Chris stürmte über die Rollbahn und warf sich in Vics Arme. Da auch andere, die über Weihnachten nach Hause kamen, sich umarmten und küßten, wirkte ihre Wiedervereinigung nicht so abwegig, wie sie Leuten, die an den Anblick von schmusenden Frauen nicht gewöhnt waren, sonst vielleicht erschienen sein mochte.
Sie mußten anderthalb Kilometer zu dem Impala laufen, weil der Parkplatz voll war. Sobald sie den Flugplatzbetrieb hinter sich hatten, fingen beide an zu reden.
«Es ist nicht, was du denkst«, sagte Chris.
«Was meinst du damit?«
«Ich bin mit niemand ins Bett gegangen außer mit dir. Ich meine, nicht mit Männern ins Bett gegangen. Es war das eine Mal mit Charly. «Sie war fest entschlossen, nicht zu weinen.
«Was anderes ist mir gar nicht in den Sinn gekommen«, erwiderte Vic freimütig.»Wann hast du's gemerkt?«
«Gar nicht. Meine Periode ist ausgeblieben, aber da führe ich sowieso nicht genau Buch. Es verging eine Weile, und ich fühlte mich gut, aber anders. Ich kann's nicht erklären, aber irgendwie wußte ich, daß da was war. Darauf bin ich zu Hause zu meiner Ärztin gegangen, die ich sehr schätze. Und ja, ich bin schwanger.«
«Ich bin zu jung, um Vater zu werden. «Vic nahm Chris' Hand.
Chris lächelte matt.»Wenn du nur der Vater wärst, Vic, wenn du's nur wärst.«
«Möchtest du das Baby?«
Chris drückte Vics Hand.»So würde ich das nicht ausdrücken. Ich möchte keine Abtreibung. Das kann ich nicht, Vic, ich kann's einfach nicht.«
«Okay, okay. Ich wollte das gar nicht vorschlagen. War bloß 'ne Frage. Ist ja nicht mein Körper. Ich kann das nicht entscheiden.«
«Würdest du mich heiraten, wenn du könntest?«»Das weißt du doch. Herrje, wir haben jetzt eine Menge Entscheidungen zu treffen. Du kannst dieses Jahr auf dem College zu Ende machen, aber ich weiß nicht, wie du mit einem Baby durch dein Abschlußjahr kommen kannst.«
«Ich mach den Abschluß später. «Ein trauriges Schweigen folgte.»Weißt du von Kindern, die von zwei Frauen aufgezogen werden?«
«Meinst du ein Liebespaar?«
«Ja.«
«Nein, aber woher soll ich das wissen? Solche Sachen erzählen einem die Leute nicht. «Vic drückte Chris' Hand, bis sie für eine Kurve beide Hände am Steuer brauchte.
«Meine Eltern bringen mich um. «Tränen traten Chris in die Augen, dann hob sie leicht den Kopf.»Weißt du was? Es ist mir vollkommen schnuppe, was sie denken. Meine Mutter will alles perfekt haben, und das kriegt sie nicht. Ich weiß nicht mal, ob ich's ihr überhaupt erzählen werde. Ich geh nicht zurück.«
«Wir müssen es meiner Mutter sagen. «Vic bremste leicht vor der Kurve.
«Das hat noch Zeit. Es ist vorerst nicht zu sehen, und ich geh noch aufs College. «In Chris' Miene deutete sich Panik an.»Ich werde nicht unterrichten können.«
«Warum nicht?«
«Erstens werde ich ein uneheliches Kind haben. Und früher oder später werden die Leute rauskriegen, daß ich lesbisch bin. Verdammter Mist!«
«Und wenn du einen Mann heiraten würdest? Einen, den du kennst?«
«Vic, wen?«
Vic hob die Schultern.»Keine Ahnung.«
«Charly? Also das wird nicht gehn, weil er ja dich heiraten will. Einen Schwulen?«Chris drehte sich zur Seite und sah Vic an.»Das mach ich nicht. Nichts davon.«
«Okay.«
«Möchtest du denn, daß ich so was mache?«
«Nein. Ich hab bloß an deinen Lehrberuf gedacht, weiter nichts.«
In diesem Moment bemerkte Chris, von Gefühlen übermannt, den Diamanten an Vics Finger.»Vic. «Sie zeigte auf den funkelnden Ring.
