Wren war genauso überrascht, Morgan zu sehen, wie er, als er sie erkannte. Er war so groß und hager und scharfgesichtig, wie sie ihn in Erinnerung hatte – und gleichzeitig war er anders. Er kam ihr irgendwie älter und abgezehrter vor. Und da war etwas in dem Blick, mit dem er sie bedachte. Sie blinzelte zu ihm hinauf. Was machte er hier? Sie versuchte sich aufzurichten, aber ihre Kräfte versagten, und sie wäre zurückgefallen, wenn der Hochländer nicht zugepackt und sie aufgefangen hätte. Er kniete sich neben sie, zog ein Jagdmesser aus seinem Gürtel und zerschnitt ihre Fesseln und den Knebel.
»Morgan«, hauchte sie, über alle Maßen erleichtert, und umarmte ihn. »Ich bin so froh, Euch zu sehen.«
Ihm gelang ein schnelles, zuversichtliches Lächeln, und ein wenig Schalkhaftigkeit kehrte auf sein abgehärmtes Gesicht zurück. »Ihr seht schlimm aus, Wren. Was ist geschehen?«
Sie lächelte erschöpft zurück und war sich wohl bewußt, wie sie aussehen mußte. Ihr Gesicht war sicherlich blau und geschwollen. »Ich habe mich in meinem Urteil erheblich geirrt, fürchte ich. Macht Euch keine Sorgen, jetzt geht es mir gut.«
Er hob sie dennoch hoch und trug sie aus den Überresten des Wagens in das Licht der Dämmerung, wo er sie sanft absetzte. Sie rieb sich ihre Handgelenke und Knöchel, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu setzen, kniete sich dann hin, um ihre Hände mit dem Tau des noch immer feuchten Grases zu benetzen und betupfte vorsichtig ihr verletztes Gesicht.
Sie sah zu ihm hoch. »Ich dachte, es gäbe überhaupt keine Hoffnung mehr für mich. Wie habt Ihr mich gefunden?«
Er schüttelte den Kopf. »Zufall. Ich habe nicht einmal nach Euch gesucht. Ich habe Par gesucht. Ich dachte, die Schattenwesen hätten ihn in dem Wagen befördert. Ich hatte absolut keine Ahnung davon, daß Ihr es wart.«
Enttäuschung war in seinen Augen zu erkennen gewesen, als er sie erkannt hatte. Jetzt verstand sie es. Er war überzeugt gewesen, daß er Par gerettet hatte.
»Es tut mir leid, daß ich nicht Par bin«, erklärte sie. »Aber ich danke Euch trotzdem.«
Er zuckte die Achseln, verzog bei der Bewegung das Gesicht, und sie sah die Mischung von rotem und grünem Blut auf seiner Kleidung. »Was tut Ihr hier, Wren?«
Sie erhob sich und sah ihn an. »Das ist eine lange Geschichte. Wieviel Zeit haben wir?«
Er schaute über die Schulter. »Nicht viel. Die Südwache ist nur wenige Meilen von hier entfernt. Die Schattenwesen werden den Kampf gehört haben. Wir sollten so bald wie möglich verschwinden.«
»Dann werde ich mich kurz fassen.« Sie fühlte sich jetzt kräftiger und wurde durchströmt von neuerlicher Entschlossenheit. Sie war wieder frei, und sie hatte vor, das Bestmögliche daraus zu machen. »Die Elfen sind in die Vier Länder zurückgekehrt, Morgan. Ich habe sie auf einer Insel in der Blauen Spalte gefunden, wo sie fast hundert Jahre lang gelebt haben, und ich habe sie zrückgebracht. Das war Allanons Aufgabe für mich, und ich habe sie schließlich doch übernommen. Ihre Königin, Ellenroh Elessedil, war meine Großmutter. Sie starb unterwegs, und jetzt bin ich Königin.« Sie sah das Erstaunen in seinen Augen und ergriff seinen Arm, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Hört einfach zu. Die Elfen werden von einer Föderationsarmee belagert, die ihnen um ein Zehnfaches überlegen ist. Sie haben sich unmittelbar südlich des Tales von Rhenn auf eine Verzögerungstaktik verlegt. Ich muß sofort zu ihnen zurückkehren. Wollt Ihr mit mir kommen?«
Der Hochländer sah sie an. »Wren Elessedil«, sagte er leise und probierte den Namen aus. Dann schüttelte er den Kopf, und seine Stimme festigte sich. »Nein, ich kann nicht, Wren. Ich muß Par finden. Er befindet sich vielleicht als Gefangener der Schattenwesen in der Südwache. Andere suchen dort draußen ebenfalls nach ihm. Ich habe versprochen, auf sie zu warten.«
Seine Stimme klang, als dulde er keine Widerrede, aber er fügte dennoch widerwillig hinzu: »Aber wenn Ihr mich wirklich braucht...«
Sie unterbrach ihn, indem sie seine Hand drückte. »Ich kann allein marschieren. Aber es gibt etwas, was ich Euch zuerst noch sagen muß, und Ihr müßt mir versprechen, es den anderen weiterzusagen, wenn Ihr sie wiederseht.« Sie festigte ihren Griff. »Wo sind sie übrigens? Was ist aus ihnen geworden? Was ist mit Allanons Aufgaben geschehen? Haben die anderen die ihren ebenfalls erfüllt?« Sie sprach zu schnell und zwang sich, langsamer zu werden, ruhig zu bleiben, nicht nach Osten und in den heller werdenden Himmel zu schauen. »Hier, setzt Euch. Laßt mich Eure Wunde ansehen.«
Sie nahm seinen Arm und führte ihn zu einem moosbedeckten Baumstamm, wo sie ihm das Hemd auszog, es in Streifen riß und die Schwertwunde so gut sie konnte reinigte und verband.
