Fuenfter Auftritt

Wallenstein und Wrangel.

Wallenstein. (nachdem er einen forschenden Blick auf ihn geheftet)

Ihr nennt Euch Wrangel?

Wrangel.

Gustav Wrangel, Oberst

Vom blauen Regimente Suedermannland.

Wallenstein.

Ein Wrangel war's, der vor Stralsund viel Boeses

Mir zugefuegt, durch tapfre Gegenwehr

Schuld war, dass mir die Seestadt widerstanden.

Wrangel.

Das Werk des Elements, mit dem Sie kaempften,

Nicht mein Verdienst, Herr Herzog! Seine Freiheit

Verteidigte mit Sturmes Macht der Belt,

Es sollte Meer und Land nicht einem dienen.

Wallenstein.

Den Admiralshut risst Ihr mir vom Haupt.

Wrangel.

Ich komme, eine Krone drauf zu setzen.

Wallenstein. (winkt ihm, Platz zu nehmen, setzt sich).

Euer Kreditiv. Kommt Ihr mit ganzer Vollmacht?

Wrangel. (bedenklich)

Es sind so manche Zweifel noch zu loesen-

Wallenstein. (nachdem er gelesen)

Der Brief hat Haend' und Fuess'. Es ist ein klug,

Verstaendig Haupt, Herr Wrangel, dem Ihr dienet.

Es schreibt der Kanzler: er vollziehe nur

Den eignen Einfall des verstorbnen Koenigs,

Indem er mir zur boehm'schen Kron' verhelfe.

Wrangel.

Er sagt, was wahr ist. Der Hochselige

Hat immer gross gedacht von Euer Gnaden

Fuertrefflichem Verstand und Feldherrngaben,

Und stets der Herrschverstaendigste, beliebt' ihm

Zu sagen, sollte Herrscher sein und Koenig.

Wallenstein.

Er durft' es sagen.

(Seine Hand vertraulich fassend.)

Aufrichtig, Oberst Wrangel-Ich war stets

Im Herzen auch gut schwedisch-Ei, das habt ihr

In Schlesien erfahren und bei Nuernberg.

Ich hatt' euch oft in meiner Macht und liess

Durch eine Hintertuer euch stets entwischen.

Das ist's, was sie in Wien mir nicht verzeihn,

Was jetzt zu diesem Schritt mich treibt-Und weil

Nun unser Vorteil so zusammengeht,

So lasst uns zu einander auch ein recht

Vertrauen fassen.

Wrangel.

Das Vertraun wird kommen,

Hat jeder nur erst seine Sicherheit.

Wallenstein.

Der Kanzler, merk ich, traut mir noch nicht recht.

Ja, ich gesteh's-Es liegt das Spiel nicht ganz

Zu meinem Vorteil-Seine Wuerden meint,

Wenn ich dem Kaiser, der mein Herr ist, so

Mitspielen kann, ich koenn' das gleiche tun

Am Feinde, und das eine waere mir

Noch eher zu verzeihen als das andre.

Ist das nicht Eure Meinung auch, Herr Wrangel?

Wrangel.

Ich hab hier bloss ein Amt und keine Meinung.

Wallenstein.

Der Kaiser hat mich bis zum Aeussersten

Gebracht. Ich kann ihm nicht mehr ehrlich dienen.

Zu meiner Sicherheit, aus Notwehr tu ich

Den harten Schritt, den mein Bewusstsein tadelt.

Wrangel.

Ich glaub's. So weit geht niemand, der nicht muss.

(Nach einer Pause.)

Was Eure Fuerstlichkeit bewegen mag,

Also zu tun an ihrem Herrn und Kaiser,

Gebuehrt nicht uns zu richten und zu deuten.

Der Schwede ficht fuer seine gute Sach'

Mit seinem guten Degen und Gewissen.

Die Konkurrenz ist, die Gelegenheit

Zu unsrer Gunst, im Krieg gilt jeder Vorteil,

Wir nehmen unbedenklich, was sich bietet;

Und wenn sich alles richtig so verhaelt-

Wallenstein.

Woran denn zweifelt man? An meinem Willen?

An meinen Kraeften? Ich versprach dem Kanzler,

Wenn er mir sechzehntausend Mann vertraut,

Mit achtzehntausend von des Kaisers Heer

Dazuzustossen-

Wrangel.