«Er hat mir einen Heiratsantrag gemacht. Ich hab ihn hingehalten. Ich wollte ihm den Ring umgehend zurückgeben, aber er hat gesagt, er will, daß ich ihn behalte, so oder so.«
Chris sank in sich zusammen.»Oh, heirate ihn, Vic. Dein Leben wird so viel leichter sein.«
Vic fuhr an den Straßenrand.»Hör mal, ich weiß nicht, was wir tun sollen. Ich bin schließlich noch nie lesbisch gewesen. Ich habe vorher noch nie geliebt, und jetzt werde ich, ich werde Vater, Mutter — gibt's einen Namen dafür? Ich weiß nicht, was wir tun sollen, aber Gefühlsduseleien bringen uns nicht weiter. Mir ist damit auch nicht geholfen. Also hör auf damit. Ich werde Charly nicht heiraten. Wir kriegen das schon irgendwie hin. Herrje, es ist ja nicht das Ende der Welt. «Sie legte ihre Hand in Chris' Nacken, zog sie an sich und gab ihr einen dicken Kuß.
Hinterher mußte Chris nach Luft schnappen.»Du hast Recht. Ich hab bloß. ich hab Angst.«
«Ich auch. Aber immerhin rollt keine deutsche Panzerkolonne auf uns zu. «Sie lächelte.»Wir schaffen das schon. «Sie fuhr zurück auf die Straße.
«Vermutlich hat diese Sache ihr Gutes. Wie das häßliche Entlein, das sich in einen Schwan verwandelt. Manchmal wendet eine Krise die Dinge zum Besseren, sie zwingt einen, herauszufinden, was man von vornherein gewollt hat. Wie heißt doch gleich der Spruch, ich weiß es nicht mehr genau, aber so ungefähr: Krise ist maskierte Chance.<«
«Im Moment ist sie wirklich sehr erfolgreich maskiert«, erwiderte Vic mit ruhiger Stimme.
«Komisch, ich hatte immer gedacht, daß ich mal unterrichten würde. Ich meine, was kann man denn sonst werden außer Krankenschwester, Lehrerin oder Sekretärin?«
«Wir haben mehr Möglichkeiten.«
«In New York City vielleicht, aber im übrigen Land ist es immer dieselbe alte Leier. Und ich dachte, unterrichten wäre ganz gut — ich hätte Ferien. Ich würde in Gesellschaft von anderen Lehrern sein. Ich meine, die Leute würden wenigstens lesen. «Sie verstummte.
«Bist du sicher, daß du das Kind willst?«
«Absolut sicher. Ich wünschte nur, es würde dir ähnlich sehen.«
«Okay. Du wirst das Kind kriegen.«
«Was würdest du tun, wenn du an meiner Stelle wärst?«
«Schwanger?«
«Ja.«
«Ich weiß es nicht. «Vic rang mit sich.»Ich kann den Fall von beiden Seiten sehen.«
«Es geht um keinen Fall. Es geht um deinen Körper, deine Zukunft, um jemand anderes Zukunft.«
«Du hast Recht. Ich möchte hoffen, daß ich mich freuen würde. Es geht einfach darum, es in den Griff zu kriegen mitsamt Geld und den praktischen Dingen. Ich möchte hoffen, daß ich so stark wäre wie du.«
«So stark bin ich gar nicht. Was du von den Panzern gesagt hast, ist wahr. Wir sind nicht in Lebensgefahr, aber, aber ich werde kein Kind mehr sein, wenn das Baby kommt. Verstehst du? Ich mußte immer nur an mich selbst denken, jetzt muß ich erwachsen werden. Ich bringe ein neues Leben auf die Welt.«
Vic lächelte.»Das macht die Jungfrau Maria. Du würdest diese Einstellung vermutlich nicht haben, wenn du nicht kostbare Zeit mit der heiligen Jungfrau Maria verbracht hättest.«
«Vic. «Chris verdrehte die Augen und lachte.
