Dritter Auftritt

Wallenstein. Terzky. Gleich darauf Illo.

Terzky.

Max Piccolomini verliess dich eben?

Wallenstein.

Wo ist der Wrangel?

Terzky.

Fort ist er.

Wallenstein.

So eilig?

Terzky.

Es war, als ob die Erd' ihn eingeschluckt.

Er war kaum von dir weg, als ich ihm nachging,

Ich hatt' ihn noch zu sprechen, doch-weg war er,

Und niemand wusste mir von ihm zu sagen.

Ich glaub, es ist der Schwarze selbst gewesen,

Ein Mensch kann nicht auf einmal so verschwinden.

Illo. (kommt)

Ist's wahr, dass du den Alten willst verschicken?

Terzky.

Wie? Den Octavio! Wo denkst du hin?

Wallenstein.

Er geht nach Frauenberg, die spanischen

Und welschen Regimenter anzufuehren.

Terzky.

Das wolle Gott nicht, dass du das vollbringst!

Illo.

Dem Falschen willst du Kriegsvolk anvertrauen?

Ihn aus den Augen lassen, grade jetzt,

In diesem Augenblicke der Entscheidung?

Terzky.

Das wirst du nicht tun. Nein, um alles nicht!

Wallenstein.

Seltsame Menschen seid ihr.

Illo.

Oh! nur diesmal

Gib unsrer Warnung nach. Lass ihn nicht fort.

Wallenstein.

Und warum soll ich ihm dies eine Mal

Nicht trauen, da ich's stets getan? Was ist geschehn,

Das ihn um meine gute Meinung braechte?

Aus eurer Grille, nicht der meinen, soll ich

Mein alt erprobtes Urteil von ihm aendern?

Denkt nicht, dass ich ein Weib sei. Weil ich ihm

Getraut bis heut, will ich auch heut ihm trauen.

Terzky.

Muss es denn der just sein? Schick einen andern.

Wallenstein.

Der muss es sein, den hab ich mir erlesen.

Er taugt zu dem Geschaeft, drum gab ich's ihm.

Illo.

Weil er ein Welscher ist, drum taugt er dir.

Wallenstein.

Weiss wohl, ihr wart den beiden nie gewogen,

Weil ich sie achte, liebe, euch und andern

Vorziehe, sichtbarlich, wie sie's verdienen,

Drum sind sie euch ein Dorn im Auge! Was

Geht euer Neid mich an und mein Geschaeft?

Dass ihr sie hasst, das macht sie mir nicht schlechter.

Liebt oder hasst einander, wie ihr wollt,

Ich lasse jedem seinen Sinn und Neigung,

Weiss doch, was mir ein jeder von euch gilt.

Illo.

Er geht nicht ab-muesst' ich die Raeder ihm am Wagen

Zerschmettern lassen.

Wallenstein.

Maessige dich, Illo!

Terzky.

Der Questenberger, als er hier gewesen,

Hat stets zusammen auch gesteckt mit ihm.

Wallenstein.

Geschah mit meinem Wissen und Erlaubnis.

Terzky.

Und dass geheime Boten an ihn kommen

Vom Gallas, weiss ich auch.

Wallenstein.

Das ist nicht wahr.

Illo.

Oh! du bist blind mit deinen sehenden Augen!

Wallenstein.

Du wirst mir meinen Glauben nicht erschuettern,

Der auf die tiefste Wissenschaft sich baut.

Luegt er, dann ist die ganze Sternkunst Luege.

Denn wisst, ich hab ein Pfand vom Schicksal selbst,

Dass er der treuste ist von meinen Freunden.

Illo.

Hast du auch eins, dass jenes Pfand nicht luege?

Wallenstein.

Es gibt im Menschenleben Augenblicke,

Wo er dem Weltgeist naeher ist als sonst

Und eine Frage frei hat an das Schicksal.

Solch ein Moment war's, als ich in der Nacht,

Die vor der Luetzner Aktion vorherging,

Gedankenvoll an einen Baum gelehnt,

Hinaussah in die Ebene. Die Feuer

Des Lagers brannten duester durch den Nebel,

Der Waffen dumpfes Rauschen unterbrach,

Der Runden Ruf einfoermig nur die Stille.

Mein ganzes Leben ging, vergangenes

Und kuenftiges, in diesem Augenblick

An meinem inneren Gesicht vorueber,

Und an des naechsten Morgens Schicksal knuepfte

Der ahnungsvolle Geist die fernste Zukunft.

Da sagt' ich also zu mir selbst:" So vielen

Gebietest du! Sie folgen deinen Sternen

Und setzen, wie auf eine grosse Nummer,

Ihr Alles auf dein einzig Haupt und sind

In deines Glueckes Schiff mit dir gestiegen.

Doch kommen wird der Tag, wo diese alle

Das Schicksal wieder auseinanderstreut,

Nur wen'ge werden treu bei dir verharren.

Den moecht' ich wissen, der der Treuste mir

Von allen ist, die dieses Lager einschliesst.

Gib mir ein Zeichen, Schicksal! Der soll's sein,

Der an dem naechsten Morgen mir zuerst

Entgegenkommt mit einem Liebeszeichen".

Und dieses bei mir denkend, schlief ich ein.

Und mitten in die Schlacht ward ich gefuehrt

Im Geist. Gross war der Drang. Mir toetete

Ein Schuss das Pferd, ich sank, und ueber mir

Hinweg, gleichgueltig, setzten Ross und Reiter,

Und keuchend lag ich, wie ein Sterbender,

Zertreten unter ihrer Hufe Schlag.

Da fasste ploetzlich hilfreich mich ein Arm,

Es war Octavio-und schnell erwach ich,

Tag war es, und-Octavio stand vor mir.

"Mein Bruder", sprach er, "reite heute nicht

Den Schecken, wie du pflegst. Besteige lieber

Das sichre Tier, das ich dir ausgesucht.

Tu's mir zu Lieb'. Es warnte mich ein Traum."

Und dieses Tieres Schnelligkeit entriss

Mich Banniers verfolgenden Dragonern.

Mein Vetter ritt den Schecken an dem Tag,

Und Ross und Reiter sah ich niemals wieder.

Illo.

Das war ein Zufall.

Wallenstein. (bedeutend)

Es gibt keinen Zufall;

Und was uns blindes Ohngefaehr nur duenkt,

Gerade das steigt aus den tiefsten Quellen.

Versiegelt hab ich's und verbrieft, dass er

Mein guter Engel ist, und nun kein Wort mehr!

(Er geht.)

Terzky.

Das ist mein Trost, der Max bleibt uns als Geisel.

Illo.

Und der soll mir nicht lebend hier vom Platze.

Wallenstein. (bleibt stehen und kehrt sich um)

Seid ihr nicht wie die Weiber, die bestaendig

Zurueck nur kommen auf ihr erstes Wort,

Wenn man Vernunft gesprochen stundenlang!

-Des Menschen Taten und Gedanken, wisst!

Sind nicht wie Meeres blind bewegte Wellen.

Die innre Welt, sein Mikrokosmus, ist

Der tiefe Schacht, aus dem sie ewig quellen.

Sie sind notwendig, wie des Baumes Frucht,

Sie kann der Zufall gaukelnd nicht verwandeln.

Hab ich des Menschen Kern erst untersucht,

So weiss ich auch sein Wollen und sein Handeln.

(Gehen ab.)

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