Am 22. Dezember um halb elf klingelte das Telefon. Bis dahin war es himmlisch ruhig gewesen. abgesehen von Yolanda. Vic und Mignon waren unterwegs zur Futterhandlung. Sie kauften einen Sack proteinhaltiges Mischfutter, Mais, Melasse, weiteres Getreide und baten GooGoo (so genannt, weil er sich morgens, mittags und abends von GooGoo-Riegeln ernährte), einen Ballen Heu für Yolanda vorbeizubringen. Sie würde nicht so bald heimgeholt werden, da Edward um ihr Leben fürchtete.
Als Vic nach einer Stunde wieder die Zufahrt entlang gefahren kam, öffnete ihre Mutter die Hintertür und sagte:»Vic, ruf Chris an. Sie sagt, es ist wichtig. Ich muß schnell zu Regina Baptista. Lisa ist beim Ladendiebstahl erwischt worden.«
«Was?«Vic war überrascht, aber Mignon, die sich still verhielt, wunderte sich kein bißchen.
«Ich weiß nicht, wie lange ich weg sein werde. Zuallererst muß ich Regina beruhigen, die ihre überfließenden Gefühlsströme nicht in den Griff kriegt. Dann verfrachte ich Mutter und Tochter zu deinem Vater. Er wird das Nötige veranlassen.«
Vic und Mignon hasteten durch die Hintertür.
«Können wir irgendwas tun?«
«Nein, eigentlich nicht. Wenn's Probleme gibt, ruf ich an. Habt ihr das Futter für Yolanda?«
«Sie wird sich freuen. GooGoo bringt später Heu vorbei.«
«Wenn ich nach Hause komme, überlegen wir uns mal, ob wir den alten Tabakschuppen herrichten können. Der Gartenschuppen ist ein bißchen klein für sie. Trotzdem macht sie einen ganz zufriedenen Eindruck. Wir lassen uns was einfallen. Ah, ich weiß, was ihr tun könnt. «Sie sahen sie erwartungsvoll an.»Eine kleine Weide abgrenzen. Wir haben genug Krempel herumliegen, damit können wir sicher einen Zickzackzaun zusammenschustern. Falls das nicht klappt, kann Edward Holz für einen Bretterzaun vorbeibringen.«
«Ich kann keine Löcher für Pfähle graben, wenn der Boden gefroren ist. «Mignon hatte nicht die Absicht, Löcher zu graben.
«Es friert nur nachts, Herzchen. «R. J. lächelte sie übertrieben liebevoll an.»Also, haltet die Stellung.«
«Mom, falls Jinx mit dir hierher kommen möchte, bring sie mit, ja?«Vic, die vorgehabt hatte, sich heute mit Jinx zu treffen, fand, daß sie unter den gegebenen Umständen nicht zu den Baptistas fahren sollte.
«Jinx muß zu Hause bleiben und das mit ihrer Familie durchstehen. «Sie gab jeder Tochter einen Kuß auf die Wange und fuhr los.
Vic sagte zu Mignon:»Du hast's gewußt.«
«Äh-hm.«
«Du kannst tatsächlich Geheimnisse für dich behalten.«
«Bei Baptistas ist die Hölle los. «Mignon zuckte mit den Achseln.
«Frohe Feiertage«, sagte Vic sarkastisch.
«Hör mal, ich könnte deinen Ring für dich tragen, wenn deine Hand müde wird.«
«Raus mit dir!«Vic schob sie weg.»Lauschen verboten. Ich ruf meine Freundin an.«
«Sie schenkt dir bestimmt keinen fünfkarätigen Diamanten. Du wirst Charly den Ring zurückgeben müssen.«
«Wenn sie einen hätte, würde sie ihn mir schenken. Und, du Klugscheißerin, ich hab versucht, ihm den Ring zurückzugeben, ehrlich.«
«Siehst du, das ist das eigentliche Problem, wenn man lesbisch ist. Kein Verlobungsring. Keine Hochzeitsgeschenke. Keine Flitterwochen.«
«Jeder Tag ist Flittertag. Verdufte. Ich find dich schon, wenn ich fertig bin, dann können wir die Weide für Yolanda abgrenzen.«
Mignon stapfte die Treppe hinauf. Sie mußte noch Geschenke einpacken, und sie rechnete damit, daß Vic eine ganze Weile telefonieren würde, zumal R. J. nicht da war.
Vic wählte die Vorwahl 717 und Chris' Nummer. Chris nahm ab.»Vic, Gott sei Dank.«
«Ich war heute Morgen weg, Kuhfutter besorgen und.«
Chris unterbrach sie.»Kannst du mich um halb drei in Norfolk vom Flugplatz abholen?«
«Chris, was ist passiert?«
Es folgte ein ersticktes Schweigen, dann ein tiefer Atemzug.»Ich bin schwanger.«