Par Ohmsford träumte.
Er lief durch einen Wald, der dunkel vor Schatten und bar allen Lebens war. Es war Nacht, der Himmel, der durch den belaubten Baldachin der Zweige schimmerte, hatte ein tiefes, der Sterne und des Mondes beraubtes Blau. Par konnte es deutlich sehen, während er lief, obwohl er keine Lichtquelle ausmachen konnte. Die Stämme der Bäume bewegten sich vor ihm, schwankten wie Grashalme im Wind, zwangen ihn, beiseite zu springen und im Zickzack zu gehen, um ihnen auszuweichen. Zweige reichten herab und strichen über sein Gesicht und seine Arme und versuchten ihn zurückzuhalten. Stimmen flüsterten, riefen ihm wieder und wieder etwas Unverständliches zu.
Schattenwesen. Schattenwesen.
Er hatte Angst.
Die Kleidung, die er trug, war feucht vor Schweiß, und er konnte spüren, wie die Stiefel an seinen Knöchel scheuerten. Hin und wieder kam er an Rinnsalen und Teichen vorüber, und er war gezwungen, sie zu überspringen oder die Richtung zu ändern, denn er wußte instinktiv, daß es Sumpflöcher waren, die ihn hinabziehen würden, wenn er sie beträte. Während er lief, lauschte er auf die Geräusche anderer Lebewesen. Er dachte, daß er doch nicht derart verlassen sein könnte, daß ein Wald auch noch andere Lebewesen beherbergen müßte. Er dachte ebenfalls, daß der Wald schließlich enden müßte, daß er nicht unendlich weiterführen könnte. Aber je weiter er lief, desto tiefer wurde die Stille und desto dunkler wurde der Wald. Kein Geräusch durchbrach das Schweigen. Kein Licht drang durch die Bäume.
Nach einiger Zeit bemerkte er, daß ihm etwas folgte, ein namenloses schwarzes Wesen, das genauso schnell lief wie er und ihn so sicher wie sein eigener Schatten begleitete. Er wollte ihm entkommen, indem er schneller lief, aber er konnte es nicht. Er wollte ihm entkommen, indem er die Richtung änderte, zuerst hierhin und dann dorthin, aber das Wesen änderte die Richtung mit ihm. Er wollte sich flach gegen einen riesigen alten Stamm unbestimmbarer Herkunft pressen, aber das Wesen blieb bei ihm stehen und wartete.
Es war das Wesen, das ihm zuflüsterte.
Schattenwesen. Schattenwesen.
Er lief weiter, denn er wußte nicht, was er tun sollte, und ein Gefühl der Panik durchströmte ihn. Verzweiflung machte alle Hoffnung zunichte. Er war von den Bäumen und der Dunkelheit gefangen und konnte nicht entkommen, und er wußte, daß das Wesen ihn früher oder später erwischen würde. Er konnte das Blut in seinen Ohren pochen und den abgehackten Rhythmus seines Atems hören. Seine Brust hob und senkte sich heftig, und seine Beine schmerzten. Er glaubte nicht, daß er weitergehen könnte, aber er wußte auch, daß er nicht stehenbleiben konnte. Er griff nach seinen Waffen und stellte fest, daß er keine bei sich trug. Er versuchte, durch reine Willenskraft jemanden dazu zu bringen, ihm beizustehen, aber die Namen und Gesichter jener, die er hätte rufen können, wollten nicht kommen.
Dann befand er sich wieder am Ufer eines Flusses, der dunkel und schnell in der Nacht, voller Kraft sein breites, gerades Flußbett hinabschoß. Er wußte, daß es nicht wirklich ein Fluß war, daß es etwas anderes war, aber er wußte nicht, was das sein konnte. Er sah eine Brücke, die ihn überspannte, und eilte auf sie zu. Hinter sich konnte er das Wesen folgen hören. Er sprang auf die Brücke, die sich weit wölbte und aus Holzplanken und Eisennägeln erbaut war. Seine Stiefel machten beim Laufen keine Geräusche. Seine Schritte blieben lautlos. Die Brücke war ihm als Fluchtweg erschienen, als er begonnen hatte, sie zu überqueren, aber jetzt merkte er, daß er das andere Ufer nicht sehen konnte. Er schaute zurück, und der Wald war ebenfalls verschwunden. Der Himmel hatte sich gesenkt, und das Wasser war gestiegen, und plötzlich befand er sich in einer Falle, die sich um ihn schloß.
Das Wesen, das ihn verfolgte, zischte. Es gewann schnell an Boden, und es wuchs, während sich die Falle verengte.