Sie waren froh, lachen zu können. Es brachte sie einander noch näher, vertrieb die Bedrücktheit.
«Wenn du tapfer sein kannst, sollte ich es auch sein. Ich schiebe immer alles vor mir her. Das nenne ich dann gern meine Möglichkeiten ausloten. Ich halte an dieser Tankstelle. Wir brauchen sowieso Benzin. Ich ruf Charly an, hoffentlich ist er zu Hause. Und wenn du einverstanden bist, sollten wir ihm sagen, was los ist. Das betrifft ihn auch. Wenn ich warte, mache ich womöglich einen Rückzieher.«
Chris schloß einen Moment die Augen.»Gut. Rufen wir ihn an.«
An der alten, aber sauberen Texaco-Tankstelle gab es eine Telefonzelle. Vic rief Charly an, während Chris Benzin einfüllte.
«Charly, gut, daß du zu Hause bist.«
«Hey, was gibt's? Ich bin heute Abend im Einsatz, aber ich dachte, daß ich morgen mal rüberkomme. Mom hat das Haus für den Lichterumzug angemeldet.«
Vic sah auf die Uhr.»Kannst du für kurze Zeit weg? Wir könnten uns, hm, irgendwo treffen, egal wo.«
«Komm her.«
«Ah, ich hab Chris bei mir.«
«Ich dachte, sie ist bei ihren Eltern.«
«War sie auch. Wir möchten dich beide treffen, aber bei euch zu Hause ist es vielleicht nicht so günstig.«
Nach kurzem Schweigen schlug er vor:»Die episkopalische Kirche. Du weißt, wo sie ist, und sie ist immer offen. «Er schwieg einen Moment.»Geht's dir gut?«
«Jaja. Wir können in einer halben Stunde da sein.«
«Okay.«
Der weiße Schindelbau aus der Zeit vor dem Unabhängigkeitskrieg besaß jene Stabilität und Schlichtheit, die vonnöten waren, um den Pfarrkindern über die Jahrhunderte hinweg Kraft zu geben.
Die drei jungen Leute begrüßten sich, dann öffnete Charly die schimmernde schwarze Tür, und sie betraten die ungeheizte Kirche. Das Winterlicht drang durch die hohen, hellen Fenster. Sie setzten sich in eine hintere Bank.
«Das muß ja ungeheuer wichtig sein. «Charly nahm ein Gesangbuch von seinem Platz.
«Ist es auch. «Vic überlegte, wie sie sagen konnte, was sie zu sagen hatte.»Ich habe dich nie angelogen, Charly, aber ich war auch nicht ehrlich. Ich denke immerzu, ich werde die rechte Zeit oder den rechten Ort schon noch finden.«
Sein Gesicht blieb reglos, während er gegen seine Angst ankämpfte.»Dies ist ein sehr guter Ort.«
«Mir scheint, für uns drei spielen Kirchen bei wichtigen Dingen eine Rolle. «Sie lächelte traurig.»Ich liebe dich. Du bist ein ganz besonderer Mensch, aber. ich kann dich nicht heiraten. «Sie legte die rechte Hand auf ihren linken Ringfinger.
