37

Vic rief Chris jeden Tag an. Chris konnte es nicht erwarten, fortzukommen, konnte es nicht erwarten, bis Weihnachten vorbei, bis sie wieder in Vics Armen war. Ihre Mutter, die einen Perfektionsfimmel hatte und deswegen unablässig enttäuscht war, drehte über die Feiertage durch und trieb auch alle anderen zum Wahnsinn. Davon abgesehen war das Leben prima.

Einmal kam R. J. vorbei, als Vic gerade Schluß machte und» ich liebe dich «sagte.

«Charly?«, fragte sie, als Vic aufgelegt hatte.

«Nein.«

Ihre Mutter stutzte kurz. Das Geschirrtuch, das sie zum Silberputzen benutzt hatte, hing schlaff an ihrem Rockbund.»Ein Rivale?«

«Mutter.«

«Hör mal, Schätzchen, man sagt Leuten nicht einfach so, daß man sie liebt.«

«Ich liebe dich«, erwiderte Vic schelmisch.

«Ich liebe dich auch. Darf ich annehmen, daß du's mir nicht sagen wirst?«

«Ja.«

R. J. wollte gerade mit ihrem Geschirrtuch nach Vic werfen, als das Telefon in der Küche erneut klingelte. Sie griff an ihrer Tochter vorbei und nahm den Hörer ab.»Hallo?«

«Frohe Weihnachten, Mrs. Savedge«, wünschte ihr Charlys tiefe Stimme.

«Dir auch fröhliche Weihnachten. Du willst bestimmt dein Mädchen sprechen, sie steht direkt neben mir.«

«Danke.«

Sie reichte ihrer Tochter den Hörer, ging zu dem frisch geputzten Silbertablett, stellte Teekanne, Kaffeekanne, Sahnekännchen und Zuckerschale darauf und trug alles ins Eßzimmer.

Vic rief hinüber:»Mom, Charly möchte nachher vorbeikommen — ist das okay?«

R. J. rief zurück:»Na klar.«

Mignon kam zu ihrer Mutter ins Eßzimmer.»Mom, sag Dad, er soll den Christbaumständer aufstellen. Ich kann das nicht.«

«Wetten, daß du's kannst?«

«Ach Mom.«

«Mignon, es ist eine Menge zu tun. Jetzt überwinde dich und gib dir einen Ruck, um diese überaus mühsame Aufgabe in Angriff zu nehmen.«

Mignon kniff die Augen zusammen.»Du kannst manchmal so gemein sein.«

«Mütter sind dazu geschaffen, gemein zu sein.«

Vic trat ins Eßzimmer.»So, und jetzt?«

«Hol den Baum rein. Aber das kannst du nicht, bevor deine kleine Schwester — ich verbessere, deinegeplagte kleine Schwester — den Ständer aufstellt.«

«Ich mach dir 'nen Vorschlag«, sagte Vic zu Mignon.»Ich stell den Ständer auf, wenn du die Lichter dran steckst.«

«Ich hasse das.«

«Du haßt alles, was nach Arbeit aussieht. Such dir's aus.«

«Wenn wir die Lichter zusammen dran stecken, dauert es nur halb so lange«, feilschte Mignon.

«Wenn wir die Lichter zusammen dran stecken, endet es damit, daß ich es ganz allein mache.«

«Nein. Wir teilen die Stränge auf. Du nimmst die eine Hälfte und ich die andere. Ich muß meine Hälfte fertig kriegen, egal wie. Das ist doch fair, oder?«

«Na gut.«

R. J. lachte.»Mignon, du wirst noch mal in der Politik landen.«

Drei Stunden später beherrschte die riesige Douglastanne, fest verankert in ihrem Ständer, erhellt von bunten Lichterketten, die am weitesten vom Kamin entfernte Ecke des Wohnzimmers. Piper hatte sich unter dem Baum schon ein Bett gemacht.

