Thekla. Der schwedische Hauptmann. Fraeulein Neubrunn.
Hauptmann. (naht sich ehrerbietig)
Prinzessin-ich-muss um Verzeihung bitten,
Mein unbesonnen rasches Wort-Wie konnt' ich-
Thekla. (mit edelm Anstand)
Sie haben mich in meinem Schmerz gesehn,
Ein ungluecksvoller Zufall machte Sie
Aus einem Fremdling schnell mir zum Vertrauten.
Hauptmann.
Ich fuerchte, dass Sie meinen Anblick hassen,
Denn meine Zunge sprach ein traurig Wort.
Thekla.
Die Schuld ist mein. Ich selbst entriss es Ihnen,
Sie waren nur die Stimme meines Schicksals.
Mein Schrecken unterbrach den angefangnen
Bericht. Ich bitte drum, dass Sie ihn enden.
Hauptmann. (bedenklich)
Prinzessin, es wird Ihren Schmerz erneuern.
Thekla.
Ich bin darauf gefasst-Ich will gefasst sein.
Wie fing das Treffen an? Vollenden Sie.
Hauptmann.
Wir standen, keines Ueberfalls gewaertig,
Bei Neustadt schwach verschanzt in unserm Lager,
Als gegen Abend eine Wolke Staubes
Aufstieg vom Wald her, unser Vortrab fliehend
Ins Lager stuerzte, rief: der Feind sei da.
Wie hatten eben nur noch Zeit, uns schnell
Aufs Pferd zu werfen, da durchbrachen schon,
In vollem Rosseslauf dahergesprengt,
Die Pappenheimer den Verhack; schnell war
Der Graben auch, der sich ums Lager zog,
Von diesen stuerm'schen Scharen ueberflogen.
Doch unbesonnen hatte sie der Mut
Vorausgefuehrt den andern, weit dahinten
War noch das Fussvolk, nur die Pappenheimer waren
Dem kuehnen Fuehrer kuehn gefolgt.-
(Thekla macht eine Bewegung. Der Hauptmann haelt einen Augenblick inne, bis sie ihm einen Wink gibt, fortzufahren.)
Von vorn und von den Flanken fassten wir
Sie jetzo mit der ganzen Reiterei
Und draengten sie zurueck zum Graben, wo
Das Fussvolk, schnell geordnet, einen Rechen
Von Piken ihnen starr entgegenstreckte.
Nicht vorwaerts konnten sie, auch nicht zurueck,
Gekeilt in drangvoll fuerchterliche Enge.
Da rief der Rheingraf ihrem Fuehrer zu,
In guter Schlacht sich ehrlich zu ergeben,
Doch Oberst Piccolomini-
(Thekla schwindelnd, fasst einen Sessel.)
ihn machte
Der Helmbusch kenntlich und das lange Haar,
Vom raschen Ritte war's ihm losgegangen-
Zum Graben winkt er, sprengt, der erste, selbst
Sein edles Ross darueber weg, ihm stuerzt
Das Regiment nach-doch-schon war's geschehen!
Sein Pferd, von einer Partisan durchstossen, baeumt
Sich wuetend, schleudert weit den Reiter ab,
Und hoch weg ueber ihn geht die Gewalt
Der Rosse, keinem Zuegel mehr gehorchend.
(Thekla, welche die letzten Reden mit allen Zeichen wachsender Angst begleitet, verfaellt in ein heftiges Zittern, sie will sinken, Fraeulein Neubrunn eilt hinzu und empfaengt sie in ihren Armen.)
Neubrunn.
Mein teures Fraeulein-
Hauptmann. (geruehrt)
Ich entferne mich.
Thekla.
Es ist vorueber-Bringen Sie's zu Ende.
Hauptmann.
Da ergriff, als sie den Fuehrer fallen sahn,
Die Truppen grimmig wuetende Verzweiflung.
Der eignen Rettung denkt jetzt keiner mehr,
Gleich wilden Tigern fechten sie, er reizt
Ihr starrer Widerstand die Unsrigen,
Und eher nicht erfolgt des Kampfes Ende,
Als bis der letzte Mann gefallen ist.
Thekla. (mit zitternder Stimme)
Und wo-wo ist-Sie sagten mir nicht alles.
Hauptmann. (nach einer Pause)
Heut frueh bestatteten wir ihn. Ihn trugen
Zwoelf Juenglinge der edelsten Geschlechter,
Das ganze Heer begleitete die Bahre.
Ein Lorbeer schmueckte seinen Sarg, drauf legte
Der Rheingraf selbst den eignen Siegerdegen.
Auch Traenen fehlten seinem Schicksal nicht,
Denn viele sind bei uns, die seine Grossmut
Und seiner Sitten Freundlichkeit erfahren,
Und alle ruehrte sein Geschick. Gern haette
Der Rheingraf ihn gerettet, doch er selbst
Vereitelt' es; man sagt, er wollte sterben.
Neubrunn. (geruehrt zu Thekla, welche ihr Angesicht verhuellt hat).
Mein teures Fraeulein-Fraeulein, sehn Sie auf!
O warum mussten Sie darauf bestehn!
Thekla.
-Wo ist sein Grab?
Hauptmann.
In einer Klosterkirche
Bei Neustadt ist er beigesetzt, bis man
Von seinem Vater Nachricht eingezogen.
Thekla.
Wie heisst das Kloster?
Hauptmann.
Sankt Kathrinenstift.
Thekla.
Ist's weit bis dahin?
Hauptmann.
Sieben Meilen zaehlt man.
Thekla.
Wie geht der Weg?
Hauptmann.
Man kommt bei Tirschenreit
Und Falkenberg durch unsre ersten Posten.
Thekla.
Wer kommandiert sie?
Hauptmann.
Oberst Seckendorf.
Thekla. (tritt an den Tisch und nimmt aus dem Schmuckkaestchen einen Ring).
Sie haben mich in meinem Schmerz gesehn
Und mir ein menschlich Herz gezeigt-Empfangen Sie
(indem sie ihm den Ring gibt)
Ein Angedenken dieser Stunde-Gehn Sie.
Hauptmann. (bestuerzt).
Prinzessin-
(Thekla winkt ihm schweigend, zu gehen, und verlaesst ihn. Hauptmann zaudert und will reden. Fraeulein Neubrunn wiederholt den Wink. Er geht ab.)