»Par und Coll haben das Schwert von Shannara gefunden, aber dann sind sie verschwunden«, erzählte er ihr, während sie seine Wunde versorgte. »Es ist eine zu lange Geschichte, um sie jetzt zu erzählen. Ich bin Par gefolgt, der seinerseits vielleicht Coll folgt. Ich weiß nicht, wer das Schwert hat. Was Walker betrifft, so war ich bei ihm, als er nach Norden ging, um die Magie wiederzuerlangen, die Paranor und die Druiden wiederherstellen würde. Er war erfolgreich, und wir sind zusammen zurückgekommen, aber seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen.« Er schüttelte den Kopf. »Paranor ist zurückgekehrt. Das Schwert ist gefunden worden. Die Aufgaben sind alle erfüllt worden, aber ich weiß nicht, welchen Unterschied das macht.«
Sie beendete ihre Arbeit und trat wieder vor ihn hin. »Ich auch nicht. Aber irgendwie macht es einen Unterschied. Wir müssen nur herausfinden, was es ist.« Sie schluckte gegen die Trockenheit in ihrer Kehle an, und ihre haselnußbraunen Augen fixierten ihn. »Nun hört zu. Folgendes müßt Ihr den anderen erzählen.« Sie atmete tief ein. »Die Schattenwesen sind Elfen. Sie sind Elfen, die die alte Magie wiederentdeckt haben und leichtfertig damit umgegangen sind. Sie sind zurückgeblieben, als das restliche Elfenvolk den Vier Ländern und der Föderation entfloh. Die Magie hat sie verwandelt, wie sie alles verwandelt. Sie hat sie zu Schattenwesen gemacht. Sie sind eine andere Art Schädelträger alter dunkler Geister, für die die Magie eine Begierde ist, der sie nicht widerstehen können. Ich weiß nicht, wie sie vernichtet werden können, aber es muß getan werden. Allanon hatte recht – sie sind ein Übel, das uns alle bedroht. Die Antworten, die wir brauchen, sind aus den Aufgaben, die wir erfüllt haben, zu finden. Einer von uns wird die Wahrheit entdecken. Dieses Ziel müssen wir erreichen. Erzählt ihnen, was ich Euch gesagt habe, Morgan. Versprecht es.«
Morgan erhob sich. »Ich werde es ihnen sagen.«
Der Schrei eines Reihers durchbrach die morgendliche Stille, und Wren fuhr herum. »Wartet hier«, sagte sie.
Sie hinkte zu den toten Schattenwesen hinüber und begann ihre Kleidung zu durchstöbern. Einer von ihnen, das wußte sie, hatte die Elfensteine, die Tib Arne ihr gestohlen hatte. Ihr Zorn auf ihn flammte erneut auf. Sie durchsuchte zwei der Schattenwesen und fand nichts. Sie durchwühlte die Asche desjenigen, den Morgan verbrannt hatte, und fand auch dort nichts. Dann ging sie zu dem Fahrer und seinem Begleiter hinüber und durchsuchte sorgfältig ihre Kleidung.
In der Umhangtasche des einen fand sie den Beutel und die Steine. Sie atmete erleichtert auf, steckte den Beutel in ihre Tunika und humpelte zu Morgan zurück.
Auf halbem Wege sah sie das Pferd der Schattenwesen am Rande der Bäume grasen. Sie blieb stehen, dachte einen Moment lang nach, legte dann die Finger an den Mund und stieß einen seltsamen, tiefen Pfiff aus. Das Pferd hob den Kopf und wandte seine Ohren dem Geräusch zu. Sie pfiff erneut und änderte leicht die Tonhöhe. Das Pferd sah sie an und scharrte dann auf dem Boden. Sie ging langsam zu dem Tier herüber, sprach sanft auf es ein und streckte die Hand aus. Das Tier schnupperte an ihr, und sie streichelte seinen Hals und seine Flanken. Sie prüften sich eine kleine Weile lang, und dann schwang sie sich plötzlich auf seinen Rücken und sprach noch immer beruhigend auf es ein, während sie die Zügel in die Hände nahm.