R. J., Vic und Mignon trugen die Schachteln mit Christbaumschmuck herein, die in einer großen Holztruhe im Keller aufbewahrt wurden. Einige Kugeln stammten aus den späten 1800er Jahren, und eine war von 1861 und hieß»die Kriegskugel«. Die meisten stammten aus den 1950ern, als R. J.s Mutter einem Weihnachtskaufrausch erlegen gewesen war.

Sie begannen an den inneren Baumzweigen und arbeiteten sich nach außen vor. Genauso hatten Vic und Mignon auch die Lichter angebracht. Auf diese Weise erreichten sie Tiefe und Fülle. R. J. duldete keine Schluderei.

Als alle Kugeln an ihrem Platz waren, wurde der Vorgang mit Eiszapfen wiederholt. Dann wanden sie die goldenen Girlanden außen herum, von oben nach unten, und steckten schließlich den großen goldenen Stern auf die Spitze.

Die Kamineinfassungen wurden mit Fichtengirlanden geschmückt, die mit Stechpalmenblättern durchzogen und mit glänzenden roten und goldenen Christbaumkugeln verziert waren.

In der großen Diele, die ebenfalls mit Girlanden geschmückt war, hingen Mistelzweige von dem schönen, mundgeblasenen Lampenschirm aus dem neunzehnten Jahrhundert. Ein Kinderschlitten voller Teddybären stand am Ende der Diele.

Gerade als die sinkende Sonne den James so rot wie Stechpalmenbeeren färbte, waren die drei Frauen mit dem Baum fertig.

R. J. trat einen Schritt zurück.»Mädels, wie findet ihr ihn?«

«Das ist der schönste, ehrlich, Mom, der schönste Baum, den wir je hatten«, sagte Vic.

Mignon ging um ihn herum.»Findet Piper auch.«

DasPochpoch von einem Hundeschwanz unterstrich Mignons Bemerkung.

R. J. trat an das hohe Fenster, das auf den Fluß hinaussah. Das mundgeblasene Glas der kleinen quadratischen Scheiben war stellenweise etwas gewellt.»Die Wintersonnenwende. Sie bringt immer eine Mischung aus Melancholie und Hoffnung.«

Mignon, die neben ihrer Mutter stand, fragte:»Weil wir von heute an mit jedem Tag eine Minute länger Tageslicht haben?«

«Ja, aber den schlimmsten Teil des Winters haben wir noch vor uns, daher die Melancholie. «R. J. legte ihren Arm um Mignons Taille.»Was für ein Glück ist es für mich, so großartige Töchter zu haben.«

«Oh, Mom. «Mignon umarmte sie.

«Du siehst in letzter Zeit so schön aus, Mignon. «R. J. drückte sie an sich.

«Meine Schwester, der Filmstar«, rief Vic, die die leeren Schachteln stapelte, um sie zurück in den Keller zu bringen.

«Schafft ihr zwei die runter, und ich mach uns Glühwein. Den haben wir uns verdient.«

Vic und Mignon waren noch im Keller, als Charly eintraf.

R. J. öffnete die Haustür, und Charly überreichte ihr einen riesigen Blumenschmuck für die Diele. Er sauste wieder zum Auto und kehrte mit Geschenken beladen zurück. R. J. führte ihn ins Wohnzimmer. Dort nahm sie ihm die Pakete ab, eins nach dem anderen, und legte sie unter den Baum, wo Piper jedes Einzelne beschnüffelte.

«Ah, der Weihnachtsmann. «Sie küßte Charly auf die Wange.»Gib mir deinen Mantel und komm in die Küche.«

Sie hörten die zwei Schwestern, die schallend über die neueste Metamorphose der Jungfrau Maria lachten, die Holztreppe hinaufpoltern.

«Charly!«Vic lief zu ihm, schloß ihn in die Arme und gab ihm einen dicken Kuß.

