Ein Zimmer bei der Herzogin. Thekla in einem Sessel, bleich,
mit geschlossnen Augen. Herzogin und Fraeulein von Neubrunn um
sie beschaeftigt. Wallenstein und die Graefin im Gespraech.
Wallenstein.
Wie wusste sie es denn so schnell?
Graefin.
Sie scheint
Unglueck geahnt zu haben. Das Geruecht
Von einer Schlacht erschreckte sie, worin
Der kaiserliche Oberst sei gefallen.
Ich sah es gleich. Sie flog dem schwedischen
Kurier entgegen und entriss ihm schnell
Durch Fragen das unglueckliche Geheimnis.
Zu spaet vermissten wir sie, eilten nach,
Ohnmaechtig lag sie schon in seinen Armen.
Wallenstein.
So unbereitet musste dieser Schlag
Sie treffen! Armes Kind!-Wie ist's? Erholt sie sich?
(Indem er sich zur Herzogin wendet.)
Herzogin.
Sie schlaegt die Augen auf.
Graefin.
Sie lebt!
Thekla. (sich umschauend)
Wo bin ich?
Wallenstein. (tritt zu ihr, sie mit seinen Armen aufrichtend)
Komm zu dir, Thekla. Sei mein starkes Maedchen!
Sieh deiner Mutter liebende Gestalt
Und deines Vaters Arme, die dich halten.
Thekla. (richtet sich auf)
Wo ist er? Ist er nicht mehr hier?
Herzogin.
Wer, meine Tochter?
Thekla.
Der dieses Unglueckswort aussprach-
Herzogin.
O denke nicht daran, mein Kind! Hinweg
Von diesem Bilde wende die Gedanken.
Wallenstein.
Lasst ihren Kummer reden! Lasst sie klagen!
Mischt eure Traenen mit den ihrigen.
Denn einen grossen Schmerz hat sie erfahren;
Doch wird sie's ueberstehn, denn meine Thekla
Hat ihres Vaters unbezwungnes Herz.
Thekla.
Ich bin nicht krank. Ich habe Kraft, zu stehn.
Was weint die Mutter? Hab ich sie erschreckt?
Es ist vorueber, ich besinne mich wieder.
(Sie ist aufgestanden und sucht mit den Augen im Zimmer.)
Wo ist er? Man verberge mir ihn nicht.
Ich habe Staerke gnug, ich will ihn hoeren.
Herzogin.
Nein, Thekla! Dieser Ungluecksbote soll
Nie wieder unter deine Augen treten.
Thekla.
Mein Vater-
Wallenstein.
Liebes Kind!
Thekla.
Ich bin nicht schwach,
Ich werde mich auch bald noch mehr erholen.
Gewaehren Sie mir eine Bitte.
Wallenstein.
Sprich!
Thekla.
Erlauben Sie, dass dieser fremde Mann
Gerufen werde! dass ich ihn allein
Vernehme und befrage.
Herzogin.
Nimmermehr!
Graefin.
Nein! Das ist nicht zu raten! Gib's nicht zu!
Wallenstein.
Warum willst du ihn sprechen, meine Tochter?
Thekla.
Ich bin gefasster, wenn ich alles weiss.
Ich will nicht hintergangen sein. Die Mutter
Will mich nur schonen. Ich will nicht geschont sein.
Das Schrecklichste ist ja gesagt, ich kann
Nichts Schrecklichers mehr hoeren.
Graefin und Herzogin
(zu Wallenstein)
Tu es nicht!
Thekla.
Ich wurde ueberrascht von meinem Schrecken,
Mein Herz verriet mich bei dem fremden Mann,
Er war ein Zeuge meiner Schwachheit, ja,
Ich sank in seine Arme-das beschaemt mich.
Herstellen muss ich mich in seiner Achtung,
Und sprechen muss ich ihn, notwendig, dass
Der fremde Mann nicht ungleich von mir denke.
Wallenstein.
Ich finde, sie hat recht-und bin geneigt,
Ihr diese Bitte zu gewaehren. Ruft ihn.
(Fraeulein Neubrunn geht hinaus.)
Herzogin.
Ich, deine Mutter, aber will dabei sein.
Thekla.
Am liebsten spraech' ich ihn allein. Ich werde
Alsdann um so gefasster mich betragen.
Wallenstein. (zur Herzogin)
Lass es geschehn. Lass sie's mit ihm allein
Ausmachen. Es gibt Schmerzen, wo der Mensch
Sich selber nur helfen kann, ein starkes Herz
Will sich auf seine Staerke nur verlassen.
In ihrer, nicht an fremder Brust muss sie
Kraft schoepfen, diesen Schlag zu ueberstehn.
Es ist mein starkes Maedchen; nicht als Weib,
Als Heldin will ich sie behandelt sehn.
(Er will gehen.)
Graefin. (haelt ihn)
Wo gehst du hin? Ich hoerte Terzky sagen,
Du denkest morgen frueh von hier zu gehn,
Uns aber hierzulassen.
Wallenstein.
Ja, ihr bleibt
Dem Schutze wackrer Maenner uebergeben.
Graefin.
O nimm uns mit dir, Bruder! Lass uns nicht
In dieser duestern Einsamkeit dem Ausgang
Mit sorgendem Gemuet engegenharren.
Das gegenwaert'ge Unglueck traegt sich leicht,
Doch grauenvoll vergroessert es der Zweifel
Und der Erwartung Qual dem weit Entfernten.
Wallenstein.
Wer spricht von Unglueck? Bessre deine Rede.
Ich hab ganz andre Hoffnungen.
Graefin.
So nimm uns mit. O lass uns nicht zurueck
In diesem Ort der traurigen Bedeutung,
Denn schwer ist mir das Herz in diesen Mauern,
Und wie ein Totenkeller haucht mich's an,
Ich kann nicht sagen, wie der Ort mir widert.
O fuehr uns weg! Komm, Schwester, bitt ihn auch,
Dass er uns fortnimmt! Hilf mir, liebe Nichte.
Wallenstein.
Des Ortes boese Zeichen will ich aendern:
Er sei's, der mir mein Teuerstes bewahrte.
Neubrunn. (kommt zurueck):
Der schwed'sche Herr!
Wallenstein.
Lasst sie mit ihm allein.
(Ab.)
Herzogin. (zu Thekla)
Sieh, wie du dich entfaerbtest! Kind, du kannst ihn
Unmoeglich sprechen. Folge deiner Mutter.
Thekla.
Die Neubrunn mag denn in der Naehe bleiben.
(Herzogin und Graefin gehen ab.)