Das Pferd wieherte und tänzelte bei ihrer Berührung. Sie führte es zu der Stelle, an der Morgan wartete, und stieg ab.
»Ich werde es brauchen, denn die Zeit drängt«, sagte sie, eine Hand noch immer fest um die Zügel geschlungen. »Was wir finden, gehört uns, pflegten die Fahrenden zu sagen. Ich habe wohl noch nicht alles vergessen, was sie mich gelehrt haben.« Sie lächelte und streckte die Hand aus, um seinen Arm zu berühren. »Ich weiß nicht, wann wir uns wiedersehen werden, Morgan.«
Er nickte. »Ihr solltet besser aufbrechen.«
»Ich schulde Euch etwas, Hochländer. Ich werde es nicht vergessen.« Sie schwang sich wieder in den Sattel. »Wir haben vom Hadeshorn aus eine weite Strecke zurückgelegt, nicht wahr?«
»Vom Hadeshorn. Von allem. Eine weitere Strecke, als ich mir hätte träumen lassen. Paßt auf Euch auf, Wren.«
»Ihr auch. Viel Glück für uns beide.«
Sie hielt seinen Blick noch einen Moment länger fest, nahm die Kraft auf, die sie darin fand, schöpfte Mut aus der Tatsache, daß sie nicht so allein war, wie sie geglaubt hatte, und daß Hilfe manchmal aus überraschenden Quellen kam.
Dann stieß sie dem Pferd die Fersen in die Flanken und galoppierte davon.
Sie ritt westwärts der sich zurückziehenden Nacht hinterher, bis sie vom Tageslicht überstrahlt wurde, und hielt dann inne, damit das Pferd sich ausruhen und aus einem Teich trinken konnte. Sie rieb ihre Handgelenke und Knöchel noch ein wenig, wusch die tiefen Schnitte und dunklen Quetschungen aus und schwor sich, daß sie Tib Arne bitter bezahlen lassen würde, wenn sie ihm begegnete. Sie hatte fast zwölf Stunden lang nichts gegessen und getrunken, aber jetzt war keine Zeit, nach Nahrung zu suchen oder Wasser zu trinken. Wenn die Schattenwesen erst entdeckten, daß sie entkommen war, würden sie sie jagen. Sie würden auch Morgan Leah jagen, dachte sie und hoffte, daß er ein gutes Versteck kannte.
Sie stieg wieder auf und ritt weiter und folgte dem Grasland aus der Hügellandschaft heraus zu den Ebenen unterhalb von Tyrsis, die in den Tirfing hineinführten. Der Tag wurde heiß und feucht, der Himmel war ein wolkenloses Blau und die Sonne ein weißfeuriger Glutofen. Der Baumbestand nahm bis auf vereinzelte Haine und dann Gruppen von zwei und drei Bäumen ab und verschwand schließlich ganz. Der Mittag kam, und sie überquerte den Mermidon an einer Furt, wo sich das Wasser des Flusses flach und träge in die Ebenen ergoß. Ihr Körper und ihr Gesicht schmerzten von den Schlägen und Fesseln, aber sie ignorierte ihr Unbehagen und dachte statt dessen an die verheerende Wirkung, die ihr Verschwinden gehabt haben mußte. Inzwischen würden sie sicherlich überall nach ihr suchen. Vielleicht hatten sie Erring Rift und Grayl gefunden und glaubten, daß auch sie tot sei. Vielleicht hatten sie sie aufgegeben und beschlossen, sich auf die Föderationsarmee und die Kriecher zu konzentrieren. Einige würden sicherlich empfehlen, sie zu vergessen. Einige würden ihr Verschwinden als Segen empfinden...
Sie schob diese Gedanken beiseite. Sie mußte niemandem etwas beweisen. Aber die Notwendigkeit blieb, daß sie schnell zurückkehren mußte. Barsimmon Oridio würde sich mit dem Hauptteil der Elfenarmee dem Rhenn nähern. Mit etwas Glück war Tiger Ty vielleicht auch schon zurück. Wenn sie sie nur erreichen konnte, bevor irgendwelche Kämpfe begannen...
Sie unterbrach sich.
Was?
Was würde sie tun?
Sie klammerte die Frage aus. Es war unwichtig, was sie tun würde. Es würde genügen, daß sie da war und daß die Elfen wußten, daß sie ihre Königin zurückhatten und daß die Föderation erneut mit ihr rechnen mußte.
Sie wandte sich nach Norden, um dem Mermidon zu folgen, und fand auf den Ebenen Wasser für das Pferd, aber keines für sich selbst. Die Sonne brannte auf sie herab, und die Luft saugte die Feuchtigkeit aus ihrem Körper. Sie war müde, und das Pferd wurde ebenfalls müde. Sie konnte nicht viel länger weiterreiten. Sie würde anhalten und die Hitze abwarten müssen. Bei dem Gedanken biß sie die Zähne zusammen. Sie hatte keine Zeit dafür! Sie hatte keine Zeit für irgend etwas anderes, als weiterzureiten!