Euer Gnaden sind

Bekannt fuer einen hohen Kriegesfuersten,

Fuer einen zweiten Attila und Pyrrhus.

Noch mit Erstaunen redet man davon,

Wie Sie vor Jahren, gegen Menschendenken,

Ein Heer wie aus dem Nichts hervorgerufen.

Jedennoch-

Wallenstein.

Dennoch?

Wrangel.

Seine Wuerden meint,

Ein leichter Ding doch moecht' es sein, mit nichts

Ins Feld zu stellen sechzigtausend Krieger,

Als nur ein Sechzigteil davon

(er haelt inne)

Wallenstein.

Nun, was?

Nur frei heraus!

Wrangel.

Zum Treubruch zu verleiten.

Wallenstein.

Meint er? Er urteilt wie ein Schwed' und wie

Ein Protestant. Ihr Lutherischen fechtet

Fuer eure Bibel, euch ist's um die Sach';

Mit eurem Herzen folgt ihr eurer Fahne.-

Wer zu dem Feinde laeuft von euch, der hat

Mit zweien Herrn zugleich den Bund gebrochen.

Von all dem ist die Rede nicht bei uns-

Wrangel.

Herr Gott im Himmel! Hat man hierzulande

Denn keine Heimat, keinen Herd und Kirche?

Wallenstein.

Ich will Euch sagen, wie das zugeht-Ja,

Der Oesterreicher hat ein Vaterland

Und liebt's und hat auch Ursach', es zu lieben.

Doch dieses Heer, das kaiserlich sich nennt,

Das hier in Boeheim hauset, das hat keins;

Das ist der Auswurf fremder Laender, ist

Der aufgegebne Teil des Volks, dem nichts

Gehoeret als die allgemeine Sonne.

Und dieses boehm'sche Land, um das wir fechten,

Das hat kein Herz fuer seinen Herrn, den ihm

Der Waffen Glueck, nicht eigne Wahl gegeben.

Mit Murren traegt's des Glaubens Tyrannei,

Die Macht hat's eingeschreckt, beruhigt nicht.

Ein gluehend, rachvoll Angedenken lebt

Der Greuel, die geschahn auf diesem Boden.

Und kann's der Sohn vergessen, dass der Vater

Mit Hunden in die Messe ward gehetzt?

Ein Volk, dem das geboten wird, ist schrecklich,

Es raeche oder dulde die Behandlung.

Wrangel.

Der Adel aber und die Offiziere?

Solch eine Flucht und Felonie, Herr Fuerst,

Ist ohne Beispiel in der Welt Geschichten.

Wallenstein.

Sie sind auf jegliche Bedingung mein.

Nicht mir, den eignen Augen moegt Ihr glauben.

(Er gibt ihm die Eidesformel. Wrangel durchliest sie, legt sie, nachdem er gelesen, schweigend auf den Tisch.)

Wie ist's? Begreift Ihr nun?

Wrangel.

Begreif 's, wer's kann!

Herr Fuerst! Ich lass die Maske fallen-Ja!

Ich habe Vollmacht, alles abzuschliessen.

Es steht der Rheingraf nur vier Tagemaersche

Von hier mit funfzehntausend Mann, er wartet

Auf Ordre nur, zu Ihrem Heer zu stossen.

Die Ordre stell ich aus, sobald wir einig.

Wallenstein.

Was ist des Kanzlers Forderung?

Wrangel. (bedenklich)

Zwoelf Regimenter gilt es, schwedisch Volk.

Mein Kopf muss dafuer haften. Alles koennte

Zuletzt nur falsches Spiel-

Wallenstein. (faehrt auf)

Herr Schwede!

Wrangel. (ruhig fortfahrend)

Muss demnach

Darauf bestehn, dass Herzog Friedland foermlich,

Unwiderruflich breche mit dem Kaiser,

Sonst ihm kein schwedisch Volk vertrauet wird.

Wallenstein.

Was ist die Forderung? Sagt's kurz und gut.

Wrangel.

Die span'schen Regimenter, die dem Kaiser

Ergeben, zu entwaffnen, Prag zu nehmen

Und diese Stadt wie auch das Grenzschloss Eger

Den Schweden einzuraeumen.

Wallenstein.

Viel gefordert!

