Vierter Auftritt

Wallenstein. Gordon. Dann der Kammerdiener.

Wallenstein.

Ist's ruhig in der Stadt?

Gordon.

Die Stadt ist ruhig.

Wallenstein.

Ich hoere rauschende Musik, das Schloss ist

Von Lichtern hell. Wer sind die Froehlichen?

Gordon.

Dem Grafen Terzky und dem Feldmarschall

Wird ein Bankett gegeben auf dem Schloss.

Wallenstein. (vor sich)

Es ist des Sieges wegen-Dies Geschlecht

Kann sich nicht anders freuen als bei Tisch.

(Klingelt. Kammerdiener tritt ein.)

Entkleide mich, ich will mich schlafen legen.

(Er nimmt die Schluessel zu sich.)

So sind wir denn vor jedem Feind bewahrt

Und mit den sichern Freunden eingeschlossen;

Denn alles muesst' mich truegen, oder ein

Gesicht wie dies

(auf Gordon schauend)

ist keines Heuchlers Larve.

(Kammerdiener hat ihm den Mantel, Ringkragen und die Feldbinde abgenommen.)

Gib acht! Was faellt da?

Kammerdiener.

Die goldne Kette ist entzweigesprungen.

Wallenstein.

Nun, sie hat lang genug gehalten. Gib.

(Indem er die Kette betrachtet.)

Das war des Kaisers erste Gunst. Er hing sie

Als Erzherzog mir um, im Krieg von Friaul,

Und aus Gewohnheit trug ich sie bis heut.

-Aus Aberglauben, wenn Ihr wollt. Sie sollte

Ein Talisman mir sein, so lang ich sie

An meinem Halse glaubig wuerde tragen,

Das fluecht'ge Glueck, des erste Gunst sie war,

Mir auf zeitlebens binden-Nun es sei!

Mir muss fortan ein neues Glueck beginnen,

Denn dieses Bannes Kraft ist aus.

(Kammerdiener entfernt sich mit den Kleidern. Wallenstein steht auf, macht einen Gang durch den Saal und bleibt zuletzt nachdenkend vor Gordon stehen.)

Wie doch die alte Zeit mir naeher kommt.

Ich seh mich wieder an dem Hof zu Burgau,

Wo wir zusammen Edelknaben waren.

Wir hatten oefters Streit, du meintest's gut

Und pflegtest gern den Sittenprediger

Zu machen, schaltest mich, dass ich nach hohen Dingen

Unmaessig strebte, kuehnen Traeumen glaubend,

Und priesest mir den goldnen Mittelweg.

-Ei, deine Weisheit hat sich schlecht bewaehrt,

Sie hat dich frueh zum abgelebten Manne

Gemacht und wuerde dich, wenn ich mit meinen

Grossmuet'gern Sternen nicht dazwischentraete,

Im schlechten Winkel still verloeschen lassen.

Gordon.

Mein Fuerst! Mit leichtem Mute knuepft der arme Fischer

Den kleinen Nachen an im sichern Port,

Sieht er im Sturm das grosse Meerschiff stranden.

Wallenstein.

So bist du schon im Hafen, alter Mann?

Ich nicht. Es treibt der ungeschwaechte Mut

Noch frisch und herrlich auf der Lebenswoge,

Die Hoffnung nenn ich meine Goettin noch,

Ein Juengling ist der Geist, und seh ich mich

Dir gegenueber, ja, so moecht' ich ruehmend sagen,

Dass ueber meinem braunen Scheitelhaar

Die schnellen Jahre machtlos hingegangen.

(Er geht mit grossen Schritten durchs Zimmer und bleibt auf der entgegengesetzten Seite, Gordon gegenueber, stehen.)

Wer nennt das Glueck noch falsch? Mir war es treu,

Hob aus der Menschen Reihen mich heraus

Mit Liebe, durch des Lebens Stufen mich

Mit kraftvoll leichten Goetterarmen tragend.

Nichts ist gemein in meines Schicksals Wegen

Noch in den Furchen meiner Hand. Wer moechte

Mein Leben mir nach Menschenweise deuten?

Zwar jetzo schein ich tief herabgestuerzt,

Doch werd ich wieder steigen, hohe Flut

Wird bald auf diese Ebbe schwellend folgen-

Gordon.

Und doch erinnr' ich an den alten Spruch:

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.

Nicht Hoffnung moecht' ich schoepfen aus dem langen Glueck,

Dem Unglueck ist die Hoffnung zugesendet.

Furcht soll das Haupt des Gluecklichen umschweben,

Denn ewig wanket des Geschickes Waage.

Wallenstein. (laechelnd)

Den alten Gordon hoer ich wieder sprechen.

-Wohl weiss ich, dass die ird'schen Dinge wechseln,

Die boesen Goetter fordern ihren Zoll:

Das wussten schon die alte Heidenvoelker,

Drum waehlten sie sich selbst freiwill'ges Unheil,

Die eifersuecht'ge Gottheit zu versoehnen,

Und Menschenopfer bluteten dem Typhon.

(Nach einer Pause, ernst und stiller.)

Auch ich hab ihm geopfert-Denn mir fiel

Der liebst Freund, und fiel durch meine Schuld.

So kann mich keines Glueckes Gunst mehr freuen,

Als dieser Schlag mich hat geschmerzt-Der Neid

Des Schicksals ist gesaettigt, es nimmt Leben

Fuer Leben an, und abgeleitet ist

Auf das geliebte reine Haupt der Blitz,

Der mich zerschmetternd sollte niederschlagen.

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