9 Fahrt ins Ungewisse

Der Weltraum stellt den Menschen vor gigantische Aufgaben. Er setzt ihn aber auch gigantischen Belastungen aus. Fern aller Zivilisation, in der Leere des Raumes, wird sich seine Menschlichkeit unter Beweis stellen.

Aus der Kabine drangen wieder dumpfe Geräusche, erst leise, doch dann mit zunehmender Heftigkeit.

Kai seufzte. Er warf einen Blick auf die beiden Projektionsflächen. In der Schwärze des Raumes hingen Millionen Sterne. Aber noch immer keine Spur von Chaidur und Par, keine Spur von der geschweiften Sonne.

Müde stieß er sich von seinem Sitz ab, um nach Ben zu sehen. Ben hatte wieder Fieber. Er hing schief im Raum und schlug um sich, um Halt zu finden. Neben ihm schwebte die Sprechanlage.

Kai half dem Gefährten aus seiner üblen Lage, indem er die Raumkugel langsam rotieren ließ. Allmählich sanken alle losen Gegenstände zur Außenwand, und Ben fand wieder Halt unter den Füßen.

»Hast du die Richtung?« fragte er.

»Es kann nicht mehr lange dauern«, sagte Kai. »Sicher finde ich sie bald. Inzwischen leg dich wieder!« Ben bückte sich zur Sprechanlage. »Ob ich es noch einmal versuche?«

»Versuch es«, antwortete Kai, »aber leg dich doch dazu nieder!« Er drückte den Fiebernden aufs Lager und brachte ihm die Hörer und das Kehlkopfmikrophon. Dann ging er wieder in den Navigationsraum.

Das Radargerät schlug überhaupt nicht mehr an. Nicht einmal ein Komet befand sich in dieser grauenvollen Leere.

Kai hörte das Gemurmel von Ben, der noch immer hoffte, Verbindung zu bekommen. Und Kai wußte, wie sinnlos das war. Ben verbraucht seine letzten Kräfte, dachte er.

Schließlich nahm er seine eigene Sprechanlage auf und ging damit in den Vorratsraum. Er klemmte den Hörer auf und stellte die Notwelle ein. Da war es, das ewige »Chaidur, Par, hört ihr uns? Hört ihr uns? Chaidur, Par...«

Kai legte das Kehlkopfmikrophon an und klemmte sein Taschentuch zwischen Hals und Membrane. Er drehte den Lautregler auf ganz leise und meldete sich: »Hier Funkstelle Chaidur, wer ruft?« Dabei kratzte er mit den Fingernägeln an den Membranefassungen, um Störgeräusche vorzutäuschen.

»Hier Ben und Kai in der Raumkugel Omega. Gebt uns die Richtung!« rief die Stimme Bens in der Hörmuschel, und trotz der verzerrten Wiedergabe klang daraus Lebensmut und Hoffnung.

»Eure Richtung ist in Ordnung«, gab Kai zurück. »... sehen euch bereits!« Dann horchte er wieder. Aber es rührte sich nichts mehr. Hastig riß er Hörer und Mikrophon herunter und lief in die Kabine Bens. Dieser lag auf seinem Bett, er atmete tief, und ein Lächeln lag auf seinem Gesicht.

Da lächelte auch Kai und ging geräuschlos an seinen Platz am Führerstand zurück.

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