Schließlich machte sie doch Rast. Sie hatte einen Eschenhain nahe des Ufers gefunden, in dem es kühl genug war, um der schlimmsten Hitze zu entgehen. Sie fand einige Beeren, die mehr bitter als süß waren, und eine Kautschukwurzel, auf der sie kauen konnte. Sie sattelte das Pferd ab und pflockte es an. Im Schatten der Bäume ruhend, beobachtete sie, wie der Fluß vorüberzog, und schlief wider Willen ein.
Es war später Nachmittag, als sie wieder erwachte. Das sanfte Wiehern ihres Pferdes schreckte sie aus einem ruhelosen Schlummer auf. Sie sprang sofort auf, sah seinen zottigen Kopf gen Süden gerichtet, schaute über die Ebenen und den Fluß hinaus und sah in mehreren Meilen Entfernung Reiter auf sich zukommen – mit schwarzen Umhängen und Kapuzen bekleidete Reiter, deren Identität kein Geheimnis war.
Sie sattelte ihr Pferd und ritt los. Sie ritt mehrere Meilen in schnellem Trab am Ufer entlang, schaute zurück, um zu sehen, ob die Reiter ihr folgten. Das taten sie natürlich, und sie hatte das Gefühl, daß vor ihr in Tyrsis noch weitere warten könnten. Das Licht im Westen verblaßte, wurde silbern, dann rosafarben und grau, und als der Nebel der frühen Dämmerung einsetzte, wandte sie sich vom Fluß ab und eilte gen Westen auf die Ebenen zu. Dort würde sie eine bessere Chance haben, ihren Verfolgern zu entkommen, überlegte sie. Sie war schließlich eine Fahrende. Wenn es erst einmal dunkel wäre, würde niemand ihr mehr folgen können. Alles, was sie brauchte, war ein wenig Zeit und Glück.
Sie hatte keines von beidem. Denn kurz danach begann ihr Pferd zu lahmen. Sie drängte es mit geflüsterten Versprechungen und ermutigendem Tätscheln an Hals und Ohren weiter, aber es war erschöpft. Hinter ihr hatten sich die Verfolger über den Horizont verteilt, noch immer weit entfernt zwar, aber sie holten auf. Der Nebel verdichtete sich, aber der Mond und die ersten Sterne waren hervorgekommen, und es war für einen Jäger auf jeden Fall hell genug, einer Spur folgen zu können. Sie verstärkte ihre Entschlossenheit und ritt weiter.
Als ihr Pferd stolperte und stürzte, rollte sie von ihm fort, stand auf, ging zu ihm zurück, half ihm wieder hoch, nahm seinen Sattel und das Zaumzeug ab und ließ es frei. Sie begann zu laufen, mußte hinken, weil ihre Verletzungen noch immer schmerzten und sie behinderten, war zornig und müde, aber entschlossen, sich nicht wieder fangen zu lassen. Sie ging lange Zeit weiter, ohne sich umzusehen, bis die Nacht vollständig hereingebrochen war und die Ebenen ganz in weißes Licht getaucht waren. Die Ebenen waren still und leer, und sie wußte, daß ihre Verfolger noch nicht nah genug herangekommen waren, daß sie sich hätte Sorgen darüber machen müssen, sonst hätte sie sie hören müssen, und so konzentrierte sie sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen und einfach weiterzugehen.
Als sie sich schließlich umsah, war niemand zu sehen.
Sie sah sich ungläubig um. Kein Reiter war da, kein einziges Pferd, niemand zu Fuß, nichts. Sie atmete tief und beruhigend ein und sah erneut hin – nicht nur nach Osten, sondern dieses Mal in alle Richtungen – und dachte in plötzlicher Angst, daß sie sie umzingelt hätten. Aber es war niemand dort draußen. Sie war allein.
Sie lächelte verwirrt.
Und dann sah sie den dunklen Schatten hoch über sich langsam und träge und so unentrinnbar wie Winterkälte auf sich zufliegen. Ihr Herz machte einen erschreckten Satz, als sie sah, wie er Gestalt annahm. Nicht eine Sekunde lang glaubte sie, daß es einer der Flugreiter war, der nach ihr suchte. Nicht einen Augenblick lang verfiel sie dem Irrtum zu glauben, es sei ein Freund. Es war Gloon, den sie sah. Sie erkannte ihn sofort. Sie erkannte den wuchtigen, muskulösen Körper, den Umriß des wilden Kopfes des Kampfhaubenwürgers, die scharfe Krümmung seiner breiten Schwingen. Sie schluckte gegen ihre Angst an. Kein Wunder, daß die Sucher zurückgefallen waren. Sie brauchten sich nicht zu beeilen, wenn Gloon sie jagte.