Par wandte sich dann um, denn er wußte, daß er nicht entkommen konnte, daß er in eine Falle geführt worden war, daß alles, was er mit seinem Davonlaufen zu gewinnen erhofft hatte, verloren war. Er wandte sich um und erinnerte sich währenddessen daran, daß er doch nicht wehrlos war, daß er die Macht des Wunschgesangs besaß und daß die Elfenmagie ihn vor allem schützen konnte. Eine Woge der Hoffnung durchflutete ihn, und er rief die Magie zu seinem Schutz herauf. Sie schoß als wilder, euphorischer Ansturm weißen Lichts durch ihn hindurch, wodurch sein Blut in Feuer und sein Körper in Eis verwandelt wurde. Er spürte, wie es ihn ausfüllte, spürte, wie es ihn in die Rüstung seiner Macht hüllte und ihn unverwundbar machte.
Er sah dem Wesen, das ihm folgte, erwartungsvoll entgegen.
Es kroch aus der Nacht heraus wie eine Katze, ein Wesen ohne Form oder Substanz. Er konnte es spüren, lange bevor er es sah. Er konnte spüren, wie es ihn beobachtete, dann wie es atmete, dann wie es sich heranzog. Es befand sich zuerst auf einer Seite und dann auf der anderen und schließlich überall. Aber er wußte, daß er so lange nicht in Gefahr war, bis er das Gesicht des Wesens sehen konnte. Es wand und drehte sich um ihn herum, blieb sorgfältig außer Reichweite, und er wartete darauf, daß es müde würde.
Dann begann es sich zu materialisieren, und es war nicht seltsam oder mißgebildet und auch nicht so groß. Sein Körper hatte die Größe und Gestalt seines eigenen, und es stand direkt vor ihm und glich ihm in allem. Bis auf sein Gesicht. Er ließ die Magie des Wunschgesangs in seine Fingerspitzen fließen und hielt sie dort fest wie einen in einer Bogensehne zurückgezogenen Pfeil, fest angespannt, voller Begierde, ausgelöst zu werden, rasiermesserscharf. Das Wesen vor ihm beobachtete ihn. Sein Kopf war jetzt ihm zugewandt, aber sein Gesicht war trübe und verschwommen. Seine Stimme flüsterte erneut.
Schattenwesen. Schattenwesen.
Dann setzte sich sein Gesicht zusammen, und Par betrachtete sich selbst.
Schattenwesen. Schattenwesen.
Par erschauerte und ließ die Magie des Wunschgesangs auf das Wesen zuschießen. Das Wesen fing sie auf, und sie war fort. Par sandte die Magie ein zweites Mal, ein Hammerschlag der Macht, der das Wesen in Rauch verwandeln mußte. Das Wesen schluckte sie, als sei sie Luft. Sein Gesicht lächelte ihn an, wirkte hohl und an den Rändern ausgefranst, ein Trugbild, das wieder in der Hitze zu verschwinden drohte.
Weißt du nicht?
Erkennst du nicht?
Die Stimme flüsterte listig und haßerfüllt auf ihn ein, und er griff erneut an, und wieder und wieder flog die Magie aus ihm heraus. Aber etwas Seltsames geschah. Je stärker er die Magie anrief, desto erfreuter schien das Wesen zu sein. Er konnte seine Befriedigung spüren, als sei sie greifbar. Er konnte sein Vergnügen spüren. Das Wesen verwandelte sich, gewann noch mehr an Substanz, nährte sich von der Magie und saugte sie in sich ein.
Verstehst du nicht?
Par stöhnte auf und trat zurück. Er war sich jetzt bewußt, daß er sich ebenfalls verwandelte, Form und Gestalt verlor und sich zersetzte wie Holz, das zu Asche wird. Er klammerte sich verzweifelt an sich selbst und sah, wie die Hände durch seinen Körper hindurchglitten. Das Wesen kam näher und streckte sich nach ihm aus. Er sah sich selbst in seinen Augen widergespiegelt.
Schattenwesen. Schattenwesen.
Er sah sich selbst, und er erkannte, daß kein Unterschied mehr zwischen ihnen bestand. Er selbst war zu dem Wesen geworden.
Er schrie, als es ihn in seine Arme nahm und ihn langsam in sich hineinzog.
Der Traum endete, und Par wachte taumelnd auf. Er war benommen, und sein Atem klang in der Stille abgehackt und rauh. Nur ein Traum, dachte er. Er legte das Gesicht in die Hände und wartete darauf, daß die Benommenheit verging. Ein Alptraum, aber so real! Er schluckte gegen seine Angst an.
Dann öffnete er die Augen wieder und schaute sich um. Er befand sich in einem Raum, der so dunkel war wie der Wald, durch den er geflohen war. Der Raum roch nach Moder und Verfall. Die Fenster in einer gegenüberliegenden Wand öffneten sich in den bewölkten und mondlosen Nachthimmel. Die Luft fühlte sich heiß und stickig an, und es wehte kein Wind. Er saß auf einem Bett, das kaum mehr als ein Holzrahmen und ein Strohsack war, und seine Kleidung war feucht und steif von getrocknetem Schmutz.
Dann erinnerte er sich.
Die Ebenen, der Sturm, der Kampf mit Coll, daß sie die Magie des Schwertes von Shannara ausgelöst hatten, das Herannahen der Schattenwesen, das Erscheinen des Königs vom Silberfluß, das Licht und dann das Dunkel – die Bilder zogen blitzartig an ihm vorüber.