«Frohe Weihnachten, Schönste. «Er küßte sie auch; dann ließ er sie los, umarmte Mignon und gab ihr einen Kuß auf die Wange.»Dir auch frohe Weihnachten, Mignon. Noch eine schöne Savedge zum Küssen.«

«Kein Wunder, daß du so gern herkommst. «Vic zog ihm einen Stuhl heran.

«Nicht doch, wir wollen uns ins Wohnzimmer setzen wie zivilisierte Menschen«, sagte R. J. Sie sah aus dem Küchenfenster.»Gott, seht euch diesen Himmel an. Was für ein Schauspiel.«

Scharlachrote, orangen- und melonenfarbene Flammen wanden sich hoch am Himmel. An der Stelle, wo die Sonne untergegangen war, pulsierte der Horizont dunkelrot. Die rosa angehauchten Wolken an den Rändern dieser weiten Fläche würden bald scharlachrot gefärbt sein.

«Ich lauf nach oben und hol Charlys Geschenk. «Vic flitzte die Treppe hinauf.

«Ich auch. «Mignon folgte ihr.

Sie holten die Geschenke und liefen dann eilends die breite Vordertreppe hinunter zu Charly und R. J. die den Glühwein ins Wohnzimmer getragen hatte.

«Ich leg's nur so lange unter den Baum, bis du gehst. Du darfst es erst am Weihnachtsmorgen auspacken. «Vic kniete sich hin und legte ein großes silbernes Päckchen mit einer roten Schleife unter den Baum.

«Meins auch. «Mignon machte es genauso.

Charly setzte sich aufs Sofa, damit Vic neben ihm sitzen konnte. R. J. und Mignon machten es sich in den großen Sesseln ihnen gegenüber gemütlich. Draußen stand der gesamte westliche Himmel in Flammen.

«Diese Sonnenwende!«, begeisterte sich R. J.»Ich kann's einfach nicht fassen.«

Sie tranken ihren Glühwein und plauderten über ihre Pläne für die Feiertage.

«Mom, wann kommt Dad nach Hause?«, fragte Mignon.

«Warum, hast du Hunger?«

«So langsam, ja.«

«Er wird etwa in einer halben Stunde hier sein, falls ihn niemand im Büro aufhält. Charly, bleib doch zum Abendessen, ja? Du mußt einfach bleiben. Dich hier zu haben ist das schönste Geschenk. «Sie lächelte ihr strahlendes Lächeln.

«Er bleibt bestimmt. «Vic drückte seine Hand.

«Jippie!«Dann folgte Mignon ihrer Mutter widerwillig in die Küche. R. J. hatte ihr ein Zeichen gegeben.

«Überstimmt«, seufzte Charly in gespielter Unterwerfung.

R. J. steckte den Kopf ins Wohnzimmer:»Bist du ausgehungert, oder hältst du's noch ein bißchen aus?«

«Ich halt's noch aus«, rief Charly zurück.

Als R. J. wieder in der Küche war und Charly sicher sein konnte, daß Mignon weder hereinplatzten noch ihnen nachspionieren würde, schlang er die Arme um Vic und gab ihr einen langen Kuß.»Frohe Weihnachten, Baby.«

«Dir auch frohe Weihnachten.«

«Ein Geschenk mußt du jetzt gleich auspacken. Die anderen können bis zum Weihnachtsmorgen warten. «Er stand auf und ging zu dem Baum.

«Die anderen, Charly?«

«Schöne Frauen muß man verwöhnen. «Er winkte sie zum Baum.»Das hier mußt du jetzt aufmachen. «Er deutete auf eine kleine Schachtel aus dunkelgrünem Samt, auf dem silberne Eiszapfen glitzerten.

Zögernd band sie die schmale rote Satinschleife auf. Sie öffnete die Schachtel. In schwarzen Samt gebettet funkelte ein fünfkarätiger, lanzettenförmig in Platin gefaßter Diamant, dessen kaltes Licht in seiner strahlenden Reinheit fast blau anmutete.

«O mein Gott!«Vic ließ beinahe die Schachtel fallen, fing sie jedoch gerade noch auf, indem sie sie fest an die Brust drückte.

