Die Herzogin. Vorige.
Herzogin. (zur Graefin)
Schwester! Wer war hier?
Ich hoerte lebhaft reden.
Graefin.
Es war niemand.
Herzogin.
Ich bin so schreckhaft. Jedes Rauschen kuendigt mir
Den Fusstritt eines Ungluecksboten an.
Koennt Ihr mir sagen, Schwester, wie es steht?
Wird er dem Kaiser seinen Willen tun,
Dem Kardinal die Reiter senden? Sprecht,
Hat er den Questenberg mit einer guten
Antwort entlassen?
Graefin.
-Nein, das hat er nicht.
Herzogin.
O dann ist's aus! Ich seh das Aergste kommen.
Sie werden ihn absetzen, es wird alles wieder
So werden wie zu Regenspurg.
Graefin.
So wird's
Nicht werden. Diesmal nicht. Dafuer seid ruhig.
(Thekla, heftig bewegt, stuerzt auf die Mutter zu und schliesst sie weinend in die Arme.)
Herzogin.
O der unbeugsam unbezaehmte Mann!
Was hab ich nicht getragen und gelitten
In dieser Ehe ungluecksvollem Bund!
Denn gleich wie an ein feurig Rad gefesselt,
Das rastlos eilend, ewig, heftig treibt,
Bracht' ich ein angstvoll Leben mit ihm zu,
Und stets an eines Abgrunds jaehem Rande
Sturzdrohend, schwindelnd riss er mich dahin.
-Nein, weine nicht, mein Kind. Lass dir mein Leiden
Zu keiner boesen Vorbedeutung werden,
Den Stand, der dich erwartet, nicht verleiden.
Es lebt kein zweiter Friedland; du, mein Kind,
Hast deiner Mutter Schicksal nicht zu fuerchten.
Thekla.
O lassen Sie uns fliehen, liebe Mutter!
Schnell! Schnell! Hier ist kein Aufenthalt fuer uns.
Jedwede naechste Stunde bruetet irgend
Ein neues, ungeheures Schreckbild aus!
Herzogin.
Dir wird ein ruhigeres Los!-Auch wir,
Ich und dein Vater, sahen schoene Tage;
Der ersten Jahre denk ich noch mit Lust.
Da war er noch der froehlich Strebende,
Sein Ehrgeiz war ein mild erwaermend Feuer,
Noch nicht die Flamme, die verzehrend rast.
Der Kaiser liebte ihn, vertraute ihm,
Und was er anfing, das musst' ihm geraten.
Doch seit dem Unglueckstag zu Regenspurg,
Der ihn von seiner Hoeh' herunterstuerzte,
Ist ein unsteter, ungesell'ger Geist
Argwoehnisch, finster ueber ihn gekommen.
Ihn floh die Ruhe, und dem alten Glueck,
Der eignen Kraft nicht froehlich mehr vertrauend,
Wandt' er sein Herz den dunkeln Kuensten zu,
Die keinen, der sie pflegte, noch beglueckt.
Graefin.
Ihr seht's mit Euren Augen-Aber ist
Das ein Gespraech, womit wir ihn erwarten?
Er wird bald hier sein, wisst Ihr. Soll er sie
In diesem Zustand finden?
Herzogin.
Komm, mein Kind.
Wisch deine Traenen ab. Zeig deinem Vater
Ein heitres Antlitz-Sieh, die Schleife hier
Ist los-Dies Haar muss aufgebunden werden.
Komm, trockne deine Traenen. Sie entstellen
Dein holdes Auge-Was ich sagen wollte?
Ja, dieser Piccolomini ist doch
Ein wuerd'ger Edelmann und voll Verdienst.
Graefin.
Das ist er, Schwester.
Thekla. (zur Graefin, beaengstigt.)
Tante, wollt Ihr mich
Entschuldigen?
(Will gehen.)
Graefin.
Wohin? Der Vater kommt.
Thekla.
Ich kann ihn jetzt nicht sehn.
Graefin.
Er wird Euch aber
Vermissen, nach Euch fragen.
Herzogin.
Warum geht sie?
Thekla.
Es ist mir unertraeglich, ihn zu sehn.
Graefin. (zur Herzogin).
Ihr ist nicht wohl.
Herzogin. (besorgt)
Was fehlt dem lieben Kinde?
(Beide folgen dem Fraeulein und sind beschaeftigt, sie zurueckzuhalten. Wallenstein erscheint, im Gespraech mit Illo.)