Er langte hinüber und hinderte sie daran, den Ring vom Finger zu ziehen.»Nicht.«
«Es mag dir unsensibel vorkommen, Chris dabeizuhaben, aber du mußt wissen, sie ist Teil davon. Wir stecken alle zusammen drin, ich denke, so läßt es sich am besten ausdrücken.«
Charly sah von Vic zu Chris und wieder zurück.»Ich kann dir nicht folgen.«
Vic atmete tief ein.»Ich liebe Chris. Ich kann dich nicht heiraten.«
Schmerzliche Verzweiflung durchfuhr Charly.»Aber du liebst mich. Ich weiß, daß du mich liebst.«
«Ja, Charly, aber es ist nicht dasselbe.«
«Heirate mich. Du kannst ja trotzdem mit Chris zusammen sein. «Seine Stimme zitterte ein bißchen.
«Das kann ich nicht. Das ist keinem gegenüber fair.«
«Du meinst, du willst mit Chris zusammen sein? Mit ihr zusammen.«
«Laß es mich so sagen. ich würde sie heiraten, wenn ich könnte.«
Er lehnte sich an die harte Rückenlehne der Bank.»Warum?«
«Ich weiß nicht warum. Es ist eben so.«
«Es tut mir Leid. «Chris meinte es ehrlich.
Charly sah ihr in das hübsche helle Gesicht.»Du brauchtest hier nicht dabei zu sein.«
«Doch, muß sie. Ich bin noch nicht fertig. «Vics Stimme war fest. Es fiel ihr nicht leicht, aber sie wurde mit jedem Moment klarer, entschiedener.»Sie bekommt ein Kind von dir.«
Charly machte den Mund auf, brachte jedoch keinen Ton heraus.
«Es wird sich alles finden, Charly. Es war auch für mich ein Schock, als ich es erfuhr. «Chris hoffte ihn zu trösten.
«Du könntest es abtreiben lassen«, sagte er tonlos.»Das kann ich arrangieren.«
«Nein«, erwiderte Chris bestimmt.
Er rieb sich die Stirn.»Okay, okay, willst du, daß ich dich heirate? Läuft es darauf hinaus?«»Nein. «Chris' Stimme war jetzt ruhiger.
«Warum kann ich nicht Vic heiraten und wir ziehen das Kind als unser eigenes auf? Braucht ja niemand zu wissen.«
«Charly, das kann nicht funktionieren.«
«Warum nicht? Sie kann nebenan wohnen, wenn ihr euch nahe sein müßt. «Er wurde rot im Gesicht.
«Ich werde dich nicht heiraten. Ich will nicht mit einer Lüge leben. Ich liebe dich, Charly, aber nicht so, wie du geliebt werden willst, nicht so, wie du es verdienst.«
«Verdammt noch mal, was kann sie dir geben, das ich dir nicht geben kann? Ich kann dir alles geben. Ich will dir alles geben. Ich will mein Leben für dich leben.«
«Das weiß ich. Aber ich liebe dich nicht auf diese Art.«
Er richtete seinen Zorn gegen Chris.»Was kannst du ihr geben?«
«Mich.«
«Vic, du brauchtest dir für den Rest deines Lebens keine Sorgen zu machen. Es ist mir ernst. Ich will dich heiraten. Ich will das Kind mit dir großziehen. Niemand wird es erfahren. Meine Eltern nicht. Deine Eltern nicht. Ich werde lernen, mit deiner Beziehung zu Chris zu leben. Ich weiß nicht wie, aber ich werde es lernen.«
«Es kann nicht funktionieren.«
«Warum nicht?«, schrie er.
«Weil ich dich nicht auf diese Art liebe, Charly. Weil es nicht fair ist.«
«Ich hab dir doch gesagt, ich.«
«Du hast gesagt, du willst lernen, Chris zu akzeptieren. Das ist ein wunderbares Geschenk, aber ich kann es nicht annehmen, genauso wenig wie deinen Ring.«
«Behalt den Ring, verdammt noch mal!«Es war das erste Mal, daß Charly vor Vic fluchte.