Tib Arne ritt natürlich auf ihm. In ihrem Geist sah sie das wandelbare Gesicht des Jungen, zuerst Freund, dann Feind, zuerst menschlich, dann ein Schattenwesen. Sie konnte sein gewinnendes Lachen hören, die Hitze seines Atems auf ihrem Hals spüren, als er sie niederschlug, das Blut von seinen Schlägen in ihrem Mund schmecken...
Sie sah sich nach einem Versteck um und gab die Idee dann schnell wieder auf. Sie war bereits gesehen worden, und wo auch immer sie sich verbarg, würden sie sie finden. Sie konnte davonlaufen oder kämpfen – und sie war es müde, davonzulaufen.
Sie griff in ihre Tunika hinab und nahm die Elfensteine hervor. Sie wog sie in ihrer Hand, als könnte sie so das Gewicht ihrer Magie und auch im voraus den Ausgang des Kampfes bestimmen. Sie schaute zum Horizont im Westen, aber dort war nichts zu sehen, die Wälder waren noch immer unter dem Horizont verloren. Es würde ohnehin niemand nach ihr suchen – nicht so weit draußen und nicht bei Nacht. Sie biß die Zähne zusammen, dachte erneut an Garth und fragte sich, was er tun würde. Sie beobachtete, wie Gloon näher herankam, sich Zeit ließ und weich auf den Luftströmungen ritt. Er bewegte sich leicht und vertraute auf seine Kraft und sein Können und auf das, was er vollbringen konnte. Der Kampfhaubenwürger würde versuchen, sie beim ersten Vorüberfliegen zu ergreifen, dachte sie – schnell und entschlossen, bevor sie die Magie der Elfensteine einsetzen konnte. Und es würde nicht leicht sein, die Elfensteine gegen ein bewegliches Ziel einzusetzen.
Sie eilte über die Ebenen hinweg, um einen kleinen Hügel im Rücken zu haben. Besser als nichts, sagte sie sich, den Blick weiterhin auf Gloon gerichtet. Sie dachte an das, was der Kampfhaubenwürger Grayl angetan hatte. Sie fühlte sich klein und kalt und verletzlich und allein in der Weite des Graslands, wo nichts war, so weit sie sehen konnte, niemand, der ihr hätte helfen können. Dieses Mal gab es keinen Morgan Leah. Keinen Aufschub aus einer unerwarteten Quelle. Sie würde allein kämpfen müssen, und wie gut sie kämpfen würde – und wieviel Glück sie haben würde –, würde darüber entscheiden, ob sie leben oder sterben würde.
Ihre Hand umschloß die Elfensteine noch fester. Komm her, Gloon. Komm und sieh, was ich für dich habe. Der Kampfhaubenwürger schwang sich hinauf und stieß wieder herab, schwebte nach außen und wieder zurück und stieg in sorgloser Gleichgültigkeit auf und ab. Sie sah ihn als dunkle Bewegung vor dem blauen Samt des Himmels und wartete ungeduldig. Komm schon! Komm schon!
Dann fiel Gloon plötzlich wie ein Stein abwärts und war verschwunden.
Wren stürzte verwirrt nach vorn. Die Nacht breitete sich weit und dunkel und leer vor ihr aus. Was war geschehen? Sie spürte Schweiß ihren Rücken hinablaufen. Wo war der Haubenwürger geblieben? Er war sicherlich nicht selbst in die Erde geflogen, er würde sich nicht selbst in die Erde getrieben haben, das würde keinen Sinn ergeben...
Und dann erkannte sie, was vor sich ging. Gloon griff an. Er war auf eine Ebene mit dem Boden abgesunken, so daß sein Schatten nicht mehr zu sehen war, und er griff sie an. Wie schnell? Wie bald? Sie geriet in Panik und stolperte vor Angst rückwärts. Sie konnte ihn nicht sehen. Sie versuchte, den Haubenwürger vor dem dunklen Horizont auszumachen, konnte aber nichts sehen. Sie versuchte ihn zu hören, aber da war nur Stille.
Wo ist er? Wo...?
Nur ihr Instinkt rettete sie. Sie warf sich auf einen Impuls hin zur Seite und spürte das wuchtige Gewicht des Haubenwürgers an sich vorbeistreichen, während seine Klauen nur Zentimeter neben ihr die Luft zerrissen. Sie schlug um sich und rollte schnell fort, schmeckte Staub und Blut in ihrem Mund, spürte den Schmerz ihres verletzten Körpers erneut durch sich hindurchschießen.
Sie stand sofort wieder auf, wirbelte in die Richtung herum, in die der Haubenwürger, wie sie dachte, verschwunden war, rief die Magie der Elfensteine hervor und ließ sie als Fächer blauen Feuers in die Nacht hinausschießen. Aber das Feuer loderte in die Leere und traf nichts. Wren kauerte sich zusammen und durchforschte verzweifelt die mondbeleuchtete Schwärze. Er würde kommen –, aber sie konnte ihn nicht sehen! Sie hatte ihn aus den Augen verloren! Unter dem Horizont war er unsichtbar. Verzweiflung durchströmte sie. Aus welcher Richtung würde er kommen? Aus welcher Richtung?