Wo war er?
Ein Licht flackerte plötzlich von der anderen Seite des Raumes her auf, ein schimmerndes Glühwürmchen, das auf den Fingerspitzen eines bis zum Ellenbogen behandschuhten Armes saß. Das Licht ließ sich auf einer Lampe nieder, und die Lampe wurde hell und warf ihren Schein über die Schatten.
»Jetzt, wo du wach bist, können wir uns vielleicht unterhalten.«
Eine Gestalt in einem schwarzen Umhang trat ins Licht. Sie war groß und schlank, und ihr Kopf war mit einer Kapuze bedeckt. Sie bewegte sich lautlos, anmutig und leicht, und auf der Brust schimmerte das weiße Emblem eines Wolfskopfes.
Felsen-Dall.
Par spürte von Kopf bis Fuß Kälte, und er konnte sich nur mühsam daran hindern, davonzustürzen. Er betrachtete schnell die Steinmauern rundum, die Riegel an den Fenstern, die eisenbeschlagene Holztür, die hinter Felsen-Dall geschlossen worden war. Er befand sich in der Südwache. Er sah sich nach dem Schwert von Shannara um. Es war fort. Und Coll war auch nicht da.
»Du scheinst nicht gut geschlafen zu haben.«
Felsen-Dalls flüsternde Stimme schwebte durch die Stille. Er zog die Kapuze zurück, und sein grobknochiges, bärtiges Gesicht wurde im Licht gefangen. Es blieb eine ausdruckslose Maske. Wenn Felsen-Dall Pars Qual bemerkte, so zeigte er es nicht. Er trat zu einem Stuhl und setzte sich hin. »Möchtest du etwas essen?«
Par schüttelte den Kopf. Er traute sich nicht zu sprechen. Seine Kehle fühlte sich trocken und eng an, und seine Muskeln waren verkrampft. Gerate nicht in Panik, sagte er sich. Bleibe ruhig. Er zwang sich, langsam und tief und regelmäßig zu atmen. Er schwang seine Beine auf dem Bett herum und stellte die Füße auf den Boden, versuchte aber nicht aufzustehen. Felsen-Dall beobachtete ihn aus unermeßlich tiefen Augen. Sein Mund war eine schmale, zusammengepreßte Linie, sein Körper regungslos. Wie eine Katze auf dem Sprung, dachte Par.
»Wo ist Coll?« fragte er, und seine Stimme klang fest.
»Der König vom Silberfluß hat ihn mitgenommen.« Die flüsternde Stimme klang glatt und seltsam tröstlich. »Er hat auch das Schwert von Shannara mitgenommen.«
»Aber es ist Euch gelungen, ihn daran zu hindern, auch mich mitzunehmen.«
Der Erste Sucher lachte leise. »Das hast du selbst getan. Ich hatte nichts damit zu tun. Du hast den Wunschgesang benutzt, und die Magie hat gegen dich gearbeitet. Sie zwang den König vom Silberfluß von dir fort.« Er hielt inne. »Die Magie wird immer unberechenbarer, nicht wahr? Erinnerst du dich, wie ich dich davor gewarnt habe?«
Par nickte. »Ich erinnere mich. Ich erinnere mich an alles. Aber es ist nicht wichtig, an was ich mich erinnere, denn ich würde Euch nicht einmal glauben, wenn Ihr mir sagtet, daß die Sonne im Osten aufgeht. Ihr habt mich von Anfang an belogen. Ich weiß nicht, warum, aber Ihr habt es getan. Und ich werde nicht mehr zuhören, also könnt Ihr genausogut tun, was Ihr vorhattet, und es dabei bewenden lassen.«
Felsen-Dall betrachtete ihn schweigend. Dann sagte er: »Sage mir, worin ich dich belogen habe.«
Par war zornig. Er wollte sprechen, hielt aber dann inne, denn er wurde sich plötzlich der Tatsache bewußt, daß er sich an keine spezifische Lüge des großen Mannes erinnern konnte. Die Lügen waren da, so deutlich wie der Wolfskopf, der auf den schwarzen Gewändern schimmerte, aber er konnte sie anscheinend nicht greifen.
