem Gewirr der Straßen zurechtzufinden, das er erst Stunden zuvor auf der Suche nach einem sauberen Zimmer und einer warmen Mahlzeit durchwandert hatte. Livias Vater hatte anfangs eigentlich einen ganz netten Eindruck gemacht. Doch als er den beiden erschöpften Männern sein billigstes Zimmer zeigte, hatte er auch noch keine Axt in der Hand gehabt.
Brutus bog in vollem Lauf um eine Ecke, wich einem Karren aus und schlug die zupackenden Hände des Besitzers weg. Wie sollte er hier nur herauskommen? Die Stadt schien ein einziges Labyrinth zu sein. Wahllos und ohne sich umzublicken, rannte er nach links oder rechts, der Atem pfiff in seiner Lunge. Soweit war Livia den ganzen Ärger ja noch wert gewesen, aber falls er jetzt getötet werden sollte, war sie als letzte Frau seines Lebens sicherlich nicht die erste Wahl. Er hoffte, dass der Vater seinen Zorn vielleicht an Renius ausließ, und wünschte den beiden in Gedanken viel Glück dabei.
Die Gasse, durch die er gerade rannte, endete hinter einer Ecke in einer Sackgasse. Eine aufgeschreckte Katze flüchtete vor ihm, als er vor der nächstgelegenen Mauer stehen blieb und einen Blick nach hinten riskierte. Von hier aus gab es kein Entkommen mehr, aber vielleicht hatte er sie ja fürs Erste abgehängt. Er spitzte die Ohren, bevor er sich langsam wieder der Ecke näherte, doch außer dem protestierenden Gejaule der davonrennenden Katze war nichts Bedrohliches zu vernehmen.
Dann schielte er vorsichtig um die Ecke und schreckte sofort wieder zurück. Die ganze Gasse war voller Männer, die alle in seine Richtung gerannt kamen. Brutus ging in die Hocke und riskierte einen zweiten Blick. Er hoffte, so tief unten würde er nicht gesehen werden.
Sofort belehrte ihn ein empörter Aufschrei eines Besseren. Brutus stöhnte erneut und zog eilig den Kopf zurück. In seiner Zeit bei der Bronzefaust hatte er ein wenig Griechisch aufgeschnappt, aber sicherlich nicht genug, um sich aus dieser Situation herauszureden.
Dann fasste er einen Entschluss und stand auf. Er umschloss den Schwertgriff mit der einen Hand und ließ die andere auf die Scheide sinken, damit er sie schnell abziehen konnte. Es war ein sehr gutes Schwert, das er bei einem Wettbewerb in der Legion gewonnen hatte, und wenn es hart auf hart kam, musste er diesen Bauern eben zeigen, dass er diese Klinge wirklich verdient hatte. Noch einmal zog er seine Bracae hoch und holte tief Luft, bevor er in die Gasse hinaustrat, um sich ihnen entgegenzustellen.
Fünf Männer kamen auf ihn zugerannt. Ihre Gesichter leuchteten vor Aufregung, wie bei kleinen Kindern. Brutus zog mit einem Schwung die Klinge aus der Scheide, um ja keine Zweifel an seiner Absicht aufkommen zu lassen. Langsam und feierlich senkte er die Schwertspitze in ihre Richtung, woraufhin sie erschrocken innehielten. Einen Moment blieben sie wie angewurzelt stehen, und Brutus überlegte fieberhaft. Livias Vater hatte sie noch nicht eingeholt. Vielleicht hatte er eine Chance, den jüngeren Männern hier zu entkommen, bevor der Alte kam und sie aufstachelte. Vielleicht konnte er sie ja irgendwie überzeugen oder sogar bestechen.
Der Größte aus der Gruppe trat hervor, achtete jedoch darauf, außerhalb der Reichweite des Schwertes zu bleiben, das fest in Brutus’ Hand lag.
»Livia ist meine Frau«, sagte er klar und deutlich auf Latein.