Sie schlug wild um sich, nach rechts und nach links, warf sich zu Boden, rollte sich fort, stand wieder auf und schlug erneut zu. Sie hörte die Magie auf etwas auftreffen. Ein Schrei erklang, und dann hörte sie Gloon wuchtig vorüberstreichen, als der Haubenwürger zu ihrer Linken davonflog und wie Dampf zischte. Sie spähte zu dem Geräusch hinüber und wischte sich den Staub aus den Augen. Nichts.
Sie stand auf und rannte los. Sie zwang alle Gedanken an den Schmerz fort, lief über das leere Grasland zu einem Gewässer, das sie einige hundert Fuß entfernt entdeckt hatte. Sie erreichte es und tauchte aus dem Lauf heraus hinein. Sie hörte das jetzt schon vertraute Rauschen des Windes, und etwas Dunkles flog über sie hinweg. Gloon hatte sie gerade wieder knapp verfehlt. Sie drückte sich flach in das Gewässer und spähte nach oben. Der Mond war da, sonst nichts. Schatten! Sie kniete sich hin. Das Gewässer bot ihr ein gewisses Maß an Schutz, aber nicht annähernd genug. Und die Nacht war kein Freund, denn das Sehvermögen des Kampfhaubenwürgers war um ein Zehnfaches besser als ihr eigenes. Er konnte sie in dem Gewässer deutlich sehen, und sie konnte von ihm nichts erkennen.
Sie stand auf und ließ die Elfenmagie wirken. Vielleicht würde sie etwas treffen. Das Feuer schoß davon, glitt über die Ebenen, und sie spürte die Macht durch sich hindurchströmen. Sie schrie erregt auf, wußte wieder nicht, wie sie sich helfen sollte, sah den Kampfhaubenwürger nur Sekunden, bevor er ankam, auf sich zufliegen, wirbelte die Magie wild herum – zu spät – und warf sich erneut zu Boden. Aber ihre Schnelligkeit rettete sie, und das blaue Feuer der Elfensteine zwang den Kampfhaubenwürger, in letzter Minute die Richtung zu ändern, und so verfehlte er sie erneut.
Dieses Mal sah sie Tib Arne, einen kurzen Augenblick nur, als er vorüberstrich. Sie sah sein blondes Haar fliegen, hörte seinen wütenden und enttäuschten Schrei, und sie schrie zornig, höhnisch zurück.
Der Himmel wurde ruhig und das Land still. Sie kauerte sich zitternd und schwitzend in dem Gewässer zusammen und umklammerte die Elfensteine mit der Hand. Sie würde diesen Kampf verlieren, wenn sie nicht etwas unternahm, um das Ungleichgewicht zu ändern. Früher oder später würde Gloon Erfolg haben.
Dann hörte sie einen anderen Schrei, weit aus dem Westen, einen wilden Schrei, der die erstickende Stille durchbrach. Sie wandte sich ihm zu, konnte ihn jedoch erst nicht erkennen. Ein Vogel oder ein Rock? Der Schrei erklang erneut schnell und herausfordernd.
Spirit! Es war Spirit!
Sie beobachtete, wie sein dunkler Schatten aus der Nacht heranschoß. So schnell wie ein Gedanke kam er von hoch oben. Spirit, dachte sie – und das bedeutete Tiger Ty! Hoffnung durchströmte sie. Sie wollte sich erheben und einen Antwortschrei ausstoßen, legte sich dann aber schnell flach hin. Gloon war noch immer dort draußen und lauerte auf eine Gelegenheit, sie zu vernichten. Ihre Augen durchstreifen die Dunkelheit, aber sie suchten vergebens. Wo war der Haubenwürger?
Doch auf einmal erhob sich Gloon aus der Dunkelheit, um seinem neuen Herausforderer entgegenzutreten. Sie sah seinen wuchtigen schwarzen Körper, der an Geschwindigkeit gewann. Wren taumelte auf die Füße und stieß einen Warnruf aus. Spirit kam herab, drehte dann im letzten Moment ab, so daß der Kampfhaubenwürger vergeblich vorbeistrich, und wirbelte herum, um ihn zu jagen. Die Riesenvögel umkreisten einander vorsichtig, führten Scheinangriffe durch und wichen einander aus und kämpften darum, die Oberhand zu gewinnen. Wren biß die Zähne zusammen. Sie war so erdgebunden und hilflos! Gloon war jetzt größer als Spirit und darauf aus, ihn zu töten. Gloon war ein Schattenwesen und konnte außerdem Magie zur Unterstützung nehmen. Spirit war tapfer und schnell, aber welche Chance hatte er?