»Ich habe dir bei unserer Begegnung gesagt, daß ich ein Schattenwesen bin. Ich habe dir das Schwert von Shannara gegeben und zugelassen, daß du es gegen mich ausprobierst, um herauszufinden, ob ich log. Ich habe dich gewarnt, daß deine Magie eine Gefahr für dich sein könnte, daß sie dich verwandeln würde und daß du sie vielleicht nicht ohne Hilfe würdest kontrollieren können. Worin lag bei alledem die Lüge?«
»Ihr habt meinen Bruder gefangengenommen, nachdem Ihr mich glauben gemacht hattet, ich hätte ihn getötet!« heulte Par drohend. Trotz seines Entschlusses hatte er sich erhoben. »Ihr habt mich glauben lassen, er sei tot! Dann habt Ihr ihn mit dem Spiegeltuch entkommen lassen, damit er ein Schattenwesen würde und ich ihn erneut töten müßte! Ihr habt uns gegeneinander ausgespielt!«
»Habe ich das?« Felsen-Dall schüttelte den Kopf. »Warum sollte ich das tun? Was würde mir das einbringen? Sage mir, welchem Zweck irgend etwas davon dienen sollte?« Er blieb vor dem Zorn auf Pars Gesicht ruhig sitzen und wartete ab. Par stand da und sah ihn an, antwortete aber nicht. »Nein? Dann hör mir zu. Ich habe dich nicht glauben gemacht, du hättest Coll getötet – das hast du selbst getan. Deine Magie hat das getan. Sie hat dich verwirrt und hat das, was du sahst, verändert. Erinnerst du dich, Par? Erinnerst du dich daran, wie du geglaubt hast, du hättest die Kontrolle verloren?«
Par hielt den Atem an. Ja, genau so war es gewesen, ein Gefühl, als schwebe er aus sich selbst heraus, als würde er fortgetragen.
Der große Mann nickte. »Meine Sucher haben deinen Bruder gefunden, nachdem du geflohen warst, und haben ihn zu mir gebracht. Ja, sie sind rauh mit ihm umgegangen, aber sie wußten nicht, wer er war, nur daß er sich dort befand, wo er sich nicht befinden sollte. Ich habe ihn in der Südwache gefangengehalten, ja – ich habe versucht, ihn zu überreden, mir zu helfen. Er sollte dich finden. Ich glaubte, daß er meine letzte Chance sei. Als er entkam, nahm er das Spiegeltuch mit sich – aber ich habe ihm nicht dabei geholfen, es zu stehlen. Er hat es selbst genommen. Ja, es hat ihn umgewandelt, denn die Magie ist zu stark für einen normalen Menschen. Du, Par, hättest es tragen können, ohne beeinflußt zu werden. Und ich habe euch nicht als Gegner gesehen, das hast du selbst getan. Jedesmal, wenn ich zu dir kam, habe ich zu helfen versucht, und jedesmal bist du vor mir davongelaufen. Es ist an der Zeit, daß das Davonlaufen aufhört.«
»Ich bin sicher, daß Euch das gefallen würde!« fauchte Par wütend. »Es würde die Dinge so sehr vereinfachen!«
»Denke über das nach, was du sagst, Par. Es ist unvernünftig.«
Par biß die Zähne zusammen. »Unvernünftig? Wo auch immer ich hingehe, warten Schattenwesen und versuchen mich und meine Freunde zu töten. Was war mit Damson Rhee und Padishar Creel in Tyrsis? Ich vermute, das war alles ein Irrtum?«
»Ein Irrtum, aber nicht meiner«, antwortete Felsen-Dall ruhig. »Die Föderation hat euch dort verfolgt, hat das Mädchen gefangengenommen und dann folglich auch den Anführer der Geächteten. Die Sucher, die du im Wachturm getötet hast, als du das Mädchen befreit hast, waren auf Befehl der Föderation dort. Sie wußten nicht, wer du warst, nur daß du ein Eindringling warst. Dafür haben sie mit ihrem Leben bezahlt. Du mußt zugeben, daß darin eine gewisse Logik liegt.«
Par schüttelte den Kopf. »Ich glaube Euch nicht. Ich glaube nichts von alledem, was Ihr sagt.«
Felsen-Dall bewegte sich auf seinem Stuhl ein wenig, und Par nahm es als ein Kräuseln von Schwärze wahr. »Das hast du jedesmal gesagt, wenn wir uns unterhielten. Aber jeglicher konkrete Grund für deinen Standpunkt scheint dir zu fehlen. Wann habe ich etwas getan, was dich bedroht hätte? Wann habe ich etwas anderes getan, als aufrichtig zu sein? Ich habe dir die Geschichte der Schattenwesen erzählt. Ich habe dir gesagt, daß die Magie unser Geburtsrecht ist, ein Geschenk, das hilfreich sein kann und das retten kann. Ich habe dir gesagt, daß die Föderation der Feind ist, daß sie uns überall gejagt und vernichtet hat, weil sie fürchtet und haßt, was sie nicht verstehen kann oder will. Feinde, Par? Nicht du und ich. Wir sind Verwandte. Wir sind gleich.«
Par sah plötzlich seinen Traum, und die Erinnerung daran entzündete etwas Dunkles und Unerbittliches in ihm. Vor sich selbst davongelaufen, vor der Magie, vor seinem Geburtsrecht, vor seinem Schicksal – es war möglich, nicht wahr?
»Wenn wir Verwandte sind, wenn Ihr nicht der Feind seid, dann werdet Ihr mich gehen lassen«, forderte er.
