11 Tiefkühlschlaf

Zwei Männer und eine Frau – das alte Problem. Neu ist nur seine Lösung.

Nun waren die Trümmer des geborstenen Raumschiffs schon durchs Kanzelfenster zu erkennen. Es sah aus, als ob leuchtende Körper im Wasser trieben.

Kai steuerte die Photonenkugel näher an die Unglücksstelle. Die Rettungsflotte des Planeten Jota 3 hatte ganze Arbeit geleistet – von Menschen gab es keine Spuren mehr. Weder Gerettete in den durgläsernen Rettungszylindern noch zerplatzte Leiber von Passagieren, die die Katastrophe überrascht hatte. Die Kugel bewegte sich jetzt langsam zwischen dem Treibgut – Liegesessel, Nahrungsbehälter, Teile der Schiffswand.

»Nichts mehr zu tun«, stellte Ben fest, und Kai drehte auf Beschleunigung. Die Überreste des Raumschiffs fielen hinter ihnen in das All zurück.

Ein durch den Navigationsraum flirrender Reflex ließ Kai von seinem Kursplan aufsehen. Da kam er wieder, aus dem Schwarz des Raums weitab der Sonne Jota. Nun wurde auch Ben aufmerksam. Er suchte die Quelle des zuckenden Lichts auf den Bildschirm zu bekommen. Bald tauchte auf der konkaven Leuchtscheibe – zuerst verschwommen, dann gestochen scharf – ein Glaszylinder auf.

»... hätte leicht zu einem Sarg werden können«, meinte Ben.

Kai hatte den Kurs schon geändert. Nach kaum einer Minute navigierte er den Zylinder elektrisch in die Luftschleuse. Als sich die Türflügel auseinanderschoben, traten die beiden Gefährten hinzu. Im Zylinder lag ein Mädchen, ohnmächtig, aber unbeschädigt, die Hand umkrampfte einen Taschenspiegel.

»Damit hat sie uns angeblinkt. Keine schlechte Idee für so ein junges Wesen!« sagte Kai.

»Jung braucht sie nicht zu sein«, antwortete Ben. »Du weißt, daß die Menschen vom dritten Planeten der Jota nicht altern.«

»... außergewöhnlich hübsch ist sie auch«, konstatierte Kai.

»Nicht außergewöhnlich!« wehrte Ben ab. »Alle Menschen von Jota drei sind schön. Das ist das Ergebnis einer Rückzüchtung aus ausgesuchten Genen.« Sie trugen die junge Frau in den Schlafraum und betteten sie bequem. Während Kai in die Kanzel zurückging, holte Ben die Ozogenanlage und richtete den belebenden Gasstrom auf das kindlich zarte Gesicht. Dann setzte er sich an die Bettkante und wartete.

Als Kai nach einiger Zeit wiederkam, saß er noch immer in Gedanken versunken da. Erst nach mehreren Sekunden schreckte er auf und ging fast verlegen hinaus. Er wartete, daß der Freund ihm nachkäme, aber der kam nicht. Ben strich sinnlos durch die Räume und versuchte, an ihrer beider Plätze zu denken – doch vergeblich. Schließlich kehrte er in die Schlafkabine zurück. Kai lehnte am Wandschrank und sah das Mädchen unentwegt an. Als Ben eintrat, sah er auf und lächelte traurig.

»... haben eine Aufgabe«, sagte er.

»... sie beginnt erst«, setzte Ben fort. Er zögerte einen Moment. Dann holte er eine Spritze und eine Phiole aus dem Labor. Er brach den Kopf des Glasröhrchens ab, zog die gelbe Flüssigkeit auf und injizierte in die Vene der Armbeuge. Sie hoben das Mädchen auf eine Tragbahre und setzten sie im Kühlraum ab. Kai stellte die Temperatur auf minus 40 Grad.

»So ist es für uns alle am besten«, sagte er.

Ben nickte. Noch einmal sah er auf das schlafende Mädchen. Dann zog er die Tür leise hinter sich zu.

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