Brutus blinzelte ihn überrascht an. »Weiß sie das?«, fragte er.
Das Gesicht des Mannes verfärbte sich vor Wut, und er zog einen Dolch aus seinem Gürtel. Die anderen folgten seinem Beispiel und brachten Keulen und Klingen zum Vorschein, mit denen sie vor Brutus herumwedelten, um ihn zum Kampf herauszufordern.
Bevor sie auf ihn einstürmten, setzte Brutus zum Sprechen an. Er versuchte ruhig und unbeeindruckt zu klingen.
»Ich könnte euch einen nach dem anderen töten, aber ich will nur unbehelligt meiner Wege ziehen. Diese hübsche Klinge habe ich bekommen, weil ich der Beste meiner Legion bin, also überlegt euch jetzt sehr gut, was ihr tut, sonst verlässt keiner von euch lebend diese Gasse.«
Vier von ihnen sahen ihn ausdruckslos an, bis Livias Ehemann seine Rede übersetzte. Brutus wartete geduldig und hoffte auf eine günstige Antwort. Stattdessen lachten sie nur und drängten näher. Brutus wich einen Schritt zurück.
»Livia ist ein gesundes Mädchen mit einem gesunden Appetit«, sagte er. »Sie hat mich verführt, nicht umgekehrt. Es ist nicht wert, dafür zu töten.«
Er wartete auf die Übersetzung für die anderen, doch Livias Mann blieb still. Dann sagte er etwas auf Griechisch, dem Brutus kaum folgen konnte. Ein Teil davon hieß ganz sicher, sie sollten ihn am Leben lassen, was er sehr zu schätzen wusste. Doch der letzte Teil seiner Worte enthielt etwas wie »den Frauen übergeben«, was eindeutig unangenehm klang.
Livias Mann grinste Brutus anzüglich an. »Einen Verbrecher zu fangen ist ein Fest für uns. Und du wirst der Mittelpunkt dieses Festes sein… das Herz davon!«
Während Brutus noch über eine Antwort nachdachte, stürmten sie bereits auf ihn ein und ließen von allen Seiten Schläge auf ihn niederprasseln. Einen erwischte er noch mit dem Gladius, dann traf ihn eine pfeifende Keule hinter dem Ohr und schlug ihn bewusstlos.
Ein leises Knarren weckte Brutus. Während er benommen seine Gedanken ordnete, hielt er die Augen geschlossen und versuchte, seine Umgebung zu erraten, ohne möglichen Beobachtern gleich zu verraten, dass er wieder bei Bewusstsein war. Fast überall am Körper spürte er einen kühlen Wind, und plötzlich wurde ihm klar, dass man ihm sämtliche Kleider ausgezogen hatte. Es gab keine logische Erklärung dafür, und trotz seiner Vorsätze riss er die Augen auf.
Er baumelte mitten in der Stadt mit dem Kopf nach unten an einem hölzernen Gerüst. Ein verstohlener Blick nach oben bewies, dass er tatsächlich nackt war. Ihm tat alles weh, und die unangenehme Erinnerung daran, wie er als Junge einmal an einem Baum aufgehängt worden war, machte die Sache auch nicht besser.
Es war dunkel. Ganz in der Nähe hörte er den Lärm einer ausgelassenen Feier. Er schluckte schwer bei dem Gedanken, dass er ein Teil eines ländlichen Rituals sein könnte, und zerrte an den Stricken, mit denen er gefesselt war. Die Anstrengung ließ ihm das Blut in den Kopf schießen, aber die Knoten gaben nicht nach.
Seine heftigen Bewegungen ließen ihn langsam im Kreis schaukeln, und gelegentlich konnte er sogar den ganzen Platz überblicken. Jedes Haus war hell erleuchtet und wirkte viel lebendiger, als er sich das öde kleine Nest bei seiner Ankunft jemals hätte vorstellen können. Bestimmt kochen sie alle gerade Schweinsköpfe und blasen den Staub von Amphoren mit hausgemachtem Wein, dachte er düster.