Hastige Bewegung entstand, als die Vögel einander angriffen, sich kurzzeitig in einem Wutschrei miteinander verbanden und sich dann wieder voneinander lösten. Erneut begannen sie sich zu umkreisen, und jeder versuchte, in den Rücken des anderen zu gelangen. Wren verließ das Gewässer und betrat erneut die Ebenen. Sie folgte ihnen, als sie sich entfernten, folgte ihnen, weil sie nicht den Kontakt verlieren wollte, denn sie war noch immer entschlossen zu helfen. Sie konnte diesen Kampf nicht Tiger Ty und dem Rock überlassen. Es war nicht deren Kampf. Es war ihrer.
Erneut griffen die Vögel einander an und hackten aufeinander ein. Ihre Klauen und Schnäbel zogen und rissen, und ihre schwarzen Schatten vor dem mondbeleuchteten Himmel drehten und wanden sich, und ihre Schwingen schlugen wie wahnsinnig, während sie sich abwärts schraubten. Wren rannte hinter ihnen her und hielt die Elfensteine in den Händen bereit. Laß mich nur nah genug herankommen! war alles, was sie denken konnte.
Im scheinbar letzten möglichen Moment lösten sich die Vögel voneinander, stolperten eher voneinander davon, als daß sie flogen. Federn und Knorpel und Blut von ihren verletzten Körpern regneten herab. Wren knirschte zornig mit den Zähnen. Gloon schüttelte sich und stieg wieder auf, schwebte in einer langen, trägen Spirale dahin. Spirit flog im Bogen aufwärts und fiel wieder zurück. Er bewegte sich schwankend und unsicher, versuchte sich auszurichten, erschauerte einmal und fiel dann erdwärts und verschwand. Wren stöhnte entsetzt auf – und hielt dann verwundert den Atem an, als Spirit plötzlich wieder auftauchte, jetzt wieder im Gleichgewicht und auf wundersame Weise erholt. Eine Finte! Er war jetzt direkt unter Gloon, stieg vom Boden auf wie ein Geschoß, wirbelte durch die Nacht und prallte in den Kampfhaubenwürger hinein. Es klang wie das Auseinanderbrechen von Felsen. Sie hörte ein scharfes Knirschen, und beide Vögel schrien auf und lösten sich dann wieder voneinander, während ihre Klauen die Luft durchschnitten.
Dann fiel einer der Reiter herab. Offenbar war er durch den Aufprall losgelöst worden, seine Arme und Beine droschen jetzt in die Luft, und entsetzt schreiend stürzte er erdwärts. Er fiel wie ein Stein, ohne sich helfen zu können, und traf mit schrecklichem Krachen auf. Über ihm ging der Kampf weiter, der Rock und der Kampfhaubenwürger jagten sich wieder über den Himmel, als sei der Verlust eines Reiters bedeutungslos. Wren konnte nicht sagen, wer gefallen war. Als sie über die Ebenen lief, schlug ihr Herz wild, und ihre Kehle war vor Angst verengt. Sie lief lange Zeit, ohne etwas zu sehen. Dann lag vor ihr plötzlich ein verkrümmter Körper, eine blutige, zerrissene Gestalt, die aufzustehen versuchte und irgendwie noch immer lebte.
Sie verlangsamte ihren Schritt, und ein zerschmettertes, gebrochenes Gesicht wandte sich ihr zu. Sie erschauerte, als die Augen ihrem Blick begegneten. Es war Tib Arne. Er versuchte zu sprechen, aber es war nur ein undeutliches Gurgeln, das den Worten keine Form zu geben vermochte. Trotzdem konnte sie den Haß, den er ihr gegenüber empfand, aus jedem Laut heraushören. Unter den offenen Wunden war er noch immer ein Junge, aber es war das Schattenwesen, das schließlich hervorbrach und sich wie schwarzer Rauch erhob, um sie anzugreifen. Sie hob blitzschnell die Elfensteine, und das blaue Feuer schoß durch das dunkle Wesen hindurch und verschlang es.
Als sie erneut hinsah, starrten Tib Arnes blaue Augen leer zu ihr herauf.
Sie hörte dann über sich einen Schrei, entweder den des Kampfhaubenwürgers oder den des Rock, und schaute gerade rechtzeitig hinauf, um Gloon auf der Flucht vor Spirit herabsinken zu sehen. Der Haubenwürger hatte den Himmelskampf aufgegeben und kam auf sie zu. Sie kauerte sich unter seinem Schatten zusammen, denn jetzt war kein Versteck vorhanden und das Gewässer zu weit entfernt, als daß sie es noch erreichen konnte. Sie hob die Elfensteine hoch, aber ihre Bewegungen waren bleiern, und sie wußte, daß sie nicht genug Zeit hatte, sich zu retten.