»O nein, dieses Mal nicht.« Der große Mann schüttelte den Kopf, sein Lächeln aber war nur eine Verzerrung seiner Mundwinkel. »Das habe ich schon zuvor getan, und du hast dich fast selbst vernichtet. So dumm werde ich nicht wieder sein. Dieses Mal werden wir meinen Weg probieren. Wir werden reden, in Augenschein nehmen, erforschen, entdecken und hoffentlich lernen. Danach kannst du gehen.«
Par schüttelte verärgert den Kopf. »Ich will nicht reden. Es gibt nichts, worüber wir reden müßten.« Er funkelte den anderen an. »Wenn Ihr mich festzuhalten versucht, werde ich den Wunschgesang gebrauchen.«
Felsen-Dall nickte. »Tu es, gebrauche ihn.« Er hielt inne. »Aber denke daran, was die Magie dir antut.«
Sie verwandelt mich, dachte Par in Erkenntnis der Bedeutung der Warnung. Jedesmal, wenn ich sie gebrauche, verwandelt sie mich mehr. Jedesmal verliere ich ein wenig mehr an Kontrolle. Ich versuche, es nicht zuzulassen, aber ich kann es anscheinend nicht verhindern. Und ich weiß nicht, was die Konsequenzen sein werden, aber es fühlt sich nicht so an, als würden sie erfreulich sein.
»Ich bin kein Schattenwesen«, sagte er teilnahmslos.
Felsen-Dalls Blick war ausdruckslos und fest. »Das ist nur ein Wort.«
»Das ist mir egal. Ich bin es nicht.«
Der Erste Sucher erhob sich und trat zum Fenster hinüber. Er schaute wie abwesend und fern in die Nacht hinaus. »Es pflegte mich zu beunruhigen, wer ich war und als was ich bezeichnet wurde«, sagte er. »Ich dachte, ich sei ein Monstrum, eine gefährliche Abweichung von der Norm. Aber ich habe gelernt, daß das falsch war. Es war nicht wichtig, was andere Leute von mir dachten. Wichtig war, was ich selbst von mir dachte. Wenn ich es zuließ, von der Meinung anderer Leute geformt zu werden, würde ich zu dem werden, was sie mich werden lassen wollten.«
Er wandte sich wieder zu Par um. »Die Schattenwesen werden grundlos vernichtet. Wir werden grundlos beschuldigt. Wir besitzen Magie, die auf viele Arten helfen kann, und man erlaubt uns nicht, sie zu gebrauchen. Frage dich selbst, Par – inwiefern ist es für dich anders?«
Par war plötzlich erschöpft. Er wurde niedergedrückt von der Bedeutung dessen, was mit ihm geschehen war, und von der Verwirrung über das, was es vielleicht bedeuten konnte. Felsen-Dall war ruhig und glatt und unerschütterlich. Seine Argumente waren überzeugend. Par konnte sich nicht vorstellen, daß der Erste Sucher gelogen haben könnte. Er hatte es nicht greifen können, als er ihn hatte verletzen wollen. Es war ihm immer so erschienen, daß er der Feind war – und Allanon und Cogline hatten es auch so gesagt –, aber wo war der Beweis dafür? Wo waren, was das betraf, der Druide und der alte Mann? Wo war überhaupt jemand, der ihm helfen könnte?
Die Erinnerung an seinen Traum verfolgte ihn. Wieviel Wahrheit war in dem Traum enthalten gewesen?
Er wandte sich wieder dem Bett zu, von dem er aufgestanden war, und setzte sich erneut hin. Es schien, als sei von dem Moment an, in dem er die Aufgabe Allanons, das Schwert von Shannara wiederzuerlangen, angenommen hatte, für ihn nichts mehr richtig verlaufen. Nicht einmal das Schwert selbst hatte für ihn irgendeinen Nutzen gehabt. Er war allein und verlassen und hilflos. Er wußte nicht, was er tun sollte.
»Warum schläfst du nicht noch ein wenig«, schlug Felsen-Dall ruhig vor. Er ging bereits auf die Tür zu. »Ich werde dir bald etwas zu essen und zu trinken bringen lassen, und wir können dann später weiterreden.«
Er war durch die Tür und schon fast fort, bevor Par auch nur daran dachte, aufzuschauen. Der Talbewohner stand schnell auf, um ihn aufzuhalten, und setzte sich dann gleich wieder. Das merkwürdige Gefühl zu taumeln war zurückgekehrt. Sein Körper fühlte sich schwach und bleiern an. Vielleicht sollte er wieder schlafen. Vielleicht würde er die Dinge danach besser durchdenken können.
Schattenwesen. Schattenwesen.
War es möglich, daß er eines war?
Er rollte sich auf seinem Bett zusammen und ließ sich davontreiben.
Er träumte erneut, und dieser zweite Traum war eine Variation des ersten, war genauso düster und erschreckend. Er wachte schweißgebadet, zitternd und völlig erschöpft auf und sah durch seine Fenster, wie das Tageslicht den Himmel erhellte. Essen und Trinken wurden von einem schwarz gewandeten, lautlosen Schattenwesen gebracht, und er dachte einen Moment lang daran, das Wesen mit seiner Magie zu vernichten und zu fliehen. Aber er zögerte, denn er war sich der Weisheit so eines Plans nicht sicher, der Moment verging, und die Tür schloß sich für ihn einmal mehr.