Einen Moment lang übermannte ihn die Verzweiflung. Seine Rüstung war bei Renius im Zimmer, und sein Schwert war verschwunden. Er hatte keine Sandalen, und seine Ersparnisse bezahlten mit Sicherheit gerade die Festlichkeiten, mit denen man sein Ende zu feiern gedachte. Selbst wenn er entkommen konnte, befand er sich nackt und ohne Geld in einem fremden Land. Mit einigem Nachdruck verfluchte er Renius.
»Nach einem erfrischenden Schlaf habe ich mich ordentlich gestreckt und dabei aus dem Fenster gesehen«, sagte Renius dicht neben seinem Ohr. Um ihn anzusehen, musste Brutus warten, bis er sich an dem Seil wieder herumgedreht hatte.
Der alte Gladiator war gewaschen und rasiert und amüsierte sich offensichtlich königlich.
»Ich habe mir gesagt, diese traurige Figur, die da an den Füßen aufgehängt ist, kann unmöglich der allseits beliebte junge Soldat sein, mit dem ich hierher gekommen bin, oder?«
»Hör mal, ich bin sicher, dass du deinen Kumpanen bestimmt eine lustige Geschichte erzählen wirst, aber ich wäre dir sehr dankbar, wenn du sie nicht gerade jetzt einstudieren und mich stattdessen losschneiden würdest, bevor dich jemand davon abhält.«
Das knarrende Seil drehte Brutus weiter. Ohne jede Vorwarnung durchschnitt Renius das Seil und ließ Brutus auf den Boden plumpsen. Um sie herum wurden Rufe laut. Brutus versuchte aufzustehen, indem er sich an dem Gerüst hochzog.
»Meine Beine tragen mich nicht!«, sagte er und rieb sich verzweifelt die Schenkel.
Renius rümpfte missmutig die Nase und sah sich um.
»Sollten sie aber besser. Mit nur einem Arm kann ich dich schlecht tragen und gleichzeitig Angreifer abwehren. Reib weiter. Vielleicht können wir uns irgendwie durchmogeln.«
»Wenn wir ein Pferd hätten, könntest du mich jetzt an den Sattel binden«, erwiderte Brutus vorwurfsvoll und rieb eifrig weiter.
Renius zuckte die Schultern.
»Dafür ist jetzt keine Zeit. Deine Rüstung ist in diesem Sack hier. Sie haben deine Sachen zur Herberge zurückgebracht und ich hab sie beim Abschied mitgehen lassen. Nimm dein Schwert und lehn dich gegen das Gerüst. Da kommen sie schon.« Er reichte ihm die Klinge, und das vertraute Heft seines Schwertes tröstete Brutus ein wenig über das Gefühl der Hilflosigkeit und Nacktheit hinweg.
Die Meute zog sich schnell um sie herum zusammen, mit Livias Vater an der Spitze, der seine Axt mit beiden Händen gepackt hielt. Er reckte seine mächtigen Schultern und schwang die Klinge in Renius’ Richtung.
»Du bist mit demjenigen gekommen, der über meine Tochter hergefallen ist. Ich gebe dir noch eine Gelegenheit, deine Sachen zu packen und weiterzuziehen. Aber er bleibt hier.«
Renius verharrte gefährlich still. Dann machte er einen blitzschnellen Schritt nach vorne und versenkte seinen Gladius so tief in der Brust des Mannes, dass die Klinge am Rücken wieder herausfuhr. Er zog sie heraus, und der Mann fiel vornüber auf das Pflaster. Der metallene Kopf seiner Axt klirrte laut auf den Steinen.
»Wer ist außer ihm noch der Meinung, dass dieser Mann hier bleibt?«, fragte Renius und sah sich in der Menge um. Der unerwartete gewaltsame Tod direkt vor ihren Augen hatte sie alle erstarren lassen. Keiner antwortete ihm. Renius nickte ernst und sprach klar und deutlich.