Doch auf einmal flog Spirit einen letzten Bogen und fing Gloon von hinten ab und hämmerte so in den Kampfhaubenwürger hinein, daß er das Gleichgewicht verlor und stürzte. Gloon schoß herum, zerrte an dem Rock, und im selben Moment setzte Wren die Elfensteine ein. Die Magie erwischte Gloon direkt, hüllte den Haubenwürger ein und begann ihn zu verbrennen. Sie fraß ihn auf, obwohl er zu entkommen versuchte. Gloon schrie zornig auf, wand sich wild und versuchte davonzufliegen. Aber die Elfenmagie hatte den Vogel bereits entzündet, und die Flammen waren überall. Er rollte sich herum und straffte sich mit schlagenden Schwingen. Als Wren ihn erneut traf, wurde das blaue Feuer weißheiß. Der Kampfhaubenwürger sank herab, und Flammen loderten aus seinem Körper. Er traf auf dem Boden auf, erschauerte und wurde still.
Innerhalb von Sekunden hatte das Feuer ihn zu Asche verwandelt.
In der folgenden Stille stieg Spirit leise zum Grasland hinab. Tiger Ty kletterte herab und kam zu Wren herüber. Sein ledriges Gesicht war schweißbedeckt. Wren streckte ihre Hände aus und ergriff die seinen.
»Geht es Euch gut, Mädchen?« fragte er ruhig, und sie konnte die tiefe Sorge in seinen scharfen Augen erkennen.
Sie lächelte. »Dank Euch. Das ist das zweite Mal an einem Tag, daß ich von Freunden gerettet wurde, die ich verloren glaubte.« Und sie erzählte ihm von Morgan Leah und den Schattenwesen der Südwache.
»Ich habe die Geächteten gestern morgen in den Drachenzähnen gefunden.« Die knorrigen Hände wollten ihre nicht loslassen und hielten sie, als habe er Angst, sie könnte verschwinden. »Ihr Anführer hat mir gesagt, daß er keinen Jungen, sondern jemand anderen gesandt hätte. Ich wußte, was geschehen war. Ich habe sie verlassen und sie gebeten, mir zu folgen, wenn sie können, und bin zu Euch zurückgekehrt. Zu spät, wie ich dachte. Ihr wurdet bereits vermißt. Wir haben den ganzen Tag nach Euch gesucht. Wir haben Rift und Grayl gefunden, aber es war kein Zeichen von Euch zu entdecken. Ich wußte, daß der Junge Euch mitgenommen haben mußte. Aber ich wußte auch, daß Ihr entkommen würdet, wenn es eine Möglichkeit gab. Ich nahm Spirit allein mit hinaus, nachdem die anderen es für diese Nacht aufgegeben hatten, und suchte weiter.« Er sah sie ernst an. »Gut, daß ich es getan habe.«
»Gut, daß Ihr es getan habt«, stimmte sie zu.
»Verdammt, habe ich Euch nicht etwas über das Aufsteigen mit jemand anderem als mir gesagt?«
Sie beugte sich nah zu ihm heran, und einen Moment lang waren ihre Gefühle so stark, daß sie nicht sprechen konnte. »Zwingt mich nicht, es zu sagen«, flüsterte sie.
Vielleicht sah er den Schmerz in ihren Augen. Vielleicht hörte er ihn in ihrer Stimme. Er hielt ihrem Blick noch einen Moment länger stand, ließ dann ihre Hände los und trat zurück. »Hauptsache, Ihr tut es nie wieder. Ich habe eine Menge Zeit und Bemühungen in Euch investiert.« Er räusperte sich. »Laßt mich nach Spirit sehen. Ich will einfach sichergehen, daß ihm wirklich nichts geschehen ist.«
Er verbrachte einige Minuten damit, den großen Rock zu untersuchen, indem er die Hände sorgfältig über den dunkel gefiederten Körper führte. Spirit beobachtete ihn mit wildem Blick. Während der Flugreiter mit ihm sprach, senkte der Rock den Schnabel, breitete seine Schwingen aus und schüttelte sich.
Zufrieden winkte Tiger Ty sie herüber. Er betrachtete den Vogel stolz. »Er hätte auf jeden Fall gewonnen, wißt Ihr«, sagte er rauh.
Wren sagte einen Moment lang nichts. Dann lächelte sie. »Das glaube ich auch.«
Tiger Ty half ihr hinauf und sicherte sie. Er streichelte Spirit anerkennend, nickte vor sich hin und schloß sich ihr dann an. Wren schaute über die nachtkalte Landschaft hinaus, die leer und still bis auf die Stelle, an der Gloons Überreste zerschmolzen und dampften, unter ihnen lag. Sie fühlte sich schwindelig und ausgelaugt, aber sie fühlte sich auch lebendig. Die Wirkung der Elfenmagie blieb bestehen und schoß durch sie hindurch wie Funken eines Feuers.
Sie hatte erneut überlebt, dachte sie, und sie fragte sich, wie lange ihr das noch gelingen würde.
»Sie werden nicht siegen«, sagte sie plötzlich. »Das werde ich nicht zulassen.«
Er fragte sie nicht, was sie meinte. Er sprach überhaupt nicht. Er sah sie nur an und nickte einmal. Dann gab er Spirit mit einem Pfiff ein Zeichen, und der große Vogel stieg auf und trug sie schnell in die Dunkelheit davon.