«Chris und ich werden das Kind aufziehen. Sie möchte das Baby haben.«
«Vic, du bist vom College geflogen. Wie kannst du ein Kind ernähren? Und du, Chris? Ihr braucht mich.«
Die drei schwiegen einen Moment, dann wiederholte Charly:»Ihr braucht mich.«»Charly, du kannst nichts tun. Du mußt dein eigenes Leben leben.«
«Es ist auch mein Kind.«
«Möchtest du, daß dein Name auf der Geburtsurkunde steht?«, fragte Chris.
«Bist du sicher, daß es von mir ist?«Neuerlicher Zorn flammte in ihm auf.
«Da ich nie mit einem Mann geschlafen habe außer mit dir, ist es von dir, es sei denn, es war eine unbefleckte Empfängnis. «Chris zahlte es ihm mit gleicher Münze heim.
«Du bist also lesbisch, hast Vic verführt.«
«Quatsch. Sie hat mich nicht verführt«, sagte Vic.
«Du bist einfach eines Morgens aufgewacht und hast festgestellt, daß du eine Frau liebst?«Charly schüttelte den Kopf.
«Komischerweise ja. Ich liebe sie, Charly, und so schmerzlich es für dich sein mag, es ist die Wahrheit. Ich kann nicht vorgeben, dich auf diese Art zu lieben. Würde ich das tun, würdest du dir dauernd Fragen stellen, würdest unglücklich sein. Du würdest dich fragen, ob ich an diesem Tag mit ihr geschlafen habe. Männer konzentrieren sich anscheinend vor allem auf das Sexuelle.«
«Als ob das bei euch anders wäre!«Es fehlte nicht viel, und er hätte sie eine Heuchlerin genannt.
«Das bringt uns keinen Schritt weiter«, warf Chris klugerweise ein.»Charly, ich habe Vic nicht verführt. Es kam bei uns ganz spontan. Und ich liebe sie. Nein, ich kann ihr kein Geld geben, kein soziales Prestige, nichts von alledem. Ich wünschte, ich könnte es. Ich weiß nicht, was wir tun werden. Ich weiß nicht, wie wir ein Kind ernähren können, geschweige denn uns gegenseitig. Aber wie dem auch sei, ich liebe sie und will mein Bestes für sie tun.«
«Das sagt sich so leicht. Sie bringt ein viel größeres Opfer als du.«
«Charly, das ist unfair. Ihr Körper ist betroffen, nicht meiner.«
«Warum kannst du es nicht abtreiben lassen?«Charly fuchtelte aufgebracht mit den Händen in der Luft herum.
«Ich kann diesem Kind nicht das Leben nehmen. «Hastig fügte Chris hinzu:»Für mich ist das keine Alternative. Was andere Frauen tun, ist ihre Sache.«
«Gott, wenn du's doch wärst, Vic. «Charly hätte am liebsten die Hände vor die Augen gehalten und geweint. Er tat es aber nicht.
«Was würde das ändern?«Vic berührte seinen Unterarm.
«Du würdest mich heiraten.«
«Nein. Ich würde trotzdem Chris heiraten.«
«Das kann nicht dein Ernst sein.«
«Ist es aber.«
«Ich kapier das nicht. Ich kapier das einfach nicht. «Er starrte auf ihr schönes Gesicht.