«Der hat meiner Großmutter gehört.«

«Charly, das ist der schönste Ring, den ich je gesehen habe. Mein Gott. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich, oh. «Sie konnte nicht anders. Sie steckte ihn an ihren Finger, er paßte perfekt.»Ich kann's nicht glauben. «Sie schlang die Arme um seinen Hals und küßte ihn leidenschaftlich.»Ich kann's nicht glauben. O Charly, das ist wirklich das Allerschönste.«

Er lachte.»So hab ich dich ja noch nie gesehn.«

«Oh, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

Dankbar — er war ja so dankbar — ließ er sich auf das rechte Knie fallen, nahm ihre rechte Hand und drückte einen Kuß darauf.»Willst du mir die Ehre erweisen, meine Frau zu werden?«

Vic erstarrte. Tränen traten aus ihren Augen. Sie konnte sie nicht zurückhalten, während sie mühsam sprach.

«O Charly, laß uns erst dein letztes Semester hinter uns bringen.«

«Ist das ein Ja?«

«Das ist ein Aufschub. «Sie zog den Ring ab und drückte ihn ihm in die Hand.

«Victoria, ich liebe dich. Ich werde dich immer lieben bis zum Tage meines Todes. Der Ring gehört dir. Komm zu mir, wenn du bereit bist.«

«Schatz. «Sie kniete sich ihm gegenüber und schlang die Arme um seinen Hals.»Du bist der beste Mann auf der Welt. Du bist der Einzige, den ich jemals heiraten würde. Es ist bloß, also ich bin vom College geflogen. Ich muß mir einen Job suchen.«

«Ich werde für dich sorgen. «Er küßte sie wieder.»Das hab ich dir bereits gesagt. Du mußt mir nur glauben.«

«Ich will selbst für mich sorgen. Ich möchte niemandem zur Last fallen.«

«Du könntest mir niemals zur Last fallen.«

«Aber ich möchte meinen Unterhalt verdienen. Ich kann nicht so ein Leben führen wie deine Mutter oder auch meine.«

«Das weiß ich.«

«Laß mich dieses Semester arbeiten. Wenn du dein Examen hast, werden wir das Richtige tun.«

Er steckte ihr den Ring wieder an den Finger.»Ich kann ohne dich nicht leben.«

«Ich liebe dich. Was immer in unserem Leben geschieht, du sollst wissen, daß ich dich liebe.«

Draußen ertönte eine Autohupe.

«Ich geh nachsehn«, rief Mignon aus der Küche und sauste durch die Diele und zur Haustür hinaus.

Charly und Vic standen auf. Sie legte die Arme um seinen Hals, drückte sich fest an ihn und küßte ihn.»Ich werde dieses Weihnachten nie vergessen.«

«Da du mir kein klares Ja gegeben hast, darf ich annehmen, daß es ein klares Vielleicht ist?«

«Sicher. «Sie erschauerte wegen ihrer Feigheit.

«Mom, Vic!«, brüllte Mignon aus dem Vorgarten.»Kommt schnell!«

Vic flitzte aus dem Wohnzimmer und durch die Diele. Mignon hatte die Haustür aufgelassen.»Mignon, was.?«

Charly kam ihr nach. Sie gingen hinaus zu R. J. und Mignon und erblickten Edward Wallace am Steuer seines neuen Transporters. Yolanda auf der Ladefläche hatte zur Feier des Tages ein Elfenhütchen auf. Sie mampfte Luzerne, das Beste vom Besten, und war die glücklichste aller Kühe.

In bester Laune stieg Edward aus seinem Wagen und überreichte R. J. eine sehr teure Flasche Brandy.»Du hast den besten verdient, R. J. Fröhliche Weihnachten. Oh, und eine Kleinigkeit für die Mädels. «Er schenkte Vic und Mignon je ein Stück Milchseife, mit rotem Baumwollband umwickelt.