Er aß und trank und fühlte sich nicht besser. Er saß in der Düsterkeit seines Gefängnisses und lauschte auf die Stille. Hin und wieder konnte er die Schreie der Reiher und Kraniche von dort draußen hören und ein leises Pfeifen des Windes an der Festungsmauer. Er trat an die Fenster und sah hinaus. Er schaute gen Osten in die aufgehende Sonne hinein. Unter ihm wand sich der Mermidon aus dem Runne heraus und setzte seinen Weg zum Regenbogensee hinab fort. Seine Wasser waren angeschwollen von dem Unwetter und mit Schutt versetzt. Die Fenster waren tiefliegend und erlaubten nicht mehr als einen flüchtigen Blick auf das umliegende Land, aber er konnte die Bäume und Gräser riechen und das Vorüberfließen des Flusses hören.
Danach setzte er sich erneut auf sein Bett und versuchte darüber nachzudenken, was er tun sollte. Während er das tat, wurde ihm ein Summen aus den Tiefen der Festung bewußt, eine seltsame Vibration, die wie Donner bei einem Unwetter durch das Gestein und das Eisen lief. Sie klang tief und beharrlich und schien wie eine stetige, unaufhörliche Woge zu verlaufen, aber hin und wieder dachte er, er könne es brechen spüren und in seinem Wimmern etwas anderes hören. Er lauschte sorgfältig darauf, spürte seine Bewegung in seinem Körper und fragte sich, was es war.
Der Tag strebte dem Mittag zu, als Felsen-Dall zurückkehrte. So dunkel, daß er das Licht um sich herum zu absorbieren schien, glitt er wie ein Schatten durch die Tür und materialisierte sich erneut auf dem Stuhl. Er fragte Par, wie er sich fühle, wie er geschlafen habe, ob er genug zu essen und zu trinken bekommen habe. Er war freundlich und ruhig und bestrebt, sich zu unterhalten, aber auch abweisend, als fürchte er, daß jeder Versuch, zu nah heranzukommen, vorhandene Wunden nur verschlimmern würde. Er sprach erneut von den Schattenwesen und der Föderation, von dem Fehler, den Par beging, wenn er diese beiden verwechselte, daß es gefährlich sei, wenn er glaubte, daß sie beide Feinde wären. Er sprach erneut von seinem Mißtrauen gegenüber den Druiden, von den Arten, wie sie manipulierten und täuschten, von ihrer Besessenheit von der Macht und ihrem Gebrauch. Er erinnerte Par an die Geschichte seiner Familie – wie die Druiden die Ohmsfords benutzt hatten, um Ziele zu erreichen, die sie für notwendig gehalten, und dabei die Leben jener für immer verändert hatten, die sie benutzten.
»Du würdest nicht unter der Wandelbarkeit des Wunschgesangs leiden, wenn nicht das gewesen wäre, was Wil Ohmsford vor Jahren angetan wurde«, erklärte er, und seine Stimme war wie immer leise und zwingend. »Du kannst genausogut darüber nachdenken wie ich, Par. Alles, was du in diesen letzten Wochen durchgemacht hast, wurde von den Druiden und ihrer Magie herbeigeführt. Wer trägt die Schuld daran?«
Dann sprach er von der Krankheit der Vier Länder und den Schritten, die unternommen werden mußten, um eine Heilung zu beschleunigen. Es seien nicht die Schattenwesen, die diese Krankheit verursachten. Es sei die Mißachtung der Rassen durch jene, die einst so vorsichtig geschützt und bewahrt hatten. Wo waren die Elfen, als sie gebraucht wurden? Fort, weil die Föderation sie vertrieben hatte, voller Angst wegen der Magie, die ihnen als Vermächtnis hinterlassen worden war. Wo waren die Zwerge, die immer die besten Hüter gewesen waren? In der Sklaverei, von der Föderation unterworfen, damit sie keine Bedrohung für die Südlandregierung mehr darstellen konnten.
Er sprach eine Zeitlang, und dann war er plötzlich wieder fort, in das Gestein und die Stille der Festung verschwunden. Par saß da, wo er zurückgelassen worden war, und bewegte sich nicht. Er hörte das Flüstern des Ersten Suchers in seinem Geist – den Rhythmus seiner Stimme, den Klang seiner Worte und die Litanei seiner Argumente, wie sie begann und endete und erneut begann. Der Nachmittag verging, und die Sonne versank im Westen. Die Dämmerung brach herein, und sein Abendessen wurde gebracht. Er nahm an, was ihm von dem schweigsamen Träger gebracht wurde, und dieses Mal dachte er nicht an einen Fluchtversuch. Er aß und trank, ohne darauf zu achten, betrachtete die Mauern seines Raumes und dachte nach.