Prag! Sei's um Eger! Aber Prag? Geht nicht.

Ich leist euch jede Sicherheit, die ihr

Vernuenft'gerweise von mir fordern moeget.

Prag aber-Boehmen-kann ich selbst beschuetzen.

Wrangel.

Man zweifelt nicht daran. Es ist uns auch

Nicht ums Beschuetzen bloss. Wir wollen Menschen

Und Geld umsonst nicht aufgewendet haben.

Wallenstein.

Wie billig.

Wrangel.

Und so lang, bis wir entschaedigt,

Bleibt Prag verpfaendet.

Wallenstein.

Traut ihr uns so wenig?

Wrangel. (steht auf)

Der Schwede muss sich vorsehn mit dem Deutschen.

Man hat uns uebers Ostmeer hergerufen;

Gerettet haben wir vom Untergang

Das Reich-mit unserm Blut des Glaubens Freiheit,

Die heil'ge Lehr' des Evangeliums

Versiegelt-Aber jetzt schon fuehlet man

Nicht mehr die Wohltat, nur die Last, erblickt

Mit scheelem Aug' die Fremdlinge im Reiche

Und schickte gern mit einer Handvoll Geld

Uns heim in unsre Waelder. Nein! wir haben

Um Judas' Lohn, um klingend Gold und Silber

Den Koenig auf der Walstatt nicht gelassen!

So vieler Schweden adeliges Blut,

Es ist um Gold und Silber nicht geflossen!

Und nicht mit magerm Lorbeer wollen wir

Zum Vaterland die Wimpel wieder lueften,

Wir wollen Buerger bleiben auf dem Boden,

Den unser Koenig fallend sich erobert.

Wallenstein.

Helft den gemeinen Feind mir niederhalten,

Das schoene Grenzland kann euch nicht entgehn.

Wrangel.

Und liegt zu Boden der gemeine Feind,

Wer knuepft die neue Freundschaft dann zusammen?

Uns ist bekannt, Herr Fuerst-wenngleich der Schwede

Nichts davon merken soll-dass Ihr mit Sachsen

Geheime Unterhandlung pflegt. Wer buergt uns

Dafuer, dass wir nicht Opfer der Beschluesse sind,

Die man vor uns zu hehlen noetig achtet?

Wallenstein.

Wohl waehlte sich der Kanzler seinen Mann,

Er haett' mir keinen zaehern schicken koennen.

(Aufstehend.)

Besinnt Euch eines Bessern, Gustav Wrangel.

Von Prag nichts mehr.

Wrangel.

Hier endigt meinen Vollmacht.

Wallenstein.

Euch meine Hauptstadt raeumen! Lieber tret ich

Zurueck-zu meinem Kaiser.

Wrangel.

Wenn's noch Zeit ist.

Wallenstein.

Das steht bei mir, noch jetzt, zu jeder Stunde.

Wrangel.

Vielleicht vor wenig Tagen noch. Heut nicht mehr.

-Seit der Sesin gefangen sitzt, nicht mehr.

(Wie Wallenstein betroffen schweigt.)

Herr Fuerst! Wir glauben, dass Sie's ehrlich meinen;

Seit gestern-sind wir des gewiss-Und nun

Dies Blatt uns fuer die Truppen buergt, ist nichts,

Was dem Vertrauen noch im Wege stuende.

Prag soll uns nicht entzweien. Mein Herr Kanzler

Begnuegt sich mit der Altstadt, Euer Gnaden

Laesst er den Ratschin und die kleine Seite.

Doch Eger muss vor allem sich uns oeffnen,

Eh' an Konjunktion zu denken ist.

Wallenstein.

Euch also soll ich trauen, ihr nicht mir?

Ich will den Vorschlag in Erwaegung ziehn.

Wrangel.

In keine gar zu lange, muss ich bitten.

Ins zweite Jahr schon schleicht die Unterhandlung;

Erfolgt auch diesmal nichts, so will der Kanzler

Auf immer sie fuer abgebrochen halten.

Wallenstein.

Ihr draengt mich sehr. Ein solcher Schritt will wohl

Bedacht sein.

Wrangel.

Eh' man ueberhaupt dran denkt,

Herr Fuerst! Durch rasche Tat nur kann er gluecken.

(Er geht ab.)

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