»Niemand ist über irgendjemanden hergefallen. Nach dem, was ich letzte Nacht gehört habe, hat das Mädchen das Ganze genauso genossen wie mein idiotischer Freund hier.« Renius ignorierte das Geräusch hinter sich, als Brutus scharf die Luft durch die Zähne sog. Er hielt seinen wandernden Blick fest auf die Menge gerichtet, doch die Leute hörten ihm kaum zu. Der Gladiator hatte ohne Zögern getötet. Das war es, was sie verstummen ließ.
»Können wir verschwinden?«, murmelte Renius nach hinten.
Brutus prüfte vorsichtig seine Beine. Die Durchblutung setzte mit einem heftigen Brennen wieder ein. So schnell wie möglich zog er sich an. Die Rüstung klapperte laut, als er den Sack mit einer Hand hastig nach seinen Sachen durchsuchte.
»Sobald ich angezogen bin.«
Er wusste, dass sie nicht ewig so ruhig dastehen würden. Trotzdem erschrak er, als Livia sich durch die Menge nach vorne drängte und schrill aufschrie.
»Warum steht ihr alle wie angewurzelt da?«, schrie sie die Meute wütend an. »Seht euch meinen Vater an! Wer von euch rächt seinen Tod?«
Hinter ihrem Rücken richtete sich Brutus mit gezücktem Schwert auf. Ihr süßes Lächeln vom Nachmittag hatte sich in puren Hass verwandelt. Sie stand da und beschimpfte ihre eigenen Landsleute, aber niemand sah ihr in die Augen. Die Rachegelüste der Menge waren angesichts der niedergestreckten Gestalt zu ihren Füßen verflogen.
Am Rande der Gruppe wandte ihr Ehemann ihr den Rücken zu und schritt steif in die Dunkelheit. Als Livia sah, wer sie da im Stich ließ, warf sie sich herum und schlug auf Renius ein. Dessen einer Arm hielt das Schwert, und als Brutus sah, wie sich seine Muskeln spannten, streckte er die Hand aus und zog Livia von ihm weg.
»Geh nach Hause«, fuhr er sie an. Doch stattdessen krallten ihre Finger nach seinen Augen, und Brutus versetzte ihr einen derben Stoß, so dass sie neben der Leiche ihres Vaters zu Boden fiel. Weinend klammerte sie sich daran fest.
Renius und Brutus sahen sich an und betrachteten dann die immer kleiner werdende Menge.
»Lass sie«, sagte Renius.
Die beiden Männer überquerten den Platz und gingen wortlos durch die Stadt. Es schien Stunden zu dauern, bis sie den Stadtrand erreichten und endlich in ein Tal blickten, das zu einem Fluss in der Ferne hinunterführte.
»Wir sollten uns beeilen. Bis zum Morgengrauen haben sie sicher Blutrache geschworen und kommen uns nach«, sagte Renius und steckte endlich sein Schwert in die Scheide.
»Hast du wirklich gehört, wie…?«, fragte Brutus und sah verlegen zur Seite.
»Ja, du hast mich mit deinem Gestöhne aufgeweckt«, gab Renius zur Antwort. »Dein rasches Vergnügen könnte uns immer noch den Kopf kosten, wenn sie uns ordentliche Spurenleser auf den Hals hetzen. Im Haus ihres Vaters!«
Brutus sah seinen Gefährten missmutig an.
»Vergiss nicht, dass du ihn getötet hast«, murmelte er.
»Hätte ich es nicht getan, würdest du jetzt immer noch dort baumeln. Und jetzt lauf weiter! Bis zum Tageslicht müssen wir so weit wie möglich von hier weg sein. Und das nächste Mal, wenn dich ein hübsches Mädchen zweimal anschaut, renn weg. Sie machen mehr Ärger, als die ganze Sache wert ist.«
Wortlos und verstimmt setzten die beiden Männer ihren Weg den Hügel hinab fort.