«Es tut mir Leid. Ich wollte dir niemals wehtun. Ich kann es dir nicht verdenken, wenn du mich haßt, aber eines Tages wirst du es vielleicht verstehen.«
«Ich verstehe nur, daß du mich nicht heiraten willst und daß du dein Leben ruinierst. Ich begreife nicht, daß du Chris willst.«
«Wäre es einfacher, wenn sie ein Mann wäre?«
«Ja. Mit einem anderen Mann könnte ich mich schlagen.«
«Aber wenn ich dich wegen eines anderen Mannes verlassen würde, ob du dich mit ihm schlägst oder nicht, ich weiß nicht, ob der Schmerz sehr viel anders wäre.«
«Okay. «Er holte tief Atem.»Alles passiert auf einmal. Eine ganze Menge. Wollen wir es nicht erst mal ruhen lassen? Laßt uns nach Weihnachten darüber reden. Man weiß nicht, was wird. «Er hielt inne.»Wissen es deine Eltern?«
«Daß Chris schwanger ist?«
«Nein. Das mit dir und Chris.«
«Nein.«
«Vic, sie werden es vielleicht nicht so gut aufnehmen, wie du denkst.«
«Das wird nichts ändern an dem, was Chris und ich tun werden. Wir werden zusammenleben. Wir werden das Kind zusammen aufziehen.«
«Schon gut. Schon gut. «Er hob die Hände.»Aber manchmal bringt die Zeit die Dinge ins Lot.«»Charly, ich hoffe, ich bete, daß du mein Freund bleibst und daß du lernen wirst, Chris ein Freund zu sein.«
Chris, die auf einer anderen Schiene dachte, sagte:»Wir sind alle durcheinander. Es ist ein schwerer Schock. Und ich will dir auch nicht wehtun, Charly. Ich möchte Vic nicht verlieren. Und ich hoffe, die Zeit wird dir helfen, aber woher weiß ich, ob die Zeit dich nicht nur wütend macht? Woher weiß ich, daß du nicht eines Tages versuchen wirst, uns das Kind wegzunehmen?«
Daran hatte Vic nicht gedacht. Das wäre ihr nie in den Sinn gekommen. Ihr Verstand funktionierte nicht auf diese Weise.
«Wenn Vic und ich heiraten würden, hätte das Kind es gut.«
«Aber ich bin die Mutter.«
«Woher weiß ich, daß du Vic das Kind nicht wegnimmst? Was, wenn du sie verläßt?«
«Ich werde sie nicht verlassen. «Chris' Wangen färbten sich rot.
«Woher weißt du das? Welche Chance haben zwei Frauen in der Welt? Zwei arbeitslose Frauen mit einem Kind?«
«Welche Chance hat irgendwer am Anfang? Die Liebe ist alles, was wir haben. Alles, was irgendwer hat. Vielleicht mit dem einen Unterschied, daß wir von vornherein wissen, wie unfair die Welt ist«, erwiderte Vic.
«Vic, willst du dein Leben ruinieren?«
«Ich würde mein Leben ruinieren, wenn ich dich heiraten würde, und deins obendrein.«
Das drang endlich zu ihm durch.
«Herrgott. «Charly kämpfte mit den Tränen.
«Es tut mit Leid. «Vic wünschte inständig, sie hätte schon früher den Mut gehabt, es ihm zu sagen. Dann wäre der Schmerz nicht so groß gewesen. Sie gelobte sich, nie wieder so ein Feigling zu sein, wenn es um Gefühle ging. Sie wollte nie wieder jemanden so verletzen, wie sie jetzt Charly verletzte.
Er schloß die Augen und öffnete sie wieder.»Ich werde nicht versuchen, euch das Kind wegzunehmen. Aber ihr nehmt es mir auch nicht weg.«
«Wie meinst du das?«, fragte Chris ganz ruhig.
«Ich bin der Vater. Ich werde Unterhalt für das Kind bezahlen, und ich will mein Kind sehen.«
«Du willst bloß Vic sehen.«
«Natürlich will ich sie sehen. Aber es ist mein Kind, und Chris, ob es dir paßt oder nicht, ihr zwei werdet jede Hilfe brauchen, die ihr kriegen könnt.«
«Und wenn du heiratest?«Chris hätte das ungesagt lassen können, aber sie wollte, daß alles auf den Tisch kam.
«Ich will nur Vic.«
«Charly, ich glaube, sie will darauf hinaus, ob du und deine Frau versuchen würdet, uns das Kind wegzunehmen.«
«Ich hab doch gesagt, daß ich das nicht tun werde. Ich gebe euch mein Wort.«
«Danke. «Vic drückte seine Hand, dann ließ sie sie los.
Erst als Vic und Chris weg waren, konnte Charly endlich weinen.