«Edward, komm gleich mit rein, wir haben eine Kleinigkeit für dich. «R. J. legte ihm ihren Arm um die Schulter.

«Poppy ist gleich wieder da«, rief Edward Yolanda zu, die ihn gar nicht beachtete.

Piper, die endlich aufgewacht war, schoß nach draußen, sah Yolanda und fing an zu bellen.

«Genug jetzt«, befahl Vic ihr.

Der aufgeregte Hund hörte auf zu bellen, beschloß aber, sich dort hinzusetzen und Yolanda mit dem bösen Blick zu bannen.

Gerade als Vic die Tür schließen wollte, sah sie zwei Scheinwerfer durch die Zufahrt rasen.»Charly, ich glaub, das ist Sissy!«

Sie war es, und sie hatte einen Affenzahn drauf. In der weiten Kurve der Zufahrt drosselte sie das Tempo ein bißchen, fuhr dann geradeaus und steuerte direkt auf die Seite des prachtvollen blau-silbernen Transporters ihres Vaters zu.

«Sissy, weg vom Gas!«, brüllte Vic.

Die Augen geradeaus gerichtet, rammte Sissy den Transporter so stark, daß Yolanda auf die Knie sank.

«Herrgott im Himmel. «Charly sprintete zu Sissy.

«Mir fehlt nichts. Ich will die gottverdammte Kuh da töten. «Sissy stieß Charly in die Brust.»Hamburger. Verstehst du mich, Poppy? Hamburger.«

Vic schwang sich auf die Ladefläche und untersuchte Yolanda. Sie fand nur eine kleine Schramme am rechten Vorderknie.»Halb so schlimm, Yolanda, davon stirbt man nicht.«

Mit dem Glas in der Hand, denn er hatte seinem eigenen Brandy zugesprochen, stürmte Edward nach draußen.»Du Mistbiene! Hörst du mich, Sissy? O Yolanda, wie geht's meinem Baby?«

«Ihr fehlt weiter nichts, Mr. Wallace«, versicherte Vic ihm.»Sie hat sich das Knie aufgeschrammt.«

Er kletterte hinauf, ziemlich behende für einen alten Mann, und strich mit den Händen über Yolandas Beine.»Alles in Butter, Zuckerpuppe. «Dann sprang er hinunter wie einer, der halb so alt war wie er. Er zeigte auf Sissy, zugleich bückte sich R.J. um das Glas aufzuheben, das er beiseite geworfen hatte.»Du wirst aus meinem Testament gestrichen. Ein für alle Mal!«

«Wen nennst du Mistbiene, du alter Quatschkopf? Du bist verdammt noch mal zu schäbig, um zu sterben. Du kannst dir dein Testament dahin stecken, wo die Sonne nicht hinscheint!«Sissy war sichtlich vom Feiertagsgeist der flüssigen Art beseelt.

Edward beachtete sie nicht.»R. J. hast du einen Platz, wo ich meine Yolanda lassen kann? Ich sollte sie unter diesen Umständen wohl lieber nicht nach Hause fahren. Ein Plätzchen, wo sie's warm hat?«

R. J. überlegte.»Weißt du was, die Mädchen können den Gartenschuppen ausräumen. Der hat einen Zaun drumrum, Edward. Da ist sie gut aufgehoben. Ich kann ihr eine Decke überwerfen. Mädels!«R. J.s Stimme hatte einen Kommandoton angenommen.

«Ich helfe euch. «Charly eilte mit ihnen davon.

Vic sauste ins Haus und schnappte sich eine Jacke und Handschuhe. Sie brauchten zwanzig Minuten, aber dann hatten sie den Gartenschuppen in einen leidlich guten Zustand gebracht und dafür gesorgt, daß dort nichts war, auf das Yolanda treten, woran sie sich scheuern oder was sie fressen konnte.

R. J. - jetzt unterstützt von Frank, der nach Hause gekommen war — hielt die zwei streitenden Wallaces voneinander fern.

Voll Sanftheit, der Sanftheit Josefs, mit der er Maria zu dem Stall führte, brachte Edward Yolanda mit Engelsgeduld zum Gartenschuppen. Charly und Frank trugen ihre Luzerne hinein.