Die Nacht brach herein, und mit ihr kam Felsen-Dall erneut zu ihm. Par sah ihm dieses Mal entgegen, erwartete ihn, spürte ihn im voraus wie den Donner bei einem Unwetter. Er hörte den Türgriff nachgeben, sah, wie die Tür sich öffnete, und beobachtete, wie der Erste Sucher hindurchtrat. Die schwarzgekleidete Gestalt ging wortlos zu dem Stuhl und setzte sich. Sie sahen einander schweigend an und maßen einander.
»Was habe ich dir noch nicht erzählt, was ich dir erzählen sollte?« fragte Felsen-Dall schließlich reglos aus den zunehmenden Schatten. »Welche Antworten kann ich geben?«
Par schüttelte den Kopf. Der Erste Sucher hatte ihm zu viele Antworten und zu viel zu überlegen gegeben, und das alles taumelte in seinem Geist umher wie gefärbtes Glas in einem Kaleidoskop. Ein Teil von ihm widerstand weiterhin allem, was er hörte, blieb starrsinnig und unbeugsam. Diese Seite seines Wesens wollte ihn nichts glauben lassen, wollte ihn nicht einmal nachdenken lassen. Par wünschte, er würde das Grübeln beenden können. Sein Schlaf war von Alpträumen erfüllt, und sein Wachen war von einem sinnlosen Kampf der Möglichkeiten bevölkert. Er wollte, daß dies alles bald endete.
Doch das sagte er Felsen-Dall nicht. Er fragte statt dessen nach den Geräuschen in der Festung, dem Summen, das durch die Mauern drang, dem Schreien und Jammern, dem Gefühl, daß sich dort etwas bewegte. Der Erste Sucher lächelte. Die Erklärung war einfach. Was Par hörte, war der Mermidon, der unter dem Keep durch einen unterirdischen Tunnel hindurchströmte und dessen Wasser gegen die Mauern uralter Höhlen dort unten schlug. Manchmal konnte man die Vibration meilenweit spüren. Manchmal konnte man sie in seinen Knochen spüren.
»Stören sie deinen Schlaf?« fragte der große Mann.
Par schüttelte den Kopf. Die Alpträume störten seinen Schlaf. »Wenn ich beschließen sollte, Euch zu glauben«, sagte er und ließ die Worte herausschlüpfen, bevor seine starrsinnige Seite es sich anders überlegen konnte, »was würdet Ihr dann tun, um mir bei der Kontrolle über die Magie des Wunschgesangs zu helfen?«
Felsen-Dall saß vollkommen still. »Ich würde dich lehren, sie zu beherrschen. Ich würde dich lehren, dich damit wohl zu fühlen. Du könntest lernen, wie du sie wieder gebrauchen und dabei sicher sein kannst.«
Par starrte vor sich hin, ohne etwas zu sehen. Er wollte glauben. »Ihr denkt, Ihr könntet das tun?«
»Ich habe jahrelang Zeit gehabt, zu lernen, wie das möglich ist. Ich war gezwungen, es mit meiner eigenen Magie zu tun, und die Lektionen waren nicht an mich verschwendet. Die Magie ist eine mächtige Waffe, Par, und sie kann sich gegen dich wenden. Du brauchst Disziplin und Verständnis, um sie richtig beherrschen zu können. Das kann es dich lehren.«
Pars Geist fühlte sich bleiern an, und seine Augen fielen zu. Seine Müdigkeit war eine dunkle Wolke, die ihn nicht nachdenken lassen wollte. »Ich denke, wir könnten darüber sprechen«, sagte er.
»Sprechen, ja. Aber auch ausprobieren.« Felsen-Dall beugte sich gespannt vor. »Kontrolle über die Magie erwächst aus Übung, sie ist ein erworbenes Können. Die Magie ist ein Geburtsrecht, aber sie braucht Übung.«
»Übung?«
»Ich könnte es dir zeigen. Ich könnte dich in meinen Geist gelangen lassen, dich sehen lassen, wie die Magie in mir funktioniert. Ich könnte dir Zugang zu den Arten geben, wie ich sie blockiere und lenke. Dann könntest du dasselbe für mich tun.«
Par schaute auf. »Wie?«
»Du könntest mich in deinen Geist sehen lassen. Du könntest mich die Schutzfunktionen, die du brauchst, auskundschaften und mich helfen lassen, sie zu installieren. Wir könnten zusammenarbeiten.«
Er fuhr fort, erklärte sorgfältig und überzeugend, aber Par hatte aufgehört, ihm zuzuhören, denn er fühlte sich durch etwas vage Beunruhigendes blockiert, etwas, dem jegliche Identität fehlte, das aber dennoch da war. Der starrsinnige Teil, der sich weigerte, irgend etwas von dem zu glauben, was der Erste Sucher gesagt hatte, hatte sich keuchend erhoben und seinen Geist wie eine Falltür verschlossen. Er gab vor, zuzuhören, hörte Bruchstücke von dem, was der andere sagte, und gab Antworten, die nichts eingestanden.
