Fuenfter Auftritt

Vorige. Seni.

Wallenstein.

Kommt da nicht Seni? Und wie ausser sich!

Was fuehrt dich noch so spaet hieher, Baptist?

Seni.

Furcht deinetwegen, Hoheit.

Wallenstein.

Sag, was gibt's?

Seni.

Flieh, Hoheit, eh' der Tag anbricht. Vertraue dich

Den Schwedischen nicht an.

Wallenstein.

Was faellt dir ein?

Seni. (mit steigendem Ton)

Vertrau dich diesen Schweden nicht!

Wallenstein.

Was ist's denn?

Seni.

Erwarte nicht die Ankunft dieser Schweden!

Von falschen Freunden droht dir nahes Unheil,

Die Zeichen stehen grausenhaft, nah, nahe

Umgeben dich die Netze des Verderbens.

Wallenstein.

Du traeumst, Baptist, die Furcht betoeret dich.

Seni.

O glaube nicht, dass leere Furcht mich taeusche.

Komm, lies es selbst in dem Planetenstand,

Dass Unglueck dir von falschen Freunden droht.

Wallenstein.

Von falschen Freunden stammt mein ganzes Unglueck.

Die Weisung haette frueher kommen sollen,

Jetzt brauch ich keine Sterne mehr dazu.

Seni.

O komm und sieh! Glaub deinen eignen Augen.

Ein greulich Zeichen steht im Haus des Lebens,

Ein naher Feind, ein Unhold lauert hinter

Den Strahlen deines Sterns-O lass dich warnen!

Nicht diesen Heiden ueberliefre dich,

Die Krieg mit unsrer heil'gen Kirche fuehren.

Wallenstein. (laechelnd)

Schallt das Orakel daher?-Ja! Ja! Nun

Besinn' ich mich-Dies schwed'sche Buendnis hat

Dir nie gefallen wollen-Leg dich schlafen,

Baptista! Solche Zeichen fuercht ich nicht.

Gordon. (der durch diese Reden heftig erschuettert worden,

wendet sich zu Wallenstein).

Mein fuerstlicher Gebieter! Darf ich reden?

Oft kommt ein nuetzlich Wort aus schlechtem Munde.

Wallenstein.

Sprich frei!

Gordon.

Mein Fuerst! Wenn's doch kein leeres Furchtbild waere,

Wenn Gottes Vorsehung sich dieses Mundes

Zu Ihrer Rettung wunderbar bediente!

Wallenstein.

Ihr sprecht im Fieber, einer wie der andre.

Wie kann mir Unglueck kommen von den Schweden?

Sie suchten meinen Bund, er ist ihr Vorteil.

Gordon.

Wenn dennoch eben dieser Schweden Ankunft-

Gerade die es waer', die das Verderben

Befluegelte auf Ihr so sichres Haupt-

(vor ihm niederstuerzend)

O noch ist's Zeit, mein Fuerst-

Seni. (kniet nieder)

O hoer ihn! hoer ihn!

Wallenstein.

Zeit, und wozu? Steht auf-Ich will's, steht auf.

Gordon. (steht auf)

Der Rheingraf ist noch fern. Gebieten Sie,

Und diese Festung soll sich ihm verschliessen.

Will er uns dann belagern, er versuch's.

Doch sag ich dies: Verderben wird er eher

Mit seinem ganzen Volk vor diesen Waellen,

Als unsres Mutes Tapferkeit ermueden.

Erfahren soll er, was ein Heldenhaufe

Vermag, beseelt von einem Heldenfuehrer,

Dem's Ernst ist, seinen Fehler gutzumachen.

Das wird den Kaiser ruehren und versoehnen,

Denn gern zur Milde wendet sich sein Herz,

Und Friedland, der bereuend wiederkehrt,

Wird hoeher stehn in seines Kaisers Gnade,

Als je der Niegefallne hat gestanden.

Wallenstein. (betrachtet ihn mit Befremdung und Erstaunen und schweigt eine Zeitlang, eine starke innre Bewegung zeigend)

Gordon-des Eifers Waerme fuehrt Euch weit,

Es darf der Jugendfreund sich was erlauben.

-Blut ist geflossen, Gordon. Nimmer kann

Der Kaiser mir vergeben. Koennt' er's, ich,

Ich koennte nimmer mir vergeben lassen.

Haett' ich vorher gewusst, was nun geschehn,

Dass es den liebsten Freund mir wuerde kosten,

Und haette mir das Herz wie jetzt gesprochen-

Kann sein, ich haette mich bedacht-kann sein

Auch nicht-Doch was nun schonen noch? Zu ernsthaft

Hat's angefangen, um in nichts zu enden.

Hab' es denn seinen Lauf!

(Indem er ans Fenster tritt.)

Sieh, es ist Nacht geworden, auf dem Schloss

Ist's auch schon stille-Leuchte, Kaemmerling.

(Kammerdiener, der unterdessen still eingetreten und mit

sichtbarem Anteil in der Ferne gestanden, tritt hervor, heftig

bewegt, und stuerzt sich zu des Herzogs Fuessen.)

Du auch noch? Doch ich weiss es ja, warum

Du meinen Frieden wuenschest mit dem Kaiser.

Der arme Mensch! Er hat im Kaerntnerland

Ein kleines Gut und sorgt, sie nehmen's ihm,

Weil er bei mir ist. Bin ich denn so arm,

Dass ich den Dienern nicht ersetzen kann?

Nun! Ich will niemand zwingen. Wenn du meinst,

Dass mich das Glueck geflohen, so verlass mich.

Heut magst du mich zum letztenmal entkleiden

Und dann zu deinem Kaiser uebergehn-

Gut Nacht, Gordon!

Ich denke einen langen Schlaf zu tun,

Denn dieser letzten Tage Qual war gross.

Sorgt, dass sie nicht zu zeitig mich erwecken.

(Er geht ab. Kammerdiener leuchtet. Seni folgt. Gordon bleibt in der Dunkelheit stehen, dem Herzog mit den Augen folgend, bis er in dem aeussersten Gang verschwunden ist; dann drueckt er durch Gebaerden seinen Schmerz aus und lehnt sich gramvoll an eine Saeule.)

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