Yolanda machte es sich sofort bequem. Mignon holte eine alte Decke, die sie ihr mittels eines Riemens, den sie über ihrer Brust kreuzten, und eines zweiten, den sie um ihre gewaltige Mitte legten, umschnallten. Yolanda mochte alt sein, aber sie war ein sehr gut genährtes Tier. Sie stellten einen großen Eimer mit frischem Wasser in die Ecke.

«So Edward, nun mach dir mal keine Sorgen. Wir knacken morgens das Eis in ihrem Eimer auf. Ihr wird es an nichts fehlen«, beruhigte R. J. ihn.

«Wenn der Wagen noch fahren kann, stelle ich ihn Don vor die Tür. Frank, fährst du hinter mir her?«

«Ich kann hinter dir herfahren«, erbot sich Sissy.

«Du kannst hinter mir zur Hölle fahren, das kannst du. «Er kehrte seiner Jüngsten den Rücken zu.»Du kriegst keinen Cadillac!«

Das schmerzte mehr als die Drohung, aus dem Testament gestrichen zu werden. Nachdem sie so oft ausgesprochen worden war, war die Wirkung verpufft.

«Ist die hydraulische Hebebühne nicht das schönste Werkstück, das man je gesehen hat?«Der alte Mann drückte auf den Knopf, und wie durch ein Wunder glitt die Hebebühne wieder an Ort und Stelle.

Zum Glück hatte Sissys Attacke die Seite des Transporters beschädigt, nicht das Heck.

«Leute, wartet nicht mit dem Essen auf mich. Ich esse, wenn ich nach Hause komme. «Frank küßte R. J. auf die Wange, stieg in sein Auto und folgte Edward aus der Zufahrt — der Dodge ließ sich ganz gut fahren, wenn man die Umstände bedachte.

Sissy stand mitten in der Zufahrt, es fehlte nicht viel, und ihre Unterlippe wäre auf den Boden geklappt.»Ich hasse ihn. Ihr habt ja keine Ahnung, wie sehr ich ihn hasse. Und Georgia auch, die scheinheilige Zicke! Georgia hat Sex mit jungen Männern. Sie bezahlt sie. Ich krieg wenigstens Freiwillige!«

«Komm, Sissy, laß uns das später besprechen, ja?«R. J. war rot geworden.»Möchtest du Abendessen?«

«Nein, ich möchte einen neuen Vater und einen neuen Cadillac und einen gut aussehenden Mann, der mich verwöhnt. Wenn's keinen gut aussehenden Mann gibt, dann tut's auch ein häßlicher mit 'nem großen Schwanz. «Sie knallte ihre Autotür zu und setzte rückwärts aus der Zufahrt.

«Hat sie gesagt, was ich denke, das sie gesagt hat?«Mignons Mund stand weit offen.

«Mund zu, oder willst du Fliegen fangen?«Vic mußte so lachen, daß ihr die Seiten wehtaten.

«Hat sie. «Charly wischte sich die Stirn ab, mehr aus Nervosität als aus Überanstrengung.

«Los, ihr Lieben, Abendessen«, trällerte R. J.»Abendessen.«

Erst als sich alle gesetzt hatten, bemerkte Mignon den Diamanten.»Himmel, ist das ein Klunker!«

R. J. legte die Serviergabel hin und nahm die Hand ihrer Tochter.»Herzchen, der ist schön, umwerfend. Das ist der schönste Diamant, den ich je gesehen habe. «Ihre Augen wurden feucht.»Bedeutet es das, was ich denke?«

Vic räusperte sich.»Nicht direkt. Es bedeutet, wir werden alles regeln, wenn Charly sein Examen hat.«

Einen Augenblick waren alle still. Dann ertönte aus dem Gartenschuppen ein glorreiches, glückliches» Muh«.

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