Was war es? Was war los?
Nach einiger Zeit ließ Felsen-Dall ihn wieder allein. »Denke über das nach, was ich dir gesagt habe«, drängte er. »Überlege dir, was getan werden kann.« Die Nacht brach herein. Par legte sich zum Schlafen nieder, ohne Grund erschöpft, und kämpfte dann gegen den Drang an, die Augen zu schließen, weil er nicht wollte, daß die Alpträume erneut kämen. Er schaute zur Decke und dann aus den Fenstern in einen klaren und sternenerfüllten Himmel. Er dachte an seinen Bruder und an das Schwert von Shannara, und er fragte sich, was der König vom Silberfluß mit ihnen gemacht hatte. Er dachte an Damson und Padishar, Walker und Wren und an all die anderen, die in diese Bemühungen eingebunden gewesen waren. Er fragte sich vage, was diese Bemühungen bewirkt haben konnten.
Schließlich schlief er ein, indem er entglitt, bevor er wußte, was geschah, und in tröstliche Dunkelheit versank. Aber der Alptraum kam sofort heran, und er erlebte zum dritten Mal eine Konfrontation mit sich selbst als einem Schattenwesen. Er schlug um sich und wand sich und kämpfte darum, aufwachen zu können, und lag danach schwitzend und keuchend in der Dunkelheit.
Dann erkannte er mit tödlicher Sicherheit, daß etwas furchtbar falsch war.
Was war das, was mit ihm geschah? Er konnte nicht schlafen, ohne zu träumen, und der Traum war immer derselbe. Er aß, aber er verlor an Kraft. Er verbrachte seine Zeit in diesem Raum, indem er nichts tat, und doch war er immer müde. Er konnte nicht geradlinig denken. Er konnte sich nicht konzentrieren. Seine Energie wurde abgezogen.
Dies geschah nicht zufällig, warnte er sich. Irgend etwas war die Ursache hierfür.
Er saß aufrecht auf dem Bett, schwang seine Beine zu Boden und starrte in die Schatten des Raumes. Denk nach! Er kämpfte gegen seine Erschöpfung an, gegen die Ketten seiner Lethargie und Desorientiertheit. Die Erkenntnis kam, und langsam entwirrten sich Fäden, die verknotet worden waren. Es gab zwei Möglichkeiten. Die erste war die, daß die Magie des Wunschgesangs ihn auf irgendeine neue Art beeinflußte und er tun mußte, wozu Felsen-Dall ihn drängte. Die zweite war die, daß die Magie, die ihn beeinflußte, Magie der Schattenwesen war und daß Felsen-Dall bestrebt war, seine Abwehrmechanismen einzureißen. All sein Gerede, daß er ihm helfen wolle, war nur ein Trick.
Aber was sollte dieser Trick bewirken?
Par atmete tief und beruhigend ein. Er wollte wieder unter die Decken kriechen, aber er erlaubte es sich nicht. Er verspürte einen Drang zu schreien und würgte ihn hinunter. Log FelsenDall, oder sagte er die Wahrheit? Was waren seine wahren Absichten bei alledem? Par legte die Hände aneinander, damit sie nicht zitterten. Er fiel auseinander. Er konnte spüren, wie er sich auflöste, und er wußte nicht, wie er diese Entwicklung aufhalten konnte. Wenn Felsen-Dall die Wahrheit über den Wunschgesang sagte, dann brauchte er seine Hilfe. Wenn er log, war es eine so komplizierte und weitgreifende Täuschung, daß sie alles in den Schatten stellte, was sich der Talbewohner vorstellen konnte, denn sie mußte dann schon von dem Moment an, als der Erste Sucher ihn vor Wochen im Blue-Whisker-Bierhaus aufgesucht hatte, geplant gewesen sein.
Schatten! Ich muß es wissen!
Par erhob sich, trat ans Fenster, stand dann da und schaute in die Nacht hinaus. Langsam atmete er die kühle Luft. Er war betäubt vor Unentschlossenheit. Wie sollte er die Wahrheit erfahren? Gab es einen Weg, an seiner eigenen Unsicherheit vorbeizusehen und zu erkennen, ob eine Täuschung im Gange war? Das Schwert von Shannara hatte ihm nichts gezeigt, erinnerte er sich. Nichts! Was sonst konnte er versuchen?
Er beobachtete, wie die von den Nachtwolken geworfenen Schatten wie Tiere durch die Bäume und über den Fluß zogen. Er würde eine Hinhaltetaktik anwenden müssen, sagte er sich. Er konnte zuhören und reden, aber er durfte nicht zulassen, daß etwas geschah. Er würde eine Möglichkeit finden müssen, seine Verwirrung abzulegen, damit er erkennen konnte, was Wahrheit und was Lüge war, und gleichzeitig würde er eine Möglichkeit finden müssen zu verhindern, daß er sich vollständig auflöste.
Er schloß die Augen, legte das Gesicht in die Hände und fragte sich, wie er das bewerkstelligen sollte.